Hey,
heute erwarten dich folgende Themen:
- Der neueste Anstieg von Tesla – Ursachen, Vergleich & Einordnung
- Tipps und Meinungen von VC-Investor Sven Schmidt (u.a. zu Netflix, Amazon, Telekom und Take Away)
- Einblicke in das Geschäftsmodell des deutschen Milliardenunternehmens Xing inkl. Chancen und Risiken
- Fallen die Zinsen schon seit 700 Jahren? Eine Langzeit-Studie eines Harvard-Professors gibt einen Einblick in die Zinsentwicklung
Viel Spaß!
#1 – Tesla auf Rekordhoch
Tesla ist nun etwa 89 Milliarden US-Dollar wert. Damit kommt Tesla dichter an Volkswagen heran und ist aktuell mehr wert als General Motors (50 Mrd. USD) und Ford (37 Mrd. USD) zusammen.
Was hat den Kurs von Tesla beflügelt?
Ein überraschender Gewinn im 3. Quartal 2019 und gute Auslieferungszahlen im Schlussquartal 2019. Allein in Q4 2019 hat sich der Kurs von Tesla dadurch mehr als verdoppelt.
Neben dem Kurs ist aber auch interessant, wie die Absatzzahlen aussehen:
GM und Ford verkaufen alleine in den USA, den Heimatmärkten, alleine jeweils mehr als 2 Mio. Fahrzeuge. Tesla liegt weltweit bei ca. 370.000 Autos.
Ich halte Tesla für eine der spannendsten Aktien der heutigen Zeit. Sie disruptiert eine ganze Industrie und sorgt für gespaltene Lager an der Börse.
Was mir immer wieder auffällt, wenn wir uns die Nachfrage-Seite anschauen:
Zahlreiche Kanäle auf YouTube, deren Lebensmittelpunkt – Hobby und Beruf – Autos zu sein scheinen, entwickeln alle nach und nach eine Leidenschaft zu Teslas. Ein Tesla begeistert mehr als vorher ein Porsche oder ein Lamborghini. Zugegeben, das ist eine kleine Stichprobe, um daraus repräsentative Eindrücke zu ziehen, die Experten und First Mover auf dem Gebiet scheinen Tesla aber zu lieben.
Ich bin bei einem Investment trotzdem vorsichtig, da ich (a) davon ausgehe, dass ein Großteil des möglichen Wachstums bereits im Kurs enthalten ist, (b) ich glaube, dass der Vorsprung zu deutschen Automobilherstellern sinken wird und (c) es ein guter Grundsatz ist, sich von den riskantesten Aktien fernzuhalten, da die 10% der volatilsten Aktien statistisch schlechte Renditen liefern.
Mehr dazu aber in einer gesonderten Analyse.
Trotzdem finde ich die Meldungen aus unterschiedlichen Gründen bemerkenswert:
- Tesla macht langsam Gewinne. Unabhängig davon, wie viel Wert das Unternehmen hat, wird es dadurch wahrscheinlich auch langfristig überlegen, was immer wieder angezweifelt wurde.
- Die Bewertungen schienen schon bei der Hälfte ein erwartetes Wachstum eingepreist zu haben. Nun kam Wachstum, der Wert ist aber trotzdem noch weiter gestiegen.
- Jede 5. Aktie wird aktuell von Shortsellern gehalten, also Investoren, die auf einen fallenden Kurs der Tesla-Aktie setzen. Diese haben zuletzt enorm viel Geld verloren.
#2 – VC-Experte Sven Schmidt gibt Einschätzungen ab
In einem aktuellen OMR-Podcast hat Sven Schmidt, seines Zeichens Unternehmer und Venture Capital Investor, einige Einschätzungen zu börsennotierten Unternehmen geteilt.
Dazu gehören die FAANG-Aktien, speziell Netflix und Amazon, die Telekom und Take Away (zu denen u.a. Lieferando gehört).
Aber der Reihe nach. Hier sind die zentralen Thesen für Anleger aus den 1,5 Stunden zusammengefasst:
Zu Amazon: Scott Galloway, NYU-Professor und Investor, fällt oft durch gewagte, aber doch realitätsnahe Thesen auf. Eine davon: Jeff Bezos ist in zehn Jahren der erste Billionär (also > 1.000 Mrd. Vermögen), durch den Einstieg von Amazon in die Gesundheitsbranche. Diese Einschätzung hält Sven Schmidt für überzogen.
