von Jannes Lorenzen

Gründer, Strategie-Lead & Investor

veröffentlicht: 2. Januar 2022

Sixt war eine der ersten Analysen auf StrategyInvest und eine der ersten Aktien, die ich im Depot gekauft habe. Heute steht die Sixt-Aktie fast doppelt so hoch. Die Coronapandemie war schwierig, trotzdem scheint Sixt sie enorm erfolgreich gemeistert zu haben.

Hinter Sixt steckt im Kern eine Autovermietung. Mittlerweile möchte Sixt aber viel mehr als das sein: Eine übergreifende Mobilitätsplattform. Es geht nicht um Autovermietung, sondern dem Kunden das richtige Auto im richtigen Moment und Modell zur Verfügung zu stellen.

Mit dieser Vision öffnet Sixt einen riesigen Markt, in dem auch die großen Tech-Aktien aus den USA mitspielen. Ob das Familienunternehmen Sixt aus Pullach am Isertal gegen das Silicon Valley eine Chance hat, werden wir herausfinden.

Ich sehe drei Gründe, warum die Aktie aktuell spannend ist:

  1. 👨‍👩‍👦‍👦  Familienunternehmen: Sixt ist in mehreren Generationen familiengeführt. Damit ist das Management langfristig orientiert und nicht an kurzfristigen Kursanstiegen. Dazu kommt eine klare Vision und Strategie, wie sich Sixt entwickeln soll.
  2. 📈 Starke fundamentale Entwicklung: Sixt hat vor der Pandemie Wachstumsraten zwischen 8 und 20% pro Jahr erzielt, was über dem Markt lag, genau wie die Gewinnmargen.
  3. 📱 Strategischer Wandel: Die Mobilität ist im Umbruch und Sixt möchte diese mitgestalten. Es will mehr sein als nur eine Autovermietung, sondern eine Plattform der Mobilität.

Mehr als genug Gründe also, dass wir uns die Aktie genauer anschauen und herausfinden, ob sich eine Investition aktuell lohnen könnte. Ist die Sixt Aktie überbewertet? Oder sollte man jetzt Sixt Aktien kaufen? Diesen Fragen versuchen wir uns zu nähern.

Dabei erfährst du, wie das Geschäftsmodell funktioniert und wie gut es ist, woraus der Burggraben besteht, wie die aktuelle Strategie aussieht, wie die Chancen von dieser sind, gegen wen sich das Unternehmen behaupten muss und ob die Aktie heute attraktiv bewertet ist oder nicht. Viel Spaß!

Überblick: Das steckt hinter Sixt

Das Unternehmen

Das Familienunternehmen Sixt wurde 1912 von Martin Sixt gegründet. Seit 1986 leitet Erich Sixt als CEO das Unternehmen. Außerdem sind Alexander Sixt und Konstantin Sixt seit Mitte 2021 die Co-Vorsitzenden und bereiten sich auf die Unternehmensnachfolge vor.

Einen Teil der Vision verdeutlicht eine Aussage von Erich Sixt:

We don‘t want to be the largest mobility player on the planet, but the most profitable one, thereby creating above average returns for our stakeholders.

Produkt & Geschäftsmodell

Sixt ist im Kern eine Autovermietung, wandelt sich aber gerade zur Mobilitätsplattform. Sixt hat also eine Besonderheit gegenüber vielen Mitbewerbern:

Es gibt andere Autovermietungen (Hertz, Europcar), es gibt andere Sharing-Angebote (ShareNow) und andere Taxi-Dienste (FreeNow, Uber). Es gibt aber kaum eine Plattform, die all diese Mobilitätsangebote bündelt. Sixt geht diesen Weg und will zu dieser Plattform werden. Die Vision: Immer, wenn du spontan ein Fortbewegungsmittel brauchst, greifst du zur Sixt-App.

Sixt bietet heute die Autovermietung (mehrere Tage), Carsharing (mehrere Minuten und Stunden), Autoabos (mehrere Monate), Van- und LKW Vermietung sowie Taxiservices.

Das alles möchte Sixt über eine Plattform abwickeln, die Sixt App. Wer also eines der Angebote wahrnehmen will, muss einfach die Sixt App öffnen und kann es wahrnehmen. Darin finden sich nicht nur eigene Angebote, sondern auch Angebote von Dritten, bspw. E-Roller (Tier), Lyft (Taxi) oder Swapfiets (Fahrrad-Abo).

Aktienkurs

Der Aktienkurs hat sich über die letzten Jahre stark entwickelt und auch das Tief zu Beginn der Coronapandemie hinter sich gelassen:

Factsheet

Factsheet

Alle Zahlen, sofern nicht anders angegeben, in der jeweiligen Heimatwährung und TTM (= letzte 12 Monate). Zusatz ‚e‘ = erwartet, ‚YoY‘ = im Jahresvergleich.

