von Jannes Lorenzen

Gründer, Strategie-Lead & Investor

veröffentlicht: 21. Juli 2022

In der Börsenwelt hat sich einiges getan. Heute:

Viel Spaß!

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Storys der Woche

📊 Microsoft x Netflix, BYD überholt Tesla, VW entlässt Diess, IBM & HelloFresh verlieren nach Earnings

  • x : Es wurde bekannt gegeben, dass Microsoft der technologische Partner für Netflix' Werbelösung wird.
  • überholt : Das chinesische E-Auto-Unternehmen BYD hat in der ersten Jahreshälfte 2022 etwa 640.000 Autos verkaufen können, Tesla durch Fabrikschließungen nur 560.000. Damit ist BYD die Nummer 1 - und hat zuletzt auch VW im Börsenwert überholt. Aber: Etwa die Hälfte der Autos von BYD sind Hybride, keine reinen Elektroautos.
  • Earnings: IBM verliert etwa 8% im Kurs nach den Earnings. In den Wochen davor ist der Kurs allerdings recht gut gelaufen und im fallenden Markt sogar gestiegen.
  • Earnings: Der Kurs verliert 9%. Wachstum bei 26% YoY. Adj. EBITDA positiv, leicht unter Vorjahr aber über Erwartungen. Die Erwartungen für Q2 bleiben positiv, für das Gesamtjahr wurden sie nach unten korrigiert: 18 - 23% Wachstum statt 20 - 26% in konstanten Währungen, effektiv durch gestiegenen US-Dollar mehr. Adj. EBITDA soll bei 460 - 530 Mio. liegen, davor waren 500 - 580 Mio. angepeilt.
  • Tesla Earnings: Tesla liefert wieder gutes Wachstum über 40%, ist im Umsatz aber unter dem Vorquartal. Der Kurs hat leicht profitiert. Weiterhin dämpfen Fabrikschließungen das Quartalsergebnis. Der Cashflow ist deutlich positiv. Und: Tesla hat etwa drei Viertel des Bitcoin-Bestands im abgelaufenen Quartal, vermutlich für einen leichten Verlust, verkauft.
  • VWs CEO-Wechsel: Es hat sich lange abgezeichnet und ich habe schon ausführlicher darüber geschrieben, nun kommt das Timing doch etwas überraschend. VW-Chef Diess dankt zum September ab. Nachfolger wird Porsche-Chef Oliver Blume.

Praxiseinblick & Gedanken

📺 Netflix: Kurs steigt, die Zahlen unter der Haube schwächeln

Netflix hat Zahlen veröffentlicht. Durch den Absturz der Aktie wurden sie besonders erwartet.

Zahlen

Die Umsatzerwartungen wurden leicht unterboten - 7,97 Mrd. Dollar statt 8,04. Umsatz liegt damit 9% über Vorjahr (13% währungsbereinigt). Der Gewinn pro Aktie fiel etwa 10% höher aus als erwartet, allerdings durch einen nicht-operativen Effekt.

Netflix hat vorher prognostiziert, dass 2 Mio. Abonnenten verloren werden. Am Ende wurde es nur eine knappe Million.

Die finanziellen Erwartungen für Q3 wurden leicht heruntergeschraubt, eine Million Abonnenten sollen allerdings wieder dazugewonnen werden. Insgesamt hat es für einen leichten Kursanstieg von 7% gesorgt.

Der operative Cashflow ist nach wie vor positiv mit 100 Mio. Dollar, der Free Cashflow noch leicht positiv bei 13 Mio. Aber: Die aktienbasierte Vergütung ist auf 150 Mio. Dollar gestiegen und wird dort nicht berücksichtigt.

Für das gesamte Jahr soll der Free Cashflow bei 1 Mrd. Dollar liegen.

Strategie

Netflix trifft der Wechselkurs negativ. Über die Hälfte der Umsätze erzielt Netflix außerhalb des USA und damit nicht im US-Dollar, der zuletzt quasi gegenüber allen anderen Währungen aufgewertet hat.

Die Werbelösung soll im ersten Halbjahr 2023 an den Markt gehen.

While it will take some time to grow our member base for the ad tier and the associated ad revenues, over the long run, we think advertising can enable substantial incremental membership (through lower prices) and profit growth (through ad revenues).

Die Monetarisierung vom Account Sharing wird in Südamerika getestet. Für eine zusätzliche Gebühr können weitere Nutzer dann regulär den Gemeinschaftsaccount weiternutzen.

Die Skaleneffekte ziehen weiter an. Demnach sinken die Ausgaben für Content im Verhältnis zu den Abschreibungen auf diesen, nachdem diese bis 2019 immer weiter gestiegen sind, vor allem durch eigene Produktionen.

