von Jannes Lorenzen

Gründer, Strategie-Lead & Investor

veröffentlicht: 3. April 2022

Ob Kopfhörer, E-Autos, VR-Brillen, Rasenmäher oder Laptops: Nahezu jedes Gerät braucht heute Akkus und Batterien. Tendenz weiter steigend.

Varta stellt diese her. Es ist ein deutsches Unternehmen, das schon 1887 gegründet wurde, jetzt aber womöglich eine neue Blütezeit erlebt. Sogar Apple verbaut in den Airpods Batterien von Varta - in einer etwas mysteriösen Partnerschaft.

Vier spannende Punkte zur Aktie, die hier vertieft werden:

  1. 💰 Profitables Wachstum: Varta hatte zuletzt zweistellige Gewinnmargen. Von 2019 auf 2020 haben sich Umsatz und Gewinn mehr als verdoppelt.
  2. 📈 Marktführer: Kein Unternehmen der Welt verkauft so viele Akkus & Batterien im Knopfzellenformat, bspw. für Kopfhörer oder Hörgeräte, wie Varta.
  3. 🔋 Zukunftsmarkt: Digitalisierung funktioniert nur mit Strom, immer mehr dabei mit mobilen Geräten, die möglichst starke, gleichzeitig möglichst kleine Akkus und Batterien benötigen. Nun will Varta auch in den Markt für Elektromobilität einsteigen. Kann das klappen?
  4. 📉 Austauschbarkeit: Varta läuft in Gefahr nur eine austauschbare Ressource herzustellen, was eine der schwierigsten Marktpositionen ist. Kann Varta sich differenzieren?

Finden wir also heraus, ob sich eine Investition aktuell lohnen könnte. Ist die Varta Aktie überbewertet? Oder kann man jetzt Varta Aktien kaufen und auf lange Sicht dadurch profitieren? Diesen Fragen versuchen wir uns zu nähern.

Viel Spaß!

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Überblick, Entwicklung & Zahlencheck

Das Unternehmen

Varta steht für Vertrieb, Aufladung, Reparatur transportabler Akkumulatoren und wurde schon 1887 gegründet. Es sitzt in Ellwangen, Deutschland. CEO ist seit 2016 Herbert Schein, der selbst Ingenieur für Elektrotechnik ist.

Etwas mehr als die Hälfte der Aktien gehören dem Schweizer Industriekonzern Montana Tech Components, ca. 37% sind im Streubesitz.

Produkt & Geschäftsmodell

Varta stellt Batterien und Akkus her. Anders gesagt: Kleine Energiespeicher in unterschiedlichen Formen und Ausführungen.

Dazu gehören die Batterien, die wir alle aus unserem Haushalt kennen, bspw. in Batterien, Lampen, Computerzubehör und Power Banks.

Der größere Geschäftszweig fokussiert sich auf Mikrobatterien und Lithium-Ion Lösungen. Das Ziel hier: Möglichst viel Akkulaufzeit in ein möglichst kleines Format bringen. Diese werden immer stärker von Unternehmen benötigt, die damit ihre Technik aufwerten. Eine große Nachfrage kommt hier aus dem Bereich der Hörgeräte.

Aktienkurs

Der Aktienkurs hat sich in 2019 vervierfacht, ehe er dann nach einiger Volatilität heute wieder etwa auf dem Durchschnittsniveau der letzten Jahre steht.

Zahlencheck & Business Breakdown

Ab in die Zahlen-Corner. Wie sieht das Geschäft zahlenseitig aus?

Ertragsentwicklung & Wachstum

Über die letzten Jahre ist der Umsatz seit 2017 um 39% gestiegen, die adj. EBITDA-Marge ebenfalls von 16 auf 31%. Der größte Umsatzsprung gelang von 2019 auf 2020, wo sich der Umsatz mehr als verdoppelt hat - von der Balkengröße also nicht irritieren lassen.

Der Umsatzsprung 2020 entstand v.a. dadurch, dass das Segment für Geräte und Haushaltsbatterien zurückgekauft und wieder in den Konzern integriert wurde. Der mehrjährige Überblick zeigt ein kontinuierliches Wachstum, das im Normalfall - 2020 also ausgenommen - bei etwa 15% p.a. lag.

