von Jannes Lorenzen

Gründer, Strategie-Lead & Investor

veröffentlicht: 8. Dezember 2021

In der Börsenwelt hat sich einiges getan. Heute:

Viel Spaß!

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Storys der Woche

📊 Das ist am Aktienmarkt passiert

Die neuesten Finanzmarkt-Updates:

🐣 Twitter-CEO Jack Dorsey tritt zurück

Jack Dorsey ist einer der bekanntesten Gründer und CEOs. Zum einen hat Twitter eine große gesellschaftliche Aufmerksamkeit, zum anderen ist er auch CEO vom Payment-Unternehmen Square. Nun hat er allerdings die Stelle als CEO aufgegeben und möchte sich vollständig aus dem operativen Geschäft rausziehen.

Die Börse hat's gefreut: Über 10% ist die Aktie gestiegen. Kritik an Dorsey gab es davor immer wieder, u.a. wegen seiner Doppel-CEO-Funktion und der schlechten Monetarisierung von Twitter. Nachfolger wird der vorherige CTO.

Dorsey hat die Mail, die er intern verschickt hat, auch auf Twitter geteilt. Lesenswert:

▇ Square wird Block, 💰 Insider-Verkäufe bei Microsoft, 💻 Zoom-Konkurrenz & 🚛 Daimler aufgeteilt

  • Microsoft-CEO verkauft Hälfte seiner Aktien: Satya Nadella, CEO von Microsoft, hat die Hälfte seiner Microsoft-Aktien verkauft. Wert: 285 Mio. US-Dollar. Kommunizierter Grund: Der Verkauf dient Nadellas privater Finanzplanung und Diversifikation. Klingt nachvollziehbar.
  • Square wird Block: Square hat sich zu "Block" umbenannt. Damit möchte Block einen Überbegriff schaffen, der die enthaltenen Unternehmen Square, Tidal und die Cash App vereint.
  • Microsoft bringt Teams Essentials: Für Videochats können kleine Unternehmen nun auch nur Microsoft Teams buchen, ohne die komplette Office-Suite mitbuchen zu müssen. Das heißt: Mehr Konkurrenz für Zoom. Zoom Pro gibt's ab 15 Dollar im Monat, Teams nun schon ab 4 Dollar im Monat.
  • Aus Daimler werden zwei Unternehmen: Daimler wird nun, wie angekündigt, das LKW-Geschäft abspalten. Für kurze Zeit wird das Daimler Truck Geschäft damit das 41. Unternehmen im DAX sein.

Inspiration

📌 Zahl des Tages

43.000 Euro

... ist ein Bitcoin heute wert. Der Bitcoin liegt damit 22% unter dem Allzeithoch.


Blick auf den Markt

📉 Starke Marktkorrektur: Wo liegen jetzt Chancen & Risiken?

Der Markt hat sich in den letzten Wochen stärker korrigiert. Dabei hat es einige Bereiche deutlich stärker, andere deutlich schwächer getroffen. Und es verrät einiges über Zyklen an der Börse.

Ich möchte einmal schrittweise durchgehen, welche Aktien stabil geblieben sind, welche stark verloren haben und wo sich Chancen ergeben. Was es nicht geben wird: Kurzfristige Prognosen. Gerade diese Zyklen zeigen, wie schwer bis unmöglich diese sind.

Blick aus der Vogelperspektive

Schaut man auf die großen Indizes ist wenig passiert: Der DAX, MSCI World oder sogar der tech-lastige Nasdaq haben ca. 6 - 7% in den letzten zwei Wochen verloren. Das ist erstmal kein besonders hoher Wert, aber an einzelnen Tagen lag auch bei diesen Indizes der Tagesverlust bei über 4%.

Wer ein Depot hat, das vor allem aus Tech, hohem Wachstum und hohen Bewertungen besteht, wird deutlichere Einschläge gespürt haben. Der Ark Innovation ETF, für viele DER Maßstab für solche Investments, ist in einem Monat ca. 25% gefallen, allein am letzten Freitag um 6%.

Aktuell sind etwa 2/3 der Aktien im Ark ETF mindestens 50% unter ihrem Allzeithoch. Drei Viertel des angelegten Geldes ist im Verlust beim Ark ETF, da viele zum Hochpunkt gekauft haben.

In einer Phase, in der viele mit steigenden Börsenkursen und neuen Allzeithochs verwöhnt wurden, verunsichern solche Verluste.

Warum sind Kurse gefallen?