Meine Meinung

Für viele, die den Untergang von Netflix befürchtet haben, sehe ich hier die erwartete Entwarnung. Die Wachstumsphase ist vorbei, aber Netflix fängt sich und bereit wichtige strategische Initiativen vor.

Aber kurzfristig kostet das Geld, die Abonnenten gehen noch leicht zurück. Das Risiko ist damit höher. Ich finde Netflix eher fair bewertet, aber auch kein Schnäppchen.


😱 Coinbase vor Problemen?

Bei der Krypto-Handelsplattform häufen sich ungewöhnliche Ereignisse. 

Einige Nutzer berichten Probleme beim Auszahlen ihres Geldes.

Außerdem hat Coinbase für ein Jahr das eigene Affiliate-Programm gestoppt. Es gibt also keine Provision mehr für Werbepartner, die Neukunden besorgen - ebenfalls ein ungewöhnlicher Schritt, der mit dem Kryptowinter und den gefallenen Kursen begründet wurde.


Chart des Tages

📉 Diese Sektoren kippen im Crash um

Der Chart des Tages: In der Dotcom-Blase sind zuerst die unprofitablen Tech-Aktien gefallen, dann der gesamte Tech-Sektor und irgendwann alle Aktien.


Praxiseinblick

🤔 Verkaufe ich jetzt meine Aktien?

Nein. Grundsätzlich glaube ich nicht an Market Timing und halte mich auch in der aktuellen Phase daran.

Wenn ich einzelne Aktien für überteuert halte, was der Fall war, verkaufe ich sie. Aber nicht den Großteil der Aktien und auch keine langfristig angelegten ETFs.

Dadurch lässt sich tatsächlich wohl Risiko reduzieren, das Anleger heute erleben. Ich glaube aber nicht, dass es die Rendite systematisch verbessert. Das hat in aller Kürze diese sieben Hauptgründe:

  1. Gewinne müssen versteuert werden und mindern den Steuerstundungseffekt. Bei gleicher Vorsteuerrendite ist die Rendite nach Steuern höher, die länger nicht versteuert wurde.
  2. Transaktionskosten.
  3. Der Verkauf jetzt würde auf Basis von Fakten passieren, die die ganze Welt bereits kennt. Ich habe nicht das Gefühl jemandem voraus zu sein.
  4. Ich habe dann immer noch keine Ahnung, wann ich wieder einsteige. Den perfekten Einstiegszeitpunkt zu treffen ist utopisch.
  5. Eine Rezession ist nicht gleichzusetzen mit einem Börsencrash oder einem Verkaufssignal, wie ich zuletzt hier gezeigt habe.
  6. Die Nachrichten sind enorm negativ. Historisch sind das die besseren Kaufzeitpunkte für langfristige Anleger.
  7. Die Nachrichten sind vor allem für Deutschland wirtschaftlich sehr negativ, weniger für die USA. Wir dürften nicht vergessen: In einem ausgewogenen Depot spielt Deutschland nur eine untergeordnete Rolle.

Inspiration

💡 Börsenweisheit des Tages

"Gewinnen kann man, verlieren muss man!" - André Kostolany

✌️ Das war es mit dem heutigen Briefing. Danke, dass du dabei bist!

Tags:  | Aktien: BYD, HelloFresh, IBM, Microsoft, Netflix, Tesla

Die Inhalte stellen keine Anlageberatung oder Kaufempfehlung dar, sondern spiegeln nur meine persönliche Meinung wider. Jede Investition ist mit Risiken verbunden. Vor jeder Investition solltest du selbst Chancen und Risiken prüfen.

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Ich bin Jannes, Jahrgang 1993 und Gründer von StrategyInvest. Seit 2011 investiere ich an der Börse. Damals habe ich mein VWL-Studium mit Finanzschwerpunkt erfolgreich absolviert und bin nun seit mehreren Jahren in der Digital- und Techbranche aktiv, aktuell als Product & Strategy Lead. Ich kenne daher Investieren, Technologie und Unternehmertum aus wissenschaftlicher Sicht, aber auch aus der Praxis. Die Erkenntnisse daraus teile ich hier.

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Auszug aus dem Manifest:

Regel #4: Wir legen mittel- und langfristig an.

Die Finanzwissenschaft weiß längst: Je mehr getradet und je öfter ins Depot geschaut wird, desto schlechter die Rendite. Market Timing, also Einschätzen kurzfristiger Marktbewegungen, funktioniert nicht und richtet mehr Schaden als Nutzen an.Langfristig anlegen ist erfolgversprechender und entspannter. Und: Es ist der einzige Anlagehorizont, der logisch zu einer fundamentalen Bewertung, an die sich der Aktienkurs mit der Zeit im Optimalfall annähert, passt.

zum kompletten StrategyInvest Manifest »

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