Neueste Zahlen für 2021

Vor wenigen Tagen sind die neuen Zahlen für das Geschäftsjahr 2021 herausgegeben worden. CEO Herbert Schein hat diese so kommentiert:

"We have another very good year behind us, in which we were not only able to further increase our revenue, but also achieved historic results in terms of profitability. For future growth in small lithium-ion cells, we are in an excellent position. In addition, we have already started the next growth offensive. Our large-format lithium-ion high-performance round cells have great potential. We have been supplying cells from pilot production for one customer since the end of 2021. Our batteries make a difference. That is why there is a very high demand.”

Der Umsatz ist um 3,8% auf 900 Mio. Euro gestiegen, das Wachstum hat sich also deutlich verlangsamt. Erwartung für 2022: Zwischen 950 Mio. und 1 Mrd. Euro, also 6 - 11% Wachstum.

Profitabilität

Das adjusted EBITDA lag 2021 bei 280 Mio. Euro, was einer Marge von 31% entspricht. Im letzten Jahr lag die Marge bei 28%.

Das Ergebnis liegt bei 126 Mio. Euro, also 14% Nettomarge. Aus diesem Gewinn wird auch eine Dividende von 2,48 Euro je Aktie geplant, was auf aktuellem Kursniveau einer Dividendenrendite von ca. 2,8% entspricht.

Finanzielle Sicherheit

Varta hat eine Eigenkapitalquote von 42%, was recht stark ist. Dazu kommen die positiven Cashflows. Insgesamt entsteht dadurch eine finanziell solide Position.

Aufteilung nach Segment

Varta unterteilt das Geschäft in zwei Segmente:

  • Lithium-Ion Solutions & Microbatteries: 57% Umsatzanteil, 1% Wachstum, 42% adj. EBITDA-Marge
  • Segment Household Batteries: 43% Umsatzanteil, 8% Wachstum, 17% ad. EBITDA-Marge

Etwa drei Viertel des adj. EBITDAs stammen damit aus dem Lithium-Ion & Microbatteries Geschäft.

Factsheet

Factsheet

Alle Zahlen, sofern nicht anders angegeben, in der jeweiligen Heimatwährung und TTM (= letzte 12 Monate). Zusatz 'e' = erwartet, 'YoY' = im Jahresvergleich.

Die Eckdaten

  • Land: Deutschland
  • Branche: Batterien & Akkus
  • Marktkapitalisierung: 3,6 Mrd. EUR
  • Umsatz: 0,9 Mrd. EUR
  • Ergebnis: 0,1 Mrd. EUR
  • Operativer Cashflow: 0,1 Mrd. EUR
  • Free Cashflow: -0,2 Mrd. EUR

Bewertung

  • KUV: 4
  • KGV: 39
  • KGVe: -
  • KCV: 50

Qualität & Wachstum

  • Bruttomarge: 66%
  • Operative Marge: 19%
  • Nettomarge: 11%
  • Umsatzwachstum: zuletzt 4% p.a., davor bereinigt ca. 15%

Geschäftsmodell, Burggraben & Strategie

Schauen wir uns einmal an, wie das Geschäftsmodell aussieht. Außerdem: Wie sieht die Strategie aus? Wie ist die Konkurrenzsituation und der eigene Burggraben gegenüber der Konkurrenz? Welche Wachstumsperspektiven gibt es?

Geschäftsmodell & Marktposition

Neben Varta gibt es viele andere Hersteller von Batterien und Akkus:

  • Duracell
  • Bosch
  • BYD
  • Panasonic eneloop

In einigen Märkten ist Varta führend. Dazu gehören Hörgeräte und Batterien für Endkunden.

Im Markt zählt fast ausschließlich das Verhältnis von Leistung zu Preis. Um hier mithalten zu können ist Technologie entscheidend.

Technologie & Innovation

Innovation lässt sich auf unterschiedliche Wege messen. Ein Weg ist über Patente. Diese hat Varta über die letzten Jahre laufend ausgebaut.

2021 hat Varta 23 Mio. Euro in Forschung & Entwicklung gesteckt, was 2,5% des Umsatzes entspricht. Die gesamten Investitionsausgaben lagen bei 175 Mio. Euro. 2022 sollen sie zwischen 230 und 280 Mio. Euro liegen, also deutlich ansteigen.

