von Jannes Lorenzen

Gründer, Strategie-Lead & Investor

veröffentlicht: 18. September 2022

Es gibt nicht viele deutsche Startups, die es auf die große Börsenbühne geschafft und sogar den US-Markt erobert haben. HelloFresh ist aber eines davon.HelloFresh verschickt Kochboxen mit Zutaten und Rezepten im Abo-Modell und ist damit über 7 Mrd. Euro wert. Gerade in der Coronakrise konnte das Unternehmen aus Berlin nochmal stark zulegen, danach ging es wieder stärker bergab, obwohl HelloFresh weiter wächst und Geld verdient.

  • 📈 Wachstum: Im Geschäftsjahr 2022 wird immer noch ein Wachstum von 18 bis 23% erwartet. Die Erlöse können also noch gesteigert werden, liegen aber auch unter der vorherigen Prognose.
  • ⭐️ Operative Exzellenz: HelloFresh hat den US-Markt gegen die heimischen Konkurrenten erobert, dort über 50% Marktanteil. Die Margen sind hoch, da große Teile der Wertschöpfungskette übernommen werden. Die Gründer sind noch an Bord.
  • 📉 Kurs wie 2020: HelloFresh ist in der Pandemie enorm gewachsen, der Kurs ist nach dem Allzeithoch aber wieder um über 70% auf das Vor-Pandemie-Niveau gefallen.
  • 🔥 Churn: HelloFresh hat kein Abo-Modell, das einfach so vergessen wird wie ein Fitnessstudio- oder Software-Abo. Wenn Kunden kündigen, müssen diese wieder gewonnen werden. Geht das Abo-Modell also dauerhaft auf?
  • 🥗 Fast Delivery: Neben HelloFresh gibt es viele Fast Delivery Player (Gorillas, Flink, Getir,…). Auch Delivery Hero steigt in den Markt ein. Wie positioniert sich HelloFresh hier langfristig?

Finden wir also heraus, ob sich eine Investition aktuell lohnen könnte. Ist die Aktie überbewertet? Oder kann man jetzt HelloFresh Aktien kaufen und damit langfristig profitieren? Diesen Fragen werden wir uns hier nähern.

Die Analyse beruht u.a. auf folgenden Quellen & Einschätzungen:

  • Aktuellste Finanzkennzahlen bis zum letzten Quartal
  • Geschäftsbericht & Investorenpräsentation
  • Letzte Earnings Calls
  • Bewertungen von Nutzern und eigene Nutzungserfahrung
  • Einschätzungen von Marktexperten & Investoren
  • Interviews & Aussagen der Führungsebene

Viel Spaß!

Überblick, Entwicklung & Zahlencheck

Das Unternehmen

HelloFresh wurde 2011 in Berlin u.a. von den heutigen CEOs Dominik Richter und Thomas Griesel gegründet, u.a. unter Beteiligung des bekanntesten deutschen Company Builders Rocket Internet.

Heute ist HelloFresh in 17 Ländern auf vier Kontinenten aktiv und zählt bis Ende 2021 über 7 Mio. aktive Kunden.

Produkt & Geschäftsmodell

HelloFresh verschickt Kochboxen. Diese werden in der Regel wöchentlich versandt, also in einem Abo-Modell. Darin sind Zutaten und Rezepte enthalten. Vorher kann der Käufer sich Gerichte aus einer vorgefertigten Auswahl von einer Vielzahl an Gerichten aussuchen.

Ich habe HelloFresh übrigens selbst schon aus Kundensicht genutzt, sowohl heute, als auch vor ein paar Jahren. Meine Eindrücke: Einfacher und guter Prozess, hohe Wertigkeit, leckere Gerichte, recht hochpreisig. In meinen Augen ist hier also Komfort und Qualität der Vorteil aus Kundensicht, weniger der Preis.

Ein weiteres Argument ist Nachhaltigkeit. HelloFresh hat Verpackungen über die letzten Jahre reduziert, ein Großteil davon ist außerdem wiederverwertbar. Da HelloFresh nur im Umfang der Gerichte liefert, entsteht quasi kein Überschuss, der weggeworfen werden müsste. Lebensmittel müssen nicht, wie im Supermarkt üblich, ausliegen, sondern können durchgehend sicher gelagert und gekühlt werden.

