Die Fiverr Aktie ist innerhalb des ersten Jahres der Coronapandemie um 1.000% gestiegen. Mittlerweile hat sich der Kurs korrigiert, trotzdem war Fiverr einer der größten Coronagewinner.
Hinter Fiverr steckt eine Plattform für Freelancer und Unternehmen, um diese zusammenzubringen und optimal miteinander arbeiten zu lassen. Das Geschäftsmodell ist also schlank aufgebaut und zuletzt um 50 bis 100% pro Jahr gewachsen.
Ich sehe drei Gründe, warum die Aktie aktuell spannend ist:
- 📈 Enorm hohes Wachstum: Im besten Quartal ist Fiverr um ca. 100% gewachsen. Auch zuletzt lag das Wachstum noch bei 40 bis 50%.
- 🧑💻 Netzwerkeffekte: Je mehr Freelancer, desto mehr Unternehmen, desto mehr Freelancer – und so weiter. Je größer das Netzwerk auf Fiverr wird, desto wertvoller wird die Plattform.
- 💰 Hohe Margen in Aussicht: Die Bruttomarge liegt bei über 80%, der Cashflow ist seit kurzem positiv. Fiverr könnte in Kürze profitabel werden und die Margen dann ausweiten.
Mehr als genug Gründe also, dass wir uns die Fiverr Aktie genauer anschauen und herausfinden, ob sich eine Investition aktuell lohnen könnte. Ist die Fiverr Aktie überbewertet? Oder sollte man jetzt noch Fiverr Aktien kaufen? Diesen Fragen versuchen wir uns zu nähern.
Dabei erfährst du, wie das Geschäftsmodell funktioniert und wie gut es ist, woraus der Burggraben besteht (und wo ich hier meine Zweifel habe), wie die aktuelle Strategie aussieht, wie die Chancen von dieser sind, gegen wen sich das Unternehmen behaupten muss und ob die Aktie heute attraktiv bewertet ist oder nicht. Viel Spaß!
Überblick: Das steckt hinter Fiverr
Das Unternehmen
Fiverr wurde 2010 in Israel gegründet. Recht schnell gelang ein bedeutender Aufstieg und 2019 der Gang an die Börse. Gründer Micha Kaufman und Shai Wininger sind noch heute die Geschäftsführer.
Der Name Fiverr stammt daher, dass Angebote ab 5 US-Dollar buchbar sind. Gerade in der Anfangszeit waren viele Angebote für genau 5 USD online, mittlerweile sind die Preise im Durchschnitt höher.
Produkt & Geschäftsmodell
Fiverr nennt sich selbst Freelance-Portal. Es ist damit letztendlich ein Marktplatz, der Unternehmen, die Aufträge haben, mit entsprechenden Freelancern verbindet.
Logo-Design, eine neue Webseite, Übersetzungen, Videoschnitt, Aufsetzen von Werbekampagnen – für all diese Bereiche und viele mehr werden Dienstleistungen vermittelt.
Fiverr vermittelt diese Dienstleistungen nicht nur, sondern wickelt auch die Zahlung ab. Dazu gibt’s Support von Fiverr, sollte eine Seite nicht zufrieden sein.
Für die Unternehmen vorteilhaft: Sie müssen für einzelne, in sich abgeschlossene Aufgaben nicht extra Mitarbeiter einstellen. Sie haben dazu Preistransparenz und Bewertungen zu Freelancern. Sie haben außerdem eine unabhängige Instanz, die bei Problemen zu Rate gezogen werden kann.
Für Freelancer vorteilhaft: Sie müssen kein eigenes Marketing betreiben, sondern finden Aufträge und können sich durch gute Leistung für Folgeaufträge qualifizieren und höhere Preise fordern. Die Zahlung wird sichergestellt.
Gerade am Anfang war ein entscheidender Erfolgsfaktor, dass durch Fiverr Freelancer aus Ländern mit deutlich niedrigerem Lohnniveau beschäftigt und gefunden werden konnten.
Und auch Fiverr geht dabei natürlich nicht leer aus: Als Marktplatz-Modell winken hohe Margen, Netzwerkeffekte und schnelle Skalierung.
Aktienkurs
Der Aktienkurs hat sich von März 2020 bis März 2021 verzehnfacht und war damit eine der erfolgreichsten Corona-Aktien. Vom Höhepunkt hat sich der Kurs dann bis heute allerdings etwa halbiert.
Factsheet
Factsheet
Alle Zahlen, sofern nicht anders angegeben, in der jeweiligen Heimatwährung und TTMTrailing twelve months. Bezeichnet die jeweils letzten 12 Monate, unabhängig vom Kalenderjahr. More (= letzte 12 Monate). Zusatz ‚e‘ = erwartet, ‚YoY‘ = im Jahresvergleich.
Die Eckdaten
- Land: Israel
- Branche: B2B-Marktplatz
- Marktkapitalisierung: 6 Mrd. USD
- Umsatz: 270 Mio. USD
- Ergebnis: -50 Mio. USD
- Free Cashflow: 30 Mio. USD
Bewertung
- KUV: 21
- KGV: –
- KGVe: –
- KCV: 160
Qualität & Wachstum
- Verschuldungsgrad: 110%
- Bruttomarge: 83%
- Nettomarge: -20%
- operatives Gewinnwachstum: –
- Umsatzwachstum: 80% p.a.
Schauen wir uns nun an, was hinter diesen Zahlen steckt.