Ich sehe drei Erklärungen für die gefallenen Kurse:

  1. Inflation: Vor einem Jahr lag die Inflationsrate bei 0%, heute eher bei 5 bis 6%. Viele Experten schätzen, dass es sich dabei vor allem um temporäre Effekte handelt. Mehr dazu habe ich hier geschrieben.
  2. Corona-Pandemie: Die neue Mutation des Coronavirus mit dem Namen "Omnicron" lässt die Sorge vor erneuten Lockdowns ansteigen. Das ist vor allem für Reiseaktien wie Airbnb oder Booking Holdings ein Grund für Kursverluste.
  3. Kleine geplatzte Blasen: Einige Aktien waren enorm hoch bewertet. Ich habe viele davon hier analysiert und bin oft zur Erkenntnis gekommen, dass diese mir zu teuer sind. Beispiele: PayPal, Zoom, Docusign, Peloton. Viele der Aktien sind aber einfach immer weiter gestiegen, was sich dann natürlich komisch anfühlt. Jetzt gerade zieht aber mehr Normalität in die Bewertungsniveaus ein.

Die größten Verlierer

Die größten Verluste lassen sich bei den Aktien beobachten, die am stärksten in der Coronapandemie gestiegen sind und von dieser profitiert haben. Aber: Die meisten dieser Unternehmen haben sich trotzdem gut weiterentwickelt, wodurch viele der Bewertungen heute auf einem weitestgehend normalen Niveau sind.

Zoom: 60% unter ATH

Die Aktie vom Video-Konferenztool Zoom liegt 60% unter dem Allzeithoch von Ende 2020. Mir war die Aktie damals deutlich zu teuer, die Margin of Safety bei etwa -40%:

Ist Zoom für mich persönlich eine Aktie, die ich guten Gewissens 10 Jahre in mein Depot legen möchte? Nein. [...] Ich sehe zu viele Vorteile bei [den großen Tech-Konzernen] und zu wenig Möglichkeiten bei Zoom, um das hohe Wachstum beizubehalten und die hohe Bewertung dauerhaft zu rechtfertigen.

Die Risiken sehe ich immer noch: Wird Zoom dauerhaft bestehen bleiben oder holen die Lösungen der großen Tech-Konzerne auf, sodass Zoom den Vorsprung verliert?

Was man aber heute sagen muss: Zoom ist weiter stark gewachsen, selbst im letzten Quartal noch um +35%, obwohl das Vergleichsquartal sehr stark war. Die Profitabilität ist heute mit ca. 30% Nettomarge ziemlich hoch. Der Kurs ist um 60% gefallen. Entsprechend hat sich die Bewertung jetzt bei einem KUV von 13, KGV von 40 und KCV von 30 eingependelt, was schon deutlich attraktiver aussieht.

Peloton: 70% unter ATH

Peloton bietet Fitness-Hardware und Software und war vor kurzem hier in der Analyse, nachdem die Aktie sich schon etwa halbiert hat. Auch da hat die Aktienbewertung eine verhaltene langfristige Renditeerwartung von 5% und damit eine "Margin of Safety" von -19% ergeben. Danach ist die Aktie tatsächlich noch weiter gefallen und nun 70% unter dem Allzeithoch von Ende 2020.

Auch damit - gestiegene Fundamentalzahlen, gefallener Kurs - sieht die Bewertung heute deutlich fair aus: Das KUV liegt knapp unter 3. Die Renditeerwartung im Renditerechner ist auf 7% geklettert.

Pinterest: 60% unter ATH

Die Bild-Suchmaschine und Plattform Pinterest war gerade hier in der Analyse, daher hier nur kurz aufgelistet: Die Aktie liegt ebenfalls 60% unter dem Allzeithoch, obwohl sich die Fundamentalzahlen gut entwickelt haben und der Umsatz bisher immer mind. 40% über dem Vorjahr lag. Die Bewertung sieht heute recht fair aus.

Docusign: -40% an einem Tag

Ebenfalls vor kurzem hier in der Analyse. Docusign ermöglicht digitale Signaturen und will die Agreement Cloud aufbauen. Die Aktie ist vor wenigen Tagen bei Bekanntgabe der Quartalszahlen an nur einem Tag um enorme 40% abgestürzt.

Lustigerweise kam ich in der Analyse wenige Wochen vorher zu dem Schluss, dass die Aktie nach meiner Kalkulation um 39% überbewertet ist. 

