von Jannes Lorenzen

Gründer, Strategie-Lead & Investor

veröffentlicht: 9. April 2023

Die Deutsche Post klingt nach einem langweiligen Unternehmen - dabei verbirgt sich dahinter die Infrastruktur des E-Commerce Booms der letzten Jahre und ein internationaler Logistik-Marktführer.

Neben dem E-Commerce Geschäft verbergen sich weitere Geschäftsbereiche in der Unternehmensgruppe, die die Margen erhöhen und mehrere Säulen aufbauen.

Die Erträge konnten stark gesteigert werden, die langfristigen Trends sehen positiv aus. Kurzfristig droht Gegenwind im E-Commerce und die gestiegenen Lieferkosten, die für die Deutsche Post DHL Group die Gewinne erhöhen, könnten sich wieder normalisieren.

  • 💰 Dauerhaft profitabel: Die Deutsche Post DHL Group liefert keine riesigen Margen, ist aber kontinuierlich seit Jahren profitabel und schüttet diese zum Teil an Aktionäre aus.
  • 📦 Profiteur vom E-Commerce: Der E-Commerce Boom der Pandemie hat den Umsatz um über 20% nach oben befördert. Das wird jetzt wieder leicht zurückgehen, langfristig profitiert die Deutsche Post DHL Group aber vom Trend zu mehr Onlinehandel.
  • 🚢 Profiteur von Logistik-Engpässen: Der Umsatz und auch die Gewinnmargen der Logistikanbieter ist stark gestiegen, einige erzielen Rekordergebnisse. Auch die Deutsche Post DHL Group profitiert und kann leichte Rückgänge aus dem E-Commerce überkompensieren.
  • 📊 Günstige Bewertung: Die Aktie ist heute nur mit einem KGV von 10 bewertet. Möglicherweise ein interessanter Einstieg bei einem recht konstanten Geschäft?

Finden wir also heraus, ob sich eine Investition aktuell lohnen könnte. Ist die Deutsche Post Aktie überbewertet? Oder kann man jetzt Deutsche Post Aktien kaufen und damit langfristig profitieren? Diesen Fragen werden wir uns hier nähern. Viel Spaß!

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Überblick, Entwicklung & Zahlencheck

Das Unternehmen

Die Deutsche Post sitzt in Bonn und ging 1995 aus der Privatisierung der vorherigen Behörde namens "Deutsche Bundespost" hervor. Seit 2015 ist der offizielle Name "Deutsche Post DHL Group". National werden die Marken "Deutsche Post" und "DHL" genutzt, letztere auch international. CEO ist Frank Appel.

Produkt & Geschäftsmodell

Die Deutsche Post DHL Group bietet Liefer- und Logistikleistungen an. Wenn Pakete oder Briefe geliefert werden, verdient die Post durch eine Gebühr der Lieferung. Aber das Geschäftsmodell geht noch etwas tiefer.

Deutsche Post weist fünf unterschiedliche Segmente aus:

  • DHL Express: Internationale Premium-Logistik bei zeitkritischen Lieferungen, zu denen eine feste Lieferzeit festgelegt wird. Hier ist Deutsche Post nach eigener Aussage globaler Marktführer. Dafür werden >320 Flugzeuge an über 500 Flughäfen betrieben.
  • DHL Global Forwarding, Freight: Luftfracht (38%), Seetransport (31%) und Straßentransport (21%) wird hier gebündelt, also nationale und internationale Logistik in großen Mengen. Bei der Luftfracht ist DHL Marktführer, bei Seefracht die #2 hinter Kuehne + Nagel.
  • DHL Supply Chain: DHL kümmert sich um die Lieferketten von Kunden, also Lagerung, Transport, Retourenmanagement, Verpackungen und mehr. Hier ist DHL Marktführer mit knapp 6% Marktanteil.
  • DHL eCommerce Solutions: DHL liefert hier in der letzten Meile, also bis Haustür, aus, vor allem in Europa (53%) und Amerika (35%).
  • Post & Parcel Germany: Das Deutschlandgeschäft der Post- und Paketzustellungen wird hier gebündelt. Der Marktanteil bei Post liegt bei 60%, bei Paketen bei >40%.

