von Jannes Lorenzen

Gründer, Strategie-Lead & Investor

veröffentlicht: 5. Dezember 2021

444 Mio. Menschen auf der Welt nutzen mindestens einmal im Monat Pinterest. Sie suchen Inspiration, Produkte oder teilen eigene Bilder.

Damit ist Pinterest eine der größten Webseiten der Welt. Auf dieser tummeln sich gerade kaufkräftige Zielgruppen mit der Absicht zu kaufen, was sie für Werbetreibende umso interessanter – und für Aktionäre potenziell umso profitabler macht.

Nach einem rasanten Kursanstieg in der Coronapandemie gab es zuletzt deutliche Rücksetzer. Obwohl der Umsatz sich in knapp 2 Jahren um ca. 150% gesteigert hat, steht der Kurs heute „nur“ 80% höher.

Ich sehe drei Gründe, warum die Aktie aktuell spannend ist:

  1. 🎯 Spannende Werbezielgruppe: Die Zielgruppe von Pinterest möchte Produkte kaufen und hat ein überdurchschnittliches Einkommen. Beste Voraussetzungen um daraus monetären Nutzen zu ziehen.
  2. 📉 Große Kurskorrektur: Der Aktienkurs liegt aktuell ca. 60% unter dem Allzeithoch von vor knapp einem Jahr. Die Aktie ist damit so günstig wie lange nicht mehr.
  3. 🧑‍💻 Schlankes digitales Geschäftsmodell: Die Bruttomarge liegt bei ca. 80%, die Umsätze steigen schneller als die Kosten. Damit kann Pinterest gut und profitabel skalieren.

Mehr als genug Gründe also, dass wir uns die Aktie genauer anschauen und herausfinden, ob sich eine Investition aktuell lohnen könnte. Ist die Pinterest Aktie überbewertet? Oder sollte man jetzt noch Pinterest Aktien kaufen? Diesen Fragen versuchen wir uns zu nähern.

Dabei erfährst du, wie das Geschäftsmodell funktioniert und wie gut es ist, woraus der Burggraben besteht, wie die aktuelle Strategie aussieht, wie die Chancen von dieser sind, gegen wen sich das Unternehmen behaupten muss und ob die Aktie heute attraktiv bewertet ist oder nicht. Viel Spaß!

Überblick: Das steckt hinter Pinterest

Das Unternehmen

Pinterest wurde 2010 gegründet. CEO ist bis heute Ben Silvermann, der auch einer der Gründer ist. Der Name setzt sich aus „pin“ (anheften) und „interest“ (Interesse) zusammen.

Produkt & Geschäftsmodell

Pinterest ist ein Hybrid aus Bild-Suchmaschine, Online-Pinnwand und sozialem Netzwerk. Nutzer können eigene Bilder hochladen und mit diesen Bildern und den Bildern von anderen Pinnwände zusammenstellen. Die schönsten Handtaschen? Die besten klassischen Uhren? Tipps zur Einrichtung des Wohnzimmers? All das gibt’s auf Pinterest.

Aktienkurs

Der Aktienkurs ist in der Coronapandemie stark gestiegen, ehe er sich zuletzt deutlich korrigiert hat:

Factsheet

Factsheet

Alle Zahlen, sofern nicht anders angegeben, in der jeweiligen Heimatwährung und TTM (= letzte 12 Monate). Zusatz ‚e‘ = erwartet, ‚YoY‘ = im Jahresvergleich.

Die Eckdaten

  • Land: USA
  • Branche: Bild-Suchmaschine und soziales Netzwerk
  • Marktkapitalisierung: 22 Mrd. USD
  • Umsatz: 2,4 Mrd. USD
  • Ergebnis: 0,3 Mrd. USD
  • Free Cashflow: 0,6 Mrd. USD

Bewertung

  • KUV: 9
  • KGV: 60
  • KCV: 35
  • PEG-Ratio: 0,3

Qualität & Wachstum

  • Verschuldungsgrad: 110%
  • Bruttomarge: 79%
  • Nettomarge: 14%
  • EBIT-Wachstum: 250% p.a.
  • Umsatzwachstum: 80% p.a.

Schauen wir uns nun an, was hinter diesen Zahlen steckt.

Business Breakdown: Geschäftsmodell analysiert

Schauen wir uns einmal an, wie das Geschäftsmodell aussieht.

Unternehmensentwicklung

Pinterest wächst recht konstant, sowohl im Umsatz, als auch im Gewinn und im Cashflow. Letztere konnten zuletzt in den positiven Bereich gedreht werden.

