von Jannes Lorenzen

Gründer, Strategie-Lead & Investor

veröffentlicht: 24. April 2022

Noch vor einigen Jahren wurde immer wieder von den großen FAANG-Aktien gesprochen. Netflix würde in einem Atemzug mit Facebook, Apple, Amazon und Google genannt.

Hinter Netflix steckt ein enormes Wachstum und ein Unternehmen, das die Branche umgekrempelt hat. An der Börse sind die anderen FAANG-Aktien allerdings davongelaufen. Gerade zuletzt gab es eine deutlichere Korrektur im Netflix-Aktienkurs und Dämpfer im Wachstum.

Einige Punkte, die die Netflix-Aktie aktuell so spannend machen:

  • 💥 Wachstumsproblem: Netflix wächst im Umsatz nur noch im einstelligen Prozentbereich, verliert erstmals Nutzer.
  • 📉 Deutlicher Kursabschlag: Die Aktie steht ~60% unter dem Allzeithoch von November 2021, sogar ein Drittel unter dem Kursniveau von 2018.
  • 🖥 Disruptives Geschäftsmodell: Netflix hat eine ganze Branche revolutioniert und ist darin der Marktführer, mit einigen spannenden Vorteilen im Geschäftsmodell.
  • 👨‍💼 Langfristiges Management: Netflix ist noch heute gründergeführt, arbeitet seit Beginn an langfristig und liefert Aktionären transparent Zahlen.

In dieser Analyse geht's bei vor allem um folgende Punkte:

  • Wie das Geschäftsmodell von Netflix wirklich funktioniert (inkl. dem größten Missverständnis)
  • Wie gut Netflix nach der zuletzt deutlichen Korrektur wirklich da steht und ob der Kursabschlag gerechtfertigt ist
  • Wie Netflix das aktuell deutlich gewordene Wachstumsproblem lösen will und wie ich die Chancen dazu einschätze
  • Ob die Netflix-Aktie aktuell, nach dem starken Kurssturz, interessant für langfristige Anleger ist (inkl. konkreter Renditeberechnung, Scorecard & meiner eigenen Anlageentscheidung)

Die Analyse beruht auf:

  • Aktuellsten Finanz- und Nutzerkennzahlen bis zum letzten Quartal (Q1 '22)
  • Geschäfts- und Quartalsberichte sowie Statistiken zum Streaming-Markt
  • Buch "That will never work" vom Netflix-Mitgründer
  • Einschätzungen von Marktexperten & Investoren (u.a. ehemaliger Strategiechef von Amazon Prime Video & Großinvestor Bill Ackman)
  • Interviews & Aussagen der Führungsebene (v.a. von CEO Reed Hastings) sowie ein millionenschwerer Insiderkauf

Viel Spaß!

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Überblick, Entwicklung & Zahlencheck

Verschaffen wir uns zuerst einen Überblick über das Unternehmen Netflix.

Unternehmen

Netflix wurde 1997 in den USA gegründet, u.a. von dem heute immer noch aktiven CEO Reed Hastings. 

Produkt

Netflix wurde als Online-Videothek gegründet, die DVDs und Blu-rays versendet hat. 2007 hat Netflix das Modell eingeführt, für das es heute bekannt ist: Das Anbieten von Filmen und Serien per Online-Streaming in einem monatlichen Abo-Modell.

Dabei lizensiert Netflix nicht nur Filme anderer Studios, sondern produziert auch selbst sogenannte "Netflix Originals". 2022 gab es sogar 27 Oscar-Nominierungen für Netflix-Eigenproduktionen.

Mittlerweile zählt Netflix über 200 Mio. zahlende Abonnenten auf der ganzen Welt.

Aktienkurs

Der Aktienkurs ist lange Zeit gestiegen, nach den Q4 '21 aber recht rapide gefallen. Nach dem Kurssturz hat übrigens CEO Reed Hastings für ca. 20 Mio. US-Dollar Netflix-Aktien zu einem Kurs von ~385 Dollar nachgekauft. Nun ist Netflix nochmal abgestürzt, da die Zahlen wieder enttäuscht haben.

Zur Transparenz meine Historie mit der Netflix-Aktie:

  • Erster Kauf im Juli 2020, Nachkauf im November 2020.
  • Verkauf im November 2021 zu 570€, da mir die Aktie zu teuer wurde. Rendite: +38%.

Zahlencheck & Business Breakdown

Wachstum

Schauen wir auf die Geschäftsentwicklung von Netflix sehen wir langfristig ein kontinuierliches Wachstum im Umsatz, im Bruttogewinn und im Nettogewinn:

Die Umsätze im Detail:

  • 2018: 16 Mrd. USD
  • 2019: 20 Mrd. USD (+ 25%)
  • 2020: 25 Mrd. USD (+ 25%)
  • 2021: 29,7 Mrd. USD (+ 19%)

Die letzten Ergebnisse für Q1 '22 waren allerdings ernüchternd. Der Umsatz lag nur knapp 10% über dem Vorjahr.

Nutzerwachstum

Die Nutzerzahlen von Netflix befanden sich jahrelang in einem starken Wachstum. Nun ist es allerdings deutlich abgeflacht.

Im Jahresvergleich:

  • 2016: 89 Mio.
  • 2017: 110,5 Mio. (+24%)
  • 2018: 139 Mio. (+26%)
  • 2019:  167 Mio. (+20%)
  • 2020: 203,5 Mio. (+22%)
  • 2021: 222 Mio. (+9%)

Im aktuellsten Quartal hat Netflix erstmals Abonnenten verloren. Das liegt allerdings am gestoppten Russland-Geschäft. Aber: Auch für Q2 '22 geht Netflix davon aus, unterm Strich 2 Mio. zahlende Abonnenten weniger zu haben.

