von Jannes Lorenzen

Gründer, Strategie-Lead & Investor

veröffentlicht: 4. Juli 2021

Daten werden immer wieder als "Gold der digitalen Ära" bezeichnet. Es fallen mehr und mehr Daten an und aus ihnen die richtigen Schlüsse zu ziehen wird umso wichtiger.

Warren Buffett gilt nicht als Tech-Versteher. Er hat einige Chancen vorbeiziehen lassen und fängt allmählich an, auch Tech-Aktien nun ins Auge zu fassen. Dabei hat vor allem ein Aktienkauf seines Investmentunternehmens Berkshire Hathaway für Aufsehen gesorgt: Der Kauf der Snowflake-Aktie.

Vor allem auch deshalb, da das Unternehmen selbst vergleichsweise teuer bewertet ist und damit so gar nicht in das Beuteschema von Buffett passt. Zugegebenermaßen, die Position war vergleichsweise klein, aber es gab den Kauf.

Snowflake selbst greift einen großen Sektor an: Das Bereitstellen von Datenbanken in der Cloud bzw. das zentrale Managen von bestehenden Datenbanken. In der Analyse zeige ich dir, was genau das Alleinstellungsmerkmal ist (und ob es überhaupt eins gibt).

Ich sehe drei Gründe, warum die Aktie aktuell spannend ist:

  1. Enorm hohes Wachstum: Der Umsatz hat sich von 2019 auf 2020 mehr als verdoppelt
  2. Zukunftsmarkt: Es gibt immer nur mehr Daten und gleichzeitig dominieren Cloud-Lösungen in allen Segmenten. Snowflake hat also ein natürlich wachsenden Markt.
  3. Bewertung: Mit einem KUV von ca. 100 ist Snowflake eine der teuersten Aktien an der Börse - was erstmal nachteilig ist, aber es umso spannender macht, warum der Markt dieser Aktie so viel zutraut

Mehr als genug Gründe also, dass wir uns die Aktie genauer anschauen und herausfinden, ob sich eine Investition aktuell lohnen könnte.

Dabei erfährst du, wie das Geschäftsmodell funktioniert und wie gut es ist, woraus der Burggraben wirklich besteht, wer die Konkurrenten sind und ob die Aktie heute attraktiv bewertet ist oder nicht. Viel Spaß!

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Überblick: Das steckt hinter Snowflake


Das Unternehmen

Snowflake wurde erst 2012 in den USA gegründet, 2014 ging der Service online. Heute arbeiten über 2.000 Mitarbeiter für Snowflake, das über 70 Mrd. US-Dollar wert ist. CEO ist seit 2019 Frank Slootman.

Der Börsengang erfolgte erst im September 2020, wo Snowflake ca. 3,4 Mrd. Dollar einsammelte und noch mit 33 Mrd. Dollar bewertet wurde.

In der Investorenpräsentation macht Snowflake unmissverständlich klar, wo die Reise von heute ca. 0,8 Mrd. Dollar Jahresumsatz hingehen soll: Auf 10 Mrd.

Produkt & Geschäftsmodell

Snowflake bietet Data Warehousing in der Cloud an. Also: Datenspeicher, in die Unternehmen ihre Daten einspeisen, sie dort analysieren und abrufen können, die digital von überall erreichbar sind.

Snowflakes Vision:

Snowflake’s vision is a world with unlimited access to governed data, so every organization can tackle the challenges and opportunities of today and reveal the possibilities of tomorrow.

Es wird auch, analog zu SaaS-Modellen, als "Data Warehouse-as-a-Service" betitelt. Snowflake stellt also eine Infrastruktur bereit, die es für Unternehmen einfach macht, ihre Daten dort zu speichern und sie auch dort zu analysieren.

Diese Daten können vielfältig sein: Produktdaten (Artikelnummer, Farben, Beschreibung, Attribute, Titel, Bilder,...), Bestelldaten (Zeitpunkt, Rechnung, Adresse, Zahlungsart, Produkte,...), Nutzungsdaten (welche Seiten wurden aufgerufen? Wie lange? In welcher Reihenfolge?) und vieles mehr.

Gerade in der digitalen Welt fallen überall Daten an, die effizient und strukturiert gespeichert werden müssen, um danach wieder abgerufen und analysiert werden zu können.

Auch künstliche Intelligenzen brauchen Daten: Diese Daten füttern ein Modell, auf dem die KI aufbaut, oder machen das Modell überprüfbar.