Mittlerweile bietet HelloFresh auch „ready-to-eat“ Gerichte an, also hochwertigere Fertiggerichte, die nicht gekocht, sondern nur aufgewärmt werden müssen.

Das Geschäftsmodell wird im Geschäftsbericht 2021 so beschrieben:

Seit der Gründung als Kochbox-Anbieter im Jahr 2011 ist HelloFresh nach wie vor einer der führenden Innovateure in der Lebensmittelindustrie für Zuhause. Im Laufe der letzten 10 Jahre hat der Konzern eine starke, vertrauenswürdige Marke aufgebaut, welche personalisierte Mahlzeit-Lösungen frei Haus in zahlreiche Regionen weltweit liefert. Neben unserer bekanntesten Marke HelloFresh, gehören auch Chefs Plate, EveryPlate, Factor75, Green Chef und YouFoodz zu unserem Konzern.

Die Mission:

Unsere Mission ist es, neue Lösungen zu finden, wie Menschen sich einfach und bewusst ernähren und wir bieten unseren Kundinnen eine sichere und günstige Variante, frische selbst gekochte oder vorgekochte Mahlzeiten ohne Planung und Einkaufen zu genießen. Diese werden direkt zu unseren Kundinnen nach Hause geliefert durch unser effizientes und zentralisiertes Geschäftsmodell.

Aktienkurs

Der Aktienkurs hat sich 2020 und 2021 enorm stark entwickelt, ist zuletzt aber um über 70% gefallen und notiert heute wieder auf dem Niveau von Anfang 2020:

Zahlencheck & Unternehmensentwicklung

Schauen wir uns genauer die Zahlen dahinter an.

HelloFresh legt seit 2015 ein rasantes Umsatzwachstum hin. Von 2019 auf 2020 wurde der Umsatz mehr als verdoppelt, in 2021 kamen nochmal ~55% dazu. Vor dem Pandemie-Schub lag das Wachstum von 2017 bis 2019 bei durchschnittlich ~42% pro Jahr.

Ab 2019 war das adjustierte EBITDA positiv, in 2020 und 2021 sehr deutlich.

Profitabilität & AEBITDA-Kritik

Der Umsatz ist stetig gewachsen, das AEBITDA hat sich von Jahr zu Jahr verbessert. Entsprechend ist auch die Marge immer besser geworden.

Das AEBITDA bereinigt um Sondereffekte und aktienbasierte Vergütung. Gerade letzteres herauszurechnen finde ich nicht sinnvoll. Auch das EBITDA als Kennzahl finde ich hier bei einem Nicht-Software-Unternehmen schwierig, da Abschreibungen auch Kosten sind. Entsprechend finde ich das EBIT als Kennzahl wichtiger, auch wenn HelloFresh lieber das besser aussehende AEBITDA reportet.

Die Margen im ersten Halbjahr 2022 vs. erstes Halbjahr 2021:

  • Contribution Margin (Deckungsbeitrag nach Material- und Logistikaufwand): ~26%
  • AEBITDA-Marge: 6,3% vs. 10,6%
  • AEBIT-Marge: 4,6% vs. 9,2%
  • EBIT-Marge: 3,4% vs. 8,8%

Auch anteilig zum Umsatz sinkende Marketingausgaben sind ein Grund dafür, dass die Gewinnmarge gesteigert wurde. 2020 erreichten die prozentualen Marketingausgaben ein Minimum. Mittlerweile steigen diese wieder etwas.

Aktuellste Quartalszahlen

Die Zahlen zum aktuellsten Quartal (Q2 ’22):

  • Zahl aktiver Nutzer +4% auf 8 Millionen
  • Konstant im Durchschnitt 4 Bestellungen pro Kunde
  • Durchschnittlicher Bestellwert um 20% gesteigert (auf nun 60 Euro)
  • Umsatz +26% gegenüber Vorjahresquartal, währungsbereinigt +16%

Angesichts dessen, dass in einer Rezession gespart wird und gerade HelloFresh nach einem Produkt aussieht, dass durch eigene Supermarkt-Einkäufe substituiert werden kann, finde ich die Zahlen stark. Dazu kommt, dass die Vergleichsquartale aus dem Vorjahr schon starkes Wachstum beinhalten.