Aktienkurs

Der Aktienkurs hat sich über die letzten Jahre bis Jahrzehnte stark entwickelt. Der starke Anstieg in der Pandemie wurde zuletzt durch den Kursrückgang, speziell auch den Gegenwind im E-Commerce, abgeschwächt:

Zahlencheck

Ab in die Zahlen-Corner. Wie sieht das Geschäft zahlenseitig aus?

Ertragsentwicklung & Wachstum

In 2021 wurde der Umsatz um 20% gesteigert. Ursächlich war vor allem der E-Commerce Boom. Auch davor ist der Umsatz stetig gewachsen, allerdings nur im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Auch 2022 konnte er nochmals um 16% zulegen, auch durch inflationäre Effekte getrieben. 

Auch die Rentabilität ist deutlich gestiegen. Außerdem wurde in jedem Jahr eine Dividende in Höhe von 40 bis 60% des Gewinns ausgeschüttet. Die Eigenkapitalquote lag zuletzt bei verbesserten 35%. 

Zuletzt wurden die Ergebnisse für 2022 verkündet:

  • Umsatz +16%
  • EBIT +6%
  • Die beiden wichtigsten Segmente sind DHL Express und DHL Global Forwarding, Freight
  • Gerade die Logistiksegmente sind gewachsen und profitabler geworden, während Post & E-Commerce es schwer hatten

Von den ~95 Mrd. Euro Jahresumsatz stammt etwas mehr als die Hälfte aus den USA. Etwa jeweils 20% stammen aus Amerika und dem asiatisch-pazifischen Raum.

Profitabilität

So sehen die eher dünnen, aber positiven Margen aus (2019 / TTM):

  • Bruttomarge: 16% / 18%
  • Operative Marge: 5% / 8%
  • Nettomarge: 4% / 6%

Die operative Marge lag vor der Pandemie recht konstant bei 4 - 6%, danach bei 7 - 9%. Sowohl der E-Commerce Boom als auch Logistikengpässe (und dadurch für die Deutsche Post höhere Margen) haben das befeuert.

Neben dem Gewinn gibt es auch reale Cashflows. Das Aktienrückkaufprogramm wurde von 2 auf 3 Mrd. Euro aufgestockt.

Ausschüttungspolitik

Die Deutsche Post DHL Group zahlt seit jeher eine Dividende, die in den meisten Jahren auch angehoben wurde. Seit 2021 hat sich das Niveau deutlich erhöht. Weiter bleibt man dabei diszipliniert bei einer Ausschüttungsquote zwischen 40 und 60%. Hinzu kommen aktuell noch Aktienrückkäufe.

Factsheet

Factsheet

Alle Zahlen, sofern nicht anders angegeben, in der jeweiligen Heimatwährung und TTM (= letzte 12 Monate). Zusatz 'e' = erwartet, 'YoY' = im Jahresvergleich.

Eckdaten

  • Land: Deutschland
  • Branche: Lieferung und Logistik
  • Marktkapitalisierung: 52 Mrd. EUR
  • Enterprise Value: 68 Mrd. EUR

Erträge

  • Umsatz: 94 Mrd. EUR
  • Ergebnis: 5,4 Mrd. EUR
  • Free Cashflow: 4,6 Mrd. EUR
  • Dividendenrendite: 4,4%

Bewertung

  • KUV: 0,6
  • KGV: 10
  • KGVe: 13
  • KCV: 5

Qualität & Wachstum

  • Eigenkapitalquote: 35%
  • Bruttomarge: 17%
  • Operative Marge: 7%
  • Nettomarge: 5%
  • Umsatzwachstum: 2% (Q4 '22), 9% p.a. (5J), ~3% p.a. vor Pandemie

Geschäftsmodell, Burggraben & Strategie

Schauen wir uns einmal an, wie das Geschäftsmodell aussieht. Außerdem: Wie sieht die Strategie aus? Wie ist die Konkurrenzsituation und der eigene Burggraben gegenüber der Konkurrenz? Welche Wachstumsperspektiven gibt es?