Das Spannende bei Snowflake: Der Service setzt auch auf den großen Cloud-Hosting Anbietern AWS (von Amazon), Google Cloud und Azure (von Microsoft) auf. Es ist also eine Zwischenschicht.

Die bisherige Landschaft sieht Snowflake so: Zahlreiche unterschiedliche Datenbanken, die unterschiedlich aufgebaut und strukturiert sind und mit unterschiedlichen Befehlen abgefragt werden müssen...

...sind an den unterschiedlichsten Orten der Welt von einem Unternehmen verteilt. 

Snowflake bietet nun eine einheitliche Software, um all das zentral zu steuern, zu optimieren, zusammenzufügen und zu analysieren. Es fügt den fragmentierten Markt zusammen.

Ganz vereinfacht: Der Aggregator, der Airbnb für Ferienwohnungen ist oder Lieferando für Restaurants, ist Snowflake für Datencenter.

Aktienkurs

Der Aktienkurs hat sich seit dem Börsengang, bei dem die Bewertung nochmal gestiegen ist, eher seitwärts entwickelt:

Factsheet

Factsheet

Alle Zahlen, sofern nicht anders angegeben, in der jeweiligen Heimatwährung und TTM (= letzte 12 Monate). Zusatz 'e' = erwartet.

Die Eckdaten

  • Land: USA
  • Branche: Data Warehousing
  • Marktkapitalisierung: 70 Mrd. USD
  • Umsatz: 0,7 Mrd. USD
  • Ergebnis: -0,7 Mrd. USD
  • Free Cashflow: -0,1 Mrd. USD

Bewertung

  • KUV: 100
  • KGV: -
  • KGVe: -
  • KCV: -
  • PEG-Ratio: -

Qualität & Wachstum

  • Verschuldungsgrad: 4%
  • Bruttomarge: 58%
  • Nettomarge: -90%
  • Umsatzwachstum (letzte 3 Jahre): 110% p.a.

Schauen wir uns nun an, was hinter diesen Zahlen steckt.

Business Breakdown: Geschäftsmodell analysiert


Schauen wir uns einmal an, wie das Geschäftsmodell aussieht.

Unternehmensentwicklung

Die Umsätze von Snowflake steigen schnell:

  • 2019: 100 Mio. Dollar
  • 2020: 260 Mio. Dollar
  • 2021: 590 Mio. Dollar
  • TTM: 710 Mio. Dollar

Die Remaining Performance Obligations (RPO), also die Summe, die noch durch bereits geschlossene Verträge aussteht, konnte auf das Geschäftsjahr 2021 um über 200% auf 1,3 Mrd. US-Dollar gesteigert werden.

Sie selbst heben fünf Kennzahlen hervor:

  • Die Umsatz Run Rate liegt aktuell bei über 850 Mio. US-Dollar. Diese entspricht der Hochrechnung des aktuellen Monatsumsatzes auf die kommenden 12 Monate (Wachstum nicht eingerechnet).
  • 104 Kunden zahlen über 1 Mio. Dollar jährlich an Snowflake
  • Die NRR liegt bei 168%. Das bedeutet: Bestandskunden geben nach einem Jahr +68% mehr für Snowflake aus als im Vorjahr. Das zeigt auch: Das Wachstum von Snowflake stammt recht gleich verteilt aus Bestands- und Neukunden.

Auch die NRR zeigt sich seit Jahren auf hohem Niveau:

Der Net Promoter Score, das Maß für die Kundenzufriedenheit, liegt bei 71, was ein ziemlich starker Wert ist und dafür spricht, dass Kunden sehr zufrieden sind.

Außerdem zählt Snowflake aktuell 186 der Fortune 500 Unternehmen zu ihren Kunden. Es zeigt also, dass hier noch viele große Unternehmen gewonnen werden können.

Wie funktioniert das Geschäftsmodell?

Was sind die Kriterien, nach denen Unternehmen ihre Datenspeicherplätze auswählen?

  • Verfügbarkeit
  • Geschwindigkeit
  • Übersichtlichkeit
  • Analysemöglichkeiten
  • Kosten
  • Skalierbarkeit
  • Rechtemanagement & Schutz der Daten

Teilweise werden diese von den Hostinganbietern selbst geboten, teilweise von Snowflake.

