ROI, ROE, ROA & ROCE einfach erklärt | Kapitalrendite

von Jannes Lorenzen

Gründer, Investor, Strategie-Lead & Ökonom

Die Kapitalrendite ist eine der wichtigsten Kennzahlen für Aktienunternehmen. Sie gibt auf unterschiedlichen Wegen an, wie effektiv ein Unternehmen Geld reinvestieren und wachsen kann.

Die Kapitalrendite eines Unternehmens ist langfristig der größte Bestimmungsfaktor der Rendite, die ein Unternehmen für Aktionäre liefert. Gerade für langfristige Anleger ist sie daher umso wichtiger.

Ich zeige dir hier, was dahinter steckt, was die unterschiedlichen Kennzahlen aussagen, welche Fallstricke es gibt, wie wichtig die Kapitalrendite laut Charlie Munger ist und was ein renommierter NYU Stern Professor dazu sagt.

Kapitalrendite = Aktionärsrendite

Um zu verdeutlichen, wie wichtig die Kapitalrendite ist, dient ein Zitat von Charlie Munger, dem Investmentpartner vom legendären Warren Buffett. Er sagt:

“Langfristig ist es für eine Aktie schwer deutlich mehr Rendite zu liefern als das zugrundeliegende Unternehmen erwirtschaftet.

Wenn das Unternehmen 6% aufs Kapital für 40 Jahre verdient und du es diese 40 Jahre lang hältst, wirst du keine von 6% deutlich abweichende Rendite erreichen - selbst wenn du initial günstig gekauft hast.

Umgekehrt, wenn ein Unternehmen 18% aufs Kapital über 20 oder 30 Jahre erwirtschaftet, wirst du ein wahnsinnig gutes Ergebnis erzielen, selbst wenn du einen teuer aussehenden Preis bezahlst hast.”

Charlie Munger sagt: Langfristig ist die Kapitalrendite der wichtigste Faktor für die Aktionärsrendite, da sich letztere an die erste annähert.

Eine Aktie kann zum 10-fachen ihres Gewinns gehandelt werden, ein paar Monate später schon zum 20-fachen. Dann hat sich fundamental nichts geändert, der Kurs aber verdoppelt, die Aktie ist also optisch teurer geworden. Diese Bewertungsänderungen dominieren kurzfristig.

Langfristig, durch den Zinseszinseffekt, macht die Verzinsung innerhalb eines Unternehmens den größten Unterschied und kann selbst solche Bewertungsunterschiede ausgleichen. Schauen wir uns daher an, was hinter der Kapitalrendite steckt.

Was ist die Kapitalrendite?

Ein Unternehmen besteht grundlegend aus Kapital. Das kann in Cash auf dem Konto liegen, aber auch in Maschinen oder Rohstoffe investiert sein. Das verrät die Bilanz eines Unternehmens.

Dieses Kapital soll so eingesetzt werden, dass das Unternehmen damit einen Gewinn erwirtschaftet. Je höher der Gewinn im Verhältnis zum eingesetzten Kapital, desto besser. Genau das misst die Kapitalrendite.

Dabei gibt es im Detail unterschiedliche Kennzahlen. Die eine ist nicht besser oder schlechter als die andere, sie liefern schlichtweg Antworten auf unterschiedliche Fragen. Diese können sein:

  • Wie effektiv kann ein Unternehmen sein Geld investieren?
  • Wie stark nimmt die Profitabilität über den Zeitverlauf zu oder ab? Werden neue Investitionen unprofitabler (= sinkende Kapitalrendite)?
  • Wie profitabel kann ein Unternehmen im Branchenvergleich wirtschaften und wachsen?

ROI / ROIC

Der Return on Investment oder Return on Invested Capital entspricht der Gesamtkapitalrendite. Der Gewinn wird also durch das gesamt eingesetzte Kapital, die gesamte Bilanzsumme, geteilt.