Blick auf die Geschäftsbereiche

Die unterschiedlichen Segmente habe ich oben skizziert. Ich würde sie in drei Bereiche einteilen und bewerten:

  • E-Commerce: Langfristig findet mehr Handel online statt und davon profitiert DHL. Auch sollen Lieferungen schneller umgesetzt werden, also Premium-Lieferungen mit höherer Marge. Die Pandemie hat das Geschäft befeuert, nun ist es temporär zurückgegangen.
  • Logistik: Durch Angebotsknappheit im Logistiksektor ist hier zuletzt Umsatz und Gewinnmarge deutlich gestiegen. Ich gehe davon aus, dass das ein temporärer Effekt ist. Es ist ein langweiliges, komplexes und kapitalintensives Geschäftsmodell, mit allen damit verbundenen Vor- und Nachteilen.
  • Post: Quasi-Monopolist in Deutschland. Das Briefvolumen nimmt allerdings ab. Ein Geschäftsbereich, der Preissetzungsmacht hat und dadurch wohl einfach profitabel weiter gemanaged wird.

Entscheidend ist für uns, was temporäre Effekte und was dauerhafte Trends sind. Dauerhaft sehe ich ein leichtes Wachstum: Post nimmt ab, Logistik & E-Commerce eher zu.

Der E-Commerce war gerade 2021 ein positiver Sondereffekt, die Logistik war es wohl 2022. In beiden Segmenten ist die Nachfrage sprunghaft nach oben gestiegen.

Genauerer Blick: DHL Supply Chain

Die Logistiklösung für andere Unternehmen ist zuletzt am stärksten gewachsen und hat eine positive EBIT-Marge von >5%. Die Marge ist zuletzt überproportional gestiegen. Auch hier ist wohl der E-Commerce Effekt der größte Treiber.

Auch langfristig geht die Group davon aus, dass mehr und mehr Unternehmen aufgrund der steigenen Komplexität ihre Logistik auslagern und damit für Wachstum sorgen werden.

Der Ansatz: Physische Güter mit digitalen Möglichkeiten kombinieren und den Kunden zugänglich machen. Die Deutsche Post hier mehr als 2x so groß wie der nächstinnovative Konkurrent laut Researchunternehmen Gartner.

Produktportfolio im Vergleich

Die Deutsche Post DHL Group operiert in unterschiedlichen Segmenten. Das "DHL Global Forwarding, Freight" (DGFF) Segment ist am unabhängigsten vom Wirtschaftswachstum, der E-Commerce und sogar der Post-Bereich am abhängigsten.

Das größte Wachstumspotenzial sieht die Deutsche Post im E-Commerce, danach im DHL Supply Chain Bereich. Die eigenen Stärken bestehen einerseits aus der Größe und Position als Marktführer, andererseits im Markenportfolio. Gleich bewerte ich das Geschäftsmodell, worin ich nur einen der beiden Faktoren wirklich sehe.

Strategie & Chancen

Einige Dinge, die sich die Deutsche Post auf die Fahne schreibt, klingen für mich nach 0815-Marketing. Unternehmenszweck? "Menschen verbinden, Leben verbessern". Unsere Werte? "Respekt & Resultate".

Die Vision ist schon greifbarer: "Wir sind DAS Logistikunternehmen für die Welt". Leider auch noch zu wenig konkret, ob es das größte sein möchte, das profitabelste (wie Sixt bei Autovermietungen), das beste oder das beliebteste. Aber es wird klar, dass wir hier auch in Zukunft über einen globalen Marktführer sprechen wollen.

Das Fundament dafür stellt die Digitalisierung dar. Das Geschäftsmodell wird außerdem um den profitablen Kern aufgebaut.