Um das klar zu sagen: Das war nicht vorhersehbar. Tatsächlich waren die Zahlen gar nicht so schlecht (Erwartungen fürs Quartal mit >40% Umsatzwachstum übertroffen, aber vorsichtiger Ausblick mit 30% Umsatzwachstum) und der Absturz allein dadurch wirkt etwas übertrieben. Auch dadurch könnte Docusign jetzt aber wieder in eine attraktivere Bewertungsregion kommen.

Fiverr: 60% unter ATH

Fiverr ist eine Freelance-Plattform. Diese war vor kurzem hier in der Analyse und eine der meistgewünschten Aktien. Das Ergebnis war eher vorsichtig und der Renditerechner hat eine Überbewertung von 30% ergeben:

Die Aktie ist innerhalb eines Jahres um 1.000% gestiegen, nach dem jüngsten Kursverlust "nur noch" um 500% gegenüber März 2020. Entsprechend ist die Aktie aber auch jetzt noch mit einem KUV von über 20 relativ teuer, wenn auch in meinen Augen nicht utopisch, bewertet.

Warum ich aktuell nicht kaufe: Ich finde das Geschäftsmodell langfristig noch zu angreifbar. Dazu fehlt mir etwas Optionalität, also konkrete und große Wachstumshebel über "mehr Nutzer, teurere Projekte" hinaus. Die Take Rate ist in meinen Augen schon jetzt am oberen Limit. Das aktuelle Wachstum drosselt sich gerade stärker und muss wieder anziehen, um die Bewertung zu rechtfertigen.

Seit der Analyse hat die Aktie 28% verloren. Auch das zeigt eher eine Rückkehr zu der fundamentalen Bewertung, die Bewertung ist jetzt also attraktiver geworden.

Oatly: 70% unter ATH

Oatly stellt Alternativen zu Milch und Milchprodukten her, die aus Hafer hergestellt werden. Zum Börsengang Ende Mai 2021 habe ich Oatly analysiert. Das Ergebnis: Spannendes Unternehmen, tolle Vision, mittelmäßiges Geschäftsmodell, zu teure Bewertung. Nach meiner Kalkulation: Etwa 50% überbewertet.

Auch in die Oatly-Aktie ist jetzt mehr Normalität eingekehrt: Im Vergleich zum Allzeithoch im Juni 2021 ist die Aktie um 70% gefallen.

Online-Möbelhandel, Square, PayPal, Cloudflare, CrowdStrike, Teladoc Health, Airbnb & Booking

  • Viele Online-Möbelhändler waren gefragt in der Coronapandemie, haben jetzt aber stärker verloren. Dazu zählen Wayfair, Westwing und Home24.
  • Finanzdienstleister Square liegt ca. 34% unter dem ATH, PayPal 38%.
  • CDN-Aktie Cloudflare liegt knapp 30% unter dem ATH von vor wenigen Wochen.
  • Cyber-Security-Unternehmen CrowdStrike liegt ca. 33% unter dem ATH. Die Earnings waren stark, aber minimal unter den Erwartungen.
  • Airbnb & Booking Holdings liegen beide etwa 17% unter ihrem ATH, allerdings auf dem Niveau von vor zwei Monaten. 
  • Teladoc Health liegt ca. 65% unter dem ATH, ist jetzt mit einem KUV von 8 auf den ersten Blick ziemlich günstig bewertet. Der Kurs liegt jetzt unter dem Niveau von Anfang 2020 vor der Coronapandemie, obwohl sich der Umsatz mehr als verdoppelt hat.
  • Die Projektmanagement-Software Asana ist um 53% in weniger als einem Monat gefallen. Vorher ist die Aktie auf ein KUV von über 60 geklettert. Ich bin großer Fan des Geschäftsmodells (und hatte deshalb auch den Konkurrenten Atlassian bis vor kurzem im Depot), fand es aber astronomisch bewertet.
  • Das Video-Marketing-Tool Vimeo ist 67% unter dem ATH, das kurz nach dem IPO erreicht wurde und ich hier analysiert habe. Ebenfalls in der Kurzanalyse war dort UiPath, das 43% unter dem ATH liegt. Beide Aktien wirkten schon in meiner Analyse überbewertet.

Wer stabil geblieben ist

Viele große und etablierte Unternehmen sind weitestgehend stabil geblieben, wie es auch die Entwicklungen der Indizes zeigen. Um einige hervorzuheben, die ich auch vorher hier behandelt habe.