Das sieht für mich danach aus, dass das Geschäft kapitalintensiv ist, die Forschung selbst aber nicht in dem Maße stattfindet, dass andere Konzerne das nicht auch schaffen könnten.

Wertschöpfungskette

Varta setzt auf eine stark vertikal integrierte Wertschöpfungskette. Das heißt: Es macht fast alles selbst. Es entwickelt Material, forscht, designt die Batterien und stellt sie her mit eigens dafür angefertigten Maschinen.

So eine Integration ist nicht risikofrei. Sie ist vor allem kapitalaufwendiger und wenn ein Teil der Kette gestört ist, kann schnell alles ins Stocken geraten. Es erlaubt aber auch bessere Abstimmung, höhere Margen und gerade fürs Premium-Segment am Ende höhere Produktqualität.

Die mysteriöse Partnerschaft mit Apple

Mittlerweile ist bestätigt, dass Varta die Batterien für Apples Airpods liefert. Mittlerweile wurde es offiziell bestätigt, herausgefunden hat es aber erst ein Analyst, der die Airpods aufgemacht hat.

Entsprechend unklar ist die Vertragsbeziehung und welches Volumen Apple für Varta bedeutet. Apple selbst macht nur mit Airpods jährlich über 20 Mrd. Dollar Umsatz, also allein damit mehr als das 20-fache von Vartas Gesamtumsatz. Macht Apple allein womöglich einen kritisch großen Anteil aus?

Schwer zu sagen. Im neuesten Geschäftsbericht wird Apple nicht erwähnt. Die Partnerschaft mit Apple zeigt für mich aber mehrere Dinge:

  • Varta wird Apple technologisch überzeugt haben. Vor allem Qualität ist hier entscheidend.
  • Apple könnte perspektivisch vermutlich problemlos eigene Batterien und Akkus herstellen. Bei Chips hat es das schon getan und Intel rausgeworfen, dieser Schritt war aber naheliegender, da dadurch Soft- und Hardware optimal ineinander integriert werden können. Bei Akkus gäbe es so einen Vorteil nicht.
  • Es würde mich stark wundern, wenn Apple keinen wesentlichen Anteil am Umsatz ausmachen würde - auch die Wachstumskurve der letzten Jahre passt dazu.

Meine Bewertung des Geschäftsmodells

Ein stärkeres Geschäftsmodell ermöglicht Wachstum, einen Burggraben und damit Differenzierbarkeit von der Konkurrenz, höhere Gewinnmargen und Preismacht.

Wie schneidet das Unternehmen in der Geschäftsmodell-Bewertung der Scorecard ab? Tiefergehende Erklärungen zu den Kriterien gibt's hier und hier.

Geschäftsmodell-Bewertung

Wiederkehrende Umsätze mit Lock-In

Wird wiederkehrender Umsatz mit hohen Wechselkosten erzielt?

Sicherlich gibt es längerfristige Abnahmeverträge, aber ich sehe keine wiederkehrenden Umsätze und auch keinen Lock-In Effekt. Wer andere Batterien nutzen will, kann das womöglich sofort tun.


Netzwerkeffekte

Wird das Produkt besser, je mehr Kunden es nutzen?

Keine.


Skaleneffekte (Economies of Scale)

Wird das Geschäftsmodell mit zunehmender Größe widerstandsfähiger? Wachsen Umsätze stärker als Kosten?

Varta genießt als Marktführer auch Skaleneffekte, kann verstärkt investieren und Fabriken aufbauen.


Proprietäre Technologie

Besitzt das Unternehmen eigene Technologie oder Patente, die nicht einfach kopiert werden können?

Varta bezeichnet sich selbst als Technologieführer. Ob sie das am Ende sind ist schwer einzuschätzen und hängt wohl davon ab, welches Segment man sich anschaut. Einerseits bietet die zunehmende Vernetzung von Geräten hier Chancen, aber auch viele Konkurrenten, die jetzt ebenfalls stark an Akkutechnologie forschen.


Marke (Branding)

Hat das Unternehmen eine starke Marke, die das Geschäftsmodell nach vorne bringt?

