von Jannes Lorenzen

Gründer, Strategie-Lead & Investor

veröffentlicht: 9. Oktober 2022

Deere & Company und die Hauptmarke John Deere sind vermeintlich langweilige Old Economy. Sie stellen Maschinen für die Agrar- und Bauwirtschaft her. Dabei ist das nicht nur eine der wichtigsten und unverzichtbarsten Branchen, sondern auch eine, die gerade eine kaum beachtete Revolution durchläuft.

  1. 🌱 Wichtige, zeitlose Branche: Agrarwirtschaft ist essenziell und unverzichtbar. Gerade heute sind solche Schlüsselindustrien in besonderem Fokus.
  2. ⭐️ Marktführer: John Deere ist der weltweit größte Landmaschinenhersteller.
  3. 🦾 Agrarwirtschaftliche KI-Revolution: Eine Studie aus 2020 sagt, dass der Einsatz künstlicher Intelligenz in der Agrarwirtschaft einer Revolution gleichkommt.
  4. 🚀 Tesla der Agrarwirtschaft? Tesla hat die Automobilindustrie disruptiert. Das Auto ist software-, nicht mehr hardwarebasiert, was Chancen wie höhere Margen bietet. Kann John Deere als Marktführer ähnlich davon profitieren?
  5. 💰 Rekordzahlen, aber auch Rekordkurs: Deere hat gerade nicht nur den größten Jahresumsatz und Gewinn, sondern auch ein Rekordhoch im Aktienkurs erreicht. Ist die Bewertung gerechtfertigt?

Finden wir also heraus, ob sich eine Investition aktuell lohnen könnte. Ist die Deere & Company Aktie überbewertet? Oder kann man jetzt noch Deere & Company Aktien kaufen und damit langfristig profitieren? Diesen Fragen werden wir uns hier nähern.

Die Analyse beruht u.a. auf folgenden Quellen & Einschätzungen:

  • Aktuellste Finanzkennzahlen bis zum letzten Quartal
  • Geschäftsbericht & Investorenpräsentation
  • Wissenschaftliche Studien zum Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Agrarwirtschaft
  • Einschätzungen von Marktexperten & Investoren
  • Interviews & Aussagen der Führungsebene, v.a. der Digitalstrategin und dem Autonomie- und Autonomie-Verantwortlichen

Dabei erfährst du, wie das Geschäftsmodell funktioniert und wie gut es ist, woraus der Burggraben besteht, wie die aktuelle Strategie aussieht, wie die Chancen von dieser sind, gegen wen sich Deere behaupten muss und ob die Aktie heute attraktiv bewertet ist oder nicht. Viel Spaß!

Überblick & Entwicklung

Unternehmensentwicklung

Deere & Company stellt Landmaschinen her. Die Hauptmarke ist John Deere, benannt nach dem vor über 200 Jahren geborenen Gründer. Weitere Marken sind Deere, Kemper, Frontier, PartsCountry und Vapormatic.

Vor allem ist John Deere bekannt für Traktoren, die schon um 1900 angeboten wurden und sich seitdem durch den technologischen Fortschritt immer weiterentwickelt haben.

Deere hat mittlerweile die Marke von 40 Mrd. Dollar Jahresumsatz geknackt und beschäftigt über 70.000 Mitarbeiter. Damit ist es im Bereich der Landmaschinen Marktführer, auch wenn der Markt von unterschiedlichen Herstellern bedient wird.

Heute wird Deere & Company mit etwa 100 Mrd. Dollar an der Börse bewertet. Das liegt auch am Aktienkurs, der über die letzten Jahre enorm stark gestiegen ist. Seit 2016 hat sich der Kurs etwa vervierfacht, seit Beginn der Pandemie 2020 mehr als verdoppelt.

Produkte & Geschäftsmodell

Deere stellt eine breite Palette an Maschinen und Fahrzeugen her, die für die Landwirtschaft gebraucht werden. Dazu gehören:

  • Traktoren
  • Mähdrescher
  • Feldhäcksler
  • Ballenpressen
  • Spezielle Erntegeräte (u.a. für Baumwolle und Zuckerrohr)
  • Maschinen für Aussaat, Pflanzenschutz, Bodenbearbeitung
  • Baumaschinen (Radlader, Planierraupen, Bagger)

Im Kern werden also große, komplexe Maschinen für den Einsatz in der Landwirtschaft, teilweise auch Bauwirtschaft, hergestellt. Ein moderner und gut ausgestatteter Traktor kann durchaus 500.000 US-Dollar und mehr kosten.