Das Umsatzwachstum ist allerdings zu einem wesentlichen Teil auch auf die Aufwertung des US-Dollars gegenüber dem Euro zurückzuführen. HelloFresh hat vereinfacht gesagt davon profitiert hat, dass die eingenommenen Dollar aus dem US-Geschäft nun in mehr Euros umgerechnet werden. Die währungsbereinigte Wachstumsrate von 16% ist daher für mich die aussagekräftigere.

Inflation, Logistik & Preissetzungsmacht

Die Welt erlebt höhere Lieferkosten, ganze Lieferengpässe und steigende Preise. Wie wirkt sich das auf HelloFresh aus? Kann HelloFresh Preissteigerungen weitergeben?

Tatsächlich habe ich als Kunde nur wenige Tage vor dieser Analyse eine Mail bekommen, in der HelloFresh eine Preiserhöhung ankündigt, die demnach vor allem in Q3 und Q4 ’22 wirksam wird.

Wie wir eben gesehen haben, zeigt sich die Nachfrage bisher recht stabil. Der durchschnittliche Bestellwert wurde um 20% gesteigert. Die Logistikkosten sind etwa bei 40% des Umsatzes geblieben, die Materialkosten bei 34%. Entsprechend konnte der Überschuss, die Contribution Margin, bei knapp 26% weitestgehend gehalten werden.

Die bereinigte EBITDA-Marge ist trotzdem leicht von 10% auf 7% zurückgegangen. Gründe sind das leichte Absinken der Contribution Margin und höhere Ausgaben für Allgemeines & Administratives, welche dem Umsatzwachstum in 2021 nicht hinterherkamen.

Factsheet

Factsheet

Sofern nicht anders angegeben in jeweiliger Heimatwährung und TTM (= letzte 12 Monate). 3J = 3-Jahres-Durchschnitt. ‚e‘ = erwartet. ‚YoY‘ = im Jahresvergleich.

Die Eckdaten

  • Land: Deutschland
  • Branche: Lebensmittel
  • Marktkapitalisierung: 4,3 Mrd. EUR
  • Umsatz: 7 Mrd. EUR
  • Ergebnis: 0,2 Mrd. EUR
  • Free Cashflow: ~0 Mrd. EUR

Bewertung

  • KUV: 0,6
  • KGV: 27
  • KGVe: 16
  • KCV: 14

Qualität & Wachstum

  • Eigenkapitalquote: 40%
  • Bruttomarge: 66%
  • Contribution Margin: 26%
  • Operative Marge: 4%
  • Nettomarge: 2%
  • Umsatzwachstum: 26% YoY, 16% währungsbereinigt. Über 3 Jahre 67% p.a.

Geschäftsmodell, Burggraben & Strategie

Schauen wir uns einmal an, wie das Geschäftsmodell aussieht. Außerdem: Wie sieht die Strategie aus? Wie ist die Konkurrenzsituation und der eigene Burggraben gegenüber der Konkurrenz? Welche Wachstumsperspektiven gibt es?

Mechanismen des Geschäftsmodells

Es gibt einige Kernversprechen und Vorteile im Geschäftsmodell:

  • Direkte Beziehung zum Lieferanten und Kunden, jeweils ohne Zwischenhändler
  • Daten- und technologiegestützte Erstellung der Essenspläne, Bestellungen der Zutaten und Steuerung des Marketings
  • Individuelle Angebote je nach Haushaltsgröße, Ernährungsweise, Geschmacksrichtungen, Lieferzeitfenstern und Pausierungen
  • Erstellung von Rezepten mit Daten, Köchen und Nutzerfeedback
  • Verwenden hochwertiger Lebensmittel und Rezepten, die in der Regel in ca. 30 Minuten eigenständig zubereitet werden können

Die Lieferzeit ist immer schneller geworden. 2016 lag sie bei über 5 Tagen, 2021 bei 4 Tagen, mittelfristig soll sie bei nur 2 – 3 Tagen liegen. Die Auswahl ist von 6 Rezepten auf 35 gestiegen, soll zukünftig bei 50 – 100 liegen. Und die Kosten sollen weiter fallen, um 25 bis 40% gegenüber 2016.

Schauen wir uns genauer an, wo der Burggraben und das Erfolgskonzept im Geschäftsmodell liegt.

