von Jannes Lorenzen

Gründer, Strategie-Lead & Investor

veröffentlicht: 7. Juni 2020

Der Gaming-Markt erlebt einen Aufschwung. Fast jedes große Tech-Unternehmen - Apple, Google, Facebook, Amazon, Microsoft, Tencent und mehr - bewegen sich nun in diesen Markt und heben ihn teilweise explizit im Geschäftsbericht hervor.

Und auch der ehemalige 'Head of Strategy' von Amazon sieht den Gaming-Markt als eine der zukunftsträchtigsten Branchen an.

Aber was steckt eigentlich alles in diesem Markt? Welche Monetarisierungsmöglichkeiten sind in den letzten Jahren dazu gekommen? Welche Trends gibt es und welche Unternehmen mischen mit?

Das erfährst du jetzt. Lass uns loslegen!

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Woher kommt das Geld?

  • Hardware: Gaming-PCs, Konsolen (Playstation, Xbox, Nintendo Switch,...) und Zubehör (Maus, Tastatur, Headset,...).
  • Spiele (Software): Das sind vor allem Spiele. Diese werden sowohl im Laden gekauft, aber immer mehr gedownloadet oder gestreamt. Auch mobile Geräte gewinnen dabei an Bedeutung.
  • In-Game Käufe (Software): In vielen Spielen gibt es die Möglichkeit weitere Käufe zu tätigen, um bestimmte Funktionen oder Vorteile freizuschalten.
  • Plattformen: Im Ökosystem bilden sich weitere Dienste. Dazu gehören Streaming-Plattformen, Esports-Events und mehr.

Füttern wir das ganze etwas mit Zahlen. Games Wirtschaft hat deutsche Zahlen für 2019 veröffentlicht.

Insgesamt wird in Deutschland ein Umsatz im Gaming-Bereich von 6,2 Mrd. Euro erzielt. Davon entfällt 3,8 Mrd. Euro auf den Software-Bereich, 2,4 Mrd. Euro auf den Hardware-Bereich.

Auf den 3,8 Mrd. Euro starken Software-Bereich entfällt wiederum ein Großteil des Umsatzes, 2,3 Mrd. Euro, auf Ingame-Käufe. Diese Grafik schlüsselt es gut auf:

Was ich aber am wichtigsten finde: In-Game-Käufe werden auf absehbare Zeit das umsatzstärkste Segment werden - und es ist stark davon auszugehen, dass es mit die höchsten Gewinnmargen bringen wird. Ein Großteil der Gewinne entsteht also durch In-Game-Käufe.

Online-Dienste haben in Deutschland das stärkste Wachstum und ebenfalls hohe Gewinnmargen. Auch viele Trends, die wir gleich sehen werden, zeigen in diese Richtung.

Das ist aber nur der deutsche Markt. Der globale Markt hat ein Volumen von 150 Mrd. US-Dollar und wächst 9,6 % pro Jahr:

Was hier auffällt: Mobile ist das mit Abstand umsatzstärkste Segment. Und das weltweit am stärksten wachsende Segment ist der Konsolenbereich.

In den meisten Märkten ist es so, dass ein Großteil der Umsätze in Nordamerika, gefolgt von Europa und dann dem Rest der Welt gemacht werden. Hier sieht es anders aus: Knapp die Hälfte der weltweiten Umsätze entstehen im asiatischen Raum und die anderen Regionen holen gerade etwas auf.

Warum sollte der Gaming-Markt gerade jetzt wachsen?

Gaming ist ja nichts Neues. Die ersten Spiele sind schon ab den 70er-Jahren veröffentlicht wurden und ab Beginn des Jahrtausends wurden einige Spiele massentauglicher.

Matthew Ball, ehemaliger Head of Strategy bei Amazon, hat die Entwicklung der Ausgaben für Videospiele veranschaulicht. Unter dem Diagramm hat er die größten Trends aufgeführt.

