von Jannes Lorenzen

Gründer, Strategie-Lead & Investor

veröffentlicht: 10. Mai 2022

Wer verkauft im Goldrausch - äh, im Cloudrausch - die Schaufeln? Unter anderem ein kaum bekanntes Aktienunternehmen: DigitalOcean.

DigitalOcean bietet die Infrastruktur für die Cloud. Unternehmen können ihre Systeme über DigitalOcean einfach und transparent aufsetzen und skalieren. Einerseits ein hochattraktiver Markt, andererseits in direkter Konkurrenz zu den großen Tech- und Cloud-Anbietern.

DigitalOcean besticht durch Einfachheit, Fokus auf Entwickler und kleinere Unternehmen sowie hohe Transparenz. Die Zahlen sehen heute tatsächlich enorm stark aus und verbessern sich, die Kunden sind enorm zufrieden.

Ich sehe drei Gründe, warum die Aktie aktuell spannend ist:

  1. 🥇 "Verkaufe Schaufeln im Goldrausch": Die Welt will in die Cloud. DigitalOcean verkauft die Infrastruktur dafür. Es verkauft also die Schaufeln für den Goldrausch.
  2. 📈 Hohes Wachstum: DigitalOcean ist zuletzt mit über 30% pro Jahr gewachsen, die Wachstumsrate ist - anders als bei vielen anderen Unternehmen - über die letzten Quartale sogar gestiegen.
  3. 💰 Profitabel: Die adj. EBITDA-Marge liegt bei 30%, DigitalOcean erzielt schon Überschüsse. Das reduziert das Risiko.

Finden wir also heraus, ob sich eine Investition aktuell lohnen könnte. Ist die Aktie überbewertet? Oder sollte man jetzt noch Aktien kaufen? Diesen Fragen versuchen wir uns zu nähern.

Dabei erfährst du, wie das Geschäftsmodell funktioniert und wie gut es ist, woraus der Burggraben besteht. Dazu schauen wir auf die aktuelle Strategie, wie die Chancen von dieser sind, gegen wen sich das Unternehmen behaupten muss und ob die Aktie heute attraktiv bewertet ist oder nicht.

Viel Spaß!

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Überblick, Entwicklung & Zahlencheck

Das Unternehmen

DigitalOcean wurde 2011 gegründet. Seit 2019 ist Yancey Spruill CEO, gehört aber nicht zu den fünf Gründern. Im März 2021 ist DigitalOcean Holdings zu einem Preis von 47 Dollar je Aktie an die Börse gegangen.

Produkt & Geschäftsmodell

DigitalOcean ist ein Anbieter von Cloud-Infrastruktur. Es richtet sich damit zentral an Entwickler.

Was heißt das konkret?

Unternehmen gehen zunehmend dazu über, ihre Services, Software und Tools nicht selbst auf eigenen Servern und Computern zu installieren, sondern dies in der Cloud zu tun. Die Vor- und Nachteile des Cloud Computings habe ich bereits ausführlicher beschrieben.

Dabei gibt es unterschiedliche Dinge zu beachten:

Welche Dienste brauche ich? Wie setze ich sie richtig auf? Wieviel Speicherplatz brauche ich? Wie viel darf ich ausgeben? Wie integriere ich sie miteinander? Wie stelle ich sicher, dass sie nicht ausfallen? Wie bekomme ich sie regelmäßig aktualisiert? Wo werden Backups zur Sicherheit hinterlegt?

All diese Fragen vereinfacht DigitalOcean. Es bietet eine Plattform, auf der Entwickler die Cloud-Infrastruktur ihres Unternehmens aufbauen und definieren können.

Die Mission von DigitalOcean:

DigitalOcean simplifies cloud computing so developers and businesses can spend more time creating software that changes the world.

Dieses Video zeigt ein Beispiel der Nutzung:

In wenigen Minuten können Entwickler Teile der IT-Infrastruktur über DigitalOcean aufsetzen.

We offer mission-critical infrastructure solutions across compute, storage and networking, and we also enable developers to extend the native capabilities of our cloud with fully managed application, container and database offerings. In just minutes, developers can set up thousands of virtual machines, secure their projects, enable performance monitoring and scale up and down as needed. Our pricing is consumption-based and billed monthly in arrears, making it easy for our customers to track usage on an ongoing basis and optimize their deployments.