Snowflake nennt vor allem fünf Vorteile, die die eigene Innovation zeigen soll:

  • Connected Industries: Innerhalb eines Unternehmens können die unterschiedlichen Geschäftsbereiche (bspw. Marketing mit dem Vertrieb, der Kundenservice mit dem Marketing, der Einkauf mit der Produktion etc.) ihre Daten einfacher verknüpfen und gemeinsam nutzen.
  • Global Governance: Es können weltweit Rahmenbedingungen zur Sicherheit und zum Schutz der Daten definiert werden.
  • Platform Optimization: Snowflake als Plattform verspricht die Datennutzung zu optimieren, sodass Anfragen 6 - 8x schneller durchgeführt werden sollen und die Kosten zur Datenspeicherung bis zu 30% geringer sein sollen.
  • Data Programmability: Snowflake bietet bessere und einfachere Möglichkeiten, um Daten zu verarbeiten. Viele Rohdaten brauchen Verarbeitungsprozesse, um sinnvoll genutzt zu werden (bspw. bei Website-Nutzung die Summierung nach Nutzer, nach Website, nach Zeit,...), die je nach Anwendungsfall unterschiedlich ausfallen können.
  • Powered by Snowflake: Snowflake bietet eine Art Marktplatz, über den Partner eigene Anwendungen auf Basis der Snowflake Data Cloud entwickeln können.

Die Nutzung kategorisiert Snowflake ebenfalls und stellt fest: Immer mehr Kunden nutzen Snowflake als geschäftskritische Software. Das stärkt die Verhandlungsposition von Snowflake und ist ein Grund für die starke NRR:

Bewertung des Geschäftsmodells

Wie schneidet das Unternehmen in der Geschäftsmodell-Bewertung der Scorecard ab?

Geschäftsmodell-Bewertung

Wiederkehrende Umsätze mit Lock-In

Sehr hoch. Die Umsätze kommen im Abo-Modell und da die Daten zum einen sehr komplex, zum anderen oft sehr geschäftskritisch sind, ist ein starker Lock-In mit hohen Wechselkosten vorhanden.


Netzwerkeffekte

Netzwerkeffekte in einem Unternehmen selbst sind vorhanden: Wenn ein Geschäftsbereich zu Snowflake zieht, ist es für die restlichen umso sinnvoller, dies auch zu tun. Die Netzwerkeffekte sind bezogen auf andere Unternehmen begrenzt.


Skaleneffekte (Economies of Scale)

Skalierung ist ein wichtiger Bestandteil von Snowflake. Je mehr Nutzen, desto mehr kann Snowflake in Entwicklerkapazitäten und eigene Server investieren.


Proprietäre Technologie

Snowflake besitzt und entwickelt selbst Technologie. Die Ausgaben für Forschung & Entwicklung liegen bei 23% des Umsatzes, was relativ gesehen gut ist, absolut gesehen (wegen des noch überschaubaren Umsatzes) mittel.


Marke (Branding)

Snowflake ist bekannt und renommiert in der Branche, was auch die Bewertungsplattformen zeigen. Die Marke ist hier aber kein entscheidendes Alleinstellungsmerkmal.


Geschäftsmodell-Bewertung: 19 / 25

Zukunft: Burggraben, Strategie & Wachstumsperspektiven


Bevor wir gleich in die SWOT-Analyse gehen, schauen wir in die Zukunft. Wie sieht die Strategie aus? Wie ist die Konkurrenzsituation und der eigene Burggraben gegenüber der Konkurrenz? Welche Wachstumsperspektiven gibt es?

Konkurrenz

Indirekte Konkurrenten sind die Cloud-Hosting-Anbieter (Amazon, Alphabet, Microsoft), an denen Snowflake andockt: Sollte einer (bspw. Amazon AWS) so groß sein, dass viele Unternehmen nur auf AWS setzen, könnte Amazon die Snowflake Features nachbauen und Snowflake schwächen.

Auch andere Anbieter, die entweder Datenbanksysteme entwickeln (MongoDB) oder das Hosting der Daten anbieten (bspw. IBM oder Palantir), sind in diesem Zuge zu nennen.

Strategie

Snowflake sieht einen Markt mit einem Volumen von 90 Mrd. Dollar, der zudem wächst.

