von Jannes Lorenzen

Gründer, Strategie-Lead & Investor

veröffentlicht: 10. März 2021

In den letzten Tagen gab es starke Korrekturen, die vor allem den Technologie-Sektor und die Aktien getroffen haben, die zuletzt durch hohe Wertsteigerungen aufgefallen sind.

Woher kommt diese Korrektur? Hat sie etwas mit den jüngsten Zinserhöhungen zu tun? Welche Aktien sind betroffen? Ergeben sich nun Chancen oder sollte man umso vorsichtiger sein?

Hier gibt's kompakt die Fakten sowie meine Gedanken und Denkanstöße dazu. Viel Spaß!

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Markt- und Aktiencheck: Was ist konkret passiert?

Der US-amerikanische Technologie-Index Nasdaq hat etwa 10 - 15% im Wert verloren, während der restliche Markt weitestgehend stabil geblieben ist.

Die Grafik zeigt den Nasdaq (gelb) und den S&P 500 (grüne Linie) über die letzten 6 Monate:

Innerhalb des Nasdaq hat es vor allem die Aktien getroffen, die (bspw. gemessen am Kurs-Umsatz-Verhältnis) am teuersten bewertet waren und gerade über die letzten Monate sehr stark gelaufen sind.

Nachfolgend ein paar Beispiele von Aktien, die unterschiedlich betroffen oder immun waren, jeweils vom Hoch des letzten Monats zum Tiefpunkt vor ein paar Tagen.

Gewinner-Aktien:

Verlierer-Aktien:

Einige der Aktien haben sich mittlerweile wieder ein paar Prozentpunkte erholt, stehen aber noch deutlich unter dem Niveau von vor einem Monat.

Wie kam es zu der Kurskorrektur?

Ein Ereignis wird immer mal wieder als mögliche Ursache genannt und habe ich im letzten Briefing beschrieben: Der Zinsanstieg in den USA.

Ein solcher Zinsanstieg hat (stark vereinfacht) den Effekt, dass Fremdkapital in Zukunft teurer wird und dass Anleihen relativ zu Aktien etwas attraktiver werden.

Ersteres trifft vor allem Unternehmen, die Kapitalbedarf haben. Also: Wachstumsunternehmen, die selbst noch nicht profitabel sind. Das rechtfertigt allein aber nicht Abschläge von 20 - 30% des Unternehmenswerts.

Dazu hat die Korrektur vor allem die Aktien getroffen, die am meisten Wachstumsphantasie eingepreist hatten. Es ist also viel mehr eine Korrektur der vorher gesehenen Anstiege und weniger ein durch fundamentale Gründe, wie den Zinsanstieg, zu begründendes Event.

Aber auch eine etwas höher erwartete Inflationsrate kann zu einer höheren Abzinsrate führen (hier erklärt): Die Gewinne und der Wert von Wachstumsunternehmen liegt vor allem in der Zukunft. Je höher die Abzinsrate, desto niedriger sinkt der Wert solcher Unternehmen nach dem Discounted-Cashflow-Modell.

Also, ich sehe drei Gründe: Inflation, Zinsen und Börsenlaune.

4 Lektionen aus der Tech-Korrektur

Die Korrektur des aktuell beliebtesten Börsensegments hält uns drei Lektionen vor Augen:

#1 Unternehmen vs. Aktie

Es gibt einen Unterschied zwischen dem Risiko eines Unternehmens und dem Risiko einer Aktie. Fast immer ist das Risiko eines Unternehmens auch eines der Aktie, aber nur selten gilt das auch umgekehrt.

Als Beispiel: Wenn ein Unternehmen hochverschuldet ist, gefährdet es das Geschäft und damit auch die Aktie.

Aber: Wenn eine Aktie hoch bewertet ist (bspw. mit einem KUV von 20) und dann fällt (bspw. auf ein KUV von 15), ist das dem Unternehmen erstmal recht egal. Für Aktionäre ist das aber ein kurzfristiges Kursrisiko.

Gerade dieses Kursrisiko haben wir jetzt gesehen: Die Geschäftsmodelle und die Zukunftsaussichten haben sich kaum verändert, die Kurse aber stark. Deshalb ist es wichtig, die Risiken des Unternehmens und die der Aktie zu trennen.

Zuletzt habe ich immer wieder bei entsprechenden Aktien und im Podcast betont: Hohe Bewertungen bieten immer eine Fallhöhe, selbst wenn das Geschäftsmodell stark bleibt.

Deshalb ist Lektion #2 umso wichtiger.

#2 Kaufe nie, weil etwas steigt

Warren Buffett hat mal gesagt:

“Der dümmste Grund eine Aktie zu kaufen, ist, weil sie steigt.”