DigitalOcean nutzt dabei sogenannte Virtual Private Servers (VPS), die sie selbst "Droplets" nennen. Es sind virtuelle Server mit eigenem Betriebssystem und eigener Software, die sich innerhalb eines Droplets einrichten lässt. Letztendlich wird dabei ein physischer Server in mehrere virtuelle Server aufgeteilt, um so eine bestmögliche Auslastung zu erreichen.

Ausgehend von diesen VPS erweitert DigitalOcean sein Angebot und möchte umfassendere Angebote für Entwickler machen.

Aktienkurs

Der Aktienkurs ist nach IPO stark gestiegen, jetzt aber wieder leicht über Ausgangsniveau von vor einem Jahr.

Zusammenfassung

DigitalOcean bietet eine umfassende Cloud-Infrastruktur, auf der Entwickler von Unternehmen ihre eigene Software- und Toollandschaft aufsetzen können. Seit März 2021 ist DigitalOcean an der Börse, der Kursverlauf dabei ziemlich volatil.

Zahlencheck & Business Breakdown

Schauen wir uns einmal an, wie sich das Geschäft zuletzt entwickelt hat.

Wachstum

Das jährl. Umsatzwachstum ist zuletzt gestiegen:

  • Q1 '20: 25%
  • Q2 '20: 24%
  • Q3 '20: 24%
  • Q4 '20: 26%
  • Q1 '21: 29%
  • Q2 '21: 35%
  • Q3 '21: 37%
  • Q4 '21: 37%
  • Q1 '22: 36% (aktuellstes Quartal)

Dieses Wachstum kommt vor allem durch Mehrausgaben der Kunden. Der ARPU (= durchschn. Umsatz pro Nutzer) ist zuletzt um 28% gestiegen, die Kundenanzahl um 6%.

Erfreulich ist, dass sich das Wachstum sogar beschleunigt hat und keine Verlangsamung zu erkennen ist. Womöglich kommt diese in Kürze, da die Vergleichsquartale stärker werden, dazu gleich mehr.

Profitabilität

Die Bruttomarge liegt 2021 bei 59%, bereinigt (vor allem um Abschreibungen, aber auch aktienbasierte Vergütung) bei 79%. Auch hier ist der Trend leicht positiv über die letzten Quartale.

Stark ist auch die adjustierte EBITDA-Marge, die in diesem Zeitraum bei 32% liegt. Auch die offizielle EBITDA-Marge liegt bei 18%. Die operative Cashflow-Marge liegt über die letzten 12 Monate bei ca. 30%.

Aber: Das Ergebnis ist noch leicht negativ mit -5% Marge, das operative Ergebnis ca. bei 0. Auch hier ist die Entwicklung über die letzten Jahre aber positiv und die offizielle Profitabilität nur eine Frage von Quartalen.

Im aktuellsten Quartal Q1 '22:

  • Bruttomarge: 63%
  • Free Cashflow Marge: 4%
  • Eigene Aktien für 150 Mio. US-Dollar wurden zurückgekauft, was ~4% der Marktkapitalisierung entspricht

Wie wird hier bereinigt?

Die bereinigte Bruttomarge lag zuletzt bei 81%, die offizielle bei 63%. Die bereinigte operative Marge liegt bei 11%, die bereinigte bei -10%. Auch Cashflow-Zahlen und offizielle Ergebniszahlen gehen auseinander.

Woran liegt das?

An (a) Abschreibungen und (b) aktienbasierten Vergütungen von Mitarbeitern. Beides sind keine Vorgänge, bei denen Geld fließt, die daher Cashflows nicht berühren.

Die Abschreibungen erklären vor allem den Unterschied in der Bruttomarge. Im aktuellsten Quartal haben diese 22 Mio. Dollar ausgemacht, was den adjustierten Bruttogewinn von 103 Mio. auf 81 Mio. Dollar senkt.