Netflix kommentiert das langsame Wachstum so:

Streaming is winning over linear, as we predicted, and Netflix titles are very popular globally. However, our relatively high household penetration - when including the large number of households sharing accounts - combined with competition, is creating revenue growth headwinds.

Profitabilität

Die operative Marge liegt über die letzten 12 Monate etwas über 20%, die Nettomarge bei 15 - 20%. Der Free Cashflow war zuletzt auch mal leicht negativ, im aktuellsten Quartal wieder deutlich positiv. Für 2022 und danach prognostiziert Netflix hier weiter positiv zu bleiben.

Ein wichtiger Unterschied bei Gewinn und Cashflow, der auch von Netflix selbst benannt wird:

Die Investitionen in Inhalte werden in der Gewinnrechnung möglichst 1:1 den Erlösen gegenübergestellt, wenn diese anfallen. In der Cashflow-Rechnung schlägt eine Investition heute auch in diesem Jahr zu Buche, selbst wenn der Inhalt daraus erst Jahre später auf der Plattform landen. Da Kosten (Contentproduktion) und Erlöse zeitlich in der Regel mindestens ein Jahr auseinanderliegen, kommt es zu eben diesen Unterschieden zwischen Gewinn und Cashflow.

Und wir sehen: Der Gewinn ist positiv, der Free Cashflow aber negativ. Und er rutscht weiter ins Negative. Was steckt dahinter?

Das größte Missverständnis: Hat Netflix ein Cashflow-Problem?

Einen interessanten Kommentar gab es dazu in einem Earnings Call auf die Frage, was am Unternehmen am meisten missverständen werde. Spencer Wang, Vice President of Finance and Investor Relations von Netflix, nennt den Irrglauben, dass Netflix Geld verlieren würde (Hervorhebungen von mir):

I think what was most misunderstood is the business model and what you see in our cash flow generally, and folks thinking that we are losing money. What we’ve shown is that we are increasing our profitability both through growth and growing our profit margins. And what you’ve seen over the last few years is forward investment as we’ve been going through a really kind of pretty significant transition of our business model from licensed content, [...] to original content, not just licensed originals, but self-produced originals where oftentimes we’re investing many years before that content is on the service.

And we’ve moved, as they say, well, along the curve there were the bulk of our cash spend is now on original content. So as we’ve gotten bigger, as we’ve moved towards originals, it just fundamentally changes that cash flow profile over time. And we’re a very profitable business and one that will ultimately over the years become meaningfully self-funding.

Was steckt dahinter?

Netflix wird oft als Unternehmen bezeichnet, das Geld verliert, obwohl Netflix – so Wang – seine Profitabilität stetig steigert.

Schauen wir uns den ersten Punkt an: Ja, Netflix hat lange Geld "verloren". So hat sich der Free Cashflow von Netflix in den letzten Jahren quartalsweise entwickelt:

Der zweite Punkt: Netflix steigert aber seine Profitabilität. Auch das stimmt, wenn wir uns die Entwicklung der Bruttomarge anschauen - siehe oben.
Seit etwa 2018 sind die Bruttomargen, also die Profitabilität, deutlich gestiegen, aber es ist deutlich mehr Geld aus dem Unternehmen abgeflossen als vorher.

Der Grund: Netflix produziert immer mehr Content selbst. Das erfordert höhere Investitionen, erhöht aber gleichzeitig die Profitabilität, da Netflix nun die gesamte Wertschöpfungskette beansprucht. Mehr dazu gleich.

Außerdem sind die Investitionen zeitverzögert: Eine hohe Investition in Inhalte, die heute getätigt wird, ist erst in 1 - 2 Jahren auf Netflix zu sehen. Anders formuliert: Die Umsätze und Abonnentenzahlen, die wir heute sehen, sind das Ergebnis der Investitionen von vor 2 Jahren.

Das ist der Grund, warum sich das Cashflow Profil von Netflix wandelt – und warum höhere Profitabilität trotz höherem negativen Cashflow hier kein Widerspruch, sondern eine Erklärung ist. Mittlerweile soll aber auch der Free Cashflow positiv sein.

Aber auch im letzten Quartal vor Ausbruch der Pandemie schrieb Netflix dazu im Brief an die Aktionäre, dass das Cashflow-Profil sich nun verbessern werde:

As we stated last quarter, our FCF profile is beginning to improve due to growing operating margin and profits and as we digest our big move into the production of Netflix originals (which requires more cash upfront vs. later-window content) that started five years ago.

Factsheet

Factsheet

Alle Zahlen, sofern nicht anders angegeben, in der jeweiligen Heimatwährung und TTM (= letzte 12 Monate). Zusatz 'e' = erwartet, 'YoY' = im Jahresvergleich.

Die Eckdaten

  • Land: USA
  • Branche: Video-Streaming
  • Marktkapitalisierung: 100 Mrd. USD
  • Umsatz: 30 Mrd. USD
  • Ergebnis: 5,1 Mrd. USD
  • Free Cashflow: 0 Mrd. USD

Bewertung

  • KUV: 3,4
  • KGV: 21
  • KGVe: 21
  • KCV: 200
  • PEG-Ratio: 1

Qualität & Wachstum

  • Bruttomarge: 42%
  • Operative Marge: 21%
  • Nettomarge: 18%
  • Umsatzwachstum: 10% YoY

Schauen wir uns nun an, was hinter diesen Zahlen steckt.

Geschäftsmodell, Burggraben & Strategie

Schauen wir uns einmal genauer an, wie das Geschäftsmodell aussieht.