Business Breakdown: Geschäftsmodell analysiert
Schauen wir uns einmal an, wie das Geschäftsmodell aussieht.
Unternehmensentwicklung
Fiverr wächst recht konstant, mit Beginn der Coronapandemie mit einem leichten Sprung nach oben. Die Ertragskennzahlen sind noch größtenteils im Negativbereich. Aber: Das neue Quartal (noch nicht in der Grafik) liegt erstmals leicht unter dem Vorquartal.
Um das in konkrete Wachstumsraten umzusetzen: Das Umsatzwachstum lag von Q1 ’20 auf Q1 ’21 bei 100%, zuletzt in Q2 ’21 bei +60% und Q3 ’21 (noch nicht in der Grafik) bei 42%.
Die Bruttomarge ist recht konstant bei 83%.
Die Rule of 40Die Rule of 40 berechnet sich aus der Summe von Umsatzwachstum und EBITDA-Marge (oder Free Cashflow Marge). Wenn der Wert über 40 liegt, gilt das als kapitaleffizientes Wachstum. More (Summe aus EBITDA-Marge und Umsatzwachstum) zeigt an, wie kapitaleffizient ein Unternehmen wächst. Alles über 40 gilt als sehr gut. Bei Fiverr variiert vor allem das Umsatzwachstum, zuletzt lag der Wert hier bei knapp 50.
Zusammengefasst sieht das aktuelle Quartal so aus:
Tieferer Blick ins Geschäftsmodell
Ein spannender Teil des Geschäftsmodells ist die Take Rate. Diese bezeichnet den Anteil an einer Transaktion, die Fiverr einbehält. Der Umsatz bezieht sich auf diesen Anteil, nicht auf das insgesamt vermittelte Volumen.
Das heißt: Wenn ein Projekt für 200€ abgewickelt wird, erhält Fiverr etwa 56€ und der Freelancer 144€.
Die Take Rate ist eine wichtige Kennzahl bei Marktplätzen. Vergleichbare Marktplätze, die auch Unternehmen involvieren, sind in meinen Augen Etsy (17% Take Rate), Delivery Hero (18%), Airbnb (ca. 20%) und Uber (ca. 20%). Daher sind knapp 30% nach meinem Empfinden überraschend hoch.
Für Forschung & Entwicklung investiert Fiverr aktuell 20% des Umsatzes. Das bewegt sich etwa auf dem Durchschnitt ähnlicher Unternehmen.
Abseits dieser Zahlen verdeutlicht das Flywheel, wie beide Zielgruppen voneinander abhängen: Je mehr Freelancer verdienen, desto länger sie dabei bleiben und je mehr Auswahl sie haben, desto besser ist das Angebot. Je besser das Angebot, desto mehr Unternehmen fragen Projekte nach, geben mehr aus und suchen unterschiedliche Projekte. Dadurch steigt die Nachfrage, was wiederum mehr Freelancer anzieht. Netzwerkeffekte.
Bewertung des Geschäftsmodells
Wie schneidet das Unternehmen in der Geschäftsmodell-Bewertung der Scorecard ab? Tiefergehende Erklärungen zu den Kriterien gibt’s hier und hier.
Geschäftsmodell-Bewertung
Wiederkehrende Umsätze mit Lock-In
Wird wiederkehrender Umsatz mit hohen Wechselkosten erzielt?
Fiverr hat keine wirklichen Abo-Umsätze. Ich sehe auch keinen starken Lock-In-Effekt: Sowohl Freelancer, vor allem aber Unternehmen könnten die Plattform schnell wechseln oder direkt Aufträge an den Freelancer vergeben, ohne dafür über eine Plattform wie Fiverr gehen zu müssen.
Netzwerkeffekte
Wird das Produkt besser, je mehr Kunden es nutzen?
Die Netzwerkeffekte sind die große Stärke eines Marktplatzmodells: Je mehr Freelancer, desto mehr Auftraggeber und umgekehrt. Je größer das Netzwerk, desto höher die Chance die besten Projekte und Freelancer zu bekommen.
Skaleneffekte (Economies of Scale)
Wird das Geschäftsmodell mit zunehmender Größe widerstandsfähiger?
Die Erlöse sollten, wie für digitale Geschäftsmodelle üblich, schneller als die Kosten steigen. Die Zahlen zeigen über die letzten Jahre auch, dass die operative Marge sich in Richtung Profitabilität entwickelt
Proprietäre Technologie
Besitzt das Unternehmen eigene Technologie oder Patente, die nicht einfach kopiert werden können?
Die Technologie für einen Marktplatz zur Freelancer-Vermittlung ist kein großes Alleinstellungsmerkmal.
Marke (Branding)
Hat das Unternehmen eine starke Marke, die das Geschäftsmodell nach vorne bringt?
Fiverr hat den „top of mind“ Vorteil: Wer einen Freelancer sucht oder selbst einer ist, wird direkt an Fiverr denken. Das hilft bei der Kundenakquise enorm, erlaubt alleine aber auch keine deutlich überdurchschnittlichen Take Rates.
Geschäftsmodell-Bewertung: 16 / 25
Zukunft: Burggraben, Strategie & Wachstumsperspektiven
Bevor wir gleich in die SWOT-Analyse gehen, schauen wir in die Zukunft. Wie sieht die Strategie aus? Wie ist die Konkurrenzsituation und der eigene Burggraben gegenüber der Konkurrenz? Welche Wachstumsperspektiven gibt es?
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