Gesamtkapitalrendite (ROI) = Gewinn / Gesamtkapital

Beispiel: Die imaginäre StrategyInvest AG hat 1 Mio. Euro Gesamtkapital und erwirtschaftet einen Gewinn von 50.000€. Der ROI liegt bei 5%.

ROE

Der Return on Equity entspricht der Eigenkapitalrendite. Hier wird der Gewinn nicht auf das gesamte Kapital, sondern nur auf das Eigenkapital berechnet.

Das ist vor allem dann sinnvoll, wenn eine Investition über Fremdkapital, also Kredite, gehebelt wird. Das machen viele Unternehmen, vor allem aber im Immobilienbereich ist es gängige Praxis.

Eigenkapitalrendite (ROE) = Gewinn / eingesetztes Eigenkapital

Beispiel: Du möchtest eine Immobilie für 600.000€ kaufen und vermieten, die nach Abzug aller Kosten 30.000€ pro Jahr an Überschuss abwirft. Von den 600.000€ zahlst du 100.000€ über Eigenkapital und nimmst 500.000€ an Kredit auf.

Deine Gesamtkapitalrendite liegt bei 5% (= 30.000€ / 600.000€). Diese Rendite täuscht aber, da du selbst ja nur einen Bruchteil der 600.000€ einbringen musstest.

Deine Eigenkapitalrendite liegt bei 30% (= 30.000 / 100.000€), also deutlich höher. Die Finanzierung über Fremdkapital bietet sich nicht immer an und ist risikoreicher, kann aber oft die effizientere Kapitalverwendung sein.

ROA

Der Return on Assets ist eng mit dem ROI verknüpft. Beim ROI wird der Jahresüberschuss nach Abzug aller Kosten herangezogen. Beim ROA werden die Zinskosten wieder hinzu addiert, um die Rentabilität unabhängig von der Finanzierungsart zu vergleichen.

ROA = (Jahresüberschuss + Zinskosten) / Gesamtkapital

Beispiel: Die imaginäre StrategyInvest AG, die insgesamt mit 1 Mio. Euro ausgestattet wurde, erzielt einen operativen Überschuss von 60.000€. Da der Großteil des Kapitals aus Krediten stammt, entstehen jährliche Zinskosten von 10.000€.

Ein identischer Klon des Unternehmens, der keine Kredite aufgenommen hat, sondern nur aus Eigenkapital besteht, würde 60.000€ Jahresüberschuss ausweisen.

Der ROI der StrategyInvest AG läge bei 5%, der ROA bei 6%. Der ROI vom Klon bei 6%, der ROA bei 6%. Dem ROA ist also egal, woher das Geld stammt, sondern bewertet, wie profitabel das Kerngeschäft ist.

ROCE

Der Return on Capital Employed entspricht der Rendite auf das eingesetzte Kapital. Hier wird der ursprüngliche ROI noch etwas stärker modifiziert.

Diese Kennzahl soll noch besser angeben, wie sich das tatsächlich eingesetzte Kapital durch das operative Geschäft vermehrt.

ROCE = EBIT / Capital employed

Das EBIT gibt den Überschuss vor Abzug der Zinskosten und Steuern an. Es ist daher unabhängig von Finanzierungsstruktur (wie das ROA) und der Steuergebung.

Das Capital Employed soll nur das Kapital umfassen, das tatsächlich dem Geschäftsbetrieb dient. Dazu zählt das langfristige Vermögen (u.a. Sachanlagen wie Maschinen & Computer, aber auch immaterielle Vermögenswerte wie Patente, Technologien & Marken), das Nettoumlaufvermögen (kurzfristige Vermögensgegenstände abzüglich kurzfristiger Schulden).

Was steckt damit nicht im Capital Employed? Liquide Mittel, bspw. Bankguthaben, und kurzfristige, nicht zinstragende Verbindlichkeiten. Beides dient meist nicht dem Geschäftsbetrieb, wird daher aus dem Gesamtkapital herausgerechnet.