Mechanismen des Geschäftsmodells

Netflix bringt über den eigenen Service zwei Seiten zusammen: Filme, Serien und Dokus (Angebot) und Konsumenten (Nachfrage). Netflix monetarisiert den Zugang über eine monatliche Abo-Gebühr, die regional variiert. In Deutschland liegen die Abo-Preise je nach Paket etwa bei 10 - 15 Euro im Monat.

Es stellt also das bisherige Nutzungsverhalten, das aus dem TV und auch aus dem Kino gelernt ist, auf den Kopf: Der Konsument entscheidet selbst, wann, auf welchem Gerät und wie oft er einen Inhalt schaut.

Wertschöpfungskette

Netflix beherrscht große Teile der Wertschöpfungskette: Es sorgt auf der einen Seite für Angebot, indem es Inhalte von Dritten einkauft, produziert mittlerweile aber auch selbst Inhalte ("Netflix Originals"). Auf der anderen Seite bringt Netflix die Nutzer, also die Nachfrage, in Form von Konsumenten und Zuschauern auf die Plattform.

Im herkömmlichen TV sind all diese Schritte getrennt. Beispielsweise hat das produzierende Filmstudio nichts mit der Werbefinanzierung vom TV-Sender zu tun. Netflix übernimmt aber all diese Teile der Wertschöpfung, von der Produktion bis zur Abrechnung beim Nutzer.

Vereinfacht grafisch dargestellt hat Netflix ein interessantes Modell, das Netflix zu einem Stufe 1 Aggregator gemäß der Aggregation Theory macht: Es investiert in Inhalte, kann diese aber zu Grenzkosten von quasi Null den Kunden zur Verfügung stellen.

Skalierung, also ein Wachstum in der Nutzerbasis, ist für Netflix essentiell. Dadurch warten hohe Gewinne und Gewinnmargen, die durch kostenintensive Investitionskosten in Inhalte initiiert werden müssen.

Geschäftsmodell-Bewertung

Wiederkehrende Umsätze mit Lock-In

Wird wiederkehrender Umsatz mit hohen Wechselkosten erzielt?

Netflix erzielt wiederkehrende Umsätze par excellence. Der Lock-In Effekt ist wenig gegeben, da der Wechsel zu einem anderen Streaming-Anbieter kaum Hürden hat. Aber: Die Churn-Rate, also die Kündigungsrate, ist bei Netflix enorm niedrig.


Netzwerkeffekte

Wird das Produkt besser, je mehr Kunden es nutzen?

Die Netzwerkeffekte sind eher gering: Durch andere Nutzer verbessern sich die Empfehlungen. Außerdem kann man sich besser über Lieblingsfilme, Serien und Dokus unterhalten. Das Erlebnis selbst verändert es insgesamt aber nur wenig.


Skaleneffekte (Economies of Scale)

Wird das Geschäftsmodell mit zunehmender Größe widerstandsfähiger? Wachsen Umsätze stärker als Kosten?

Sind stark vorhanden: Je mehr Nutzer, desto mehr Umsatz und desto größer können wiederum die Produktionen werden, die wieder mehr Nutzer anziehen.


Proprietäre Technologie

Besitzt das Unternehmen eigene Technologie oder Patente, die nicht einfach kopiert werden können?

Die Technologie der Streaming-Plattform ist führend, aber kein Unterscheidungsmerkmal. Netflix hat darüber hinaus viele Daten zu Nutzerverhalten und Trends, die es nutzen kann. Dazu kommt Erfahrung bei der Produktion der Titel und bestehende Netflix Originals. Insgesamt sind das aber keine Vorteile, die unangreifbar sind.


Marke (Branding)

Hat das Unternehmen eine starke Marke, die das Geschäftsmodell nach vorne bringt?

Netflix ist ein Synonym für Video-Streaming. Es ist der führende und größte Anbieter. All das macht Netflix zu DER Marke im Video-Streaming Bereich.


Geschäftsmodell-Bewertung: 19 / 25

Konkurrenz

Netflix CEO Reed Hastings hat sich selbst zur Konkurrenz geäußert und einen interessanten Vergleich gezogen: Der größte Konkurrent von Netflix sei nicht ein anderer Streaming-Anbieter, sondern das Videospiel Fortnite. Im Brief an die Aktionäre 2019 heißt es:

"We earn consumer screen time, both mobile and television, away from a very broad set of competitors. We compete with (and lose to) Fortnite more than HBO."

Fortnite steht hier repräsentativ für den Gaming-Markt und ist laut Netflix der größte Konkurrent um die Zeit der Konsumenten.

Streaming Wars

Mittlerweile ist Netflix auch nicht mehr allein im Streaming-Markt: AmazonDisney und Apple sind in die Streaming Wars eingestiegen. Noch ist Netflix allerdings der Marktführer, was Vorteile wie die erwähnten Skaleneffekte mit sich bringt.

Auch im Streaming-Markt sieht Netflix mittlerweile steigende Konkurrenz als einen der Gründe für das verlangsamte Wachstum. Vor allem deshalb, da auch traditionelle TV-Sender mittlerweile auf Streaming-Dienste umschwenken.

[...] competition for viewing with linear TV as well as YouTube, Amazon, and Hulu has been robust for the last 15 years. However, over the last three years, as traditional entertainment companies realized streaming is the future, many new streaming services have also launched.

Die Churn-Rate gibt die Kündigungsquote an.

Vor allem sticht ein Unternehmen heraus: Netflix. Trotz zahlreicher neuer Konkurrenten bewegt sich die Churn-Rate auf konstant niedrigem und ziemlich unbeeindrucktem Niveau. Amazon Video ist übrigens nicht auf der Grafik, da es im Prime-Abo gebündelt ist, das kein reines Video-Abo darstellt.