Tiefe Wertschöpfungskette

HelloFresh fängt ziemlich weit vorne in der Wertschöpfungskette an. Es produziert nicht selbst, entwirft aber die Produktdesigns und erhält Wäre direkt von den Produzenten, von wo aus es weiter verarbeitet und an Kunden ausgeliefert wird. In den anderen Lebensmittel-Segmenten ist die Wertschöpfungstiefe deutlich geringer.

Das Ergebnis: Ein größerer Teil der Marge bleibt bei HelloFresh. Es muss nichts an andere Marken, Zwischenhändler oder den Einzelhandel abgegeben werden, da HelloFresh diese Schritte übernimmt. Entsprechend höher sind die Margenziele.

Burggraben durch Logistik

Jahrelang konnte HelloFresh das eigene Angebot weiterentwickeln. Dabei findet ein Großteil der Weiterentwicklung unter der Motorhaube statt, ist aber der wahre Burggraben. Das hat CEO Dominik Richter zuletzt im Podcast „Business Breakdowns“ erklärt.

Die Herausforderung besteht darin, jederzeit die besten Gerichte zu liefern und in wöchentlich variierenden Stückzahlen die nötigen Lebensmittel und Waren dafür zu bekommen. Hinter HelloFresh steckt eine große logistische Herausforderung, die sich nicht einfach so kopieren lässt, sondern jahrelange Expertise und Partnerschaften benötigt.

Die Waren bezieht HelloFresh direkt vom Produzenten, statt von Zwischenhändlern oder anderen Marken. HelloFresh liefert auf der anderen Seite direkt an den Endkunden. Das verkürzt Lieferwege, erhöht gleichzeitig die Margen für HelloFresh.

Zudem ist es nachhaltiger und erfüllt damit, neben den Vorteilen im Geschäftsmodell, ein zentrales Kundenversprechen. Weniger Lebensmittelabfälle, kürzere Lieferwege, weniger umverpacken und weniger CO2-Emissionen (laut HelloFresh 68% weniger pro KG im Vergleich zum Supermarkt-Einkauf).

Ein Problem aus Marketingsicht ist, dass Kunden das nicht transparent ist. Sie erhalten ein Paket, das mehr verpackt ist als wenn sie im Supermarkt einkaufen. Sie sehen aber nicht den Verpackungsmüll, der auf dem Weg von Produktion über Zwischenhandel bis zum Supermarkt angefallen ist.

Skaleneffekte

Durch die Größe kann HelloFresh eine immer effizientere Logistik aufbauen. Es werden mehr Daten gesammelt, die zu besseren Empfehlungen und Rezepten führen. Es kann eine breitere Auswahl angeboten werden, was wiederum mehr Bestellungen fördert.

Dadurch konnte HelloFresh die Preise über die letzten 10 Jahre tendenziell senken, während Lebensmittel im Allgemeinen teurer geworden sind. Absolut gesehen ist HelloFresh teurer als der Lebensmittelmarkt, aber die Differenz ist durch HelloFrehs Kosteneinsparungen, die die Skalierung ermöglicht und damit verbundene Preissenkungen, immer kleiner geworden.

Churn: Der kritische Punkt im Abo-Modell

HelloFresh beruht auf einem Abo-Modell. Dabei hat u.a. der VC-Experte und Investor Sven Schmidt immer wieder einen Punkt im Geschäftsmodell von HelloFresh und dem Konkurrenten Blue Apron kritisiert: Den Churn, also die Quote der Kunden, die das Abo unterbricht.

Seine These: Mitgliedschaften für Fitnessstudios laufen einfach weiter, selbst wenn sie nicht genutzt werden, weil sie nicht stören und im Alltag nicht auffallen. Anders bei HelloFresh: Sobald zu viele Kochboxen zuhause rumstehen und die Lebensmittel verderben, wird das Abo gekündigt.

Abo-Modelle sind vor allem deshalb charmant, da bestehende Kunden nicht immer wieder neu eingekauft werden. Je höher der Lock-In-Effekt, desto besser. Wenn HelloFresh allerdings einen zu hohen Churn hat, müssen die entsprechenden Kunden immer wieder reaktiviert werden und es entstehen Ausgaben, die Abo-Modelle vermeiden sollen.

Das Risiko besteht definitiv. Aber: Sven Schmidt hat seine pessimistische Einschätzung zuletzt revidiert bzw. abgeschwächt, sieht das Modell heute deutlich positiver.

