von Jannes Lorenzen

Gründer, Strategie-Lead & Investor

veröffentlicht: 10. Februar 2021

Zusätzlich zu den sonntäglichen Aktienanalysen möchte ich hier einmal (auch auf mehrfachen Wunsch hin) in einem kürzeren Format auf eine spannende Aktie aus dem Konsumgüterbereich schauen - die vor allem deshalb spannend ist, weil sie ein eigentlich langweiliges Geschäftsmodell hat: Unilever.

Abseits der Tech-Werte, die an einigen Stellen stark gestiegene Bewertungsniveaus haben (und nicht immer zu Unrecht) und wir uns hier natürlich weiterhin ausführlich anschauen werden, gibt es nämlich Aktien, über die heute kaum gesprochen wird. Gerade neuere Anleger denken gar nicht erst daran, auch in solche Aktien zu investieren.

Ich sehe allerdings drei Gründe, warum die Unilever Aktie aktuell spannend ist:

  1. Zeitloses Geschäftsmodell
  2. Vergleichsweise günstiges Bewertungsniveau, das eine - in meinen Augen - ziemlich gute Renditeschätzung ermöglicht
  3. Starke Positionierung in Schwellenländern

Mehr als genug Gründe also, dass wir uns die Aktie genauer anschauen und herausfinden, ob sich eine Investition aktuell lohnen könnte. Viel Spaß!

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Überblick: Das steckt hinter dem Unternehmen


Das Unternehmen

Unilever ist ein europäischer Konsumgüterkonzern mit Sitz in Großbritannien (und bis vor Kurzem auch noch in der Niederlande), der 1929 gegründet wurde. Heute arbeiten ca. 150.000 Mitarbeiter bei Unilever. Es liegt in der Liste der wertvollsten Konsumgüterhersteller der Welt auf Platz 7.

Produkt & Geschäftsmodell

Unilever besitzt zahlreiche Marken und Produkte im Konsumgüterbereich. Dazu zählen folgende Branchen:

  • Nahrungsmittel (u.a. Becel, Ben & Jerry’s, Knorr, Pfanni und Lätta)
  • Kosmetika & Körperpflege (u.a. Axe, Dove, duschdas und Rexona)
  • Haushalts- und Textilpflegeprodukte (u.a. Coral und Domestos)

Aktienkurs

Der Aktienkurs hat über die letzten Monate etwas gelitten:

Aber: Die Perspektive zählt. Der Kurs hat sich über die letzten 5 Jahre zwischen 35 und 58 Euro bewegt. Langfristig relativieren sich die Schwankungen noch weiter:

Chance

Unilever ist die Chance an einem Unternehmen mit zeitlosen Geschäftsmodell zu einem Bewertungsabschlag zu investieren, das mit weniger Rendite trotzdem eine akzeptable Rendite liefern kann.

Phase & entscheidende Fragen

Unilever befindet sich in Phase 3: Es geht nicht um rasantes Wachstum, sondern vor allem um den Erhalt und langsamen, aber stetigen Ausbau dessen. Regelmäßiger Gewinn und Cashflow steht im Fokus.

Schauen wir uns nun an, was hinter diesen Zahlen steckt.

Business Breakdown: Geschäftsmodell analysiert


Schauen wir uns einmal an, wie das Geschäftsmodell aussieht.

Unternehmensentwicklung

Die folgende Grafik zeigt die Entwicklung vom Umsatz, dem Bruttogewinn, operativen Gewinn und dem Free Cashflow (alle Kennzahlen sind im Glossar erklärt). Im Geschäftsjahr 2019 steckt auch nahezu das komplette Jahr 2020. Der Umsatz ist in den letzten Jahren leicht rückläufig gewesen, die Erträge relativ stabil.

Vor allem das Lebensmittel-Segment, das auch auf Außer-Haus-Verkauf beruht, wurde im Lockdown im Zuge der Corona-Pandemie getroffen. Das Segment Unilever Food Solutions (u.a. die Eismarke Cornetto gehört dazu) hat bspw. 26% weniger Umsatz 2020 erzielt.

Wie verdient das Unternehmen Geld?

Unilever teilt das eigene Geschäft in drei Segmente (inkl. Umsatzanteil) auf:

  • Beauty & Personal Care: 42 %
  • Home Care: 21 %
  • Foods & Refreshment: 38 %

Die regionale Verteilung der Umsätze:

  • Schwellenländer: 58 %
  • Industrienationen: 42 %

Deep Dive: Die Stärken des Geschäftsmodells


Die Stärke des Geschäftsmodells von Unilever beruht vor allem auf Marken. Nicht einer, sondern vielen starken Marken.