Zu den FAANG-Aktien: Diese hält Schmidt für weitestgehend fair bewertet. Der Grund: Diese Aktien sind so stark im Interesse der Öffentlichkeit und Analysten, weshalb alle Informationen sehr gut eingepreist sind.
Zu Take Away (Lieferando & Co.): Die Bewertung hält Sven Schmidt für überzogen. Er glaubt: Ja, das Unternehmen kann hohe Umsätze erzielen, es wird aber nicht reichen, um hohe Gewinne einzustreichen. Das bisherige Modell beruht auch darauf, dass Lieferanten günstig eingestellt werden, was in Zukunft schwerer möglich sein wird. Der Online-Marktplatz für Lieferdienste ist gut, die Logistik aber schwierig. Der Zukauf in Südkorea war zu teuer.
Allerdings: Auch früher hat Schmidt sich günstig zu Take Away geäußert, wonach sich der Kurs trotzdem deutlich gesteigert hat.
Eine unterbewertete Aktie ist laut Schmidt die Telekom. Er geht davon aus, dass diese den DAX in den nächsten Jahren outperformen wird. Die Gründe: Größtenteils planbare Cashflows, da wiederkehrende Umsätze erzielt werden – durch Mobilfunk-, Festnetz-, Internetverträge etc. Solche Verträge werden auch in Rezessionen erst als Letztes gekündigt, wenn das Einkommen sinken sollte. Außerdem steht eine Fusion der Telekom USA an, die Schmidt optimistisch sieht.
Die Strategie von Netflix könnte sich in Zukunft leicht wandeln: In diesem Jahr wird erwartet (auch von Digital-Experte John Battelle), dass Netflix ebenfalls Werbung anzeigt. Das Einstiegsabo wäre dann womöglich mit Werbung versehen und eine teurere Variante bietet die Werbefreiheit. Das ermöglicht bessere Preisdiskriminierung: Nutzer, denen Netflix bisher zu teuer war, können das günstigere, werbefinanzierte Abo sehen. Nutzer, die bereit sind mehr zu zahlen, werden nun stärker zur Kasse gebeten.
(Zur Preisdiskriminierung wird hier in Zukunft noch ein separater Ratgeber kommen.)
#3 – Insights vom Xing CEO
Xing ist ein deutsches Business-Netzwerk und Konkurrent zu LinkedIn. Auch der Xing CEO war vor Kurzem im OMR-Podcast zu Gast.
Xing sitzt in Hamburg, macht 230 Mio. Umsatz, hat einen Börsenwert von 1,5 Mrd. Euro und ist aktuell mit einem KGV von 51 bewertet.
Das Modell beschreibt OMR.com auf Basis des Podcasts so:
Der Millionenumsatz von Xing speist sich aus zwei verschiedenen Haupteinnahmequellen: Abos von Premium-Kunden und Tools für Recruiter und Unternehmen, um Talente zu finden. „Das Netzwerk mit vielen zufriedenen Mitgliedern ist das schlagende Herz dieser Firma“, so der Xing-CEO. „Auf der anderen Seite haben wir uns emanzipiert und sind mittlerweile einer der wichtigsten Ratgeber für Personalabteilungen in Deutschland.“ Die Entwicklung von Xing in den vergangenen Jahren habe sich an den neuen Realitäten der Job- und Mitarbeitersuche ausgerichtet. „Klassische Stellenanzeigen sind ein Modell von gestern“, sagt Vollmoeller. „Wenn du heute eine Personalabteilung bist, musst du selber erstmal verstehen, wie der Job aussieht und was du für Leute suchst. Dann musst du direkt in Kontakt mit ihnen gehen.“ Dafür wolle Xing den Unternehmen das Handwerkszeug an die Hand geben. „Der große Kampf um Talente beginnt gerade erst“, sagt er.
Deshalb gehe es bei Xing zwar um die Suche nach Jobs und Talenten. Auf der Plattform könnten Arbeitgeber insgesamt aber viel aktiver und auf verschiedenste Arten potenzielle Mitarbeiter ansprechen – das sei auf klassischen Job-Portalen so nicht möglich. Ein weiteres wichtiges Wachstumsfeld, das genau in das Thema hinein spiele, sei Employer-Branding. „Das ist ein riesiger Markt und das größte ungelöste Problem“, so Vollmoeller. Trotz allem seien heute noch die Subscriptions, also die Premium-Abos der Xing-Nutzer für 50 Prozent des Umsatzes verantwortlich. Den Konzentration auf die Veränderung der Arbeitswelt zeige die Umbenennung der Holding in New Work SE. „Wir wollen die Speerspitze einer neuen Bewegung sein“, sagt der Xing-CEO.