Insgesamt finde ich die Strategie zu vage und zu PR-lastig. Sie gibt kaum konkrete Leitplanken vor, weder für Investoren noch für Mitarbeiter - einer der größten Kritikpunkte an Strategien, die Richard Rumelt in seinem Buch "Good Strategy/Bad Strategy" beschreibt.

Immerhin: An anderer Stelle in der Investorenpräsentation werden noch konkretere Digitalisierungsprozesse erwähnt.

Risiken durch Inflation

Die Inflation sorgt für schmalere Geldbeutel, Liefer- und Logistikengpässe treffen Unternehmen wie die Deutsche Post DHL Group sofort. Je länger diese Situation andauert, desto schwerer die Effekte für die Deutsche Post.

Wie gehen sie damit um?

Einerseits soll die Kostenbasis flexibel gestaltet werden. In einigen Bereichen werden womöglich Preise erhöht - was durchaus klappen könnte, da bspw. in Deutschland ein monopolähnlicher Status besteht.

Auch die Kosten für Treibstoff sind ein Kostentreiber. Hedging, das vorher stattgefunden hat, kann hier helfen, aber nicht dauerhaft und nicht dann, wenn es zu spät ist.

Mittlerweile sind die Effekte besser abschätzbar und die Geschäftsbereiche zeigen sich recht stabil. Nachteile werden auch dadurch ausgeglichen, dass die Logistiksparte so gut performt.

Meine Bewertung des Geschäftsmodells

Ein starkes Geschäftsmodell ermöglicht Wachstum, einen Burggraben und damit Differenzierbarkeit von der Konkurrenz, höhere Gewinnmargen und Preismacht.

Wie schneidet das Unternehmen in der Geschäftsmodell-Bewertung der Scorecard ab? Tiefergehende Erklärungen zu den Kriterien gibt's hier und hier.

Geschäftsmodell-Bewertung

Wiederkehrende Umsätze mit Lock-In

Wird wiederkehrender Umsatz mit hohen Wechselkosten erzielt?

Kaum Abo-Umsätze und wenig Lock-In von Privatkunden. Ich sehe sie eher bei Unternehmen, für die DHL ein integrierter Partner ist. Da wohl auch ein gewisses Minimum an Post und Paketen immer aufkommt, einigermaßen gesicherte Umsätze.


Netzwerkeffekte

Wird das Produkt besser, je mehr Kunden es nutzen?

Es gibt keine Netzwerkeffekte auf der Nachfrageseite (neben den Skaleneffekten der Angebotsseite).


Skaleneffekte (Economies of Scale)

Wird das Geschäftsmodell mit zunehmender Größe widerstandsfähiger? Wachsen Umsätze stärker als Kosten?

Logistik ist kapitalintensiv und ein Geschäft der Skalierung. Gerade hier punktet die Deutsche Post DHL Group als einer der weltweiten Marktführer.


Proprietäre Technologie

Besitzt das Unternehmen eigene Technologie oder Patente, die nicht einfach kopiert werden können?

Technologisch sehe ich kaum einen Vorsprung und keinen Differentiator. Das Produkt ist in der Qualität meines Erachtens austauschbar und ich könnte nicht vorhersehen, wer hier in 2, 5 oder 10 Jahren im Liefer- und Logistikbereich technologisch besser oder schlechter aufgestellt ist.


Marke (Branding)

Hat das Unternehmen eine starke Marke, die das Geschäftsmodell nach vorne bringt?

Womöglich hilft das gute deutsche Image im Industriebereich. Abseits dessen sehe ich aber keine großen Markeneffekte, auch wenn die Deutsche Post selbst auf die starken Marken im Portfolio hinweist.


Geschäftsmodell-Bewertung: 10 / 25

SWOT-Analyse: Stärken, Schwächen, Chancen & Risiken

Bewerten wir nun das Geschäftsmodell und schauen auf die Stärken, Schwächen, Chancen und Bedrohungen.

Stärken

Fassen wir die Stärken zusammen, die wir im Geschäftsmodell identifizieren konnten.