Bei der operativen Margen spielen die aktienbasierten Vergütungen die Hauptrolle. 26 Mio. Dollar wurden im letzten Quartal an aktienbasierter Vergütung gezahlt, was aus 14 Mio. bereinigtem operativen Gewinn einen offiziellen operativen Verlust von -13 Mio. macht.

Bei den Abschreibungen kann man darüber streiten, inwiefern diese bei Software-Produkten so zutreffen. Die aktienbasierte Vergütung halte ich für relevant, da sie sonst als Gehalt gezahlt werden und dann auch Mehrausgaben bedeuten würde. Insgesamt finde ich die bereinigten Kennzahlen sowie die Cashflows daher eher zu hoch.

Qualitätsmetriken

Neben den Top-Level-Kennzahlen gibt es bei DigitalOcean weitere interessante Metriken.

Rule of 40

Die Rule of 40 (Summe aus EBITDA-Marge und Umsatzwachstum) zeigt an, wie kapitaleffizient ein Unternehmen wächst. Alles über 40 gilt als sehr gut. DigitalOcean liegt hier mit knapp 40% Umsatzwachstum und ca. 30% adj. EBITDA-Marge (bzw. 18% offizieller EBITDA-Marge) eher bei 70 und damit deutlich darüber. 

Forschungsausgaben

Neben dem Geld, was übrig bleibt, ist spannend, wofür Geld ausgegeben wird. Speziell, wie hoch der Anteil ist, der in die Weiterentwicklung des Unternehmens fließt.

Hier liegt DigitalOcean zuletzt bei ca. 25% Capex-Ausgaben am Umsatz. Das ist ein überdurchschnittlich hoher Wert, spricht also für eine stärkere Weiterentwicklung und kein Verwalten des Status Quo.

Bestandskundenwachstum

Die Net Dollar Retention Rate gibt an, wie viel Kunden heute ausgeben im Vergleich zu vor einem Jahr. Diese Kennzahl hat sich verbessert, lag zuletzt bei zwischen 110 und 120%. Sprich: Bestandskunden geben nach einem Jahr 10 bis 20% mehr für DigitalOcean aus.

Umsatzverteilung

Positiv zu sehen ist außerdem die regionale Verteilung der Umsätze. Anders als bei vielen anderen US-Unternehmen verteilen sich die Umsätze global recht stark. Auf die USA entfallen "nur" 38%.

Kundenzufriedenheit

Auf Gartner erzielt DigitalOcean 4,9 von 5 Sternen bei 27 Bewertungen, schneidet damit enorm gut ab. Auf G2 gibt's 255 Bewertungen und im Schnitt 4,5 / 5 Sterne.

Positiv hervorgehoben werden vor allem die einfache Bedienbarkeit, das transparente Abrechnungsmodell und der Featureumfang.

Bilanz

Positiv zu erwähnen ist die Bilanz von DigitalOcean. Kaum Verschuldung, knapp 1 Mrd. Dollar an Eigenkapital. Etwa 600 Mio. US-Dollar in Cash. Zusätzlich zur Profitabilität sollte das den Kapitalbedarf ziemlich gut decken, gleichzeitig auch Sicherheit bieten.

Factsheet

Factsheet

Alle Zahlen, sofern nicht anders angegeben, in der jeweiligen Heimatwährung und TTM (= letzte 12 Monate). Zusatz 'e' = erwartet, 'YoY' = im Jahresvergleich.

Die Eckdaten

  • Land: USA
  • Branche: Cloud-Infrastruktur
  • Marktkapitalisierung: 3,8 Mrd. USD
  • Umsatz: 0,46 Mrd. USD
  • Ergebnis: -0,05 Mrd. USD
  • Operativer Cashflow: 0,1 Mrd. USD

Bewertung

  • KUV: 8
  • KGV: -
  • KGVe: 55
  • KCV: 25
  • PEG-Ratio: 2

Qualität & Wachstum

  • Bruttomarge: 60% (adj.: 80%)
  • EBITDA-Marge: 18% (adj.: 30%)
  • Nettomarge: -5%
  • Umsatzwachstum: 37% YoY

Schauen wir uns nun an, was hinter diesen Zahlen steckt.