Meine Gedanken dazu:
Das Geschäftsmodell ist stark konjunkturabhängig: Wenn die Wirtschaft schwächelt, werden als Erstes keine neuen Mitarbeiter gesucht und als Zweites bestehende Mitarbeiter entlassen. Darunter leiden Stellenanzeigen. Solange es der Wirtschaft gut geht, kann man für Stellenanzeige hohe Preise verlangen, was Xing aktuell zugute kommt.
Eine Chance liegt im demographischen Wandel: Dadurch, dass die Gesellschaft altert und weniger Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, wird der Kampf um Arbeitnehmer noch schwieriger. Davon profitiert Xing natürlich. Anders gesagt: Xing verkauft Schaufeln, wenn es einen Goldrausch gibt.
Die Umbenennung in „New Work SE“ zeigt, dass Xing sich breiter aufstellen möchte, was sicherlich eine kluge Entscheidung ist:
„Ein entscheidender Punkt war, der Company eine Vision zu geben“, sagt Xing-CEO Thomas Vollmoeller im OMR Podcast zu Philipp Westermeyer. „Als ich gekommen bin, waren wir das nützliche professionelle Netzwerk. Mit der Vision, dass wir versuchen, Arbeitnehmern zu helfen, die Veränderungen der Arbeitswelt anzunehmen, haben wir dem Unternehmen nicht nur einen Purpose gegeben, sondern auch eine Richtung.“ Seit seinem Start bei Xing entwickelt Vollmoeller das Unternehmen nach dieser Vision. Er kauft Unternehmen wie das Arbeitgeber-Bewertungsportal Kununu, das Expat-Netzwerk Internations und zuletzt Honeypot, eine Job-Plattform für Entwickler. – OMR.com
Die blaue Konkurrenz aus den USA, LinkedIn, droht: In einer globalisierteren Welt könnte eine US-amerikanische Plattform dominieren.
Xing möchte ebenfalls Geld über Werbeanzeigen verdienen. Aus persönlichem Austausch und persönlicher Erfahrung kann ich sagen: Nur die wenigsten Business-Kunden sind damit zufrieden. Technisch sind andere Plattformen (bspw. LinkedIn und Facebook) deutlich weiter.
Daher unterm Strich ein gemischtes Bild, dass das Hamburger Unternehmen bietet.
#4 – Fallen die Zinsen seit 700 Jahren kontinuierlich?
Eine Langzeit-Studie des Harvard-Wissenschaftlers Paul Schmelzing ist vor kurzem erschienen und interessante Erkenntnisse zum Zinsniveau geliefert. Die Hauptaussage:
Die Zinsen fallen tendenziell schon seit dem Jahr 1300.
Während also immer wieder davon gesprochen wird, dass die Zinsen durch die geldpolitischen Entscheidungen der Zentralbanken so niedrig sind (was definitiv auch richtig ist), ist der Trend zu niedrigeren Zinsen anscheinend größer, als wir bisher dachten.
Die ersten Zinsdaten stammen aus den italienischen Städten Venedig, Genua und Florenz aus dem Jahre 1311. Schon dort war es möglich, Geld verzinst anzulegen.
Im 15. Jahrhundert lag die Realverzinsung sicherer Anleihen bei 9,1%. Im 17. Jahrhundert bei 4,6%, im 19. bei 3,4% und im 20. Jahrhundert bei ca. 2%. Wir sehen also eine absteigende Tendenz.
Aber woran liegt das?
Ein möglicher Grund: Es gibt weniger Konflikte und Kriege zwischen Staaten, wodurch die Welt reicher und sicherer geworden ist. Anders gesagt: Weniger Risiko und dadurch weniger Verzinsung.
Auch die steigende Lebenserwartung könnte ein Grund dafür sein: Je älter Menschen werden, desto eher würde sie ihr Geld verleihen. Wenn jemand davon ausgeht 60 Jahre alt zu werden, ist das Verleihen von Geld für 20 Jahre schließlich ein größerer Schritt, als wenn eine Lebenserwartung von 80 Jahren vorherrscht.
Was können wir daraus mitnehmen?
- Niedrigere Zinsen sind voraussichtlich kein vorübergehendes Phänomen.
- Die Welt wird immer sicherer und reicher, was ein positiver Grund für sinkende Zinsen ist.
Beste Grüße
Jannes