  • Skaleneffekte: In vielen Bereichen ist DHL Weltmarktführer. Diese Skalierung ist wichtig als Verkaufsargument und um Kostenvorteile realisieren zu können.
  • Kontinuierlich profitabel: Die Deutsche Post DHL Group ist über die letzten Jahre durchgehend profitabel. Die Margen sind zwar nicht riesig, aber konstant.
  • Monopolähnliche Stellung in Deutschland: Über 50% des Marktes in Deutschland wird über die Deutsche Post und DHL abgewickelt. Entsprechend relevant und garantiert ist eine gewisse Mindestnachfrage.
  • Hohe Kapitalrückfuhr
  • Hohe Einstiegshürden für Konkurrenten durch kapitalintensiven und langwierigen Aufbau der Geschäftsmodelle, Lager und Prozesse

Schwächen

Wo Licht ist, ist meist auch Schatten. Fassen wir die Schwachstellen des Unternehmens zusammen.

  • Staatlich regulierte Strukturen: Der Preis für eine Briefmarke in Deutschland ist reguliert. Gehälter in Deutschland werden an Tariftabellen geknüpft. Das ist beides kein Weltuntergang, aber es zeigt: Die Deutsche Post hat sowohl auf der Kosten- als auch auf der Umsatzseite mehr staatlichen Einfluss als andere Unternehmen, auch noch 25 Jahre nach der Privatisierung.
  • Dünne Margen & kapitalintensiv: Die operative Marge ist immer im einstelligen Prozentbereich. Das Geschäft besteht aus vielen Mitarbeitern, Flugzeugen und LKWs, ist damit sehr kapitalintensiv. Wenn Umsätze stärker einbrechen, können teilweise auch Kosten reduziert werden, aber Verluste wohl nicht vermieden werden.
  • Vage Strategie: Aus der Strategie und Vision bis 2025 geht im Grunde nur hervor, dass die Deutsche Post bis 2025 ein globales Schwergewicht sein möchte und die Digitalisierung ein wichtiges Element dafür ist. Insgesamt klingt das noch recht zahnlos und schwammig. Positiv gesehen gibt es keinen großen Wandel, sondern man bleibt dem bisherigen Geschäftsmodell treu.
  • Austauschbare Dienstleistung: Der Markt wird durch Geschwindigkeit, Zuverlässigkeit und Preis entschieden. Um darin gut zu sein ist wohl nur die Größe entscheidend, abseits dessen gibt es wenige Faktoren. Ich sehe kaum strukturelle Vorteile und Burggräben, die die Deutsche Post DHL Group gegenüber anderen Logistikunternehmen hat.
  • Verschuldung: Etwas Verschuldung wurde abgebaut, die Eigenkapitalquote liegt heute etwa bei einem Drittel. Steigende Zinsen machen diese Verschuldung teurer. Der Enterprise Value (Börsenwert + Nettocash) liegt bei 68 Mrd. Euro und damit deutlich über dem Börsenwert von 52 Mio.

Chancen

Wo liegen die Chancen für das Unternehmen, um zu wachsen und den Unternehmenswert zu steigern?

  • Langfristiger E-Commerce Trend: Weiterhin wird erwartet, dass der E-Commerce Marktanteile vom stationären Handel gewinnt. Die Deutsche Post bzw. die DHL ist natürlicher Profiteur dieses Trends.
  • Next Day Delivery: Amazon hat ein neues Bestellverhalten geprägt, wonach schnelle Lieferungen erwartet werden. Dafür braucht es eine große Skalierung, sodass die Deutsche Post hier umso wichtiger werden kann.

Bedrohungen

Es gibt bei jedem Unternehmen Risiken wie eine schwächelnde Wirtschaft, operative Fehlentscheidungen, politische Eingriffe und andere. Hier geht's nun viel mehr darum: Was könnte speziell das hier gezeigte Geschäftsmodell gefährden oder das Wachstum hemmen?