John Deere unterteilt das Geschäft in drei Segmente (mit Umsatzanteil):

  1. Production & Precision Agriculture (41%): Traktoren, Mähdrescher und Lader für mittel- und großflächigen An- und Abbau von Getreide, Baumwolle und Zucker.
  2. Small Agriculture & Turf (30%): Für kleinere Landwirtschaft, u.a. Viehzucht, Molkerei und hochwertige Ernte. Verkauft werden hier u.a. kleinere Traktoren und Rasenmäher.
  3. Construction & Forestry (29%): Maschinen für die Bau- und Forstwirtschaft.

Zahlencheck

Deere & Company weist meistens die Ergebnisse für „equipment operations“ aus. Darin wird das operative Geschäft abgebildet. Es grenzt sich von den Finanzservices ab, die Verkäufe oder Leasings finanzieren (ähnlich wie bei deutschen Automobilherstellern). Spannend sind wohl die Gesamtergebnisse und die des operativen Geschäfts,

Ertragsentwicklung & Wachstum

Die Meilensteine des Umsatzes:

  • 1995: 8,8 Mrd. Dollar
  • 2000: 11,2 Mrd. Dollar
  • 2005: 19,4 Mrd. Dollar
  • 2010: 23,6 Mrd. Dollar
  • 2015: 25,8 Mrd. Dollar
  • 2020: 28,3 Mrd. Dollar
  • 2021: 39,7 Mrd. Dollar

Deere berichtet als Erfolgskennzahl Shareholder Value Added (SVA). Diese besteht aus dem Gewinn vor Steuern abzüglich der Kapitalkosten.

SVA is, in effect, the pretax profit left over after subtracting the cost of enterprise capital.

Bei dieser lag Deere bis 2003 einige Jahre im Verlust, auch der Umsatz stieg nur langsam oder stagnierte. Seitdem war der SVA immer positiv, in 2021 bei einem Spitzenwert von 4,7 Mrd. Dollar.

Der operative Cashflow ist durchgehend positiv, lag 2021 bei knapp 6 Mrd. Dollar, was ebenfalls ein Rekordwert ist.

Herkunft der Umsätze

Das größte Segment ist „Production & Precision Ag“. Das sind Großmaschinen für die Agrarwirtschaft. Danach kommen kleinere Maschinen für die Landwirtschaft.

Dazu wird über die Hälfte des Umsatzes in Nordamerika erzielt. Danach kommt Europa mit 21%, danach der Rest der Welt (Lateinamerika, Asien, Africa).

Profitabilität & Kapitalverwendung

Die Bruttomarge liegt bei 29%. Die operative Marge kann Deere seit Jahren über 10% halten, zuletzt bei 16%.

Ein direkter Vergleich von Umsatz, operativem Ergebnis, Nettoergebnis und SVA:

in Mrd. USD

Umsatz

Oper. Ergebnis

Ergebnis

SVA

2019

39

4,1

3,3

1,5

2020

35

3,9

2,8

1,5

2021

48

7,5

6

4,7

Deere schüttet konstant Dividenden aus und konnte diese über die beiden letzten Jahrzehnte immer weiter steigern. Pro Aktie wird heute etwa das 10-fache ausgeschüttet wie noch 2004. Allein in 2021 wurden die Dividenden um 38% erhöht.

Q3 ’22 Ergebnisse

Die letzten Quartalszahlen waren solide (jeweils YoY):

  • Umsatz +22% (operatives Geschäft: +25%)
  • Ergebnis +13%
  • Gewinn pro Aktie +16% (durch zurückgekaufte Aktien über Ergebniswachstum)

Factsheet

Factsheet

Sofern nicht anders angegeben in jeweiliger Heimatwährung und TTM (= letzte 12 Monate). 3J = 3-Jahres-Durchschnitt. ‚e‘ = erwartet. ‚YoY‘ = im Jahresvergleich, ‚3J‘ = letzte 3 Jahre.