Zusammenfassung

DigitalOcean wächst stark, leicht zunehmend und ist dabei deutlich profitabel. Die Rule of 40 ist deutlich über-erfüllt. Der Umsatz ist global recht stark verteilt. Die Bilanz ist ziemlich solide. Insgesamt also ein gutes bis sehr gutes Zahlenwerk.

Geschäftsmodell, Burggraben & Strategie

Bevor wir gleich in die SWOT-Analyse gehen, schauen wir in die Zukunft. Wie sieht die Strategie aus? Wie ist die Konkurrenzsituation und der eigene Burggraben gegenüber der Konkurrenz? Welche Wachstumsperspektiven gibt es?

Geschäftsmodell

DigitalOcean rechnet "consumption-based", also nutzungsbasiert ab. Je mehr Nutzung, desto mehr verdient DigitalOcean.

Das ist deshalb gut, da es Kunden und DigitalOcean auf die gleiche Seite stellt. Nur wenn Features entwickelt werden, die Kunden auch nutzen wollen, lohnt es sich für DigitalOcean.

Außerdem bedeutet es: Je größer ein Kunde wird, desto mehr wird er auch DigitalOcean nutzen. Damit steigt der Umsatz von DigitalOcean automatisch an, gerade deshalb, da es sich vor allem auf kleine und mittelgroße Unternehmen fokussiert.

Diese Positionierung hat allerdings auch einen Nachteil. Es kann dazu führen, dass Unternehmen, sobald sie wachsen und umsatzseitig enorm relevante Kunden werden würden, zu einem Konkurrenten - bspw. AWS, Azure oder Google Cloud - wechseln, der sich auf große Unternehmen spezialisiert.

Marktanalyse & Konkurrenz

Der Markt ist riesig und wächst. DigitalOcean beziffert ihn auf 116 Mrd. US-Dollar bis 2024. Das bezieht sich ausschließlich auf Ausgaben von Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeiter für Infrastructure- und Platform-as-a-Service Dienste.

Der Markt soll mit 27% wachsen. Das große Wachstum erklärt DigitalOcean (nachvollziehbar) darüber, dass es bis 2030 immer mehr Entwickler geben wird und auch jedes Jahr 14 Mio. neue kleine und mittelgroße Unternehmen entstehen, auf die DigitalOcean abzielt.

Auf der Startseite lässt DigitalOcean den Interessanten direkt Preise mit den großen Cloud-Anbietern AWS (Amazon), Google Cloud (Alphabet) und Azure (Microsoft) vergleichen.

DigitalOcean vs. Public Cloud Anbieter

Was unterscheidet DigitalOcean von diesen bzw. auch speziell vom größten Anbieter AWS?

DigitalOcean stellt selbst im Geschäftsbericht '21 fest:

These competitors are large, well-known public companies with greater financial, technical, and sales and marketing resources, and they possess considerably more customer awareness than we do.

DigitalOcean fokussiert sich stärker auf Entwickler. Es fokussiert sich darüber hinaus auf Einfachheit der Nutzung, ein simples und transparentes Preismodell sowie hochperformante virtuelle Server. Diese sollen schneller sein als bei AWS.

AWS ist deutlich größer. Es bietet außerdem viel mehr Produkte für mehr Anwendungsfälle an, ist daher weniger spezialisiert. Am ehesten lässt sich AWS EC2 mit DigitalOceans Lösung vergleichen.

Vereinfacht heruntergebrochen: Sehr große Unternehmen, die alle Services in einem Ökosystem haben wollen, nehmen eher AWS. Startups, kleine und mittelgroße Unternehmen, die eine simple und transparent bepreiste Lösung haben wollen, werden eher DigitalOcean vorziehen.

Das beschreibt DigitalOcean selbst ähnlich:

We focus solely on solutions for individual developers, start-ups and SMBs—and combine the power of simplicity, love for the developer community, an obsession for customer service and the advantages of open source. This differentiates us dramatically from the enterprise cloud competitors. At the same time, our ability to address complex use cases that allows customers to scale with us as they grow differentiates us from the many niche competitors who have less robust and extensible offerings.

Das zeigt für mich aber auch: Die Konkurrenz ist definitiv vorhanden. Die größte Differenzierung ist der Fokus auf eine spezifische Zielgruppe, aber aus meiner Sicht kein Merkmal, das DigitalOcean technisch den großen Cloud-Anbietern irgendwie überlegen macht.