Varta selbst betont in der Investorenpräsentation die starke Marke. Die Marke ist sicherlich stark, ich glaube aber nicht, dass diese einen großen Vorteil verschafft. Im Konsumentengeschäft, also bspw. im Supermarktregal bestimmt schon, auch wenn ich das Produkt selbst für ziemlich austauschbar halte. Beim wichtigeren Geschäftskunden hat die Marke noch weniger Bedeutung, da es da vor allem um Preis-Leistung geht und der Kunde des Endprodukts gar nicht sieht, welche Batteriemarke genutzt wurde.


Geschäftsmodell-Bewertung: 11 / 25

Strategie & Chancen

Es gibt ein großes Fokusthema für Varta: Nicht nur Mikrozellen, sondern auch große Zellen, mit denen der Einstieg in die Elektromobilität und weitere Märkte gelingen soll.

Dazu heißt es in der Investorenpräsentation:

VARTA to start next growth initiative. Large format cells with huge growth potential. Market evaluations and concrete negotiations with OEM (Anm.: Automobilhersteller) are making good progress. VARTA is optimistic to start the next growth era soon. First revenues expected in 2024

Diese großformatigen Zellen eröffnen den Einstieg in unterschiedliche Märkte, die viel Potenzial versprechen: Staubsauger, Zahnbürsten, Drohnen, E-Bikes, Akkuschrauber oder Hausspeicher.

Der primär fokussierte Markt ist aber der E-Auto Markt.

Elektromobilität

Eine der größten wirtschaftlichen Entwicklungen ist der Wandel in der Automobilbranche hin zur Elektromobilität. Autos brauchen Akkus, die einerseits leicht und platzsparend sind, andererseits genug Leistung für ausreichend Reichweite bringen. Aufgrund der hohen Nachfrage nach E-Autos in Zukunft gelten Akkus als möglicher Engpass der Branche.

Varta hat hier erste Tests absolviert, steckt in Gesprächen mit Automobilherstellern und möchte bestehendes Know How dafür nutzen.

Für viele deutsche Automobilhersteller ist die Frage, wie sie schnell an ausreichend Batterien mit hoher Laufzeit kommen, überlebenswichtig. Im Optimalfall wollen sie dabei nicht von einem Lieferanten abhängig sein oder es direkt selbst machen.

Auch Northvolt-Gründer Peter Carlsson, der sich auf Autoakkus konzentriert, sagte ($) kürzlich beim Manager Magazin, dass die nächsten 10 Jahre Engpässe bei Batteriezellen drohen.

Deutsche Automobilhersteller planen eigene Batteriefabriken, um diese Engpässe zu mildern und Abhängigkeiten reduzieren.

2021 hat Varta bekannt gegeben, selbst auch in dieses Geschäft einsteigen zu wollen. CEO Schein sagt:

„Wir glauben, dass unsere Rundzellenformate aufgrund ihrer einzigartigen Eigenschaften hervorragende Alternativen für den Bau von batterieelektrischen Fahrzeugen im Performance-Bereich darstellen."

Dabei zielt Varta auf das Premium-Segment ab. Sprich: Teurere Akkus für teurere Autos, die schnelleres Laden ermöglichen. Das Volumen für den Massenmarkt hat Varta noch nicht.

Die bekannte Knopfzellentechnologie will Varta auf das Rundzellenformat 21700 übertragen, das in Autos global als Standard genutzt wird. 21700 stellt die Abmessungen (21 auf 70 Millimeter) dar.

Experten wie Dominic Bresser, Gruppenleiter am Helmholtz-Institut Ulm für elektrochemische Energiespeicherung, und Stefan Reindl, Direktor des Instituts für Automobilwirtschaft an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Geislingen, sagen ($), dass schwer einzuschätzen sei, wie gut Varta hier ist. Es scheint aber möglich, dass Varta mit dem bestehenden Wissen auch mit chinesischen Konkurrenten oder Tesla mithalten kann, wobei die schon lange speziell an Autoakkus forschen.

Ich wundere mich: Der Schritt klingt nachvollziehbar, Elektromobilität ist seit Jahren ein klarer Trend. Warum gibt's dann erst jetzt klare Schritte dazu?

Meine Meinung zur Strategie

Chancen durch die Strategie

Durch den Einstieg in großformatige Zellenproduktion kann Varta viele Märkte erschließen, von denen die Elektromobilität der am stärksten fokussierte sein wird.