Die Eckdaten

  • Land: USA
  • Branche: Landmaschinenbau
  • Marktkapitalisierung: 105 Mrd. USD
  • Enterprise Value: 150 Mrd. USD
  • Umsatz: 46 Mrd. USD
  • Ergebnis: 6,2 Mrd. USD
  • Free Cashflow: 0,6 Mrd. USD (davor eher ~5 Mrd.)

Bewertung

  • KUV: 2
  • KGV: 18
  • KGVe: 14
  • KCV: 27
  • PEG-Ratio: 1,2

Qualität & Wachstum

  • Eigenkapitalquote: 20%
  • Bruttomarge: 29%
  • Operative Marge: 16% (5J: 12%)
  • Nettomarge: 13% (5J: 9%)
  • operatives Gewinnwachstum: 13% YoY, 23% p.a. (3J)
  • Umsatzwachstum: 22% YoY, 6% p.a. (3J)

Geschäftsmodell & Burggraben

Schauen wir uns einmal an, wie das Geschäftsmodell aussieht. Außerdem: Wie sieht die Strategie aus? Wie ist die Konkurrenzsituation und der eigene Burggraben gegenüber der Konkurrenz? Welche Wachstumsperspektiven gibt es?

Marktanalyse & Konkurrenz

John Deere ist nicht alleine am Markt, mit 46 Mrd. Dollar Jahresumsatz aber am größten. In Nordamerika ist es mit 60% am Traktormarkt klarer Marktführer, in vielen anderen Märkten hat der Marktführer oft 20 – 25%, was zeigt, dass der Markt noch recht fragmentiert ist. John Deere liegt dort oft auf einem der ersten drei Plätze. Relevante Konkurrenten sind auch einige aus Deutschland:

  • CNH Industrial (Niederlande) stellt, ähnlich wie Deere & Company, alle Arten von Nutzfahrzeugen für Agrar- und Bauwirtschaft her. 28 Mrd. Euro Jahresumsatz.
  • AGCO (USA, inkl. deutscher Hersteller Fendt). In Deutschland kämpft John Deere mit Fendt Kopf an Kopf um die Marktführerschaft im Traktor-Bereich. Fendt ist allerdings ein deutsches Unternehmen, in den meisten internationalen Märkten führt daher John Deere. Der Gesamtumsatz von AGCO liegt bei 11 Mrd. USD.
  • Claas (Deutschland) stellt ebenfalls Landwirtschaftsmaschinen her. 4 Mrd. Euro Jahresumsatz.
  • Krone bietet vor allem Landwirtschaftsmaschinen an. 2 Mrd. Euro Jahresumsatz.

Nur wenige der Unternehmen scheinen Software und Digitalisierung so ernst zu nehmen wie John Deere. Bei vielen Unternehmen findet sich dazu wenig. Bei Krone sieht schon die Webseite aus, als wäre sie noch im vorletzten Jahrzehnt stecken geblieben.

AGCO und Fendt nehmen die KI-Entwicklung ernst. Während Deere den vollautonomen Ansatz ansteuert, möchte AGCO die günstigere Nachrüstung der bestehenden Flotte forcieren. Seth CNBC zitiert Seth Crawford von AGCO so:

Whereas Deere is focused on adding full autonomy to its own farm equipment, AGCO is eying the wider retrofit market, Crawford said. “In summer 2023, we’ll have a performance-enhancing retrofit kit available for multiple brands of machines,” he said. “Where others say we bring you autonomy with a half-million-dollar tractor,” he said, alluding to the price tag of Deere’s 8R, “we have kits that allow you to do that with your existing fleet. We see a huge opportunity with the installed base, where farmers want to adopt technology to enhance their outcomes, and yet don’t want to flip their entire fleet and make that massive investment.”