Kleinere Konkurrenten

Direktere Konkurrenten sind bspw. Heroku (2007 gegründet), Linode (2003 gegründet) oder auch Hetzner (1997 gegründet, aus Deutschland). Alle sind nicht börsennotiert, daher gibt's wenig vergleichbare Zahlen.

Vermutlich ist DigitalOcean hier der größte Anbieter. Außerdem ist DigitalOcean das jüngste der Unternehmen, hat womöglich also auch die technisch aktuellste Plattform.

Strategie & Chancen

Die folgende Grafik habe ich eingangs schon gezeigt. Daraus geht hervor, wie DigitalOcean in Zukunft vorgehen möchte.

Neben dem Kern (VPS Hosting) haben sie die Cloud Infrastruktur weiter aufgebaut. Nun geht es um den Ausbau der Cloud für Entwickler und KMUs. Dazu gehören gemanagte Kubernetes-Cluster, Datenbanken, ein Marktplatz und eine App Plattform.

Es sollen also weitere Services über die Plattform angeboten werden, die neue Kunden anziehen und bestehende Kunden ebenfalls erschließen sollen.

Meiner Meinung nach ein logischer Schritt mit wenig Risiko: Allein dadurch, dass DigitalOcean schon 500.000 Nutzer hat, ist das Anbieten von weiteren Services ein sicherer Weg zu mehr Umsatz.

Meine Bewertung des Geschäftsmodells

Wie schneidet das Unternehmen in der Geschäftsmodell-Bewertung der Scorecard ab? Tiefergehende Erklärungen zu den Kriterien gibt's hier und hier.

Geschäftsmodell-Bewertung

Wiederkehrende Umsätze mit Lock-In

Wird wiederkehrender Umsatz mit hohen Wechselkosten erzielt?

DigitalOcean erzielt quasi ausschließlich wiederkehrende Umsätze. Wenn Unternehmen ihre Cloud-Dienste auslagern, ist das außerdem ein starker Lock-In Effekt und ein Umzug raus aus der Infrastruktur wäre mit hohem Aufwand verbunden.


Netzwerkeffekte

Wird das Produkt besser, je mehr Kunden es nutzen?

Sind eher schwach ausgeprägt. Was Vorteile in diese Richtung sind: Je mehr Entwickler sich mit DigitalOcean auskennen, desto mehr wird es auch eingesetzt. Außerdem bietet DigitalOcean auch Transparenz aus Business-Sicht, bspw. um die Kosten im Blick zu haben.


Skaleneffekte (Economies of Scale)

Wird das Geschäftsmodell mit zunehmender Größe widerstandsfähiger?

Das Geschäftsmodell beruht auf Skaleneffekten, um möglichst effizient auszusteuern. Einziger Abzug deshalb, da die Skalierung der Konkurrenz um ein Vielfaches größer ist.


Proprietäre Technologie

Besitzt das Unternehmen eigene Technologie oder Patente, die nicht einfach kopiert werden können?

Technologie ist das Aushängeschuld von DigitalOcean. Daher hohe Punktzahl, für mich ist allerdings unklar, wie sehr DigitalOcean am Ende wirklich besser ist als die Konkurrenz.


Marke (Branding)

Hat das Unternehmen eine starke Marke, die das Geschäftsmodell nach vorne bringt?

DigitalOcean hat einen guten Ruf unter Entwicklern, veranstaltet auch Open Source Projekte wie bspw. das "Hacktoberfest". Auch gegenüber Konkurrenten wie den Tech-Riesen wirkt es eher als "Good Guy". Die Bekanntheit der Marke ist allerdings noch überschaubar.


Geschäftsmodell-Bewertung: 18 / 25

Zusammenfassung

Das Geschäftsmodell weist einige starke Charakteristiken auf, die vor allem auf der Technologie, Skaleneffekten und wiederkehrenden Umsätzen mit hohem Lock-In Effekt aufbauen. DigitalOcean möchte vor allem weiter auf kleine und mittelgroße Unternehmen abzielen. Der Markt ist groß genug für weiteres Wachstum, wächst zudem selbst recht stark durch mehr Entwickler, mehr Start Ups und mehr Nachfrage nach Cloud Computing. DigitalOcean plant dazu vor allem einen Ausbau der Plattform um weitere Services.

