von Jannes Lorenzen

Gründer, Strategie-Lead & Investor

veröffentlicht: 9. April 2023

Die Deutsche Post klingt nach einem langweiligen Unternehmen – dabei verbirgt sich dahinter die Infrastruktur des E-Commerce Booms der letzten Jahre und ein internationaler Logistik-Marktführer.

Neben dem E-Commerce Geschäft verbergen sich weitere Geschäftsbereiche in der Unternehmensgruppe, die die Margen erhöhen und mehrere Säulen aufbauen.

Die Erträge konnten stark gesteigert werden, die langfristigen Trends sehen positiv aus. Kurzfristig droht Gegenwind im E-Commerce und die gestiegenen Lieferkosten, die für die Deutsche Post DHL Group die Gewinne erhöhen, könnten sich wieder normalisieren.

  • 💰 Dauerhaft profitabel: Die Deutsche Post DHL Group liefert keine riesigen Margen, ist aber kontinuierlich seit Jahren profitabel und schüttet diese zum Teil an Aktionäre aus.
  • 📦 Profiteur vom E-Commerce: Der E-Commerce Boom der Pandemie hat den Umsatz um über 20% nach oben befördert. Das wird jetzt wieder leicht zurückgehen, langfristig profitiert die Deutsche Post DHL Group aber vom Trend zu mehr Onlinehandel.
  • 🚢 Profiteur von Logistik-Engpässen: Der Umsatz und auch die Gewinnmargen der Logistikanbieter ist stark gestiegen, einige erzielen Rekordergebnisse. Auch die Deutsche Post DHL Group profitiert und kann leichte Rückgänge aus dem E-Commerce überkompensieren.
  • 📊 Günstige Bewertung: Die Aktie ist heute nur mit einem KGV von 10 bewertet. Möglicherweise ein interessanter Einstieg bei einem recht konstanten Geschäft?

Finden wir also heraus, ob sich eine Investition aktuell lohnen könnte. Ist die Deutsche Post Aktie überbewertet? Oder kann man jetzt Deutsche Post Aktien kaufen und damit langfristig profitieren? Diesen Fragen werden wir uns hier nähern. Viel Spaß!

Überblick, Entwicklung & Zahlencheck

Das Unternehmen

Die Deutsche Post sitzt in Bonn und ging 1995 aus der Privatisierung der vorherigen Behörde namens „Deutsche Bundespost“ hervor. Seit 2015 ist der offizielle Name „Deutsche Post DHL Group“. National werden die Marken „Deutsche Post“ und „DHL“ genutzt, letztere auch international. CEO ist Frank Appel.

Produkt & Geschäftsmodell

Die Deutsche Post DHL Group bietet Liefer- und Logistikleistungen an. Wenn Pakete oder Briefe geliefert werden, verdient die Post durch eine Gebühr der Lieferung. Aber das Geschäftsmodell geht noch etwas tiefer.

Deutsche Post weist fünf unterschiedliche Segmente aus:

  • DHL Express: Internationale Premium-Logistik bei zeitkritischen Lieferungen, zu denen eine feste Lieferzeit festgelegt wird. Hier ist Deutsche Post nach eigener Aussage globaler Marktführer. Dafür werden >320 Flugzeuge an über 500 Flughäfen betrieben.
  • DHL Global Forwarding, Freight: Luftfracht (38%), Seetransport (31%) und Straßentransport (21%) wird hier gebündelt, also nationale und internationale Logistik in großen Mengen. Bei der Luftfracht ist DHL Marktführer, bei Seefracht die #2 hinter Kuehne + Nagel.
  • DHL Supply Chain: DHL kümmert sich um die Lieferketten von Kunden, also Lagerung, Transport, Retourenmanagement, Verpackungen und mehr. Hier ist DHL Marktführer mit knapp 6% Marktanteil.
  • DHL eCommerce Solutions: DHL liefert hier in der letzten Meile, also bis Haustür, aus, vor allem in Europa (53%) und Amerika (35%).
  • Post & Parcel Germany: Das Deutschlandgeschäft der Post- und Paketzustellungen wird hier gebündelt. Der Marktanteil bei Post liegt bei 60%, bei Paketen bei >40%.

Aktienkurs

Der Aktienkurs hat sich über die letzten Jahre bis Jahrzehnte stark entwickelt. Der starke Anstieg in der Pandemie wurde zuletzt durch den Kursrückgang, speziell auch den Gegenwind im E-Commerce, abgeschwächt:

Zahlencheck

Ab in die Zahlen-Corner. Wie sieht das Geschäft zahlenseitig aus?

Ertragsentwicklung & Wachstum

In 2021 wurde der Umsatz um 20% gesteigert. Ursächlich war vor allem der E-Commerce Boom. Auch davor ist der Umsatz stetig gewachsen, allerdings nur im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Auch 2022 konnte er nochmals um 16% zulegen, auch durch inflationäre Effekte getrieben. 

Auch die Rentabilität ist deutlich gestiegen. Außerdem wurde in jedem Jahr eine Dividende in Höhe von 40 bis 60% des Gewinns ausgeschüttet. Die Eigenkapitalquote lag zuletzt bei verbesserten 35%. 