  • Abnehmender Briefverkehr: Etwa 45% des Deutschland-Umsatzes stammt aus Briefen, vor zwei Jahren waren es noch 53%. Durch Mails und digitale Lösungen wie DocuSign, die komfortabler und klimafreundlicher sind, werden Briefumsätze weiter abnehmen. Aber: Insgesamt ist das Geschäft weltweit noch größer und die Margen im Paketversand höher, daher sollte dieser abnehmende Effekt vorhanden, aber gering sein.
  • Umsatzrückgang nach Sonderkonjunktur: Die Pandemie hat einen starken Anstieg mit >20% im Umsatz ausgelöst, der jetzt wahrscheinlich zurückgehen wird, da der E-Commerce temporär Gegenwind bekommt. Auch die Preise im See- und Luftfracht-Segment sind gerade stark gestiegen durch Angebotsknappheit auf der Lieferseite, auch hier gehe ich aber von einem Rückgang auf das Normalniveau aus.
  • Makroökonomische Faktoren: Die Inflation sorgt für schmalere Geldbeutel, Liefer- und Logistikengpässe treffen Unternehmen wie die Deutsche Post DHL Group sofort. Je länger diese Situation andauert, desto schwerer die Effekte für die Deutsche Post.
  • Neue Logistiknetzwerke wie Amazon: Amazon hat ein eigenes, riesiges Logistik-Netzwerk aufgebaut. Auch Shopify möchte in diesen Markt einsteigen. Das, was aktuell noch den eigene Kunden vorbehalten ist, möchte Amazon wohl auch bald anderen Unternehmen öffnen. Wie stark Amazon das forciert ist für mich fraglich, da andere Geschäftsbereiche wie das Cloud-Segment AWS deutlich attraktiver sind. Bisher werden die Effekte für die Deutsche Post DHL Group noch überschaubar sein, es gibt dadurch aber neue Konkurrenten.

Aktienbewertung & Investment-These

Wir haben uns jetzt ein umfangreiches Bild des Unternehmens verschafft. Schauen wir abschließend auf die Aktie, bringen Qualität und Bewertung zusammen und ziehen ein Fazit.

Finanzielle Ziele

2023 wird ein EBIT von 6 - 7 Mrd. Euro (2022: 8,4 Mrd.) erwartet, also eine recht breite Spanne. Der Free Cashflow soll bei 3 Mrd. Euro liegen (2022: 4,6 Mrd.). Beides ist ein deutlicher Rückgang gegenüber 2022.

Der mittelfristige Ausblick sieht wieder eine Steigerung vor, die allerdings noch knapp unter dem 2022er-Niveau liegen würde: Mindestens 8 Mrd. Euro an EBIT und 9 - 11 Mrd. Euro kumulierter Free Cashflow, also durchschnittlich 3 - 3,7 Mrd. pro Jahr.

Spannend ist der Vergleich zum mittelfristigen Ausblick, der vor einem Jahr gegeben wurde. Dieser war optimistischer: 8,5 Mrd. Euro EBIT und 11 Mrd. Euro kumulierter Free Cashflow sollten es schon bis 2024 werden.

Anders gesagt: Der mittelfristige Ausblick wurde leicht gesenkt. Der Kurs steht seitdem allerdings 10% höher.

Renditeerwartung & fairer Wert

Berechnen wir nun die zu erwartende Rendite. Kann ich diese hellsehen? Nein (alle Versuche sind bisher zumindest gescheitert). Ich kann aber das Chance-Risiko-Verhältnis auf Basis der Analyse abschätzen und in Zahlen gießen, die sich gut interpretieren lassen.

Dafür kalkuliere ich drei Szenarien: Ein pessimistisches, ein optimistisches und das Szenario, das ich im Mittel erwarte. Ausreißer nach unten und oben sind naturgemäß auch immer möglich.

worst case

pessimistisch

erwartet

optimistisch

best case

Für die Ermittlung des fairen Werts (alle Erläuterungen dazu über diesen Link) habe ich im mittleren Szenario folgende Annahmen über einen Zeithorizont von 10 Jahren getroffen:

Umsatzwachstum

Das Umsatzwachstum nähert sich in der Berechnung vom kurzfristigen schrittweise an das langfristige Wachstum über 10 Jahre an.