Diese Marken bieten Vorteile:

  • Sie sorgen beim Kunden für Vertrauen
  • Sie sind "top of mind", also oft das als erste in den Sinn kommende Produkt einer Kategorie. Das zeigt auch die Statistik, nach der 81% der Produkte von Unilever im jeweiligen Markt auf Platz #1 oder #2 sind
  • Sie erzielen höhere Gewinnmargen (bei Unilever satte 44 %), da sie im Vergleich zu No-Name Produkten höhere Preise bei weitestgehend gleichen Kosten abrufen können

Dazu kommt ein Vorteil von Unilever: Skaleneffekte.

Durch größere Absatzmengen kann Unilever Kosten reduzieren. Und anders als neue Marken ist Unilever mit allen Abnehmern, Supermärkten oder Lieferdiensten eng verdrahtet und kann neue Marken und Produkte direkt dort platzieren.

Unilever selbst sieht drei zentrale Stärken als Differenziator:

  • Führendes Markenportfolio
  • Starke Präsenz in Wachstumsmärkten
  • Führend in nachhaltigen Unternehmen

Gerade der Bereich nachhaltiger Produkte wird immer wichtiger, gerade auch, um sich über eine vertrauenswürdige und starke Marke noch stärker von günstigeren No-Name-Produkten abheben zu können.

Zukunft: Strategischer Fokus

Im Quartalsbericht Q4 2020, der gleichzeitig das Geschäftsjahr abgeschlossen hat, hat der CEO fünf strategische Entscheidungen für die Zukunft benannt:

  1. Das Produktsortiment in Richtung stark wachsender Segmente zu erweitern, sowohl durch eigenen Aufbau von Marken als auch Akquisitionen
  2. Mit der Marke Gutes tun und diese so positionieren, also eine Mission zu verfolgen und Innovation voranzutreiben
  3. Wachstum in den USA, Indien und China beschleunigen und die Stärke in den Schwellenländern weiter nutzen
  4. In den Absatzkanälen der Zukunft, vor allem im E-Commerce, führend sein und die digitalen Möglichkeiten bestmöglich ausschöpfen
  5. Eine missionen-getriebene, zukunftsfähige Wachstumskultur schaffen

Insgesamt vereint das die Richtung, in die es heute gehen muss: Digitalisierung nutzen, sowohl im Verkauf als auch im Kundenverständnis. Neue, authentische Marken aufbauen, die Werte verkörpern, die immer wichtiger werden. Dazu der Fokus auf wachstumsstarke Regionen.

Die langfristigen Ziel-KPIs

Außerdem gibt der CEO einen Ausblick auf die mittelfristigen Ziele von Unilever:

  • Umsatzwachstum: ca. 3 - 5% p.a.
  • Gewinnwachstum > Umsatzwachstum
  • Jährliche Einsparungen von 2 Mrd. EUR durch 'Fuel for Growth' Programm
  • Restrukturierungskosten von 1 Mrd. EUR in 2021 und 2022, danach weniger
  • Nettoverschuldung / EBITDA bei ca. 2

Welche Risiken gibt es?

Vergleichsweise wenige. Denn:

  • Das Konsumgütergeschäft hat eine vergleichsweise konstante Nachfrage
  • Unilever hat breit diversifizierte Marken in unterschiedlichen Segmenten
  • Es gibt - zumindest soweit heute ersichtlich - keine großen bilanziellen Risiken

Die Risiken, die es gibt, sind vor allem operativer Natur:

  • Neue oder auch bestehende Marken können Umsatzrückgänge erleiden, bspw. da sie digitale Kanäle nicht so erfolgreich bespielen wie die Kanäle, die in der Vergangenheit gut funktioniert haben
  • Skandale oder negatives mediales Interesse (wie bspw. beim Konkurrenten Nestlé)
  • Wirtschaftliche und politische Spannungen mit Schwellenländern (wobei die Konsumgüterbranche im Handelsstreit bisher nicht von Bedeutung war)

Factsheet

Factsheet

Alle Zahlen, sofern nicht anders angegeben, in der jeweiligen Heimatwährung und TTM (= letzte 12 Monate). Zusatz 'e' = erwartet.

Die Eckdaten

  • Land: Großbritannien
  • Branche: Konsumgüter
  • Marktkapitalisierung: 110 Mrd. EUR
  • Umsatz: 52 Mrd. EUR
  • Gewinn: 6 Mrd. EUR
  • Free Cashflow: 8 Mrd. EUR

Bewertung

  • KUV: 2,3
  • KGV: 21
  • KGVe: 18
  • KCV: 13
  • PEG-Ratio: 2,7

Qualität & Wachstum

  • Bruttomarge: 44 %
  • Nettomarge: 11 %
  • operatives Gewinnwachstum (letzte 3 Jahre): 4 % p.a.
  • Umsatzwachstum (letzte 3 Jahre): 0 %

Zusammenfassung

Unilever verkauft Produkte in den Segmenten "Beauty & Personal Care", "Home Care" und "Foods & Refreshment" und setzt dabei vor allem auf starke Marken und Skaleneffekte. Etwas mehr als die Hälfte der Umsätze stammen aus Schwellenländern.