CNH hat unter anderem die Digitalstrategin von John Deere abgeworben. Die Ausgaben in Forschung & Entwicklung in 2021 im Vergleich:

  • Deere & Co: 1,5 Mrd. Dollar
  • CNH: 1,2 Mrd. Dollar
  • AGCO: 0,4 Mrd. Dollar

Im Vergleich zu den beiden größten Konkurrenten ist Deere & Co deutlich teurer bewertet. Die KGVs und erwartete KGVs:

  • Deere & Co: 18 / 14
  • CNH: 10 / 8
  • AGCO: 10 / 9

Five-Forces-Analyse

Nach der Strategieanalyse von Michael Porter gibt es fünf Kräfte, die auf ein Unternehmen einwirken. Wie steht John Deere hier da?

  1. Wettbewerb: Hoch. Es gibt einige Wettbewerber, die ebenfalls signifikante Marktanteile in den jeweiligen Nischen haben.
  2. Bedrohung durch neue Anbieter: Gering. Das Geschäft ist enorm kapitalintensiv, Verkaufsprozesse langwierig und es gibt bereits viele etablierte Marken.
  3. Verhandlungsstärke der Lieferanten: Gering.
  4. Verhandlungsstärke der Kunden: Mittel. Durch die alternativen Hersteller gibt es eine gewisse Verhandlungsmacht. Dadurch, dass Kunden aber sehr fragmentiert sind, gibt es keine großen Klumpenrisiken.
  5. Bedrohung durch Ersatzprodukte: Gering. Hier sehe ich für einige Anwendungsfälle bspw. Drohnen, aber im Kern ist schwer denkbar, wie die Maschinen auf absehbare Zeit durch andere Produkte abgelöst werden.

Insgesamt zeigt die Analyse, dass Deere überschaubaren Risiken vom Markt ausgesetzt ist.

Organisation

John Deere ist entlang der drei Kernsegmente ausgerichtet. Diese können auf gemeinsam genutzte Bereiche zugreifen, die Kundensupport, IT-Lösungen, Finanzservices und Entwicklung von Motoren abdecken.

Skaleneffekte & Daten

Als Marktführer profitiert Deere von Skaleneffekten: Größere Verhandlungsmacht gegenüber Lieferanten, weltweite Ausbreitung und mehr mögliche Investitionen in Forschung zu Software und Technologie.

In einer technologisierten Welt können auch Daten ein Burggraben sein. Je größer die Datenbasis, desto besser können eigene Lösungen werden.

John Deere erhält Daten von über 315 Mio. Acres. Ein Acre entspricht etwa 4.000 Quadratmetern. Daraus kann Deere lernen, wie die eigenen Maschinen eingesetzt werden und wo Ineffizienzen auftreten.

Diese Skaleneffekte, sowohl in der Hardware und der Software-Welt, spielen bei der Strategie, die wir gleich sehen werden, eine große Rolle.

Meine Bewertung des Geschäftsmodells

Ein starkes Geschäftsmodell ermöglicht Wachstum, einen Burggraben und damit Differenzierbarkeit von der Konkurrenz, höhere Gewinnmargen und Preismacht.

Wie schneidet das Unternehmen in der Geschäftsmodell-Bewertung der Scorecard ab? Tiefergehende Erklärungen zu den Kriterien gibt’s hier und hier.

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Ich bin Jannes, Jahrgang 1993 und Gründer von StrategyInvest. Seit 2011 investiere ich an der Börse. Damals habe ich mein VWL-Studium mit Finanzschwerpunkt erfolgreich absolviert und bin nun seit mehreren Jahren in der Digital- und Techbranche aktiv, aktuell als Product & Strategy Lead. Ich kenne daher Investieren, Technologie und Unternehmertum aus wissenschaftlicher Sicht, aber auch aus der Praxis. Die Erkenntnisse daraus teile ich hier.

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Auszug aus dem Manifest:

Regel #8: Wir diversifizieren.

Wir wissen, dass wir nicht alles wissen können. Diversifikation ist daher der beste Schutz vor zu großen Risiken. Indem wir diversifizieren schützen wir uns vor den Börsenlaunen und Extremen. Dafür setzen wir nicht nur auf einzelne Branchen, Trends oder Märkte. Wir schaffen eine breite Grundlage, nutzen dafür einzelne Aktien oder ETFs.

zum kompletten StrategyInvest Manifest »

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