Heute habe ich wieder einige spannende Ereignisse, Überlegungen und Fakten der letzten Wochen für dich:
- Facebook kauft „Giphy“, während die Motive unklar sind: 3 Theorien
- Spotify investiert aggressiv und sichert sich Exklusivrechte an Podcasts. Damit wird eine Strategie verfolgt, die ich in der Aktienanalyse gezeigt habe und nun umgesetzt wird
- In Kaffe investieren? Ein 15 Mrd. Euro schwerer Kaffee-Konzern, dessen Marken du garantiert kennst, ist jetzt an der Börse: Meine Einschätzung
- Amazon als Kino-Betreiber? Ja, das könnte Realität werden – auch in Deutschland. Ich zeige dir, welches Unternehmen Amazon kaufen könnte und welche Marke dahinter steckt
- Studie zur Profitabilität: Eine neue Studie zeigt, wie gut profitable Unternehmen über die letzten Jahrzehnte ihre Profitabilität verteidigen konnten – mit zwei interessanten Beobachtungen aus den letzten Jahren
Facebook kauft Giphy
Facebook hat den Anbieter von lustigen, animierten Bildern „Giphy“ für eine Summe von 400 Mio. US-Dollar gekauft. Giphy selbst hat bereits 50% des Traffics über Facebook-Apps bezogen und ist auch bei nahezu jeder anderen großen Social Media App angebunden, hat aber bisher kein funktionierendes Erlösmodell gefunden.
Die Gründe für den Kauf werden in der Tech-Welt nun kontrovers diskutiert. Einige der populärsten Vermutungen:
- Die Facebook-eigene Erklärung: Facebook möchte das verlustreiche Giphy sichern, da es die eigenen Social Media Plattformen aufwertet – der Großteil der Nutzung von Giphy fand schon vorher in Facebook Apps statt.
„GIPHY makes everyday conversations more entertaining, and so we plan to further integrate their GIF library into Instagram and our other apps so that people can find just the right way to express themselves.“ – Facebook Investor Relations - Facebook möchte frühzeitig Suchtrends erkennen will
- Facebook möchte an noch mehr Nutzerdaten kommen – der übliche Vorwurf, der nicht ohne Grund immer wieder kommt
So oder so: Facebook wird dadurch in keinem Fall schwächer. Selbst wenn die Investition ein Flop sein sollte, beträgt der Kaufpreis nur etwa 0,07% des aktuellen Börsenwerts von Facebook.
Spotify kauft und kauft… Podcasts
Spotify hat sich für stolze 100 Mio. US-Dollar Exklusivrechte am Podcast von Joe Rogan, einem der beliebtesten US-Comedy Podcaster, gesichert.
Spotify macht damit genau das, was wir in der Spotify Aktienanalyse prognostiziert haben: Es wird (a) massiv investiert und (b) vor allem das Podcast-Geschäft ausgebaut.
Der Tech-Investor Ben Evans betont die Absicht von Spotify, dadurch langfristig die – durch das Musikgeschäft eher niedrigen Gewinnmargen – zu erhöhen:
Podcast talent wars 1: Spotify has done a $100m deal for exclusivity with Joe Rogan, a popular ad-funded US comedy podcaster. Spotify wants revenue lines with better margins (its music contracts have tiny margins baked in) and content with exclusivity, and part of that is building a broader podcast business.
Mehr Kaffee an der Börse
Der Kaffeekonzern ist in den letzten Wochen in Amsterdam an die Börse gegangen. Noch nie gehört? Wahrscheinlich sagen dir Marken wie Senseo, Jacobs, Tassimo oder Douwe Egberts mehr. Einer der größten Konkurrenten ist Nestlé mit Marken wie Nescafé oder Nespresso.
Insgesamt konnte JDE Peet 2,3 Mrd. Euro einsammeln und wurde mit etwa 15 Mrd. Euro bewertet. Aktuell peilt JDE einen Jahresumsatz von 7,8 Mrd. Euro bei einem Nettogewinn von 0,5 Mrd. Euro an. Dabei gab es in den letzten Jahren kein großes Wachstum. Der Verschuldungsgrad ist mit 25% vergleichsweise niedrig.
Ich finde Kaffee als Produkt spannend – und bin u.a. deshalb auch in Starbucks investiert: Kaffee ist eines der am wenigsten schädlichen Genussmittel (natürlich bei normalen Konsum), teilweise gibt es sogar Studien, die positive Effekte bei mäßigem Kaffeekonsum nachweisen. Außerdem trinken wir Menschen seit Ewigkeiten Kaffee, es ist teilweise in der Kultur verankert und auch den Bedarf an Koffein schätze ich in der Zukunft nicht geringer ein als heute.