Pro & Contra: Unilever Aktie jetzt kaufen?


Um bei einer Aktie wie Unilever zu einer Renditeerwartung zu kommen, eignet sich in meinen Augen eine "Bierdeckel-Bewertung", die sich vereinfacht an den anderen Aktienbewertungen orientiert.

Die Unilever-Bewertung auf dem Bierdeckel

Die Bewertung liegt heute bei einem KGV von ca. 20. Der Kehrwert ergibt die aktuelle Gewinnrendite, also 5%. Anders gesagt: Für jede 100€, die du heute in Unilever investierst, wirst du aktuell an 5€ Gewinn pro Jahr beteiligt.

Nehmen wir an, das Bewertungsniveau bleibt gleich. Dann bleibt der einzige Faktor das Gewinnwachstum.

Unilever selbst peilt 3 - 5% Umsatzwachstum pro Jahr an und möchte den Gewinn stärker steigern als den Umsatz. Analysten erwarten ein eher stagnierendes Jahr 2021 (mit immerhin +2%) und dann ca. 5% Gewinnsteigerung.

Das entspricht etwa dem Wirtschaftswachstum, v.a. hinsichtlich des höheren Wirtschaftswachstums der Schwellenländer.

Wenn wir das zusammennehmen (und weiter von einem gleichbleibenden Bewertungsniveau ausgehen:

  • 5% aktuelle Gewinnrendite
  • zwischen 2% und 5% Gewinnwachstum

Das ergibt eine Renditeerwartung von 7 bis 10% pro Jahr - bei einem in meinen Augen überschaubaren Risiko.

Klar, Kursrückschläge kann es immer geben. Die Aktie ist aber weniger volatil als der restliche Markt und auch das Geschäftsmodell ist keinen größeren Risiken ausgesetzt, zumal auch die Marken von Unilever selbst breit diversifiziert sind.

Pro

  • Zeitloses und nicht-zyklisches Geschäftsmodell
  • Bewertung, die mit hoher Wahrscheinlichkeit eine positive Rendite liefern wird, selbst wenn es zu Krisen kommen sollte
  • Hoher Anteil in Schwellenländern, die überdurchschnittlich stark wachsen
  • Sinnvolle Strategien für Zukunftsfähigkeit und weiteres Wachstum

Contra

  • Zuletzt etwas schwierigere Jahre
  • Kurzfristig negativer Kurstrend

Fazit

Wer Aktien sucht, die in Zukunft 10%+ und mehr pro Jahr liefern, wird mit Unilever nicht glücklich. Wer aber in einem teurer gewordenen Markt noch attraktive Renditen zu überschaubarem Risiko sucht, wird in meinen Augen bei Unilever fündig.


Das Geschäftsmodell hat keine größeren Risiken und wird auch in Zukunft weiter bestehen - unabhängig davon, ob die Lebensmittel in einem Supermarkt gekauft oder geliefert werden.


Die Renditeerwartung von 7 - 10% pro Jahr halte ich für durchaus realistisch und das Abwärtsrisiko überschaubar.

Tags: Unilever | Aktien: Unilever

Disclaimer: Die Inhalte stellen keine Anlageberatung, Kauf- oder Verkaufsempfehlungen dar, sondern spiegeln nur meine persönliche Meinung wider. Jede Investition ist mit Risiken verbunden, die du selbst prüfen musst. Es gibt keine Garantien. Ich kann selbst in besprochene Aktien investiert sein. * Bei Partnerlinks erhalte ich ggf. eine Provision.

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Ich bin Jannes, Jahrgang 1993 und Gründer von StrategyInvest. Seit 2011 investiere ich an der Börse. Damals habe ich mein VWL-Studium mit Finanzschwerpunkt erfolgreich absolviert und bin nun seit mehreren Jahren in der Digital- und Techbranche aktiv, aktuell als Product & Strategy Lead. Ich kenne daher Investieren, Technologie und Unternehmertum aus wissenschaftlicher Sicht, aber auch aus der Praxis. Die Erkenntnisse daraus teile ich hier.

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Auszug aus dem Manifest:

Regel #13: Wir widerlegen unsere eigenen Ideen.

Gute Ideen hat jeder. Die wenigsten schaffen es aber, eigene Ideen selbst zu widerlegen und die Gegenseite einzunehmen. Wir fragen uns: Was spricht gegen meine These? Warum könnte ich falsch liegen? 

„Du musst dich zwingen, gegensätzliche Argumente zu erwägen. Besonders, wenn sie deine liebsten Ideen in Frage stellen.“ - Charlie Munger

zum kompletten StrategyInvest Manifest »

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