Die Eckdaten

  • Land: Deutschland
  • Branche: Autovermietung & Mobilität
  • Marktkapitalisierung: 7 Mrd. EUR
  • Umsatz: 2 Mrd. EUR (2019: 3,3 Mrd.)
  • Ergebnis: 0,2 Mrd. EUR (2019: 0,2 Mrd.)
  • Free Cashflow: -0,4 Mrd. EUR (2019: -0,1 Mrd.)

Bewertung

  • KUV: 3,5
  • KGV: 30
  • KCV: 6

Qualität & Wachstum

  • Verschuldungsgrad: 120%
  • Bruttomarge: 77% (langfristiger Durchschnitt eher 67%)
  • Nettomarge: 12% (langfristiger Durchschnitt eher 7%)
  • Umsatzwachstum bis 2019: ca. 13% p.a.

Schauen wir uns nun an, was hinter diesen Zahlen steckt.

Business Breakdown: Geschäftsmodell analysiert

Schauen wir uns einmal an, wie das Geschäftsmodell aussieht.

Unternehmensentwicklung

Das Unternehmen wächst konstant, sowohl im Umsatz, als auch im Gewinn und im Cashflow.

Der Umsatz lag in den ersten 9 Monaten 2021 noch 15% unter dem Niveau von 2019, der Gewinn vor Steuern liegt aktuell aber 75% über dem Niveau von vor der Coronapandemie. Das liegt vor allem daran, dass die Kosten noch nicht wieder in gleichem Maß angestiegen sind.

Betrachtet man nur das Q3 ’21 liegt dieses ziemlich gleichauf zum Q3 ’19 (vor der Pandemie), was ein gutes Zeichen der Erholung ist. Auch die Profitabilität ist höher.

Die Eigenkapitalquote liegt immer noch bei 35%, was ein guter Wert ist und zeigt, dass Sixt trotz Pandemie nicht in einer finanziellen Schieflage ist (anders als bspw. Lufthansa).

Schauen wir auf die langfristigere Entwicklung. Sixt hatte von 2010 bis 2013 recht schlechte Jahre, ehe sich die jährlichen Wachstumsraten dann bei ca. 8 – 20% einpendelten. Auch vor der Pandemie lag das Wachstum bei 13% p.a.

Die operative EBT-Marge konnte auch schrittweise von 7 – 10% auf 12% verbessert werden (das Ziel lag bei 10%), ehe sie in der Pandemie stark gefallen ist.

Tieferer Blick in die Geschäftszahlen

Aktuell weist Sixt zwei Geschäftsbereiche: Mobility und Leasing. Dabei hat Sixt vor kurzem bekanntgegeben, sich vom Leasinggeschäft zu trennen.

Alexander Sixt, der CAO, begründete diesen Schritt folgendermaßen:

„Durch den Verkauf setzen wir ganz bewusst auf den konsequenten Ausbau unseres Kerngeschäftes und konzentrieren uns noch stärker als zuvor auf die wachstums- und innovationsgetriebene Weiterentwicklung unserer neuen Mobilitätsdienste, die Digitalisierung unseres Unternehmens sowie insbesondere die internationale Expansion in den USA und Westeuropa. Die Transaktion ermöglicht es uns ferner, durch die Entkonsolidierung des Leasinggeschäfts die Bilanz deutlich zu kürzen und unsere Spitzenposition in unserer Peer Group in Bezug auf die Eigenkapitalquote weiter auszubauen.“

Übrig bleibt also das größere Geschäftsmodell „Mobility“. Was verbirgt sich dahinter?

Die SIXT SE mit Sitz in Pullach bei München ist einer der international führenden Anbieter hochwertiger Mobilitätsdienstleistungen.

Mit den Produkten SIXT rentSIXT share und SIXT ride bietet das Unternehmen ein einzigartiges, integriertes Mobilitätsangebot in den Bereichen Autovermietung, Carsharing und Fahrdienste. Die Produkte können über eine einzige App gebucht werden, die zudem die Services von namhaften Mobilitätspartnern integriert.

SIXT ist in rund 110 Ländern weltweit präsent. Kennzeichnend für das Unternehmen ist die konsequente Kundenorientierung, eine gelebte Innovationskultur mit starker Technologiekompetenz, der hohe Anteil an Premiumfahrzeugen in der Flotte und ein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis.

Sixt hat also drei Kernprodukte:

  1. SIXT rent. Dabei handelt es sich um das klassische Modell der Autovermietung.
  2. SIXT share. Dieses Segment ist recht frisch und bildet das Carsharing-Angebot von Sixt ab.
  3. SIXT ride. Darüber können Taxis oder Limousinen bestellt werden.

Die Umsätze dieser 3 Segmente werden leider nicht gesondert ausgewiesen, SIXT rent wird dabei aber aktuell den Großteil ausmachen.

Stärke im Marketing

Gerade im deutschsprachigen Raum erzeugt Sixt immer wieder durch provokative Kampagnen viel Aufmerksamkeit.

Erich Sixt sagt:

If you are not a brand you are a commodity.