Beispiel: Die imaginäre StrategyInvest AG hat eine Bilanzsumme von 1 Mio. Euro. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) liegt bei 70.000€. Steuern und Zinsen schlagen mit je 10.000€ Kosten zu Buche. Allerdings sind von den 1 Mio. Euro nur 700.000€ tatsächlich in den Geschäftsbetrieb investiert, die restlichen 300.000€ liegen ungenutzt auf dem Bankkonto.

  • ROI: 5% (50.000€ / 1 Mio. €)
  • ROA: 6% (60.000€ / 1 Mio. €)
  • ROCE: 10% (70.000€ / 700.000 €)

Die Fallstricke der Kapitalrendite

Bei der Kapitalrendite gibt es allerdings einige Fallstricke, die nur wenige Aktionäre wirklich kennen. Diese Kennzahlen sind allerdings ein Werkzeug, das nur dann funktioniert, wenn es richtig eingesetzt wird.

Verluste

Wenn ein Unternehmen einen Verlust erzielt verlieren die Kennzahlen den Großteil ihrer Aussagekraft, da der "Return"-Teil negativ ist.

Hohe Kapitalrendite zieht Konkurrenz an

Eine hohe Kapitalrendite ist gut. Entscheidend ist aber vor allem, ob ein Unternehmen diese auch über einen möglichst langen Zeitraum aufrecht erhalten kann.

Denn es gibt einen großen Nachteil, oftmals in Wachstumsmärkten: Auch andere Unternehmen und Gründer sehen, wenn eine hohe Kapitalrendite erwirtschaftet wird. Entsprechend gründen sie auch oder expandieren in den Markt, was die Konkurrenzsituation verschärft und die Kapitalrendite senken kann.

Deshalb ist die Frage nach dem Geschäftsmodell und dem Burggraben entscheidend: Kann ein Unternehmen die starke Position und die hohe Kapitalrendite aufrechterhalten? Oder ist das Produkt und Geschäftsmodell so austauschbar, dass ein margensenkender Preiskampf entstehen wird?

Der Teufel liegt im Detail

Aswath Damodaran, Professor an der NYU Stern University, befasst sich intensiv mit Kennzahlen und Aktienbewertungen. Er skizziert im Podcast "Invest Like the Best" einige Fehler, die Anleger im Umgang mit der Kapitalrendite machen.

  • Die Kennzahlen haben immer Spielraum für die Buchhaltung, die schon dann entsteht, wenn etwas gekauft oder geleast wird, obwohl es die Rentabilität aus Aktionärssicht nicht beeinflussen sollte.
  • Bei Akquisitionen anderer Unternehmen kann die Kennzahl verzerrt sein, vor allem wenn mit eigenen Aktien statt Cash bezahlt wird.
  • Bei Kennzahlen wie dem ROCE oder dem ROE kann der Nenner negativ sein, das heißt, dass bspw. ein negatives Eigenkapital vorliegt. Dann ist die Kennzahl nicht aussagekräftig.
  • Die Kennzahl ist vor allem für gereifte oder sich im Abschwung befindende Unternehmen aussagekräftig.
  • Der ROIC von älteren Unternehmen ist in der Regel deshalb hoch, weil in der Vergangenheit investiert wurde und heute die Lorbeeren geerntet werden. Kraft Heinz stößt nicht heute hochprofitable Projekte an, sondern profitiert davon, dass in der Vergangenheit eine starke Marke und eine Vielzahl an Ketchup-Sorten ins Leben gerufen wurden.

Er hält fest, dass die Kennzahl ein Teil einer Betrachtung sein sollte, aber nie alleine ausschlaggebend für oder gegen einen Kauf.

Eine weitere Schlussfolgerung: Die Kapitalrendite ist vor allem über mittel- und langfristige Zeiträume sinnvoll, nicht für einzelne Jahre. Außerdem ist die Veränderung spannend, um zu sehen, ob mehr rentable Projekte angestoßen werden oder die Rentabilität abnimmt.

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