JDE Peet bietet also aus diesem Gesichtspunkt ein interessantes Produkt, ist ein europäisches Unternehmen, hat ein recht krisenresistentes Geschäftsmodell und eine solide Bilanz. Das Wachstum fehlt bisher allerdings, weshalb ich die aktuelle Bewertung (KGV > 30) zu hoch finde. Daher: Eher defensiver Substanz- als Wachstumswert.
Amazon wird Kino-Betreiber?
AMC Theatres ist ein weltweiter Kinobetreiber, der unter anderem hinter der in Deutschland bekannten Kinomarke „UCI“ steckt. Seit Jahren steckt der Konzern in Schwierigkeiten – und die Corona-Krise und die Kino-Schließungen haben es nicht besser gemacht.
Nun wird Amazon als Käufer des Unternehmens gehandelt und es gab bereits erste Gespräche. Leisten könnte es sich Amazon locker: Die Marktkapitalisierung von AMC liegt aktuell bei knapp 600 Mio. US-Dollar, allerdings liegen aktuell auch ca. 15 Mrd. US-Dollar an Verbindlichkeiten auf dem Unternehmen.
Was könnte Amazon damit vorhaben?
Jennifer Selke, die Chefin der Amazon Studies, hat im September 2019 – unabhängig von einer möglichen Kino-Übernahme – erklärt:
„Alles, was wir tun, tun wir mit dem Ziel, die Subskriptionen von Amazon Prime zu fördern. Unsere ganze Marketinganstrengung ist auf den globalen Start des Films auf der Prime-Plattform gerichtet.“
Es würde also vermutlich weniger darum gehen, neue Kunden zu erreichen oder nur einen weiteren Erlösstrom zu erschließen. Viel mehr steht die Frage im Vordergrund, ob Kinos im Amazon Flywheel (hier unter „Stärken“ erklärt) und der Prime Welt eine sinnvolle Erweiterung sind.
Philipp Klöckner mutmaßt im OMR-Podcast:
„Ich bin mir relativ sicher, dass Amazon bald Kino fast umsonst für Prime-Mitglieder anbieten wird. Das werden entweder die selbstproduzierten Prime Originals sein oder sogar ’normale‘ Filme.“
Auch dieses Beispiel zeigt: Es gibt kaum ein Unternehmen, dass so einen Rückwind und so eine Aggressivität mitbringt wie Amazon. Ich bin gespannt, ob wir bald Amazon Kinos in Deutschland sehen.
Studie: Unternehmen verteidigen ihre Profitabilität
Wellington Management hat einige Faktorprämien untersucht. Die ganze Untersuchung würde hier den Rahmen sprengen, aber eine Grafik daraus möchte ich dir nicht vorenthalten.
Die Autoren haben die Unternehmen in jedem Jahr nach ihrer Profitabilität absteigend geordnet und untersucht, wie stark die Rankings von aufeinanderfolgenden Jahren miteinander korrelieren. Je stärker die Korrelation, desto besser schaffen es Unternehmen, ihre Stellung zu verteidigen. Diese Grafik zeigt die Ergebnisse:
Seit der Finanzkrise können die profitabelsten Unternehmen ihre starke Stellung so gut verteidigen wie nie zuvor im untersuchten Zeitraum.
Das hat sich auch auf das Value-Investing ausgewirkt: Je beständiger die Profitabilität der stärksten Aktien, desto eher profitieren Growth-Aktien. Value-Aktien hingegen leider darunter, denn der Erfolg von Value-Aktien beruht auf der Regression zur Mitte: Der langfristigen Umkehr dieser Trends.
Unter anderem das hat dazu geführt, dass Value-Aktien in den letzten Jahren einen schweren Stand hatten. Wie Experten das einschätzen und wie das Value-Investing da steht habe ich hier zuletzt ausführlicher dokumentiert.
Außerdem halten die Autoren fest: Zuletzt ist die Profitabilität der wachstumsstärksten Unternehmen in den USA leicht zurückgegangen, die Preise aber gestiegen. In Europa war es tendenziell umgekehrt: Die Profitabilität der Growth-Aktien ist im Vergleich zu den Preisen leicht gestiegen. Sie sind also vorsichtig optimistisch für Europa und schreiben:
„As a result, while we are cautious about the ability of growth stocks to continue outperforming broadly, we are more optimistic in Europe, where the fundamentals are stronger.“
Ein guter Grund mehr, hier in naher Zukunft ein paar europäische Tech- und Digitalunternehmen – neben Spotify – unter die Lupe zu nehmen!
Das war’s mit dem heutigen Round Up. Vielen Dank fürs Lesen und deine Unterstützung!