Familiengeführtes Unternehmen

Sixt ist ein familiengeführtes Unternehmen. Das ist nicht per se ein Vorteil, denn es kann dazu führen, dass (a) eigentlich ungeeignete Personen ein Unternehmen lenken und (b) sich Streitigkeiten innerhalb der Familie bilden, auf die andere Aktionäre kaum Einfluss haben.

Gänzlich ausschließen lässt sich das hier nicht. Bisher gibt es aber keine Indizien in diese Richtung: Alexander Sixt betont selbst, dass er die Unternehmensnachfolge nur durch Leistung beanspruchen will.

Daher kommt hier eher der Vorteil durch: Sixt wird langfristig geführt. Es gibt keinen CEO, der auf 2- bis 5-Jahressicht schöne Ergebnisse produzieren will, sondern eine Familie, die langfristig denkt.

Bewertung des Geschäftsmodells

Wie schneidet das Unternehmen in der Geschäftsmodell-Bewertung der Scorecard ab? Tiefergehende Erklärungen zu den Kriterien gibt’s hier und hier.

Geschäftsmodell-Bewertung

Wiederkehrende Umsätze mit Lock-In

Wird wiederkehrender Umsatz mit hohen Wechselkosten erzielt?

Sixt erzielt aktuell wenig wiederkehrende Umsätze, Lock-Ins gibt es kaum. Der Großteil der Kunden kann Tag für Tag neu entscheiden, ob Sixt oder eine andere Plattform genutzt wird. In der Praxis hat Sixt aber sicherlich wiederkehrende Stammkunden und versucht durch mögliche Abo-Modelle eine engere Bindung herzustellen, auch über die App mehr Kontakte zum Kunden zu erzeugen.

Netzwerkeffekte

Wird das Produkt besser, je mehr Kunden es nutzen?

Dieser Punkt vermischt sich etwas mit den Skaleneffekten. Denn prinzipiell ja: Je mehr Menschen Sixt nutzen, desto mehr Autos können bereitgestellt werden und damit steigt die Auswahl und Verfügbarkeit für alle.

Skaleneffekte (Economies of Scale)

Wird das Geschäftsmodell mit zunehmender Größe widerstandsfähiger?

Siehe Netzwerkeffekte. Ansonsten sind die Skaleneffekte aber in meinen Augen nicht so stark. Ob eine Autovermietung global oder nur in einem Land aktiv ist, macht am Ende kaum einen Unterschied. Die Kosten steigen mit jedem weiteren Auto, die variablen Kosten sind also hoch (anders als bei Software). Weitere Skaleneffekte entstehen allerdings, wenn eine Mobilitätsplattform geschaffen werden soll, was für ein kleines Unternehmen enorm schwer wäre.

Proprietäre Technologie

Besitzt das Unternehmen eigene Technologie oder Patente, die nicht einfach kopiert werden können?

Sixt wandelt sich zu einem Technologieunternehmen. Das Kerngeschäft an sich ist allerdings nicht von einer einzigartigen Technologie getrieben, sondern technologisch ziemlich austauschbar.

Marke (Branding)

Hat das Unternehmen eine starke Marke, die das Geschäftsmodell nach vorne bringt?

Sixt ist eine Premium-Marke im Bereich der Autovermietung und erzielt hohe Kundenzufriedenheit. Darüber hinaus fällt Sixt immer wieder durch starke Marketingkampagnen auf. Gerade bei austauschbaren Angeboten (Autovermietung) greifen Kunden im Zweifelsfall zur bekannteren Marke, womit diese ein relevanter Bestandteil des Geschäftsmodells ist.

Geschäftsmodell-Bewertung: 16 / 25

Zukunft: Burggraben, Strategie & Wachstumsperspektiven

Bevor wir gleich in die SWOT-Analyse gehen, schauen wir in die Zukunft. Wie sieht die Strategie aus? Wie ist die Konkurrenzsituation und der eigene Burggraben gegenüber der Konkurrenz? Welche Wachstumsperspektiven gibt es?

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Tags: Mobilität | Aktien: Sixt

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Ich bin Jannes, Jahrgang 1993 und Gründer von StrategyInvest. Seit 2011 investiere ich an der Börse. Damals habe ich mein VWL-Studium mit Finanzschwerpunkt erfolgreich absolviert und bin nun seit mehreren Jahren in der Digital- und Techbranche aktiv, aktuell als Product & Strategy Lead. Ich kenne daher Investieren, Technologie und Unternehmertum aus wissenschaftlicher Sicht, aber auch aus der Praxis. Die Erkenntnisse daraus teile ich hier.

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Auszug aus dem Manifest:

Regel #5: Wir schätzen die Gesetze der Finanzmärkte.

Die Finanzmärkte sind gut untersucht und haben einige fundamentale Gesetze, die wie die Schwerkraft auf Materie wirken. Es sind Gesetze, die Aktienkurse und Aktienmärkte langfristig bestimmen und durch die wir "das große Ganze" verstehen. Wer die Gesetze der Finanzmärkte nicht kennt, erfährst sie in dieser Videoserie.

zum kompletten StrategyInvest Manifest »

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