SWOT-Analyse: Stärken, Schwächen, Chancen & Risiken

Bewerten wir nun das Geschäftsmodell und schauen auf die Stärken, Schwächen, Chancen und Bedrohungen.

Stärken

Fassen wir die Stärken zusammen, die wir im Geschäftsmodell identifizieren konnten.

  • Gutes und zunehmendes Wachstum: DigitalOcean erzielt heute höhere Wachstumsraten als vor einem Jahr, wo sie noch "okay" waren.
  • Profitabel: Die adj. EBITDA-Marge ist deutlich positiv, aber auch nicht-adjustiert steht am Ende des Jahres ein Überschuss zu Buche. Für ein recht junges Unternehmen mit so hohem Wachstum ein positives Zeichen.
  • Geschäftsmodell mit hohem Lock-In: Nur in Notfällen werden Kunden umziehen wollen. Wenn DigitalOcean dran bleibt und gut abliefert, werden Kunden auch langfristig bleiben.
  • Solide Bilanz mit kaum Verschuldung und knapp 1 Mrd. Dollar Eigenkapital, größtenteils davon Cash
  • Regional diversifizierter Umsatz: Der Umsatz ist weltweit gut verteilt

Schwächen

Wo Licht ist, ist meist auch Schatten. Fassen wir die Schwachstellen des Unternehmens zusammen.

  • Wenig Preissetzungsmacht: Auf der Startseite geht DigitalOcean direkt in den Preisvergleich mit AWS, Google Cloud und Microsoft Azure. Das deutet für mich darauf hin, dass hier der Preisspielraum begrenzt ist.
  • Geringes Neukundenwachstum: 7% jährliches Kundenwachstum ist okay, aber definitiv nicht überragend. Der Großteil des Umsatzwachstums kommt durch einen höheren Durchschnittsumsatz je Nutzer.

Chancen

Wo liegen die Chancen für das Unternehmen, um zu wachsen und den Unternehmenswert zu steigern?

  • Stark wachsender Markt: Wenn allein der Markt stark wächst, wovon auszugehen ist (mehr Entwickler, mehr Start Ups, mehr Cloud Computing), sollte auch DigitalOcean bei gleichbleibendem Marktanteil wachsen.
  • Natürlicher Produktausbau: Es gibt noch viele Lösungen, die DigitalOcean in die eigene Plattform integrieren kann. Dadurch bestehen immer Möglichkeiten, wie auch Bestandskunden mehr Geld ausgeben und damit mehr Umsatz zu erzielen, ohne jedes Mal Neukunden gewinnen zu müssen.

Bedrohungen

Es gibt bei jedem Unternehmen Risiken wie eine schwächelnde Wirtschaft, operative Fehlentscheidungen, politische Eingriffe und andere. Hier geht's nun viel mehr darum: Was könnte speziell das hier gezeigte Geschäftsmodell gefährden oder das Wachstum hemmen?

  • Enorme Konkurrenz: Die großen Cloud-Anbieter sind Konkurrenten und damit die schwersten Konkurrenten, die man sich aussuchen kann. Diese haben eine hohe Bekanntheit und große Skalierung. Immerhin: Im Kern bieten sie noch etwas andere Produkte an, aber mit starken Überschneidungen.
  • Wachstumsrückgang: In der Bewertung ist Wachstum eingepreist. Sollte dies deutlicher zurückgehen, könnte das den Aktienkurs kurzfristig treffen.

Aktienbewertung & Investment-These

Wir haben uns jetzt ein umfangreiches Bild des Unternehmens verschafft. Schauen wir abschließend auf die Aktie, bringen Qualität und Bewertung zusammen und ziehen ein Fazit.

Kann ich hellsehen? Nein (alle Versuche sind bisher zumindest gescheitert). Ich kann aber das Chance-Risiko-Verhältnis auf Basis der Analyse abschätzen und in Zahlen gießen, die sich gut interpretieren lassen.