Der CEO hat im letzten Geschäftsbericht den Fokus auf die Data Cloud hervorgestellt:

The Data Cloud is Snowflake’s strategy to establish core infrastructure for the digital economy. While the computing industry has seen large infrastructure and application platforms emerge, the world of data has suffered nothing but fragmentation and proliferation. The result is data siloed in bunkers, which is difficult to access and impossible to mobilize. The Data Cloud is changing that to a global data universe where unfettered access, no-friction, and zero latency are achievable. The march toward digital transformation hinges on the Data Cloud becoming ubiquitous. Whereas data has been historically used to inform people, going forward it will be used to drive operations. With lights out, and at light speed.

Vier strategische Prioritäten stehen im Vordergrund:

  • In Wachstum zu investieren
  • Fokus auf die Ausweitung der Bruttomarge (die heute bei mittelmäßigen 58% nach GAAP-Berechnung liegt)
  • Free Cashflow generieren
  • Die operative Marge verbessern

Komprimiert gesagt: Wachstum & Margen verbessern sind die beiden relevanten Ziele.

Finanzielle Ziele

Snowflake möchte die Marke von 10 Mrd. US-Dollar Jahresumsatz knacken und hat heute erst ca. 8% davon erfüllt. Der Weg dahin wird konkretisiert: Es sollen mehr Kunden gewonnen werden, vor allem Kunden mit höheren Volumen, wodurch gleichzeitig der durchschnittliche Umsatz pro Kunde steigen soll.

Snowflake peilt das ganze bis 2029 an.

Das Schöne: Snowflake liefert noch weitere Ziele bis 2029, die sich hervorragend für die Aktienbewertung am Ende dieser Analyse nutzen lassen:

  • Umsatz von 10 Mrd. Dollar
  • Umsatzwachstum von 30% in 2029
  • Bruttomarge von 75%
  • Forschungs- und Entwicklungsausgaben sollen etwa 15% betragen (heute 23%)
  • Free Cashflow Marge von 15%, EBIT-Marge von 10%

SWOT-Analyse: Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken analysiert


Bewerten wir nun das Geschäftsmodell und schauen auf die Stärken, Schwächen, Chancen und Bedrohungen.

Stärken

Fassen wir die Stärken zusammen, die wir im Geschäftsmodell identifizieren konnten.

  • Unabhängigkeit vom Datenbanksystem: Sixt als Autovermietung bietet alle Marken an. Es ist damit unabhängig davon, ob Daimler, VW, Ford oder Tesla in Zukunft überlebt. Das gleiche gilt für Snowflake: Unabhängig davon, wer im Cloud Hosting die Nase vorn haben wird, wird Snowflake eine Lösung anbieten können. Das senkt die Risiken des Geschäftsmodells.
  • Rule of 40 deutlich übertroffen: Die Summe aus Umsatzwachstum (+110%) und Free Cashflow Marge (-10%) ergibt den Wert von 100, was deutlich über der Rule of 40 liegt. Das zeigt: Snowflake verliert zwar Geld, bekommt dafür aber enorm viel Wachstum als Gegenleistung.
  • Hohe Kundenzufriedenheit und Umsatzwachstum mit Bestandskunden: Die Kunden sind zufrieden (NPS von 71) und geben Jahr für Jahr mehr Geld (NRR von 168%) für Snowflake aus. Das ist ein sehr gutes Zeichen, da dieser Umsatz ohne neue Akquisekosten erzeugt wird.

Schwächen

Wo Licht ist, ist meist auch Schatten. Fassen wir die Schwachstellen des Unternehmens zusammen.

  • Mittelmäßige Bruttomarge: Die Bruttomarge liegt nach GAAP-Standard bei 58%, nach nicht-GAAP Definition bei 68%. Beides ist im Bereich der Software-Unternehmen eher unteres Mittelmaß. Bis 2029 soll die nicht-GAAP Bruttomarge immerhin auf 75% gesteigert werden.
  • Hoher Verlust auf Ergebnisebene: Der Free Cashflow zeigt schon in eine gute Richtung, gerade das Ergebnis ist aber noch deutlich negativ. Ich habe keine Zweifel, dass Snowflake profitabel werden könnte, die Frage ist aber wann und wie viel Geld der Aufbau bis dahin noch kostet.
  • Kurzfristige Kritik am CEO nach Diversity-Äußerungen: CEO Slootman hat zuletzt Kritik geerntet, nachdem er gesagt hat, dass sie sich bei Beförderungen bei Snowflake mehr auf Leistung als auf Diversität fokussieren möchten. Negative Aufmerksamkeit kann sich auf Kunden und Mitarbeiter auswirken, ist hier bisher aber in meinen Augen ein begrenztes Risiko.