Für viele Nutzer scheint es normal zu sein dauerhaft ein Netflix-Abo zu haben, die anderen Dienste aber eher optional mal dazu oder weg zu nehmen. Das ist auch deshalb erstaunlich, da Netflix in dem Zeitraum durchaus Preiserhöhungen durchgeführt hat, die anscheinend aber recht problemlos hingenommen wurden.

Aber: Die Konkurrenz kann trotzdem an anderer Stelle dämpfend wirken, nämlich beim Nutzerwachstum. Und zuletzt scheinen auch bei Netflix etwas mehr Kündigungen dazu gekommen zu sein.

Strategie

Bevor wir gleich in die SWOT-Analyse gehen, schauen wir, welche strategischen Pläne aktuell vom Management geschmiedet werden. Schließlich beteiligst du dich an dem Unternehmen der Zukunft, nicht der Vergangenheit.

Die kritische Frage ist in meinen Augen nicht die des Cashflows, sondern des Wachstums. Diese wurde auch im aktuellsten Geschäftsbericht selbstkritisch aufgeworfen.

Empfehlungen, Inhalte & Netflix Originals

Netflix möchte weiter in Inhalte investieren und auch die Empfehlungen weiter verbessern.

"Our plan is to reaccelerate our viewing and revenue growth by continuing to improve all aspects of Netflix - in particular the quality of our programming and recommendations, which is what our members value most."

Matthew Ball, ehemaliger Strategiechef von Amazon Prime Video, beschreibt, wie Netflix Wandel in der Content-Strategie seit 2020 stattfindet. Er geht aber davon aus, dass es mind. 3 bis 4 Jahre dauert, bis dieser sich auch auf der Plattform zeigt und auszahlt.

Positiv aus seiner Sicht: Netflix ist schon in diesem Wandel und arbeitet daran. Negativ: Es dauert noch etwas, bis man die Änderungen sehen wird.

"Well, if you think Netflix needed a big create reset, good news is they did too, 18 months ago, and did, and are now 18 months into it. Bad news is it'll still take some time." - Matthew Ball, ehemaliger Strategiechef von Amazon Prime Video
Netflix Originals

Seit Jahren gibt es dabei einen großen Trend: Die Investition in eigene Inhalte, die "Netflix Originals". Netflix möchte also weniger Inhalte bei anderen einkaufen müssen, sondern mehr Inhalte selbst produzieren und steuern.

Dieses Ziel geht zulasten des Free Cashflows, wie im Business Breakdown gezeigt. Aber es hat Gründe.

Die Ziele:

  1. Höhere Gewinnmargen, indem ein weiterer Baustein in der Wertschöpfungskette (siehe Grafik oben) integriert wird.
  2. Besser passende Inhalte basierend auf den Daten erstellen, die Netflix hat. Oft wird ausgeführt, dass der Netflix-Erfolg "House of Cards" zentral auf Analysen der Netflix-Nutzungsdaten beruhte.
  3. Stärkeres Alleinstellungsmerkmal (USP) und Unabhängigkeit von anderen Unternehmen. 

Zuletzt plante Netflix insgesamt 16 Mrd. US-Dollar in neue Inhalte zu investieren. Zum Vergleich: Amazon lag bei 7 Mrd. US-Dollar, Apple 6 Mrd. USD, Disney (nur für Disney+) ca. 1,75 Mrd. USD.

Account-Sharing beenden

Ich habe bei der letzten Netflix-Analyse 2020 geschrieben:

Netflix wird Opfer des "Account Sharings", bei dem sich viele Nutzer einen Account teilen. Womöglich ist Netflix das egal, da die Verbreitung des Produkts noch wichtiger ist. Irgendwann kann es aber interessant sein, die Nutzung und Weitergabe von Accountdaten zu unterbinden oder zu reglementieren, wie es in den AGB von Netflix vorgesehen ist. Spotify ist dabei schon jetzt deutlich strenger [...]. Sobald Netflix hier strenger reglementiert, könnte weiteres Umsatzpotenzial freigesetzt werden, das bisher in den geteilten Accounts steckt. Zuletzt gab es verstärkt Schritte in diese Richtung.

Netflix hielt sich dazu eher bedeckt, wird jetzt aber offensiver und bestätigt die These, dass Netflix es zugunsten höheren Wachstums hat laufen lassen. Nun möchte Netflix aber noch konkreter werden.

Im letzten Shareholder Letter beschreibt Netflix, dass schätzungsweise 100 Mio. zusätzliche Haushalte über Sharing-Accounts auf Netflix zugreifen. Das hat es erschwert in Heimatmärkten wie den USA stärker zu wachsen, was allerdings vom Wachstum in der Pandemie überdeckt wurde.

[...] in addition to our 222m paying households, we estimate that Netflix is being shared with over
100m additional households, including over 30m in the UCAN region. Account sharing as a percentage of our paying membership hasn’t changed much over the years, but, coupled with the first factor, means it’s harder to grow membership in many markets - an issue that was obscured by our COVID growth.

Netflix sagt außerdem: Durch die Einrichtung von Profilen habe man dieses Account-Sharing immer einfach machen wollen, es habe aber auch zu Verwirrung geführt, wann man dies dürfe und wann nicht.

Zuletzt wurden einige Tests ausgerollt, wie nun Account Sharing besser monetarisiert werden soll. Ein Weg ist für zusätzliche Mitglieder des Accounts zusätzlich eine geringere Gebühr abzurechnen.

Diese Monetarisierung wird schrittweise passieren. Dann ist auch nicht unbedingt das Mitgliederwachstum, sondern Umsatz oder Wiedergabezeit die wichtigere Kennzahl.

So while we won’t be able to monetize all of it right now, we believe it’s a large short- to mid-term opportunity. As we work to monetize sharing, growth in ARM, revenue and viewing will become more important indicators of our success than membership growth.