Dafür kalkuliere ich drei Szenarien: Ein pessimistisches, ein optimistisches und das Szenario, das ich im Mittel erwarte. Ausreißer nach unten und oben sind naturgemäß auch immer möglich.

worst case

pessimistisch

erwartet

optimistisch

best case

Finanzielle Ziele von DigitalOcean

Für 2022 peilt DigitalOcean folgende Zahlen an:

  • Umsatz: ~565 Mio. USD (entspricht ~31% Wachstum ggü. 2021)
  • adj. operative Marge: 13 - 15%
  • Free Cashflow Marge: 8 - 10%

Im Geschäftsbericht 2021 hat CEO Spruill das eigene Ziel für 2024 bestätigt: Bis 2024 eine Milliarde Dollar Jahresumsatz bei einer adj. EBITDA-Marge von über 40% zu erzielen.

"Our goal remains to achieve 40%+ margins in 2024 when we expect to generate our first $1 billion in revenue."

Dafür müsste DigitalOcean ca. 30% pro Jahr wachsen.

Renditeerwartung & fairer Wert

Für die Ermittlung des fairen Werts (alle Erläuterungen dazu über diesen Link) habe ich folgende Annahmen über einen Zeithorizont von 10 Jahren getroffen:

Umsatzwachstum

Das Umsatzwachstum nähert sich in der Berechnung vom kurzfristigen schrittweise an das langfristige Wachstum über 10 Jahre an.

  • Umsatzwachstum zuletzt: 37% im letzten Quartal YoY. Das schlechteste Quartal war Q2 '20 mit +24%, der Wachstumstrend war zuletzt positiv.
  • Analystenerwartung: 32% für 2022 (läuft bereits), 31% in 2023
  • Meine kurzfristige Annahme: Ich gehe kurzfristig von 30% p.a. aus.
  • Meine langfristige Annahme: Ich sehe langfristig gutes Potenzial durch höhere Cloud-Nutzung, weitere angebotene Produkte, das Wachstum der kleinen und mittelgroßen Bestandskunden und das Gewinnen neuer Kunden von Konkurrenten. Langfristig nehme ich daher im Mittel 13% p.a. an.

Nettomarge

Die Nettomarge liegt heute bei -5%. Die adj. EBITDA-Marge bei 30%, die operative Marge bei 10 - 15%. Die operative Cashflow-Marge bei knapp 30%. Durch die Abschreibungen gehen die GAAP und Non-GAAP Zahlen etwas auseinander. Hier halte ich unterm Strich langfristig 16% Nettomarge für realistisch.

 Bewertungsniveau

Ich gehe davon aus, dass die Aktie - basierend auf den anderen Annahmen - noch mit einem überdurchschnittlichen KGV von 25 bewertet sein wird.

Meine Renditeerwartung

Renditerechner-Tool

Berechnung der Renditen in drei Szenarien. Erklärung hier. Zahlen in Heimatwährung. Aktienticker: DOCN.

Status Quo » Die Zahlen heute

Möglichst der letzten 12 Monate, also TTM (Trailing Twelve Months), um die aktuellsten Daten zu nutzen.
Anteil am Gewinn, der als Dividende ausgeschüttet, per Aktienrückkauf oder per Schuldentilgung an Aktionäre zurückgeführt wird. Bei Wachstumsunternehmen oft 0%.

Zukunft » Annahmen zur Wertentwicklung

Die kurzfristigen Werte nähern sich über einen 10-Jahres-Horizont an die langfristigen an.

↘︎
↗︎
Wachstum
kurzfristig, in % Wie stark ist das Umsatzwachstum im nächsten Jahr?
Wachstum
langfristig, in % Wie hoch wird das Umsatzwachstum in 10 Jahren erwartet?
Nettomarge
kurzfristig, in % Wie hoch ist der Nettogewinn im Verhältnis zum Umsatz heute?
Nettomarge
langfristig, in % Wie hoch ist der Nettogewinn im Verhältnis zum Umsatz in 10 Jahren? Indikatoren: Heutige Nettomarge, EBIT-Marge & Free Cashflow Marge.
KGV
langfristig Wie hoch wird das Unternehmen in 10 Jahren - auch beruhend auf den anderen Annahmen - fair bewertet sein? Je stärker die Zahlen & das Geschäftsmodell, desto höher die mögliche Bewertung.
Umsatz
Marktkapitalisierung
Wertsteigerung
Shareholder Yield
Gesamtrendite
Fairer Aktienkurs
Margin of Safety

Keine Garantie für die Zukunft.