HelloFresh konnte hier die Werte immer weiter verbessern. Das täuscht aber nicht darüber hinweg, dass HelloFresh deutlich mehr mit Kündigungen zu kämpfen hat als Software-Unternehmen mit ihren Abo-Modellen.

Marktanalyse & Konkurrenz

In den Kernmärkten wie Deutschland, Großbritannien und den USA, ist HelloFresh der klare Marktführer im Bereich der Kochboxen. Das ist recht einzigartig, denn kaum ein anderes deutsches Start Up hat es geschafft, in den USA ansässige Anbieter (wie Blue Apron) im Heimatmarkt zu schlagen. 2015 lag HelloFreshs Marktanteil dort bei 22%, 2019 bei 50% und seitdem ist er weiter gewachsen.

Die Konkurrenz:

  • Lebensmittel-Lieferdienste wie Instacart, Blue Apron oder Amazon Fresh. Hier ist Blue Apron mit einem ziemlich ähnlichen Konzept wie HelloFresh am Markt, allerdings mit einem Börsenwert von 200 Mio. Dollar bedeutend kleiner. In Deutschland wären es Services wie Rewe oder mittlerweile auch Flaschenpost.
  • LieferdiensteDelivery Hero, Grubhub, Uber Eats, Just Eat Takeaway. Diese liefern Gerichte von Restaurants, konkurrieren damit nur indirekt.
  • Fast Delivery Dienste: Lebensmittel lassen sich schnell über Gorillas, Flink, Getir und weitere Dienste zuschicken. Diese könnten bestehende Lebensmittel ebenfalls gebündelt als fertiges Rezept anbieten. Vorteil wäre eine noch schnellere Lieferung. Aber: Die Margen gegenüber HelloFresh wären dünner, ausverkaufte Produkte wären problematisch, Gerichte können weniger geplant werden.

Marktentwicklungen

Eine Kernthese, die HelloFresh auf dem Capital Markets Day 2021 präsentiert hat: Der Markt für Lebensmittel & Getränke ist einer der größten der Welt, der gleichzeitig bisher nur zu 5% online per E-Commerce stattfindet.

Die Rechnung von HelloFresh: 176 Mio. Haushalte sind in der Zielgruppe, die wiederum 225 Mrd. Mahlzeiten zu Hause einnehmen, wovon HelloFresh dann bisher weniger als 0,45% ausmacht.

Die Pandemie hat drei Dinge verändert:

  1. Mehr Menschen arbeiten von zuhause und geben entsprechend mehr für ihre Verpflegung zuhause und damit auch HelloFresh aus
  2. Relativ zum Lebensmittel-Markt ist HelloFresh günstiger geworden (siehe oben)
  3. Verstärkter Fokus auf Nachhaltigkeit

Strategie & Chancen

Schon 2013 wurde die USA als Markt ins Visier genommen. 2017 erfolgte der Börsengang in Frankfurt zu einer Bewertung von 1,7 Mrd. Euro. Das Geld würde für unterschiedliche Wachstumsinitiativen verwendet:

  • Geografische Expansion, bspw. in Frankreich, Neuseeland und Skandinavien
  • Akquisitionen anderer Unternehmen, bspw. Green Chef, BeCool und Chef’s Plate

Was steht jetzt an?

Weiter neue Länder erschließen. Bisher ist HelloFresh in 17 Ländern, was zeigt, dass hier noch viele weitere anstehen. HelloFresh geht von 6,7 Mio. zusätzlichen Nutzern aus, die man in neuen Märkten gewinnen kann. Mit Italien und Japan stehen nun große Länder in den Startlöchern.

Außerdem wird weiter investiert. In weitere Kapazitäten, Technologie, Logistik für die letzte Meile, neue Kategorien (wie Fertiggerichte) und M&A, also weitere Zukäufe.

Das Produktsortiment wird vergrößert. Heute konzentriert sich HelloFresh vor allem auf Kochboxen, die für das Abendessen genutzt werden. Darüber hinaus bietet es sich aber an, auch Angebote für das Lunch (Sandwiches, Suppen, Salate), Snacks (Früchte, Nüsse, Riegel) und Frühstück (Müsli, Smoothies) zu machen.