Ich finde den Schritt nach wie vor naheliegend. Es ist ein Balanceakt: Einerseits möchte Netflix bestehende Mitglieder nicht verstoßen, andererseits auch Accounts, die von vielen Menschen genutzt werden, besser monetarisieren.

Ziemlich sicher liegt hier aber Potenzial. Wenn ein Account von 15€ im Monat zu viert geteilt wird sind das 3,75€ pro Person, bei 20€ im Monat wären es 5€ pro Person. Das sind noch keine großen Sprünge und immer noch attraktiv.

Für Netflix selbst würde es nicht nur einen Umsatzanstieg (abzüglich möglicher Kündigungen), sondern 1:1 einen Gewinnanstieg bedeuten, da dem keine zusätzlichen Kosten für Contenterstellung gegenüberstehen.

Nehmen wir an, dass von den 100 Mio. zusätzlichen Haushalten, die bisher das Account-Sharing nutzen, die Hälfte nach neuen Regelungen eigene Zugänge anlegen muss, dafür je Haushalt ~4 Dollar pro Monat zahlt und 20% davon dann kündigen. Das entspräche knapp 2 Mrd. US-Dollar Mehrumsatz - und vermutlich Mehrgewinn - im Jahr.

Das wäre ein einmaliges Umsatzplus von 6,67% (bei ~30 Mrd. Dollar Umsatz) und ein Gewinnplus von 40% (bei ~5 Mrd. Dollar Gewinn). Die Annahmen sind natürlich wackelig, verdeutlichen aber, dass hier durchaus Chancen bestehen.

Werbefinanzierung

Auch hier habe ich 2020 als Chance geschrieben:

Netflix könnte das Einbinden von Werbung als zusätzliche Monetarisierungsmöglichkeit, wie es auch bei YouTube, im Kino oder im TV der Fall ist, nutzen. So könnte bspw. das günstigste Abo zukünftig Werbung beinhalten und Werbefreiheit ein Kaufargument für die teureren Abos werden. Einige Tech-Experten wie Sven Schmidt („Netflix wird anfangen, Werbung zu zeigen. Auf der Basis wird es eine Produktdifferenzierung geben.“) gehen fest davon aus, dass dieser Schritt kommen wird. Das würde weiteres Umsatzpotential für Netflix bieten.

Genau das wurde im letzten Earnings Call ebenfalls angekündigt, nachdem Netflix es Jahre lang aus Komplexitätsgründen vermieden hatte.

“Those who have followed Netflix know that I have been against the complexity of advertising, and a big fan of the simplicity of subscription. But as much as I am a fan of that, I am a bigger fan of consumer choice. And allowing consumers who would like to have a lower price, and are advertising-tolerant, get what they want, makes a lot of sense.” - CEO Reed Hastings

Konkret sagte Co-CEO Hastings, dass in den nächsten 1 - 2 Jahren geprüft werden soll, wie eine Werbefinanzierung aussieht. Dabei wurde sich auch an den Wettbewerbern orientiert, die schon erfolgreich Werbung einbinden.

"It is pretty clear that it is working for Hulu, Disney is doing it, HBO did it. We don’t have any doubt that it works." - CEO Reed Hastings

Gaming-Einstieg

Im Juli '21 habe ich im Briefing davon berichtet, dass Netflix nun ans Gaming-Geschäft denkt:

Nun gab es interessante Personalerweiterungen: Netflix hat viele Personen von namhaften Gaming-Unternehmen angeworben. Nebenbei wurde auch die Position "Head of Podcast" erstmals besetzt - und das mit niemand geringerem als der ehemaligen "Head of Content" von Apple. Netflix streckt nun also die Fühler in weitere Richtungen aus. Als Netflix-Aktionär bin ich allerdings noch vorsichtig, was Netflix Chancen in diesen Bereichen betrifft, aber in jedem Fall sehr gespannt.

Die Skepsis habe ich nach wie vor. Es ist fast eher ein Warnzeichen, da es nach einer etwas verzweifelten Suche nach Wachstum aussieht, die es so 20 Jahre lang nicht gebraucht hat.

SWOT-Analyse: Stärken, Schwächen, Chancen & Risiken

Schauen wir uns das Geschäftsmodell von Netflix nun genauer an und ordnen es ein.

Stärken

Beginnen wir mit den Stärken. Was zeichnet Netflix aktuell aus?

  • Marktführer: Netflix hat die größte Anzahl an zahlenden Abonnenten aller Video-Streaminganbieter. Damit gehen Vorteile einher, die wir schon angerissen habe: Netflix kann theoretisch jeden Konkurrenten überbieten und am meisten für Inhalte ausgeben, da es diese den meisten Menschen zugänglich machen kann.Matthew Ball, ehemaliger Strategiechef von Amazon Prime Video, sieht Netflix sehr gut aufgestellt. Er legt in seiner 7-teiligen Serie ausführlich dar, warum. Unter anderem betont er hier und hier: Netflix ist ziemlich kontinuierlich gewachsen, selbst neben den erwähnten Konkurrenten. Netflix hat sogar unbeeindruckt die Preise angehoben. Außerdem spielt die Zeit laut Ball für Netflix: Netflix hat die meisten Inhalte, investiert am meisten Geld in neue Inhalte und hat schon jetzt die größte Nutzerbasis. Je größer Netflix ist und wird, desto schwieriger wird es, für Netflix eine Gefahr darzustellen.
  • Abo-Modell: Umsätze und Gewinne über ein Abo-Modell sind hochattraktiv. Einmal gewonnene Nutzer bleiben in der Regel Nutzer und müssen nicht jedes Mal durch Werbung neu eingekauft werden. Netflix muss diese Nutzer allerdings durch Inhalte auf der Plattform halten. In jedem Fall gilt: Ein Gewinn von 1€ durch ein Abo-Modell ist wertvoller als ein Gewinn von 1€ durch einmalige Käufe und Nutzer. Es bringt dem Geschäftsmodell Stabilität und Unabhängigkeit.
  • Langfristig orientiertes Management: Reed Hastings als CEO ist ebenfalls der Gründer und hat, ähnlich wie Jeff Bezos, die Unternehmensstrategie immer langfristig ausgelegt und kein Interesse daran, kurzfristig Zahlen für die Börse zu schönen.