Um das in konkrete Wachstumsraten umzusetzen: Das Umsatzwachstum (jeweils zum Vorjahresquartal, also Q1 ’20 zu Q1 ’19) lag zuletzt bei knapp über 40%, in der Corona-Pandemie eher bei 60 bis 120%.

Die Rule of 40 (Summe aus EBITDA-Marge und Umsatzwachstum) zeigt an, wie kapitaleffizient ein Unternehmen wächst. Alles über 40 gilt als sehr gut. Hier liegt Pinterest noch bei 60 und steht damit gut da.

Wofür gibt Pinterest Geld aus? Vor allem für Sales & Marketing (23%), aber auch Forschung & Entwicklung (19%).

Tieferer Blick in die Geschäftszahlen

Pinterests Umsatzgleichung lässt sich auf die wesentlichen Faktoren herunterbrechen:

Umsatz = Anzahl aktive Nutzer x durchschn. Umsatz pro Nutzer

Nutzungsentwicklung bei Pinterest

Die Anzahl aktiver Nutzer besteht sowohl aus der reinen Anzahl, aber auch der Nutzungsintensität dieser Nutzer. 5x im Monat Pinterest zu nutzen ist besser als 1x. In der Regel wird hier auf die monatlich aktiven Nutzer geschaut, um beides abzubilden.

Die Anzahl der monatlichen Nutzer ist im letzten Jahr stark gestiegen. Es wurde mehr Zeit zuhause verbracht und gerade das Einrichten der eigenen Wohnung, was auf Pinterest eine große Rolle spielt, hat die Nutzung beflügelt. Das letzte Quartal lag aber nur noch auf Vorjahresniveau, es gab also kein Wachstum.

Targeting im digitalen Werbemarkt

Der durchschnittliche Umsatz pro Nutzer (ARPU) hängt ebenfalls von weiteren Faktoren ab: Wie kaufkräftig ist die Zielgruppe? Wie gut können Werbetreibende durch die Targeting-Optionen ihre Zielgruppe erreichen? Können große Unternehmen dort auch große Budgets loswerden? Ist der Erfolg gut messbar (Stichwort: Datenschutz)?

Zum Vergleich der quartalsweise Umsatz pro Nutzer der großen, digitalen Werbeunternehmen:

  • Facebook (Meta): 8 bis 10 USD global, 40 bis 55 USD in USA
  • Alphabet (Google): ca. 150 USD global, ca. 270 USD in USA
  • Twitter: ca. 9 USD global, ca. 18 USD in USA
  • Pinterest: 1 bis 1,60 USD global, 4 bis 6 USD in USA

Es zeigt: Pinterest ist bisher vergleichsweise gering monetarisiert, obwohl die Zielgruppe überdurchschnittlich kaufkräftig ist. Woran liegt das?

  • Große Unternehmen brauchen viel Traffic, um ihre Budgets loszuwerden. Hier sind die Meta-Plattformen (Facebook, Instagram, WhatsApp) und die Alphabet-Plattformen (YouTube, Google Suche) führend.
  • Der Werbeanzeigenmanager von Pinterest ist noch nicht so weit wie bei Google oder Meta.

Außerdem liegt ein wichtiger Unterschied in der Aussteuerung der Werbung. Dabei gibt es unterschiedliche Möglichkeiten:

  1. Die Werbung wird zu einem Suchbegriff ausgespielt. Beispiel: Google Suche nach „KFZ Versicherung“. YouTube-Suche nach „Bester Laptop 2021“.
  2. Die Werbung wird basierend auf Verhalten oder Interessen ausgespielt. Beispiel: Jemand scrollt durch den Instagram-Feed und bekommt Werbung für Schuhe angezeigt, da er vorgestern eine Website dazu besucht hat.
  3. Eine Mischform: Auch bei Suchbegriffen versuchen die meisten Unternehmen Verhalten, Interessen und Wohnort einfließen zu lassen, um relevantere Werbung anzuzeigen.

Wo steht Pinterest hier? Es ist in meinen Augen vor allem eine Suchmaschine, die basierend auf Suchbegriffen und Keywords arbeitet. Es wird versucht Verhalten und Interessen einfließen zu lassen, diese Daten sind aber sicherlich deutlich dünner als bei den Meta-Diensten oder bspw. YouTube.

Je stärker ein Geschäftsmodell auf Nummer 2 beruht, desto schwerwiegender ist es von zunehmendem Datenschutz betroffen, da die Grundlage für die Aussteuerung gerade dort dünner wird.