Warum es klappen könnte:

  • Varta hat bestehende Technologie und Erfahrung
  • Der Markt braucht dringend Batterien, gerade deutsche Hersteller, zu denen Varta eine Nähe hat
  • Die Technologie bietet insgesamt viele Absatzmärkte

Warum es scheitern könnte:

  • Varta kommt zu spät
  • Die Konkurrenz ist darin schon zu groß
  • Perspektivisch könnten Autohersteller sich von Batterielieferanten unabhängig machen wollen

SWOT-Analyse: Stärken, Schwächen, Chancen & Risiken

Bewerten wir nun das Geschäftsmodell und schauen auf die Stärken, Schwächen, Chancen und Bedrohungen.

Stärken

Fassen wir die Stärken zusammen, die wir im Geschäftsmodell identifizieren konnten.

  • Wachsend: Varta ist über die letzten Jahre deutlich gewachsen.
  • Profitabel: Varta ist profitabel, hat gleichzeitig die Profitabilität über die letzten Jahre deutlich ausbauen können. Das spricht erstmal für eine gute Position im Markt.
  • Finanzieller Spielraum: Durch >40% Eigenkapital und laufende Überschüsse bietet Varta Sicherheit, aber auch Spielraum, um zu investieren.
  • Vollintegrierte Wertschöpfung: Varta übernimmt große Teile der Wertschöpfungskette selbst. Das bedeutet mehr Kontrolle und auch mehr Möglichkeiten zur Optimierung für das Premium-Segment.

Schwächen

Wo Licht ist, ist meist auch Schatten. Fassen wir die Schwachstellen des Unternehmens zusammen.

  • Verlangsamtes Wachstum: Mit nur knapp 4% Wachstum war 2021 zwar das stärkste Jahr der Geschichte, aber auch das mit dem langsamstem Wachstum der letzten Jahre.
  • Austauschbares Geschäft: Es gibt kaum Differenzierungsmerkmale, die Varta dauerhafte Vorteile gegenüber der Konkurrenz geben.

Chancen

Wo liegen die Chancen für das Unternehmen, um zu wachsen und den Unternehmenswert zu steigern?

  • Elektromobilität: Der Einstieg in die Elektromobilität bietet einen großen Markt, der für Varta allerdings auch eine Erweiterung des bisherigen Kerngeschäfts darstellt.
  • Marktwachstum: Nahezu alle Verwendungsmöglichkeiten von Varta Akkus & Batterien sollten tendenziell nur mehr genutzt werden. Akkulaufzeit ist bei vielen Geräten noch ein entscheidendes Merkmal der Produktqualität, zu dem Varta beitragen kann.
  • Kritische Infrastruktur? Der Bund unterstützt Varta bereits durch Förderungen. Die Debatte, welche Industrien kritisch sind, nehmen zu. Auch Varta könnte dazu gehören und von staatlicher Rückendeckung profitieren.

Bedrohungen

Es gibt bei jedem Unternehmen Risiken wie eine schwächelnde Wirtschaft, operative Fehlentscheidungen, politische Eingriffe und andere. Hier geht's nun viel mehr darum: Was könnte speziell das hier gezeigte Geschäftsmodell gefährden oder das Wachstum hemmen?

  • Hohe Investitionen: Durch den Einstieg in neue Märkte werden stärkere Investitionen fällig. Neben einer Chance daher auch ein Risiko.
  • Rohstoffbeschaffung: Dieses Risiko listet Varta im Geschäftsbericht als einziges als "hohes Risiko" aus. Durch die globalen Lieferengpässe und den Krieg in der Ukraine sind Logistikketten ungewisser, gleichzeitig durch gestiegene Energiekosten die Verarbeitung deutlich teurer.
  • Abhängigkeit von Apple? Es ist unklar, wie groß die Abhängigkeit von Apple ist. Klar ist, dass Apple ein großer, aber auch gefährlicher Partner ist. Sollten Apple-Umsätze wegfallen, gehe ich stark von einem deutlichen Dämpfer fürs Geschäft von Varta aus.

Aktienbewertung & Investment-These

Wir haben uns jetzt ein umfangreiches Bild des Unternehmens verschafft. Schauen wir abschließend auf die Aktie, bringen Qualität und Bewertung zusammen und ziehen ein Fazit.

