von Jannes Lorenzen

Gründer, Strategie-Lead & Investor

veröffentlicht: 13. Dezember 2020

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Zusammenfassung

Fragestellung: Wie wirken sich die Corona-Maßnahmen auf die Wirtschaft aus?

Wichtig Unterscheidung: Wirtschaft und Börse sind nicht identisch

  • An der Börse werden Erwartungen gehandelt. Risiken können bekannt und damit in den Kursen eingepreist sein.
  • Risiken gibt es immer in der Wirtschaft, nicht nur heute.
  • Nicht alles, was in der Wirtschaft passiert und spannend ist, muss auch direkte Auswirkungen auf deine Geldanlage haben.

Abgrenzung: Es ist ein sehr komplexes Thema, da viele Themen auch andere Komplexe (bspw. Geldpolitik, aber auch soziale und medizinische Fragen) berühren, darauf werde ich in dieser Episode nicht komplett eingehen können, gern aber in der Zukunft

Fokus hier auf Deutschland, tlw. auch Europa, als Anleger steht dir natürlich die ganze Welt offen.

Aufbau:

  • Welche Maßnahmen wurden ergriffen? Wir müssen uns als Erstes auf die Fakten einigen.
  • Was sind die Vorteile, aber auch Nachteile solcher Maßnahmen?
  • Was hat das mit dem Niedrigzinsumfeld zu tun?
  • Wie solltest du als Anleger umgehen?

Welche Maßnahmen wurden ergriffen?

1. Aussetzung von Insolvenzen

  • Insolvenz = üblicherweise Zahlungsunfähigkeit, aber auch Überschuldung
  • Insolvenzantragspflicht erst bis 30. September 2020 ausgesetzt, dann für einige Fälle bis 31.12.2020 verlängert
  • Bedingung: Schieflage muss durch Corona-Krise entstanden sein und Besserung in Sicht sein
„Durch das Gesetz ist im März dieses Jahres die Insolvenzantragspflicht für Unternehmen ausgesetzt worden, die infolge der Coronavirus-Pandemie insolvenzreif geworden sind und dennoch Aussichten darauf haben, sich unter Inanspruchnahme staatlicher Hilfsangebote oder auf andere Weise zu sanieren.“
  • Möglichkeiten zur Besserung solcher Unternehmen: Staatliche Hilfen, Restrukturierung der Schulden, bessere Geschäftsentwicklung
  • Problem bei Bedingungen: In der Praxis wahrscheinlich nicht eindeutig prüfbar, ob Bedingungen erfüllt sind
  • Zitat aus Gesetzestext:
„War der Schuldner am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig, wird vermutet, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht und Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.“

2. Kurzarbeit

3. Finanzspritzen für bestimmte Branchen, bspw. Selbständige & Hilfskredite der KfW (allein Anfang April schon 10 Mrd. Euro abgerufen)

4. Einschränkung einiger Unternehmen (Verbot des Betriebs oder Auflagen)

5. Staat gibt Unternehmen Geld (v.a. Lufthansa & TUI)

  • Wichtig: Geld geben kann (a) schenken, (b) Kredit oder (c) Beteiligung sein - oder eine Mischform, wie hier der Fall
  • 4,3 Mrd. Euro für TUI
    • Fun Fact: Das entspricht ca. 430.000€ je TUI-Mitarbeiter in DE + Kurzarbeit.
    • Großteil KfW-Kredit, teilweise Wandelanleihe und stille Einlagen
  • 9 Mrd. Euro für Lufthansa
    • über 20 % Beteiligung über Aktien, dazu auch hier Kredite, die mit 4 Prozent bis zu 9,5 Prozent bis 2027 verzinst werden

Was sind die befürchteten Risiken?