Zuletzt wurden die Ergebnisse für 2022 verkündet:

  • Umsatz +16%
  • EBIT +6%
  • Die beiden wichtigsten Segmente sind DHL Express und DHL Global Forwarding, Freight
  • Gerade die Logistiksegmente sind gewachsen und profitabler geworden, während Post & E-Commerce es schwer hatten

Von den ~95 Mrd. Euro Jahresumsatz stammt etwas mehr als die Hälfte aus den USA. Etwa jeweils 20% stammen aus Amerika und dem asiatisch-pazifischen Raum.

Profitabilität

So sehen die eher dünnen, aber positiven Margen aus (2019 / TTM):

  • Bruttomarge: 16% / 18%
  • Operative Marge: 5% / 8%
  • Nettomarge: 4% / 6%

Die operative Marge lag vor der Pandemie recht konstant bei 4 – 6%, danach bei 7 – 9%. Sowohl der E-Commerce Boom als auch Logistikengpässe (und dadurch für die Deutsche Post höhere Margen) haben das befeuert.

Neben dem Gewinn gibt es auch reale Cashflows. Das Aktienrückkaufprogramm wurde von 2 auf 3 Mrd. Euro aufgestockt.

Ausschüttungspolitik

Die Deutsche Post DHL Group zahlt seit jeher eine Dividende, die in den meisten Jahren auch angehoben wurde. Seit 2021 hat sich das Niveau deutlich erhöht. Weiter bleibt man dabei diszipliniert bei einer Ausschüttungsquote zwischen 40 und 60%. Hinzu kommen aktuell noch Aktienrückkäufe.

Factsheet

Factsheet

Alle Zahlen, sofern nicht anders angegeben, in der jeweiligen Heimatwährung und TTM (= letzte 12 Monate). Zusatz ‚e‘ = erwartet, ‚YoY‘ = im Jahresvergleich.

Eckdaten

  • Land: Deutschland
  • Branche: Lieferung und Logistik
  • Marktkapitalisierung: 52 Mrd. EUR
  • Enterprise Value: 68 Mrd. EUR

Erträge

  • Umsatz: 94 Mrd. EUR
  • Ergebnis: 5,4 Mrd. EUR
  • Free Cashflow: 4,6 Mrd. EUR
  • Dividendenrendite: 4,4%

Bewertung

  • KUV: 0,6
  • KGV: 10
  • KGVe: 13
  • KCV: 5

Qualität & Wachstum

  • Eigenkapitalquote: 35%
  • Bruttomarge: 17%
  • Operative Marge: 7%
  • Nettomarge: 5%
  • Umsatzwachstum: 2% (Q4 ’22), 9% p.a. (5J), ~3% p.a. vor Pandemie

Geschäftsmodell, Burggraben & Strategie

Schauen wir uns einmal an, wie das Geschäftsmodell aussieht. Außerdem: Wie sieht die Strategie aus? Wie ist die Konkurrenzsituation und der eigene Burggraben gegenüber der Konkurrenz? Welche Wachstumsperspektiven gibt es?

Blick auf die Geschäftsbereiche

Die unterschiedlichen Segmente habe ich oben skizziert. Ich würde sie in drei Bereiche einteilen und bewerten:

  • E-Commerce: Langfristig findet mehr Handel online statt und davon profitiert DHL. Auch sollen Lieferungen schneller umgesetzt werden, also Premium-Lieferungen mit höherer Marge. Die Pandemie hat das Geschäft befeuert, nun ist es temporär zurückgegangen.
  • Logistik: Durch Angebotsknappheit im Logistiksektor ist hier zuletzt Umsatz und Gewinnmarge deutlich gestiegen. Ich gehe davon aus, dass das ein temporärer Effekt ist. Es ist ein langweiliges, komplexes und kapitalintensives Geschäftsmodell, mit allen damit verbundenen Vor- und Nachteilen.
  • Post: Quasi-Monopolist in Deutschland. Das Briefvolumen nimmt allerdings ab. Ein Geschäftsbereich, der Preissetzungsmacht hat und dadurch wohl einfach profitabel weiter gemanaged wird.

Entscheidend ist für uns, was temporäre Effekte und was dauerhafte Trends sind. Dauerhaft sehe ich ein leichtes Wachstum: Post nimmt ab, Logistik & E-Commerce eher zu.

Der E-Commerce war gerade 2021 ein positiver Sondereffekt, die Logistik war es wohl 2022. In beiden Segmenten ist die Nachfrage sprunghaft nach oben gestiegen.

Genauerer Blick: DHL Supply Chain

Die Logistiklösung für andere Unternehmen ist zuletzt am stärksten gewachsen und hat eine positive EBIT-Marge von >5%. Die Marge ist zuletzt überproportional gestiegen. Auch hier ist wohl der E-Commerce Effekt der größte Treiber.

Auch langfristig geht die Group davon aus, dass mehr und mehr Unternehmen aufgrund der steigenen Komplexität ihre Logistik auslagern und damit für Wachstum sorgen werden.