Chancen

Wo liegen die Chancen für das Unternehmen, um zu wachsen und den Unternehmenswert zu steigern?

  • Es fallen nur mehr Daten an: Tag für Tag fallen Daten an. Diese kommen zu den Daten hinzu, die es schon gibt. Die weltweite Datenbasis wächst also immer mehr und es ist kein Trend in Sicht, der das umkehren sollte. Je mehr Daten es gibt, desto wichtiger wird auch ein Service wie Snowflake.
  • Unternehmen wollen in die Cloud: Nahezu in jedem Bereich wird Software in die Cloud gebracht. Viele Datenbanken laufen noch "On Premise" auf Servern in Büros und Serverfarmen, werden aber in Zukunft in die Cloud gebracht. Dafür ist Snowflake bestens positioniert.

Bedrohungen

Es gibt bei jedem Unternehmen Risiken wie eine schwächelnde Wirtschaft, operative Fehlentscheidungen, politische Eingriffe und andere. Hier geht's nun viel mehr darum: Was könnte speziell das hier gezeigte Geschäftsmodell gefährden oder das Wachstum hemmen?

  • Ist Snowflake nur ein Feature der großen Cloud-Hosting Anbieter? Was passiert, wenn die großen Cloud-Hosting Anbieter die Integrationen und Features anbieten, die Snowflake anbietet? Das könnte enormen Druck bedeuten. Aber: Der Weg dahin ist noch weit. Bisher gibt es noch keine Bestrebungen der großen Unternehmen, sich in Richtung anderer Anbieter zu öffnen.
  • Neue Konkurrenz im Markt: Snowflake ist noch recht jung und investiert aktuell etwa 160 Mio. Dollar in Forschung & Entwicklung. Das klingt erstmal nicht nach viel, wenn man die Budgets der großen IT-Konzerne daneben hält. Es droht also Konkurrenz, wenn große Konzerne wie IBM oder neue Start Ups mit Investorengeld Konkurrenzprodukte entwickeln.
  • Operative Fehlentscheidungen und "schwarze Schwäne": Dieser Punkt trifft jedes Unternehmen. Aber: In Snowflakes Bewertung ist eingepreist, das vieles sehr gut läuft. Sobald es Rückschläge oder unvorhergesehen Ausfälle gibt, kann das daher stärkere Auswirkungen auf den Kurs und die wirtschaftliche Entwicklung haben.

Aktienbewertung: Der faire Wert der Snowflake Aktie


Wir haben uns jetzt ein umfangreiches Bild des Unternehmens verschafft. Schauen wir abschließend auf die Aktie, bringen Qualität und Bewertung zusammen und ziehen ein Fazit.

Der faire Wert der Aktie

Für die Ermittlung des fairen Werts (alle Erläuterungen dazu über diesen Link) habe ich folgende Annahmen über einen Zeithorizont von 10 Jahren getroffen:

#1 Umsatzwachstum

Das Umsatzwachstum nähert sich in der Berechnung vom kurzfristigen schrittweise an das langfristige Wachstum über 10 Jahre an.

  • Umsatzwachstum zuletzt: +110% p.a.
  • Analystenerwartung: Die Analysten erwarten für das aktuelle, bereits angebrochene Geschäftsjahr +88%, fürs nächste dann +64%.
  • Meine kurzfristige Annahme: Snowflakes kurzfristiger Wachstumskurs scheint ungebrochen. Ich gehe hier von +65% p.a. aus und dass dieses Wachstum sich schrittweise an die langfristige Wachstumsrate annähert.
  • Meine langfristige Annahme: Snowflake selbst möchte 2029 noch mit 30% p.a. wachsen, was enorm viel wäre. Ich gehe auf Sicht von 10 Jahren (also 2031) mit dem etwas niedrigeren Wert von 14% p.a. in die Bewertung, u.a. deshalb, da ich mehr Konkurrenz für möglich halte.

Mit diesen Annahmen entsteht auf Sicht von 10 Jahren, bis 2031, ein Umsatz von 22,5 Mrd. Dollar. Bis 2029 liegt der Umsatz bei 15 Mrd. Dollar, also sogar höher als Snowflakes eigenes Ziel.

#2 Nettomarge

Snowflake ist heute noch defizitär und peilt bis 2029 eine EBIT-Marge von 10%, eine Free Cashflow Marge von 15% an, was für mich keinesfalls überzogen klingt. Auf Sicht von 10 Jahren kann ich mir eine Nettomarge von 10% (oder mehr) durchaus vorstellen.