Die letzten Trends, die das Wachstum befeuerten: Die Hardware-Kosten sinken, da mittlerweile ohnehin fast jeder ein Smartphone hat. Jeder hat also ein spielfähiges Gerät und die Grenzkosten, um spielen zu können, liegen bei 0€. Die Geschäftsmodelle, die dazu gekommen sind, sind oft Free-to-Play und monetarisieren sich über Mikrotransaktionen im Spiel selbst. Außerdem gibt es mittlerweile mehr "Social Gamers", die v.a. aus Gründen sozialer Interaktivität spielen (anders als früher).

Klar ist: Das Wachstum entsteht nicht erst jetzt, sondern wir sind mittendrin. Es gibt aber einige Entwicklungen, die das Fundament für den Aufschwung des Gaming-Marktes liefern.

  • Die Rechenkapazität steigt: Festplatten, Grafikkarten und Prozessoren werden immer besser und günstiger. Das erlaubt mehr Menschen Zugang zu hochwertigen Spielen.
  • Jeder hat heutzutage ein Smartphone und kann darauf alle möglichen Spiele aus dem App Store installieren.
  • Flächendeckender Zugang zum Internet ermöglicht es, mit Freunden und Fremden zusammenzuspielen. Durch schnelleres Internet gibt es weitere Erlösmodelle, wie bspw. Streaming von Spielen. Mehr dazu gleich.
  • VR kommt. Durch VR Brillen gibt es weitere und bessere Spielerlebnisse, bei denen der Spieler in die Spielwelt eintaucht. Dieser Trend steht noch am Anfang.
  • Generationswechsel: Die Generation, die jetzt allmählich ins Berufsleben einsteigt und damit kaufkräftig wird, ist mit der Gamingwelt groß geworden.

Wie sehen Experten den Markt?

Der eben zitierte Matthew Ball sieht weiter großes Wachstum im Gaming-Markt und schreibt in seinem Beitrag "7 Reasons Why Video Gaming Will Take Over":

  1. Die Aufmerksamkeit, die das TV verliert, wird neu verteilt. Fortnite ist der größte Konkurrent für Netflix.
  2. Gaming bietet heute all das, was vorher Pay-TV geboten hat: Einfacher Zugang, mehr Funktionen (auch soziale Interaktion statt nur Zocken), große Auswahl, etc.
  3. Gaming hat nicht die Endlichkeit, die anderer Content (Filme, Serien, Bücher, Musik) hat, sondern kann flexibel erweitert werden.
  4. Soziale Interaktion erhöht den Druck dabei sein zu wollen. Multiplayer wird bedeutender.
  5. Direkte Feedbackschleifen: Anders als andere Medien werden Spiele ständig im Austausch mit den Nutzern verbessert.
  6. Neue Geräte, Kategorien, Technologien und Inhalte führen zu mehr Umsatz und Wachstum, statt bisher vorherrschende Formate zu ersetzen (wie bsow. im Musik-Markt, wo die CD die Vinyls ersetzt hat und dann von digitalen Downloads und Streaming ersetzt wurde).
  7. Der Aufbau von geistigem Eigentum und Marken hält langfristig und erlaubt vielfältige Monetarisierung. Warcraft besteht seit den 1990er Jahren. Pokémon hat mehr Umsatz als jedes andere Franchise, wie bspw. Star Wars, Mickey Mouse oder Marvel, generiert. Es gibt neben den Spielen über 1.000 Folgen im TV und mehr als zwei Dutzend Filme.

Dr. Pascal Zuta, der selbst jahrelang im Online Gaming Bereich gearbeitet hat, hebt im OMR Silicon Valley Update einen Vorteil hervor: Er betont, dass Spiele den Vorteil haben, dass sie exakt messen können, wieviel Umsatz ein einzelner Nutzer erzielt. Das klappt deutlich besser als bei anderen Unternehmen, gerade in der Offline-Welt. Dadurch lassen sich Produkte und Marketing viel besser steuern.

Welche Trends gibt es im Gaming-Markt?

Schauen wir einmal auf die Trends, die den Gaming-Markt aktuell bewegen.

Zwei große Trends zeigen die Zahlen bereits:

  1. Die Umsätze auf mobilen Geräten sind enorm stark. 
  2. Die In-Game-Käufe sind schon jetzt bedeutend, nehmen zu und haben hohe Margen.

Aber was passiert sonst aktuell in diesem Markt?