In jüngster Vergangenheit ist genau das aber immer wieder vorgekommen, was ich zuletzt im Podcast in der Folge "Zählt nur noch Wachstum? Das Momentum-Problem" thematisiert habe.

Wer nur gekauft hat, weil eine Aktie gestiegen ist, ohne dahinter fundierte Gründe zu haben, bekommt jetzt die Quittung: Das unbequeme Gefühl, dass das vielleicht doch etwas unüberlegt war.

Das zeigt: Aktien sind nicht in 5 Minuten mal eben analysiert und gekauft. In den letzten Monaten hat es gut geklappt, selbst blinde Stock-Picker hatten es einfach (siehe Briefing zur Verteilung der Aktienrenditen, Out- und Underperformer) und Anleger mussten sich darum keine Gedanken machen - bis jetzt.

#3 Diversifikation hilft wirklich

Wer nur auf High-Growth Aktien und mögliche Zukunftschampions setzt, wird spätestens jetzt gemerkt haben: Es kann auch mal schnell bergab gehen.

Diversifikation bedeutet in diesem Fall, auch in langweiligere und möglicherweise auch ziemlich unattraktive Unternehmen zu investieren. Zuletzt habe ich hier Dropbox, IBM, Intel oder Unilever vorgestellt, die in diese Kategorie fallen. Auch Werte in meinem Depot, die für viele wenig interessant aussehen wie Disney oder Volkswagen, konnten entgegen der hochbewerteten Tech-Aktien zulegen. Solche Aktien haben sich vergleichsweise stabil gehalten und konnten Depots ausgleichen.

Das heißt nicht, dass das eine prinzipiell besser sein muss als das andere. Es zeigt aber, dass es sich lohnt, das Geld zu streuen.

#4 "5 minus 1"

André Kostolany hat mal gesagt:

An der Börse sind 2 mal 2 niemals 4, sondern 5 minus 1. Man muss nur die Nerven haben, das minus 1 auszuhalten.

Die Kurse des Nasdaq stehen heute deutlich höher als vor einem Jahr. Wäre dieser Anstieg einfach linear erfolgt - ohne einen Rücksetzer - fühlt es sich viel besser und sicherer an, als jetzt, wo auf einen starken Anstieg auch eine kurze Korrektur folgt.

In beiden Szenarien stehen die Kurse am Ende aber am gleichen Punkt. Das ist das Wesen der Börse: Am Ende steht man oft besser da als zu Beginn, der Weg dahin kann aber einer Achterbahnfahrt ähneln.

Wie du mit der Korrektur umgehst: 3 Tipps

Kurz und knapp gibt es drei Dinge, die du jetzt tun kannst:

1. Nichts

Du lässt alles so wie es ist. Wer steigende Kurse erleben will, muss auch fallende Kurse erleben.

„Wer die Aktien nicht hat, wenn sie fallen, der hat sie auch nicht, wenn sie steigen.“

2. Kritisch hinterfragen

Nutze die 3 Lektionen und hinterfrage dein Depot kritisch: Hast du bestimmte Aktien nur gekauft, weil sie steigen? Ist dein Depot gut genug diversifiziert oder merkst du, wie nervös dich solche Schwankungen machen?

Nutze so eine Situation als Erfahrung. Gerade für Börsenneulinge bietet sich so die Chance, das Risiko, das man erst nur aus theoretischen Aktiencharts kennt, auch in der Praxis einzuschätzen.

3. Kaufe nach

Einige großartige Unternehmen sind jetzt 15 bis 30% günstiger als noch vor einem Monat. Das heißt nicht zwangsläufig, dass sie günstig bewertet sein müssen. Wer aber überlegt hat dort eine Aktie zu kaufen, hat jetzt wahrscheinlich umso bessere Gründe.

Auch ich schaue mich gerade um und werde vermutlich einige bestehende Werte im Depot aufstocken.


Also: Aussitzen, daraus lernen und ggf. als Chance nutzen. So hat jede Korrektur ihren Nutzen.

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Ich bin Jannes, Jahrgang 1993 und Gründer von StrategyInvest. Seit 2011 investiere ich an der Börse. Damals habe ich mein VWL-Studium mit Finanzschwerpunkt erfolgreich absolviert und bin nun seit mehreren Jahren in der Digital- und Techbranche aktiv, aktuell als Product & Strategy Lead. Ich kenne daher Investieren, Technologie und Unternehmertum aus wissenschaftlicher Sicht, aber auch aus der Praxis. Die Erkenntnisse daraus teile ich hier.

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Auszug aus dem Manifest:

Regel #19: Wir bleiben.

Aktienkäufe werden auch mal schief gehen und Aktienmärkte werden auch mal fallen. Ob es uns gefällt oder nicht: Wir rechnen damit. Wir können nachkaufen. Wir können auch nichts tun. Aber: Wir bleiben dabei. 

zum kompletten StrategyInvest Manifest »

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