Nach-Ergebnis-Effekt (Post-Earnings-Announcement Drift) erklärt

von Jannes Lorenzen

Gründer, Investor, Strategie-Lead & Ökonom

Regelmäßig, meist quartalsweise, veröffentlichen Aktienunternehmen neue Zahlen. Die Aktionäre schauen gebannt auf diese Ergebnisse und reagieren.

Dabei gibt es in der Zeit nach Ergebnisbekanntgabe einen spannenden Effekt, der eine Anomalie in den Finanzmärkten darstellt: Der "Post-Earnings-Announcement Drift" (PEAD).

Was ist der Post-Earnings-Announcement Drift?

Dieser beschreibt kurz zusammengefasst die Tendenz, dass Aktienkurse für eine gewisse Zeit weiter in die Richtung gehen, in die Richtung eine Überraschung im Ergebnis stattgefunden hat.

Sprich: Überrascht eine Aktie positiv, neigt der Kurs dazu danach weiter zu steigen. Das gleiche gilt umgekehrt für negative Überraschungen.

Nach der Effizienzmarkthypothese sollten die Ergebnisse im Kurs enthalten sein, sobald sie publiziert wurden. Dass dies offenbar noch Tage oder Wochen dauert, stellt daher eine Anomalie dar.

Finanzwissenschaftliche Beobachtungen

Erstmals wurde dieser Effekt von Ball und Brown im Jahr 1968 beobachtet. Danach wurde er immer wieder untersucht, auch Nobelpreisträger Eugene Fama hat sich 1998 mit diesem beschäftigt.

Josef Fink hat diesem Effekt 2021 eine Meta-Studie mit dem Titel "A review of the Post-Earnings-Announcement Drift" gewidmet, in der er die bis dato veröffentlichten Studien zum Post-Earnings-Announcement Drift analysiert hat. Er sieht diesen Faktor auf unterschiedliche Weisen bestätigt, aber noch keine umfassend gültige Erklärung, warum es diesen gibt.

While there is evidence for a number of different factors, an all-encompassing explanation remains out of sight.

Mögliche und zumindest teilweise gefundene Erklärungen sind Hürden beim Handeln (kaum Liquidität, hohe Transaktionskosten), Informationsunsicherheit für Anleger, der Dispositionseffekt, Ankereffekt, Rezenzeffekt und weitere psychologische Denkfehler.

Er stellt außerdem 23 Beobachtungen fest. Die meiner Meinung nach wichtigsten:

  1. 1
    Der PEAD ist ein globales Phänomen. Sowohl in entwickelten und weniger entwickelten Ländern.
  2. 2
    Die abnormale Rendite lag bei 4% pro Quartal. Also: 4% mehr Rendite ließ sich damit gegenüber dem blinden Investieren im Durchschnitt erzielen.
  3. 3
    Der PEAD wird heute vor allem für das direkt folgende Quartal beobachtet. Früher waren es noch mehrere Quartale.
  4. 4
    Der Effekt ist invers mit der Firmengröße korreliert. Sprich: Je größer das Unternehmen, desto kleiner der Effekt (und umgekehrt).
  5. 5
    Ob eine Überraschung vorliegt, kann über Gewinnhistorie, Analystenprognosen oder Kursentwicklung bei Veröffentlichung definiert werden. Es gibt also mehrere Wege zur Quantifizierung.
  6. 6
    Die Zusatzrendite kann meist nicht durch höhere eingegangene Risiken erklärt werden.

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