Mitte 2021 wurde außerdem HelloFresh Market in den USA und den Benelux-Ländern gelauncht, wo einzelne Produkte online dazu bestellt werden können.

Neues Segment: Ready-to-eat (RTE)

Neben den Kochboxen bietet die HelloFresh Gruppe jetzt auch hochwertigere Fertiggerichte an. Dazu wurden u.a. die Unternehmen Factor (Marktführer in USA) und YouFoodz akquiriert. Dazu gehören Säfte, Salate, Fertiggerichte und Snacks.

Das ist strategisch nachvollziehbar und schafft Synergien: HelloFresh hat einen großen, bestehenden Kundenstamm. Diesem können nun zusätzlich die RTE-Gerichte direkt bei der Gerichtauswahl angeboten werden. Umgekehrt kommen bisherige Nutzer der akquirierten Unternehmen nun in die HelloFresh-Welt. Lieferungen können gebündelt, Kosten so insgesamt reduziert werden.

Den Lebensmittelmarkt in Angriff nehmen?

Lieferservices sind auch im Lebensmittelhandel wichtiger. Was hält HelloFresh davon ab, auch außerhalb von fest definierten Kochboxen einzelne Lebensmittel mit zu liefern? HelloFresh hat Zugang zu den Lieferanten und fährt ohnehin zu den Kunden.

Fragen dabei könnten sein: Verwässert das die Marke zu sehr? Stimmen Lieferungszyklen überein? Funktioniert die bestehende Technologie dann noch? Können Lebensmittel wie benötigt gekühlt werden? Sind die Margen in der Lebensmittellieferung hoch genug?

Auch wenn bisher nichts darauf hindeutet, könnte das eine langfristige Perspektive sein, die über das bisherige Geschäft von HelloFresh hinaus geht.

Aktienrückkäufe

Mitte 2021 hat HelloFresh ein Aktienrückkaufprogramm in Höhe von 250 Mio. Euro angekündigt. Nach damaligem Börsenwert sollten damit 2,4% der ausstehenden Aktien aufgekauft werden. Beim heutigen Börsenwert entspräche es über 5%.

Eine erste Tranche wurde Anfang 2022 aufgekauft, die zweite soll Ende 2022 – je nach Marktlage – folgen.

Ich rechne nicht damit, dass das nun regelmäßig passiert. Wohl eher werden hier die Überschüsse aus der Sonderkonjunktur genutzt. Umso besser ist das Timing, da HelloFresh diese Rückkäufe umsetzt, wo der Kurs günstiger ist – anders herum habe ich es zuletzt bei PayPal kritisiert.

Meine Bewertung des Geschäftsmodells

Ein starkes Geschäftsmodell ermöglicht Wachstum, einen Burggraben und damit Differenzierbarkeit von der Konkurrenz, höhere Gewinnmargen und Preismacht.

Wie schneidet das Unternehmen in der Geschäftsmodell-Bewertung der Scorecard ab? Tiefergehende Erklärungen zu den Kriterien gibt’s hier und hier.

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Tags: HelloFresh | Aktien: HelloFresh

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Ich bin Jannes, Jahrgang 1993 und Gründer von StrategyInvest. Seit 2011 investiere ich an der Börse. Damals habe ich mein VWL-Studium mit Finanzschwerpunkt erfolgreich absolviert und bin nun seit mehreren Jahren in der Digital- und Techbranche aktiv, aktuell als Product & Strategy Lead. Ich kenne daher Investieren, Technologie und Unternehmertum aus wissenschaftlicher Sicht, aber auch aus der Praxis. Die Erkenntnisse daraus teile ich hier.

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Auszug aus dem Manifest:

Regel #17: Wir bilden uns weiter.

Die Intuition aus dem "echten" Leben - mehr Zeit zu investieren, viel zu handeln, nur Wachstum zu suchen etc. - führt an der Börse nachweislich zu schlechten Ergebnissen. Die Historie, Finanzwissenschaft und kluge Köpfe halten viel Wissen bereit, das wir suchen und nutzen. Auch neue Technologien und Gedanken nehmen wir auf, statt in alten Denkmustern gefangen zu bleiben. Wir bilden uns nicht ein, dass wir alles wissen, sondern bilden uns weiter.

zum kompletten StrategyInvest Manifest »

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