Schwächen

Wo Licht ist, ist meist auch Schatten. Schauen wir auf die Schwachstellen des Unternehmens.

  • Cash Burn: Netflix hatte in vielen der letzten Quartale einen negativen Free Cashflow. Wie gezeigt, gibt es dafür (gute) Gründe, nichtsdestotrotz muss dies auch tatsächlich langfristig in einen positiven Trend umgekehrt werden. Das letzte Quartal war deutlich positiv und Netflix ist auch hier optimistisch, daher sieht es gut aus, bleibt aber zu beobachten.
  • Schwaches Wachstum mit leicht rückläufiger Nutzerbasis

Chancen

Wo liegen die Chancen für das Unternehmen, um zu wachsen und den Unternehmenswert zu steigern?

  • Höhere Margen durch Eigenproduktion: Netflix investiert weiter in eigenen Content, gewinnt dadurch an Unabhängigkeit und kann die Bruttomargen erhöhen. Das sind vor allem langfristige Investments, die allerdings Margen und Burggraben stärken.
  • Der verborgene Umsatzhebel in Sammelaccounts: Durch bessere Monetarisierung von geteilten Accounts können noch Nutzer monetarisiert werden, die ohnehin schon Netflix nutzen.
  • Preiserhöhungen: Netflix hat in der Vergangenheit immer wieder leichte Preiserhöhungen durchgeführt. Dabei war die Nachfrage kaum preiselastisch. Anders gesagt: Es gab kaum erhöhte Abwanderungen oder Rückgänge in den Wachstumsraten. Mittlerweile wird es aber enger, da sich schon Rückgänge beim Nutzerwachstum andeuten.
  • Einbindung von Werbung: Netflix könnte das Einbinden von Werbung als zusätzliche Monetarisierungsmöglichkeit, wie es auch bei YouTube, im Kino oder im TV der Fall ist, nutzen. So könnte bspw. das günstigste Abo zukünftig Werbung beinhalten und Werbefreiheit ein Kaufargument für die teureren Abos werden.
  • Aufkauf durch Tech-Giganten (spekulativ): Eine eher spekulative Chance könnte ein Aufkauf von Netflix durch ein großes Tech-Unternehmen sein. Vor allem Apple wird dabei immer wieder genannt, da Apple (a) selbst ins Video-Streaming einsteigen will, (b) dabei bisher nicht wirklich erfolgreich war und zu wenig Inhalte bietet und (c) ein prall gefülltes Bankkonto hat. Eine andere Vision, die Scott Galloway äußert: Netflix könnte mit Spotify fusionieren und einen Video-Audio-Giganten schaffen. Klingt faszinierend und nach einem wahnsinnig starken Unternehmen, es gibt allerdings keinerlei Anzeichen, dass eines der beiden Unternehmen in diese Richtung denkt. Insgesamt sind die Akquisitions- und Fusionierungsgedanken also eine attraktive Fantasie, die aber bisher nicht mehr als reine Spekulation sind.

Bedrohungen

Es gibt bei jedem Unternehmen Risiken wie eine schwächelnde Wirtschaft, operative Fehlentscheidungen, politische Eingriffe und andere. Jetzt analysieren wir aber: Was könnte speziell das hier gezeigte Geschäftsmodell gefährden oder das Wachstum hemmen?

  • Konkurrenz in Streaming Wars: Wir haben bereits gesehen, dass Netflix nicht alleine ist im Video-Streaming. Amazon investiert große Summen in den eigenen Streamingdienst (u.a. 1 Mrd. US-Dollar in eine Herr der Ringe Serie) und auch Disney hat zuletzt ein starkes Wachstum mit dem eigenen Streaming-Dienst hingelegt. Dazu kommen viele regionale Streaming-Dienste oder Services von TV-Sendern.
  • Konkurrenz durch andere Branchen: Netflix konkurriert nicht nur mit anderen globalen und regionalen Streaming-Anbietern, sondern auch mit Fortnite (Gaming). Die Konkurrenz ist über die letzten Jahre noch stärker geworden.
  • Content-Wetten gehen nicht auf: Netflix investiert viel Geld und produziert immer wieder virale Hits wie die Serie House of Cards oder Filme wie Bird Box, die in kürzester Zeit zig Millionen Zuschauer anziehen. Der Erfolg von Netflix hängt auch davon ab, ob Netflix es schafft, weiterhin ansprechende und teilweise auch virale Inhalte zu schaffen.
  • Wann kommt das Wachstum? Die Verbesserungen im Content dauern vermutlich noch etwas, bis sie sichtbar werden. In der Zwischenzeit rüsten Wettbewerber auf. Auch eine Werbelösung soll ein bis zwei Jahre dauern und muss auch dann vermutlich noch ausgereifter werden. Kommen diese Hebel also rechtzeitig?

Aktienbewertung & Investment-These

Wir haben uns jetzt ein umfangreiches Bild des Unternehmens verschafft. Schauen wir abschließend auf die Aktie, bringen Qualität und Bewertung zusammen und ziehen ein Fazit.

Finanzielle Ziele von Netflix

In der Vergangenheit hat Netflix immer versucht das Steigern der Profitabilität und das Umsatzwachstum auszubalancieren.