Finanzielle Ziele

Varta stellt für 2022 ca. 6 - 11% Umsatzwachstum in Aussicht. Es betont aber auch, dass der Ausblick aktuell enorm schwierig ist. Die adj. EBITDA-Marge soll leicht zurückgehen auf ca. 28% und damit das 2020er Niveau.

Bis 2024 möchte Varta 13 - 15% pro Jahr auf ein Umsatzniveau von 1,3 - 1,4 Mrd. Euro wachsen. Erste Umsätze aus dem Elektroauto-Geschäft werden nicht vor 2024 erwartet.

Renditeerwartung & fairer Wert

Berechnen wir nun die zu erwartende Rendite. Kann ich diese hellsehen? Nein (alle Versuche sind bisher zumindest gescheitert). Ich kann aber das Chance-Risiko-Verhältnis auf Basis der Analyse abschätzen und in Zahlen gießen, die sich gut interpretieren lassen.

Dafür kalkuliere ich drei Szenarien: Ein pessimistisches, ein optimistisches und das Szenario, das ich im Mittel erwarte. Ausreißer nach unten und oben sind naturgemäß auch immer möglich.

worst case

pessimistisch

erwartet

optimistisch

best case

Für die Ermittlung des fairen Werts (alle Erläuterungen dazu über diesen Link) habe ich im mittleren Szenario folgende Annahmen über einen Zeithorizont von 10 Jahren getroffen:

Umsatzwachstum

Das Umsatzwachstum nähert sich in der Berechnung vom kurzfristigen schrittweise an das langfristige Wachstum über 10 Jahre an.

  • Umsatzwachstum zuletzt: 30% pro Jahr, 2021 +4%
  • Prognose: ~10% für 2022, 13 - 15% bis 2024
  • Meine kurzfristige Annahme: 13% p.a.
  • Meine langfristige Annahme: 8% p.a., also weitestgehend konstantes, leicht abnehmendes Wachstum. Hier ist im optimistischen Szenario allerdings der größte Hebel, wenn der Einstieg in die E-Mobilität dauerhaft gelingt.

Nettomarge

Die Nettomarge liegt heute bei 11%. Für 2022 wird ein leichter Rückgang der Margen auf die Vorjahresniveaus von Varta erwartet. Langfristig gehe ich im Mittel von 10% Nettomarge aus.

Bewertungsniveau

Heute ist die Aktie mit einem KGV von 40 bewertet. Ich gehe davon aus, dass die Aktie - basierend auf den anderen Annahmen, bspw. deutlich verlangsamten Wachstum und einem weitestgehend austauschbaren Geschäftsmodell - langfristig mit einem durchschnittlichen KGV von 16 bewertet sein wird.

Meine Renditeerwartung

Renditerechner-Tool

Berechnung der Renditen in drei Szenarien. Erklärung hier. Zahlen in Heimatwährung. Aktienticker: VAR.

Status Quo » Die Zahlen heute

Möglichst der letzten 12 Monate, also TTM (Trailing Twelve Months), um die aktuellsten Daten zu nutzen.
Anteil am Gewinn, der als Dividende ausgeschüttet, per Aktienrückkauf oder per Schuldentilgung an Aktionäre zurückgeführt wird. Bei Wachstumsunternehmen oft 0%.

Zukunft » Annahmen zur Wertentwicklung

Die kurzfristigen Werte nähern sich über einen 10-Jahres-Horizont an die langfristigen an.

↘︎
↗︎
Wachstum
kurzfristig, in % Wie stark ist das Umsatzwachstum im nächsten Jahr?
Wachstum
langfristig, in % Wie hoch wird das Umsatzwachstum in 10 Jahren erwartet?
Nettomarge
kurzfristig, in % Wie hoch ist der Nettogewinn im Verhältnis zum Umsatz heute?
Nettomarge
langfristig, in % Wie hoch ist der Nettogewinn im Verhältnis zum Umsatz in 10 Jahren? Indikatoren: Heutige Nettomarge, EBIT-Marge & Free Cashflow Marge.
KGV
langfristig Wie hoch wird das Unternehmen in 10 Jahren - auch beruhend auf den anderen Annahmen - fair bewertet sein? Je stärker die Zahlen & das Geschäftsmodell, desto höher die mögliche Bewertung.
Umsatz
Marktkapitalisierung
Wertsteigerung
Shareholder Yield
Gesamtrendite
Fairer Aktienkurs
Margin of Safety

Keine Garantie für die Zukunft.