Spiele-Hypes (Minecraft, Fortnite & Co.)

Einige Spiele erreichen bisher unerreichte Hypes: Das Block-Aufbauspiel Minecraft (480 Mio. Spieler, gehört mittlerweile zu Microsoft), Fortnite (350 Mio. Spieler), League of Legends (100 Mio. Spieler) und weitere haben in Kürze hunderte Millionen Spieler gesammelt. Es gibt aber auch einige Spiele mit 400 Mio. Spielern, die fast ausschließlich im asiatischen Markt gespielt werden. Auch das Handy-Spiel Candy Crush kommt auf 500 Mio. Nutzer.

Streaming

Auf YouTube (gehört zu Google), Twitch (gehört zu Amazon) und in kleinen Teilen auch Facebook werden Spiele live gestreamt - sowohl von professionellen Spielern, als auch von Unterhaltern. Twitch war Amazon 2014 1 Mrd. USD. wert, die Monetarisierung erfolgt (a) durch Werbung und (b) durch kostenpflichtige Abos, die Vorteile freischalten. Die Nutzerzahlen wachsen stetig.

Esports

Innerhalb einiger Spiele gibt es eine Professionalisierung. Die besten Spieler werden von Teams aufgekauft, von Unternehmen gesponsert und fechten bei Turnieren, die live gestreamt werden, den Gewinner aus.

Mittlerweile geht es dabei um Preisgelder in Millionenhöhe: Allein in Fortnite wurden 2019 65 Mio. USD als Preisgeld ausgespielt, in DOTA2 47 Mio. USD und in Counterstrike 22 Mio.

Beim League of Legends Halbfinale 2019 lag die Zuschauerzahl zum Hochpunkt bei 3,9 Mio. gleichzeitigen Zuschauern. Bei einem anderen League of Legends Event 2018 schauten insgesamt 60 Mio. Menschen zu. Bis 2023 wird es voraussichtlich 300 Mio. regelmäßige Esports-Zuschauer und Enthusiasten geben (heute ca. 220 Mio.) und 350 Mio. gelegentliche Zuschauer von Esports-Events (heute ca. 270 Mio.).

Influencer

Es gibt allein in Deutschland zahlreiche YouTube-Kanäle, die vor > 1 Mio. Abonnenten Spiele spielen. Der größte Kanal "Gronkh" hat 4,5 Mio. Abonnenten - nur deutschsprachig.

Auch Esport-Größen, also die Messis und Ronaldos der Online-Welt, sind große Influencer. Sie werden von Unternehmen und Streaming-Plattformen eingekauft.

Cloud Gaming

Aktuell arbeiten einige Tech-Riesen an Cloud Gaming Lösungen. Was steckt dahinter?

Viele Spieler scheitern an den Anforderungen, die ihre Konsole oder PC für die neuesten Spiele erfüllen müssen. Sie müssen alle paar Jahre ihre Ausrüstung teuer aufrüsten.

Hier kommt das Cloud Gaming ins Spiel: Statt das Spiel auf dem eigenen Gerät zu starten, wird das Spiel in der Cloud gestartet. Die Eingabesignale werden an die Cloud übertragen, dort verarbeitet und zurückgegeben. Schnelles Internet macht's möglich.

Google Stadia ist da eines der bekanntesten Projekte, welches allerdings noch nicht auf viel Gegenliebe gestoßen ist.

Die wichtigsten Aktien-Unternehmen & ETFs

Gehen wir abschließend in die Praxis: Welche Unternehmen mischen wo in diesem Markt mit?

ETF auf den Gaming-Markt

Es gibt aktuell einen mir bekannnten ETF auf den Gaming-Markt: VanEck Vectors Video Gaming and eSports UCITS ETF, mit einer TER von 0,55 % und der WKN: A2PLDF. Hier kannst du dir die Zusammensetzung anschauen.