Netflix schreibt selbst zur operativen Margenentwicklung, dass diese jährlich um 3%p. erhöht werden sollen, es dafür aber durch die Wachstumsambitionen keine Eile gibt:

We’re targeting an average annual increase of 300 basis points per year over any few-year period, although there will be some lumpiness. Some years we’ll be a little over, some years a little under, but we’re trying to keep on a 300bps per year long term trajectory. We are in no rush to push margins up too quickly, as we want to ensure we are investing aggressively enough to continue to lead internet entertainment around the world.

Nun will Netflix die operative Marge konstant bei 19 - 20% halten, den Fokus daher wieder auf das Umsatzwachstum legen, das wieder im zweistelligen Prozentbereich liegen soll.

Once we’ve re-accelerated revenue growth, we’re committed to steadily growing our operating margin.

Netflix veröffentlicht seit kurzem keine Guidance auf Jahresbasis mehr. Für Q2 '22 erwartet Netflix einen Rückgang von 2 Mio. Abonnenten, vor allem aufgrund anhaltender wirtschaftlicher Gegenwinde und typischen saisonalen Effekten.

Der faire Wert der Aktie

Für die Ermittlung des fairen Werts (alle Erläuterungen erfährst du über diesen Link) habe ich folgende Annahmen über einen Zeithorizont von 10 Jahren getroffen:

#1 Umsatzwachstum

Das Umsatzwachstum nähert sich in der Berechnung vom kurzfristigen schrittweise an das langfristige Wachstum über 10 Jahre an.

Woraus speist sich Netflix Umsatzwachstum?

Zum einen aus der Zahl der Abonnenten. Das Nutzerwachstum sieht aktuell aber schwierig aus. Dazu kommt, dass neue Nutzer eher in Ländern dazu kommen, die noch nicht gesättigt sind, was v.a. Schwellenländer mit niedrigeren Preisen sind. 10% neue Nutzer bedeuten also vermutlich eher 5% Mehrumsatz.

Mehr Hoffnung liegt auf dem Umsatz pro Abonnenten, der durch Preiserhöhungen, Werbeeinblendungen oder ein Ende des Account Sharings erhöht werden kann.

  • Umsatzwachstum zuletzt: ~10% YoY im letzten Quartal
  • Eigenes Ziel: Mittelfristig wieder 10+% p.a.
  • Analystenerwartung: Durch die neuesten Quartalsergebnisse sind viele Prognosen hier noch inaktuell. Diese liegen aktuell bei 9% für 2022 und 10,5% für 2023, könnten aber noch leicht nach unten korrigiert werden.
  • Meine kurzfristige Annahme: Ich nehme kurzfristig ein Umsatzwachstum von 9% p.a. an.
  • Meine langfristige Annahme: Der Markt hat langfristiges Wachstumspotenzial, das sich aber niedriger einpendeln wird. Ich nehme langfristig 6% p.a. an.

#2 Nettomarge

Die die Bruttomarge liegt heute bei ca. 40%. Die operative Marge liegt bei 20% und soll vorerst stabil bleiben, langfristig noch steigen. Die Nettomarge liegt heute bei ~19%, die FCF-Marge bei ~9%.

Kurzfristig werden die Kosten vermutlich etwas steigen, langfristig peilt Netflix noch bessere Margen - vor allem durch Skaleneffekte - einpendeln. Der Bedarf an ständig neuen Produktionen wird aber bleiben. Um auch die Differenz zwischen Cashflow und Ergebnis einzubeziehen nehme ich bei Netflix eine etwas niedrigere Nettomarge von langfristig 16% an.

#3 Bewertungsniveau

Heute ist die Aktie mit einem KGV & KGVe von 20 bewertet. Das ist historisch das bisher günstigste Bewertungsniveau.

Das recht gute Geschäftsmodell mit wiederkehrenden Umsätzen, Skaleneffekten und einer starken Marke können auch dauerhaft eine leicht höhere Bewertung rechtfertigen. Ich nehme hier langfristig ein KGV von 17 an.

Meine Renditeerwartung

Renditerechner-Tool

Berechnung der Renditen in drei Szenarien. Erklärung hier. Zahlen in Heimatwährung. Aktie: Netflix.

Status Quo » Die Zahlen heute

Möglichst der letzten 12 Monate, also TTM (Trailing Twelve Months), um die aktuellsten Daten zu nutzen.
Anteil am Gewinn, der als Dividende ausgeschüttet, per Aktienrückkauf oder per Schuldentilgung an Aktionäre zurückgeführt wird. Bei Wachstumsunternehmen oft 0%.

Zukunft » Annahmen zur Wertentwicklung

Die kurzfristigen Werte nähern sich über einen 10-Jahres-Horizont an die langfristigen an.

↘︎
↗︎
Wachstum
kurzfristig, in % Wie stark ist das Umsatzwachstum im nächsten Jahr?
Wachstum
langfristig, in % Wie hoch wird das Umsatzwachstum in 10 Jahren erwartet?
Nettomarge
kurzfristig, in % Wie hoch ist der Nettogewinn im Verhältnis zum Umsatz heute?
Nettomarge
langfristig, in % Wie hoch ist der Nettogewinn im Verhältnis zum Umsatz in 10 Jahren? Indikatoren: Heutige Nettomarge, EBIT-Marge & Free Cashflow Marge.
KGV
langfristig Wie hoch wird das Unternehmen in 10 Jahren - auch beruhend auf den anderen Annahmen - fair bewertet sein? Je stärker die Zahlen & das Geschäftsmodell, desto höher die mögliche Bewertung.
Umsatz
Marktkapitalisierung
Wertsteigerung
Shareholder Yield
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Fairer Aktienkurs
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Scorecard

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Je Kategorie bis zu 25 Punkte. Insgesamt 20+ Kriterien.