1. Schuldenlast für nachfolgende Generation

  • Deutschland hat immer noch vergleichsweise niedrige Verschuldung
  • Es gibt Unterschied zwischen guten (sinnvollen) Schulden und schlechten (unproduktiven oder ineffizienten) Schulden
  • Auch schwarze Null, die in der Politik gerade sehr hoch gehalten wird, wird nicht von allen Ökonomen geteilt, die eher Investitionen fordern

2. Verschleppte Insolvenzen

  • Kredite (v.a. für Banken) können Anfang 2021 und danach ausfallen
  • Studie des IWH (Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle):
    • Vor allem Sparkassen und Genossenschaftsbanken gefährdet
    • Im optimistischsten Szenario: 6 % der Banken gefährdet
    • Im pessimistischsten Szenario: bis zu 28 % gefährdet
    • Gefährdet heißt nicht automatisch Pleite!
  • Auch Unternehmen, die Geschäfte mit solchen Unternehmen machen, können Ausfälle haben
  • Creditreform geht von aktuell 550.000 überschuldeten Unternehmen aus, bei diskutierter Aussetzung der Insolvenzpflicht bis März 2021 von 700 - 800.000
  • 2018er Schätzung: 15 % aller Unternehmen sind überschuldet 
  • Definition „Zombieunternehmen“: Nicht in der Lage Zinsen von aufgenommenen Krediten durch das operative Ergebnis zu bezahlen
  • Größte Ursache für heute höhere Anzahl: Expansive Geldpolitik
  • Risiko: Kettenreaktion, die andere gesunde Unternehmen, Lieferanten, Vermieter etc. trifft
„Die Lage verschlimmert sich von Tag zu Tag. Denn die Insolvenzen werden derzeit nur verschoben“, warnt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter Wirtschaftsforschung bei der Auskunftei Creditreform. „Dadurch könnten viele derzeit noch gesunde Firmen mit in den Abgrund gerissen werden.“ - Welt
  • Drei wichtige Einschränkungen:
    • 1. Trifft Definition auf fast alle Wachstumsunternehmen zu, auch damals und tlw. noch heute auf Amazon, Zalando, Shopify, Netflix, Spotify etc., obwohl diese definitiv keine Zombieunternehmen sind
    • 2. Es gibt nie 0 % Zombieunternehmen, sondern immer auch unrentablere Unternehmen in jeder Wirtschaftsphase
    • 3. Völlig unrentable Unternehmen bekommen auch jetzt schon keine neuen Kredite oder sind zahlungsunfähig, also insolvent
  • Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform in der WiWo zur Aussetzung einiger Insolvenzantragspflichten:
„Ich sehe diese Maßnahme sehr kritisch. Allerdings ist die nun beschlossene Variante, nach der die Regelung nur für überschuldete, nicht aber für zahlungsunfähige Unternehmen fortgesetzt wird, die am wenigsten verheerende Option.“ 

3. Wettbewerbsverzerrung

  • Wer bekommt Kredite, wer nicht? Wird wirklich auf Rückzahlung gepocht?

4. Geld fließt in Old Economy, statt in erfolgversprechende Start Ups

Schlussfolgerungen für dich als Anleger

  • Wichtig: Risiken sind eingepreist, sonst wären Bewertungen nicht so viel niedriger als bspw. in den USA.
    • KGVe MSCI Germany: 16
    • KGVe MSCI World: 21
    • Ergo: Ca. 30 % Bewertungsabschlag bei deutschen Aktien
  • Konsequenzen daraus:
    • als Einzelaktien-Anleger in betroffenen Branchen, also Reisebranche und Banken, vorsichtig sein
    • Generelles Risikobewusstsein haben: Es gibt immer Risiken
    • International investieren und diversifizieren
Tags:  | Aktien:

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Ich bin Jannes, Jahrgang 1993 und Gründer von StrategyInvest. Seit 2011 investiere ich an der Börse. Damals habe ich mein VWL-Studium mit Finanzschwerpunkt erfolgreich absolviert und bin nun seit mehreren Jahren in der Digital- und Techbranche aktiv, aktuell als Product & Strategy Lead. Ich kenne daher Investieren, Technologie und Unternehmertum aus wissenschaftlicher Sicht, aber auch aus der Praxis. Die Erkenntnisse daraus teile ich hier.

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Auszug aus dem Manifest:

Regel #15: Wir bleiben Realisten.

Wenn's schlecht läuft, dürfen wir optimistisch sein. Und wenn es gut läuft, sollten wir demütig sein. Die Börse ist ein Auf und Ab und wird es bleiben. Niemand wird dauerhaft überragen und Wunderrenditen erzielen, einige Trends werden bleiben, andere vergehen. Wir bleiben auf dem Boden und realistisch in unserer Erwartungshaltung.

zum kompletten StrategyInvest Manifest »

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