Fortgeschrittene Optionen einblenden +

Die Scorecard

StrategyInvest Scorecard

Je Kategorie bis zu 25 Punkte. Insgesamt 20+ Kriterien.

16
Qualität

Profitabilität, Bilanz & Risiken

18
Geschäftsmodell

Burggraben, Alleinstellung & Preismacht

18
Wachstum

Umsatz, Gewinne & Rule of 40

3
Bewertung

KUV, KGV & weitere

55

Gesamtscore

Gut 🙂

Pro, Contra & Fazit: Aktie jetzt kaufen?

Pro

  • Starkes Geschäftsmodell, v.a. durch mögliche Skalen- und Lock-In Effekte
  • Gute Entwicklung der Fundamentalzahlen (Wachstum & Profitabilität), auch Rule of 40 deutlich übertroffen
  • Großer Markt mit viel Zukunftspotenzial
  • Solide Bilanz mit viel Cash & wenig Verschuldung
  • Ziemlich naheliegende und wenig riskante Strategie fürs Umsatzwachstum

Contra

  • Starke Konkurrenten, v.a. die großen Public Cloud Anbieter
  • Geringes Neukundenwachstum

Mein Fazit

DigitalOcean bietet eine umfassende Cloud-Infrastruktur, auf der Entwickler von Unternehmen ihre eigene Software- und Toollandschaft aufsetzen können. Seit März 2021 ist DigitalOcean an der Börse, der Kursverlauf dabei ziemlich volatil.

Ein Produkt, das die Kunden gern (und vermehrt nutzen), hohes Wachstum, riesiger Markt, Profitabilität und eine sinnvolle, zukunftsorientierte Anwendung. DigitalOcean bringt vieles mit, was langfristige Aktionäre sich wünschen. Dazu ist die Bewertung gerade deutlich zurückgegangen.

Das Produkt ist nicht einfach als Laie zu verstehen. Auch starke Konkurrenz ist vorhanden.

Unterm Strich ist die Aktie für mich aber eines der attraktiveren Wachstumsunternehmen, das allein durch Wachstum mit dem Markt und leicht ausgebauter Profitabilität das Risiko nach unten begrenzen sollte. Die Bewertung heute finde ich durchaus attraktiv, sodass ich investiert bleibe.

Tags: DigitalOcean | Aktien: DigitalOcean

Disclaimer: Die Inhalte stellen keine Anlageberatung, Kauf- oder Verkaufsempfehlungen dar, sondern spiegeln nur meine persönliche Meinung wider. Jede Investition ist mit Risiken verbunden, die du selbst prüfen musst. Es gibt keine Garantien. Ich kann selbst in besprochene Aktien investiert sein. * Bei Partnerlinks erhalte ich ggf. eine Provision.

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Ich bin Jannes, Jahrgang 1993 und Gründer von StrategyInvest. Seit 2011 investiere ich an der Börse. Damals habe ich mein VWL-Studium mit Finanzschwerpunkt erfolgreich absolviert und bin nun seit mehreren Jahren in der Digital- und Techbranche aktiv, aktuell als Product & Strategy Lead. Ich kenne daher Investieren, Technologie und Unternehmertum aus wissenschaftlicher Sicht, aber auch aus der Praxis. Die Erkenntnisse daraus teile ich hier.

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Auszug aus dem Manifest:

Regel #13: Wir widerlegen unsere eigenen Ideen.

Gute Ideen hat jeder. Die wenigsten schaffen es aber, eigene Ideen selbst zu widerlegen und die Gegenseite einzunehmen. Wir fragen uns: Was spricht gegen meine These? Warum könnte ich falsch liegen? 

„Du musst dich zwingen, gegensätzliche Argumente zu erwägen. Besonders, wenn sie deine liebsten Ideen in Frage stellen.“ - Charlie Munger

zum kompletten StrategyInvest Manifest »

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