#3 Bewertungsniveau

Ich gehe davon aus, dass die Aktie - basierend auf den anderen Annahmen - noch mit einem überdurchschnittlichen KGV von 30 bewertet sein wird.

Meine Renditeerwartung

Wie sehen die abschätzbaren Ränder nach oben und nach unten aus?

  • Im pessimistischeren Szenario (das umsatzseitig leicht unter Snowflakes Ziel liegt): -13,5% p.a.
  • Im erwarteten Szenario (das sowohl im Umsatz als auch der Marge über Snowflakes Zielen liegt): -1% p.a.
  • Im optimistischeren Szenario: +7% p.a.

Ein großes Problem zeigt sich hier: Wenn Snowflakes Vision eintritt, nach der bis 2029 ein Umsatz von 10 Mrd. Dollar bei 10% EBIT-Marge erzielt wird, wird es schwer, damit noch eine attraktive Rendite zu erzielen. Eine große Variable ist hier das Bewertungsniveau.

Ich habe mich bei den Annahmen logischerweise an Snowflakes eigenen Zielen orientiert, die Margen aber in der Tendenz etwas optimistischer und die Wachstumsraten etwas pessimistischer (auch wenn diese in Summe ein ähnliches Ergebnis hervorbringen) gewählt.

Die Scorecard

Der SI Score landet bei einer 54, was solide ist.

Mein Fazit inkl. Pro & Contra: Snowflake-Aktie jetzt kaufen?


Pro

  • Hohes Wachstum, das durch bereits geschlossene Verträge teilweise schon in die Zukunft fortgeschrieben werden kann
  • Rule of 40 deutlich übertroffen, was kapitaleffizientes Wachstum zeigt
  • Spannender Wachstumsmarkt
  • Wiederkehrende Umsätze und starke Lock-In Effekte, wenn ein Kunde erstmal Snowflake nutzt

Contra

  • Enorm hohes Bewertungsniveau, wie kaum ein anderes Unternehmen, das dementsprechend eine sehr positive Entwicklung eingepreist hat
  • Partnerschaften, aber auch potenzielle Konkurrenz durch große Tech-Unternehmen im Cloud-Hosting Bereich (Amazon, Google, Microsoft, Alibaba, IBM)

Fazit

Das Geschäftsmodell von Snowflake ist stark. Es ist sinnvoll, beliebt und für Snowflake profitabel. Auch das Wachstum ist enorm stark.


Der große Kritikpunkt ist hier die Bewertung: Sie ist so hoch, dass sie den optimistischsten Verlauf meiner Szenarien erreichen muss, um eine gute Rendite zu liefern. Sollte etwas dazwischen kommen - langsameres Wachstum, Skandale, ernstzunehmende Konkurrenz oder einen Börsencrash - kann es gerade hier starke Rückschläge geben.


Mir persönlich ist die Aktie aktuell zu teuer. Ich glaube aber stark daran, dass Snowflake auch in zehn Jahren noch eine bedeutende Rolle spielen kann.

Tags: Snowflake | Aktien: Snowflake

Disclaimer: Die Inhalte stellen keine Anlageberatung, Kauf- oder Verkaufsempfehlungen dar, sondern spiegeln nur meine persönliche Meinung wider. Jede Investition ist mit Risiken verbunden, die du selbst prüfen musst. Es gibt keine Garantien. Ich kann selbst in besprochene Aktien investiert sein. * Bei Partnerlinks erhalte ich ggf. eine Provision.

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Ich bin Jannes, Jahrgang 1993 und Gründer von StrategyInvest. Seit 2011 investiere ich an der Börse. Damals habe ich mein VWL-Studium mit Finanzschwerpunkt erfolgreich absolviert und bin nun seit mehreren Jahren in der Digital- und Techbranche aktiv, aktuell als Product & Strategy Lead. Ich kenne daher Investieren, Technologie und Unternehmertum aus wissenschaftlicher Sicht, aber auch aus der Praxis. Die Erkenntnisse daraus teile ich hier.

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Auszug aus dem Manifest:

Regel #19: Wir bleiben.

Aktienkäufe werden auch mal schief gehen und Aktienmärkte werden auch mal fallen. Ob es uns gefällt oder nicht: Wir rechnen damit. Wir können nachkaufen. Wir können auch nichts tun. Aber: Wir bleiben dabei. 

zum kompletten StrategyInvest Manifest »

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