  • Umsatzwachstum zuletzt: 2% (Q4 '22), 9% p.a. (5J), ~3% p.a. vor Pandemie
  • Prognose der Deutschen Post: Das EBIT soll kurzfristig zurückgehen, in drei Jahren wieder auf 2022er-Niveau liegen.
  • Analystenerwartung: -7% (2023), +2% (2024)
  • Meine kurzfristige Annahme: Ich nehme kurzfristig -1% als Wachstum an, starte aber mit -5% weniger Umsatz in der Renditeberechnung.
  • Meine langfristige Annahme: Langfristig sehe ich die Deutsche Post mit der Wirtschaftsleistung wachsen, allerdings leicht positiver durch einen langfristig anhaltenden E-Commerce Trend. Ich nehme 4% an.

Nettomarge

Die operative Marge lag vor der Pandemie recht konstant bei 4 - 6%, danach bei 7 - 9%. Ich sehe noch nicht, warum die temporär höheren Margen auch dauerhaft gelten sollten. Daher gehe ich - auch angesichts einer vorsichtigeren Kalkulation - von einer Rückkehr der Margen auf das niedrigere, alte Niveau aus. 

Kurzfristig nehme ich daher 7% an, langfristig 5%.

Bewertungsniveau

Heute ist die Aktie mit einem KGV von 10 und einem KGVe von 13 bewertet. Der Durchschnitt der letzten Jahre liegt eher bei ~15. Aktuell wird ein leichter Rückgang des Gewinns erwartet. Ich gehe davon aus, dass die Aktie - basierend auf den anderen Annahmen - immer noch optisch günstig bewertet sein wird, aber mit 13 etwas höher als heute.

Meine Renditeerwartung

Renditerechner-Tool

Berechnung der Renditen in drei Szenarien. Erklärung hier. Zahlen in Heimatwährung. Aktienticker: DPW.

Status Quo » Die Zahlen heute

Möglichst der letzten 12 Monate, also TTM (Trailing Twelve Months), um die aktuellsten Daten zu nutzen.
Anteil am Gewinn, der als Dividende ausgeschüttet, per Aktienrückkauf oder per Schuldentilgung an Aktionäre zurückgeführt wird. Bei Wachstumsunternehmen oft 0%.

Zukunft » Annahmen zur Wertentwicklung

Die kurzfristigen Werte nähern sich über einen 10-Jahres-Horizont an die langfristigen an.

↘︎
↗︎
Wachstum
kurzfristig, in % Wie stark ist das Umsatzwachstum im nächsten Jahr?
Wachstum
langfristig, in % Wie hoch wird das Umsatzwachstum in 10 Jahren erwartet?
Nettomarge
kurzfristig, in % Wie hoch ist der Nettogewinn im Verhältnis zum Umsatz heute?
Nettomarge
langfristig, in % Wie hoch ist der Nettogewinn im Verhältnis zum Umsatz in 10 Jahren? Indikatoren: Heutige Nettomarge, EBIT-Marge & Free Cashflow Marge.
KGV
langfristig Wie hoch wird das Unternehmen in 10 Jahren - auch beruhend auf den anderen Annahmen - fair bewertet sein? Je stärker die Zahlen & das Geschäftsmodell, desto höher die mögliche Bewertung.
Umsatz
Marktkapitalisierung
Wertsteigerung
Shareholder Yield
Gesamtrendite
Fairer Aktienkurs
Margin of Safety

Keine Garantie für die Zukunft.

Fortgeschrittene Optionen einblenden +

Die Scorecard

StrategyInvest Scorecard

Je Kategorie bis zu 25 Punkte. Insgesamt 20+ Kriterien.

17
Qualität

Profitabilität, Bilanz & Risiken

10
Geschäftsmodell

Burggraben, Alleinstellung & Preismacht

4
Wachstum

Umsatz, Gewinne & Rule of 40

19
Bewertung

KUV, KGV & weitere

50

Gesamtscore

Gut 🙂

Pro, Contra & Fazit: Aktie jetzt kaufen?