Der Ansatz: Physische Güter mit digitalen Möglichkeiten kombinieren und den Kunden zugänglich machen. Die Deutsche Post hier mehr als 2x so groß wie der nächstinnovative Konkurrent laut Researchunternehmen Gartner.

Produktportfolio im Vergleich

Die Deutsche Post DHL Group operiert in unterschiedlichen Segmenten. Das „DHL Global Forwarding, Freight“ (DGFF) Segment ist am unabhängigsten vom Wirtschaftswachstum, der E-Commerce und sogar der Post-Bereich am abhängigsten.

Das größte Wachstumspotenzial sieht die Deutsche Post im E-Commerce, danach im DHL Supply Chain Bereich. Die eigenen Stärken bestehen einerseits aus der Größe und Position als Marktführer, andererseits im Markenportfolio. Gleich bewerte ich das Geschäftsmodell, worin ich nur einen der beiden Faktoren wirklich sehe.

Strategie & Chancen

Einige Dinge, die sich die Deutsche Post auf die Fahne schreibt, klingen für mich nach 0815-Marketing. Unternehmenszweck? „Menschen verbinden, Leben verbessern“. Unsere Werte? „Respekt & Resultate“.

Die Vision ist schon greifbarer: „Wir sind DAS Logistikunternehmen für die Welt“. Leider auch noch zu wenig konkret, ob es das größte sein möchte, das profitabelste (wie Sixt bei Autovermietungen), das beste oder das beliebteste. Aber es wird klar, dass wir hier auch in Zukunft über einen globalen Marktführer sprechen wollen.

Das Fundament dafür stellt die Digitalisierung dar. Das Geschäftsmodell wird außerdem um den profitablen Kern aufgebaut.

Insgesamt finde ich die Strategie zu vage und zu PR-lastig. Sie gibt kaum konkrete Leitplanken vor, weder für Investoren noch für Mitarbeiter – einer der größten Kritikpunkte an Strategien, die Richard Rumelt in seinem Buch „Good Strategy/Bad Strategy“ beschreibt.

Immerhin: An anderer Stelle in der Investorenpräsentation werden noch konkretere Digitalisierungsprozesse erwähnt.

Risiken durch Inflation

Die Inflation sorgt für schmalere Geldbeutel, Liefer- und Logistikengpässe treffen Unternehmen wie die Deutsche Post DHL Group sofort. Je länger diese Situation andauert, desto schwerer die Effekte für die Deutsche Post.

Wie gehen sie damit um?

Einerseits soll die Kostenbasis flexibel gestaltet werden. In einigen Bereichen werden womöglich Preise erhöht – was durchaus klappen könnte, da bspw. in Deutschland ein monopolähnlicher Status besteht.

Auch die Kosten für Treibstoff sind ein Kostentreiber. Hedging, das vorher stattgefunden hat, kann hier helfen, aber nicht dauerhaft und nicht dann, wenn es zu spät ist.

Mittlerweile sind die Effekte besser abschätzbar und die Geschäftsbereiche zeigen sich recht stabil. Nachteile werden auch dadurch ausgeglichen, dass die Logistiksparte so gut performt.

Meine Bewertung des Geschäftsmodells

Ein starkes Geschäftsmodell ermöglicht Wachstum, einen Burggraben und damit Differenzierbarkeit von der Konkurrenz, höhere Gewinnmargen und Preismacht.

Wie schneidet das Unternehmen in der Geschäftsmodell-Bewertung der Scorecard ab? Tiefergehende Erklärungen zu den Kriterien gibt’s hier und hier.

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Tags: Deutsche Post | Aktien: Deutsche Post

Disclaimer: Die Inhalte stellen keine Anlageberatung, Kauf- oder Verkaufsempfehlungen dar, sondern spiegeln nur meine persönliche Meinung wider. Jede Investition ist mit Risiken verbunden, die du selbst prüfen musst. Es gibt keine Garantien. Ich kann selbst in besprochene Aktien investiert sein. * Bei Partnerlinks erhalte ich ggf. eine Provision.

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Ich bin Jannes, Jahrgang 1993 und Gründer von StrategyInvest. Seit 2011 investiere ich an der Börse. Damals habe ich mein VWL-Studium mit Finanzschwerpunkt erfolgreich absolviert und bin nun seit mehreren Jahren in der Digital- und Techbranche aktiv, aktuell als Product & Strategy Lead. Ich kenne daher Investieren, Technologie und Unternehmertum aus wissenschaftlicher Sicht, aber auch aus der Praxis. Die Erkenntnisse daraus teile ich hier.

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Auszug aus dem Manifest:

Regel #6: Wir sind geduldig.

Viele Dinge brauchen einfach Zeit. Sie lassen sich nicht übers Knie brechen. Auch Aktien können kurzfristig irrationale Richtungen einschlagen. Wer fundamentale Unterbewertungen feststellt, braucht Geduld, bis der Markt diese überhaupt erkennen kann. Ständiges Überprüfen von Aktienkursen hilft dabei nicht. Wir geben unseren Aktien Zeit um zu wachsen.

zum kompletten StrategyInvest Manifest »

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