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Die Scorecard

StrategyInvest Scorecard

Je Kategorie bis zu 25 Punkte. Insgesamt 20+ Kriterien.

19
Qualität

Profitabilität, Bilanz & Risiken

11
Geschäftsmodell

Burggraben, Alleinstellung & Preismacht

10
Wachstum

Umsatz, Gewinne & Rule of 40

14
Bewertung

KUV, KGV & weitere

54

Gesamtscore

Gut 🙂

Pro, Contra & Fazit: Aktie jetzt kaufen?

Pro

  • Solides finanzielles Fundament aus positiven Erträgen und Eigenkapital
  • Produktangebot für viele Wachstumsmärkte
  • Chancen durch Einstieg in großformatige Zellen, bspw. in Elektromobilität
  • Vertikal integrierte Wertschöpfungskette

Contra

  • Austauschbares Produkt und damit angreifbares Geschäftsmodell (bspw. von chinesischer Konkurrenz)
  • Einstieg in E-Auto Segment erfordert höhere Investitionen
  • Großaktionär mit über 50% birgt erhöhte Abhängigkeit
  • Aus reiner Zahlensicht eher teuer bewertet

Mein Fazit

In meinen Augen gibt es nach der Analyse drei wesentliche Erkenntnisse zu Varta:

  1. Die Zahlen sind solide (und verbessern sich) und es ist okay, wenn Varta weiter so wirtschaftet. Das senkt das Abwärtsrisiko.
  2. Der Einstieg in den Markt für Elektroauto-Akkus ist riskant, aber auch chancenreich. Ich sehe, was Varta dafür mitbringt und die Nachfrage im Markt, frage mich aber auch, warum es so lange gedauert hat und ob Varta nicht zu spät dran ist.
  3. Langfristig stört mich das austauschbare Geschäftsmodell, bei dem Varta wohl nur Skaleneffekte hat, mit denen es die Konkurrenz - zumindest heute - etwas ausbremsen kann.

Persönlich stört mich noch die Intransparenz der Apple-Partnerschaft. Viele andere Unternehmen legen zumindest offen, wie viel Umsatz von den Top Kunden stammt, um hier Abhängigkeiten zu erkennen.

Insgesamt halte ich Varta trotzdem für ein nachvollziehbares, wenn auch schwierig abschätzbares Investment. Das Risiko ist nach unten limitiert, da die Zahlen stimmen und die Bewertung nicht utopisch ist. Um attraktive Renditen zu liefern wird Varta aber die geplante Strategie erfolgreich umsetzen müssen.

Tags:  | Aktien: Varta

Disclaimer: Die Inhalte stellen keine Anlageberatung, Kauf- oder Verkaufsempfehlungen dar, sondern spiegeln nur meine persönliche Meinung wider. Jede Investition ist mit Risiken verbunden, die du selbst prüfen musst. Es gibt keine Garantien. Ich kann selbst in besprochene Aktien investiert sein. * Bei Partnerlinks erhalte ich ggf. eine Provision.

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Ich bin Jannes, Jahrgang 1993 und Gründer von StrategyInvest. Seit 2011 investiere ich an der Börse. Damals habe ich mein VWL-Studium mit Finanzschwerpunkt erfolgreich absolviert und bin nun seit mehreren Jahren in der Digital- und Techbranche aktiv, aktuell als Product & Strategy Lead. Ich kenne daher Investieren, Technologie und Unternehmertum aus wissenschaftlicher Sicht, aber auch aus der Praxis. Die Erkenntnisse daraus teile ich hier.

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Auszug aus dem Manifest:

Regel #6: Wir sind geduldig.

Viele Dinge brauchen einfach Zeit. Sie lassen sich nicht übers Knie brechen. Auch Aktien können kurzfristig irrationale Richtungen einschlagen. Wer fundamentale Unterbewertungen feststellt, braucht Geduld, bis der Markt diese überhaupt erkennen kann. Ständiges Überprüfen von Aktienkursen hilft dabei nicht. Wir geben unseren Aktien Zeit um zu wachsen.

zum kompletten StrategyInvest Manifest »

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