Spiele-Entwickler

  • Activision Blizzard: Spiele wie World of Warcraft und Call of Duty. Börsenwert: 55 Mrd. USD, Umsatz: 6,5 Mrd. USD, Umsatzwachstum: -0,6 % p.a., KGVe: 30.
  • Nintendo: Legendäre Spiele rund um die Mario-Welt, Pokémon (Go), Zelda und mehr. Börsenwert: 48 Mrd. USD, Umsatz: 11,3 Mrd. USD, Umsatzwachstum: 34 % p.a., KGVe: 18.
  • Electronic Arts: Spiele wie FIFA und Battlefield. Börsenwert: 35 Mrd. USD, Umsatz: 5,5 Mrd. USD, Umsatzwachstum: 5 % p.a., KGVe: 25.
  • Take Two Interactive: Spiele wie Civilization und GTA. Börsenwert: 16 Mrd. USD, Umsatz: 3 Mrd. USD, Umsatzwachstum: 20 % p.a., KGVe: 33.
  • Ubisoft: Spiele wie Assasins Creed, Anno, Far Cry. Börsenwert: 8,5 Mrd. USD, Umsatz: 1,8 Mrd. USD, Umsatzwachstum: 10 % p.a., KGVe: 27.
  • Tencent: Vor allem im Mobile Gaming Bereich stark. Dort zuletzt 50 % Wachstum.
  • Amazon: Hö? Was macht Amazon auf dieser Liste? Tatsächlich geht Amazon auch unter die Spieleentwickler. Und wir wissen: Amazon sollte in keinem Markt unterschätzt werden - und hat durch Twitch bereits Kundenzugang.

Hardware- und Abo-Anbieter

  • Sony: Hersteller der PlayStation und unter den Konsolen Marktführer. Mittlerweile werden auch Abos wie PlayStation Plus verkauft, welches Online-Funktionen und Spiele zugänglich macht.
  • Microsoft: Hersteller der Xbox. Auch hier gibt es ähnliche Abo-Modelle wie bei Sony. Gaming ist auch explizit einer der Wachstumsmärkte, in den Microsoft weiter investieren möchte (mehr dazu in der Microsoft Aktienanalyse). Ebenfalls Spielehersteller, hat u.a. Minecraft für 2,5 Mrd. USD gekauft.
  • Nintendo: Hersteller der Nintendo Switch, einer Konsole, die sowohl am Fernseher als auch unterwegs spielbar ist. Ebenfalls Spielehersteller.
  • Cloud-Gaming: Hier streben Google, Microsoft und auch Amazon in den Markt, bisher ohne nennenswerte Umsätze.
  • Nvidia & AMD: Chip- und Grafikkartenhersteller, die wiederum in PCs und Konsolen verbaut werden. Im erwähnten ETF stellen diese 2 der 3 größten Positionen dar.

Die Plattformen

  • Apple & Google: Die Gatekeeper, die fleißig am Wachstum des mobilen Gamings partizipieren. Diese stellen die Betriebssysteme und App Stores und verdienen dadurch bei jeder mobilen Transaktion mit.
  • Amazon: Betreiber der Streaming-Plattform Twitch.
  • Und natürlich profitiert auch der digitale Werbemarkt, vor allem Google und Facebook, (sehr) indirekt vom Boom des (mobilen) Gamings.

Das war's zum Gaming-Markt. Einige der erwähnten Aktien haben wir uns schon angeschaut, andere werden folgen. Vielen Dank fürs Lesen!

Disclaimer: Die Inhalte stellen keine Anlageberatung, Kauf- oder Verkaufsempfehlungen dar, sondern spiegeln nur meine persönliche Meinung wider. Jede Investition ist mit Risiken verbunden, die du selbst prüfen musst. Es gibt keine Garantien. Ich kann selbst in besprochene Aktien investiert sein. * Bei Partnerlinks erhalte ich ggf. eine Provision.

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Ich bin Jannes, Jahrgang 1993 und Gründer von StrategyInvest. Seit 2011 investiere ich an der Börse. Damals habe ich mein VWL-Studium mit Finanzschwerpunkt erfolgreich absolviert und bin nun seit mehreren Jahren in der Digital- und Techbranche aktiv, aktuell als Product & Strategy Lead. Ich kenne daher Investieren, Technologie und Unternehmertum aus wissenschaftlicher Sicht, aber auch aus der Praxis. Die Erkenntnisse daraus teile ich hier.

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Auszug aus dem Manifest:

Regel #9: Wir schätzen Tiefe.

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