FAANGM

In diesem Beitrag im April 2021 habe ich die These aufgestellt, dass die großen Tech-Aktien so attraktiv bewertet sind wie lange nicht mehr.

In meinen Augen sieht der Großteil der hier gezeigten Aktien durchaus attraktiv aus.

Alle Unternehmen haben außerdem noch Wachstumshebel, die ein solides und teilweise ein ziemlich großes Wachstumspotenzial bieten. Trotz ihrer Größe scheinen die Mega-Caps nicht an ihr natürliches Limit zu stoßen.

Auch durch die hohe Profitabilität der Unternehmen (mit Ausnahme von Amazon und Netflix) können die Unternehmen wachsen, aber hohe Summen auszuschütten oder durch Aktienrückkäufe an Aktionäre zurückzuführen.

Unterm Strich bleibe ich optimistisch bei diesen Aktien. Gerade, wer in Unternehmen investieren möchte, die es in 10 Jahren noch gibt, sollte hier fündig werden.

Wie sieht's seitdem aus?

  • Apple: +30%, zurzeit am Allzeithoch
  • Microsoft: +35%, zum wertvollsten Unternehmen der Welt geworden
  • Facebook (Meta): +10%, zuletzt leicht verloren
  • Amazon: +10%
  • Alphabet: +33%, nahe am Allzeithoch
  • Netflix: +30%

Ja, klingt langweiliger in die großen Tech-Aktien zu investieren. Die High-Growth-Aktien sahen spannender aus und sind, entgegen aller Fundamentalbewertungen, weiter gestiegen. Zuletzt sind aber die langweiligen Aktien weiter gestiegen, während viele der vorherigen Highflyer 20% und mehr verloren haben.

Solide High-Growth Aktien

Aber auch einige Aktien, die eher dem High-Growth Lager zuzuordnen sind, sind weitestgehend stabil geblieben. Dazu zählen:

  • Tesla
  • HubSpot
  • Shopify
  • HelloFresh

Fazit

Ja, es gibt Risiken. Diese können und werden auch in Zukunft noch für Unsicherheit sorgen.

Wer Aktien nur deshalb kauft, weil sie zuletzt gut gelaufen sind und jegliche Fundamentalzahlen ignoriert, läuft umso mehr in Gefahr starke Rückschläge zu erleiden.

Viele Tech-Aktien, die gute Geschäftsmodelle haben, in meinen Augen aber lange überbewertet waren, scheinen nun wieder eine Überlegung wert. Wer also in Tech- und Wachstumsaktien investieren möchte, könnte aktuell durchaus fündig werden.


Inspiration

👴 Börsenweisheit des Tages

"Wenn alle Aktien steigen, triffst du viele Leute, die glauben, sie seien begnadete Börsenexperten." - Peter Hohl

✌️ Das war es mit dem heutigen Briefing. Danke, dass du dabei bist!

Disclaimer: Die Inhalte stellen keine Anlageberatung, Kauf- oder Verkaufsempfehlungen dar, sondern spiegeln nur meine persönliche Meinung wider. Jede Investition ist mit Risiken verbunden, die du selbst prüfen musst. Es gibt keine Garantien. Ich kann selbst in besprochene Aktien investiert sein. * Bei Partnerlinks erhalte ich ggf. eine Provision.

Für deinen Wissensaufbau: Alle Know How Beiträge | Videokurs | Anlagestrategie in 20 Punkten

Ich bin Jannes, Jahrgang 1993 und Gründer von StrategyInvest. Seit 2011 investiere ich an der Börse. Damals habe ich mein VWL-Studium mit Finanzschwerpunkt erfolgreich absolviert und bin nun seit mehreren Jahren in der Digital- und Techbranche aktiv, aktuell als Product & Strategy Lead. Ich kenne daher Investieren, Technologie und Unternehmertum aus wissenschaftlicher Sicht, aber auch aus der Praxis. Die Erkenntnisse daraus teile ich hier.

Online-Kurs zur Aktienbewertung: Aktienbewertung-Masterclass →

Wo ich Aktien & ETFs kaufe: Meine Empfehlungen →

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Auszug aus dem Manifest:

Regel #9: Wir schätzen Tiefe.

Wir brauchen nicht noch mehr News, Kursticker, Alertings oder Geheimtipps. Das brauchen nur Medien. Wir brauchen mehr durchdachte Informationen, fundiertes Know-how und klare Gedanken. Mehr Tiefe, weniger ablenkendes Börsengeschrei.

zum kompletten StrategyInvest Manifest »

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