19
Qualität

Profitabilität, Bilanz & Risiken

19
Geschäftsmodell

Burggraben, Alleinstellung & Preismacht

6
Wachstum

Umsatz, Gewinne & Rule of 40

15
Bewertung

KUV, KGV & weitere

59

Gesamtscore

Gut 🙂

Bill Ackmans Entscheidung

Bill Ackman ist Milliardär und einer der bekanntesten Investoren der Welt. Mit seiner Investmentfirma Pershing Square Capital Management hat er Anfang '22 in großem Stil bei Netflix eingekauft. Nach den neuesten Quartalsergebnissen ist er wieder ausgestiegen.

Spannend sind die Gründe: Sie sind nicht unbedingt pessimistisch bei der Aktie. Sie sagen aber, dass durch die Veränderung des Geschäftsmodells, vor allem eine werbefinanzierte Lösung, weniger abschätzbar ist, wie sich die finanziellen Zahlen entwickeln.

Sie möchten nur investieren, wenn sie glauben ein Geschäft gut vorhersehen zu können. Das ist hier nicht mehr der Fall. Gleichzeitig sehen sie durch die Entwicklungen der Welt - hohe Inflation, steigende Zinsen, steigende geopolitische Risiken - viele Chancen, die durch günstigere Bewertungen an der Börse mit dem Geld aus dem Netflix-Verkauf wahrgenommen werden können.

Pro, Contra & Fazit: Aktie jetzt kaufen?

Schauen wir abschließend auf die Aktie und ziehen ein Fazit.

Pro

  • Starkes Geschäftsmodell (Zukunftsmarkt, Abo-Modell, Skalierbarkeit, direkter Kundenzugang) in Wachstumsmarkt
  • Mittlerweile relativ normales, für Netflix historisch günstiges Bewertungsniveau
  • Langfristig orientiertes Management, das zuletzt selbst nachgekauft hat (CEO Hastings im Januar '22 mit 20 Mio. USD, erstmals seit 2002)
  • Vorteile als Marktführer durch Skaleneffekte
  • Noch einige Monetarisierungspotenziale wie Account Sharing, Werbung, Preiserhöhungen & Gaming
  • Gewinnmargen entwickeln sich positiv, auch Cashflow scheint in positivem Bereich angekommen zu sein

Contra

  • Deutlich zunehmende Konkurrenz, sowohl im Streaming-Markt als auch außerhalb
  • Stark abgenommenes Umsatzwachstum, sogar leicht rückläufige Nutzerzahlen
  • Mehr Unsicherheit, da das Geschäftsmodell den stärksten Wandel seit Einführung der Netflix Originals erlebt
  • Wachstumsmaßnahmen wie Werbefinanzierung & besserer Content können eher mittelfristig greifen, kurzfristigen Abwärtstrend aber schwer stoppen

Fazit

Netflix ist ein hochinteressantes Unternehmen mit solidem Geschäftsmodell und langfristigem Fokus. Es ist ein Unternehmen, das sich dadurch für Buy-and-Hold Anleger eignet.

Die aktuelle Wachstumssituation ist problematisch. Immerhin gibt es noch einige Hebel, von denen ich eine temporäre Steigerung erwarten würde. Allerdings greifen die meisten davon tendenziell erst in den nächsten Jahren, nicht jetzt, während die Konkurrenz weiter gewinnt und verstärkt investiert.

Womöglich konsolidiert der Markt auch langfristig, sodass Konkurrenz wieder abnimmt und Netflix tendenziell gewinnen können - das ist aber noch eher spekulativ.

Ich mag Netflix als Produkt und als Unternehmen nach wie vor. Die Aktie ist stark gefallen, aber durch den gleichzeitig starken Rückgang des Wachstums auch durchaus zu Recht. Ich finde den Einstiegszeitpunkt heute unterm Strich wieder attraktiver als vorher und durchaus überlegenswert, aber noch nicht deutlich unterbewertet.

Tags: Netflix | Aktien: Netflix

Disclaimer: Die Inhalte stellen keine Anlageberatung, Kauf- oder Verkaufsempfehlungen dar, sondern spiegeln nur meine persönliche Meinung wider. Jede Investition ist mit Risiken verbunden, die du selbst prüfen musst. Es gibt keine Garantien. Ich kann selbst in besprochene Aktien investiert sein. * Bei Partnerlinks erhalte ich ggf. eine Provision.

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Ich bin Jannes, Jahrgang 1993 und Gründer von StrategyInvest. Seit 2011 investiere ich an der Börse. Damals habe ich mein VWL-Studium mit Finanzschwerpunkt erfolgreich absolviert und bin nun seit mehreren Jahren in der Digital- und Techbranche aktiv, aktuell als Product & Strategy Lead. Ich kenne daher Investieren, Technologie und Unternehmertum aus wissenschaftlicher Sicht, aber auch aus der Praxis. Die Erkenntnisse daraus teile ich hier.

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Auszug aus dem Manifest:

Regel #4: Wir legen mittel- und langfristig an.

Die Finanzwissenschaft weiß längst: Je mehr getradet und je öfter ins Depot geschaut wird, desto schlechter die Rendite. Market Timing, also Einschätzen kurzfristiger Marktbewegungen, funktioniert nicht und richtet mehr Schaden als Nutzen an.Langfristig anlegen ist erfolgversprechender und entspannter. Und: Es ist der einzige Anlagehorizont, der logisch zu einer fundamentalen Bewertung, an die sich der Aktienkurs mit der Zeit im Optimalfall annähert, passt.

zum kompletten StrategyInvest Manifest »

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