Pro

  • Marktführer in relevanten Bereichen und dadurch Skaleneffekte
  • Profiteur vom langfristigen E-Commerce Trend
  • Weitestgehend stabiles Geschäft, das immer eine gewisse Grundnachfrage hat
  • Vergleichsweise günstige Bewertung (aber auch bedingt durch Sondereffekte wie E-Commerce Boom und gestiegene Liefergebühren, wovon die Deutsche Post profitiert)
  • Hohe Einstiegshürden für mögliche Konkurrenten

Contra

  • Austauschbare Dienstleistung & Geschäftsmodell, schmaler Burggraben
  • Teilweise noch staatlich geprägte Strukturen

Mein Fazit

Für mich gab es während der Analyse drei Überraschungen, die mir vorher so nicht klar waren:

  1. Die Deutsche Post DHL Group ist in vielen Bereichen globaler Marktführer, was gut ist, da Skaleneffekte in meinen Augen der wichtigste Faktor sind.
  2. Die Unternehmensgruppe ist sehr divers aufgestellt, indem unterschiedliche Dinge (Post, Pakete, Container) über unterschiedliche Wege (letzte Meile, Seefracht, Luftfracht) unterschiedlich schnell geliefert (tlw. genau terminiert) werden.
  3. Die Bewertung sieht günstiger aus als sie ist, da die Geschäftszahlen gerade vom E-Commerce Boom und gestiegenen Lieferkosten profitieren, die sich in naher Zukunft wieder normalisieren werden.

Womöglich wird die Aktie insgesamt unterschätzt. Die Geschäftsmodelle sind langweilig, komplex und kapitalintensiv, das macht sie aber so schwer zu kopieren. Sie sind gewissermaßen zeitlos und erleben immer wieder Phasen, in denen sie profitieren.


In meiner letzten Analyse (Juni '22) fand ich die Aktie fair bewertet. Seitdem ist sie 10 - 20% gestiegen, kurzfristig wurde outperformt, der mittelfristige Ausblick ist eher gesunken.


Insgesamt finde ich die Aktie daher heute fair, aber nicht besonders bewertet. Ich sehe ein stabiles Geschäft, dass wenig existenzielle Risiken und einige moderate Wachstumsmöglichkeiten bietet. Was mich als langfristiger Anleger stört ist (a) der mangelnde Burggraben zur Konkurrenz und (b) das Gefühl, dass hier noch deutliche temporäre Effekte die kommenden Zahlen verschlechtern.

Tags: Deutsche Post | Aktien: Deutsche Post

Disclaimer: Die Inhalte stellen keine Anlageberatung, Kauf- oder Verkaufsempfehlungen dar, sondern spiegeln nur meine persönliche Meinung wider. Jede Investition ist mit Risiken verbunden, die du selbst prüfen musst. Es gibt keine Garantien. Ich kann selbst in besprochene Aktien investiert sein. * Bei Partnerlinks erhalte ich ggf. eine Provision.

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Ich bin Jannes, Jahrgang 1993 und Gründer von StrategyInvest. Seit 2011 investiere ich an der Börse. Damals habe ich mein VWL-Studium mit Finanzschwerpunkt erfolgreich absolviert und bin nun seit mehreren Jahren in der Digital- und Techbranche aktiv, aktuell als Product & Strategy Lead. Ich kenne daher Investieren, Technologie und Unternehmertum aus wissenschaftlicher Sicht, aber auch aus der Praxis. Die Erkenntnisse daraus teile ich hier.

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Auszug aus dem Manifest:

Regel #9: Wir schätzen Tiefe.

Wir brauchen nicht noch mehr News, Kursticker, Alertings oder Geheimtipps. Das brauchen nur Medien. Wir brauchen mehr durchdachte Informationen, fundiertes Know-how und klare Gedanken. Mehr Tiefe, weniger ablenkendes Börsengeschrei.

zum kompletten StrategyInvest Manifest »

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