Alphabet ist vor allem bei 3 (Mischform), Meta und Twitter bei 2 (Verhalten und Interessen), Pinterest damit eher bei 1 (suchorientiert).

Bewertung des Geschäftsmodells

Wie schneidet das Unternehmen in der Geschäftsmodell-Bewertung der Scorecard ab? Tiefergehende Erklärungen zu den Kriterien gibt’s hier und hier.

Geschäftsmodell-Bewertung

Wiederkehrende Umsätze mit Lock-In

Wird wiederkehrender Umsatz mit hohen Wechselkosten erzielt?

Die Umsätze der Werbetreibenden beruhen oft auf Monatsbudgets, die aber jederzeit geändert werden können. Die Umsätze sind also nur wenig wiederkehrend und haben auch keinen Lock-In Effekt, der Unternehmen an Pinterest bindet.

Netzwerkeffekte

Wird das Produkt besser, je mehr Kunden es nutzen?

Das Produkt wird besser, je mehr Bilder gepostet und nach Relevanz sortiert werden können. Allerdings scheint mir der Nutzen nach oben hin begrenzt: Ob ich 100.000 oder 1.000.000 Bilder zum Wohnzimmer habe verspricht vermutlich ein ähnlich gutes Ergebnis. Daher gibt es Netzwerkeffekte, die aber weniger entscheidend sind als bei richtigen sozialen Netzwerken.

Skaleneffekte (Economies of Scale)

Wird das Geschäftsmodell mit zunehmender Größe widerstandsfähiger?

Skaleneffekte bestehen. Die Fixkosten der Plattform sind begrenzt, die Umsätze können also deutlich schneller steigen als die Kosten. Eine kleine Einschränkung ist hier nur, dass Konkurrenten noch größer sind.

Proprietäre Technologie

Besitzt das Unternehmen eigene Technologie oder Patente, die nicht einfach kopiert werden können?

Pinterest hat eine eigene Technologie und den Bereich „Bild-Suchmaschine“ gut für sich besetzt.

Marke (Branding)

Hat das Unternehmen eine starke Marke, die das Geschäftsmodell nach vorne bringt?

Pinterest ist global recht bekannt, hat ein positives Image und ist bei vielen „top of mind“, wenn es um eine Bild-Suchmaschine und gezielte Inspiration per Suchbegriff geht. Ich glaube aber, dass die Marke für den Geschäftserfolg nicht schädlich sein darf (wie zuletzt immer mal wieder bei Facebook), aber auch nur begrenzt Potenzial nach oben bietet. Werbetreibende, die die Umsätze erzeugen, wollen vor allem Performance sehen. Wenn diese nicht stimmt, hilft auch Pinterest als Marke nicht.

Geschäftsmodell-Bewertung: 16 / 25

Zukunft: Burggraben, Strategie & Wachstumsperspektiven

Bevor wir gleich in die SWOT-Analyse gehen, schauen wir in die Zukunft. Wie sieht die Strategie aus? Wie ist die Konkurrenzsituation und der eigene Burggraben gegenüber der Konkurrenz? Welche Wachstumsperspektiven gibt es?

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Ich bin Jannes, Jahrgang 1993 und Gründer von StrategyInvest. Seit 2011 investiere ich an der Börse. Damals habe ich mein VWL-Studium mit Finanzschwerpunkt erfolgreich absolviert und bin nun seit mehreren Jahren in der Digital- und Techbranche aktiv, aktuell als Product & Strategy Lead. Ich kenne daher Investieren, Technologie und Unternehmertum aus wissenschaftlicher Sicht, aber auch aus der Praxis. Die Erkenntnisse daraus teile ich hier.

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Auszug aus dem Manifest:

Regel #11: Wir wissen, dass es nicht nur um uns geht.

Unternehmen sind nicht nur für die Aktionäre da, sondern haben eine Verantwortung gegenüber ihren Mitarbeitern und der Gesellschaft.Ich bin fest überzeugt: Menschen haben individuelle Ansichten und Motive. Zum Glück. Und Unternehmen sind selten komplett gut oder komplett schlecht - und auch diese Einschätzung ist oft individuell und nicht einfach zu treffen. Aber: Wer es sich leisten kann, sollte destruktive Geschäftsmodelle, deren Erfolg automatisch eine schlechtere Welt bedeuten würde, nicht unterstützen. Es gibt dann immer noch mehr als genug Möglichkeiten.

zum kompletten StrategyInvest Manifest »

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