von Jannes Lorenzen

Gründer, Strategie-Lead & Investor

veröffentlicht: 8. Juni 2022

In der Börsenwelt hat sich einiges getan. Heute:

Viel Spaß!

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📱 Apple als Software-Betriebssystem? Neuheiten von der Entwicklerkonferenz

Apple macht eine Entwicklerkonferenz und andere Unternehmen, vor allem Start Ups, zittern. Ganze Geschäftsmodelle stehen auf dem Spiel, wenn Apple ankündigt, wie sie Software und Hardware weiterentwickeln.

Auf der Entwicklerkonferenz geht es vor allem um Software. Was hat Apple angekündigt?

  • Neue Betriebssysteme für quasi alle Geräte. Schickere Sperrbildschirme, mehr künstliche Intelligenz für Bilder und Suche, Schlaftracking bei der Apple Watch, das iPhone als Webcam von Macbooks und vieles mehr.
  • Neue Geräte, beispielsweise ein MacBook Air mit der neuen M2-Generation des eigenen Chips. Noch schneller, noch effizienter.
  • Apple CarPlay als Betriebssystem für Autos? Genau das bahnt sich jetzt an. Demnach möchte Apple die Software noch tiefer in die Funktionen des Autos integrieren. Das analysiere ich gleich detaillierter.
  • Apple Pay Later: Ich habe bereits über den "Buy now, pay later" Trend und große Akquisitionen geschrieben. Nun bietet Apple genau das selbst an. Eine Zahlung wird dabei auf mehrere kleinere Ratenzahlungen aufgeteilt, ohne dass dadurch Zusatzkosten entstehen.

Es zeigen sich drei Trends, die wir schon in der Apple Aktienanalyse gesehen haben:

  1. Apple stärkt das eigene Ökosystem weiter.
  2. Apple geht stärker in den Payment-Bereich und integriert als Feature das, was andere Firmen wie Klarna und Affirm als ganzes Geschäftsmodell haben.
  3. Apple könnte nicht nur ein eigenes Auto bauen, sondern der Softwareanbieter der Automobilbranche werden.

Apple CarPlay: Was passiert da gerade?

Die Zukunft der Automobilbranche dreht sich um Software und Elektromobilität. Apple überlegt, selbst in den Automobilmarkt einzusteigen. 7 Auswirkungen davon habe ich schon im Januar 2021 hier beschrieben.

Das Herstellen des Autos ist teuer und kapitalintensiv. Die Software dagegen kommt mit hohen Margen, wenn sie einmal entwickelt wurde und kann theoretisch auf unbegrenzt viele Autos ausgerollt werden.

Das ist eine große Stärke von Tesla und der Punkt, an dem andere Unternehmen gerade eher scheitern und dadurch Modelle verzögern, teilweise um Jahre - siehe gleich folgender Punkt zu Volkswagen und der McKinsey Analyse dazu.

Apple CarPlay ist schon jetzt in Autos integriert. Es ist eine eigens entwickelte Integration, mit der iPhones (analog zu Android-Smartphones über Android Auto) mit dem Auto verbunden werden und die eigenen Navigationsdienste oder Musik gehört und gesteuert werden können.

Die vorgestellte Neuerung ist nun, dass CarPlay noch tiefer im Auto Daten abschöpft bzw. es überhaupt macht. Vorher war es vor allem vom iPhone zum Auto, nun liefert auch das Auto Daten zurück: Die Fahrleistung, die Geschwindigkeit, die Tankanzeige und mehr.

Und Apple hat schon einige namhafte Hersteller an Bord: Mercedes-Benz, Porsche, Ford, Audi, Nissan, Volvo und weitere.

Was könnte jetzt passieren?

Bisher ist es nur eine Ankündigung. Ich sehe zwei Hauptfragen:

  1. Wie weit wird Apples die eigene Software ausbauen? Simple Fahrparameter zu bekommen ist die eine Sache, Steuerung über Lüftung, Fahrstil und möglicherweise autonomes Fahren eine andere. Kann Apple das überhaupt als externe Partei?
  2. Wollen Automobilhersteller diese Allianz eingehen? Die Automobilhersteller haben Probleme mit Software. Wenn sie die Software an Apple auslagern, fehlt ihnen womöglich ein großes Differenzierungs- und Margenpotenzial. Auf der anderen Seite könnten sie so schneller sein und womöglich von Apples Softwareexpertise profitieren. Werden die Hersteller so viel Integration also erlauben - oder wollen sie diese sogar explizit?

Was sollten deutschen Automobilhersteller jetzt tun?

Apple ist dadurch so stark geworden, dass es die Hardware (bspw. das iPhone) und die Software (iOs als Betriebssystem) besitzt. Im jetzigen Szenario besitzen die Automobilhersteller die Hardware, Apple könnte die Software übernehmen.

Ich glaube: Kurzfristig können (deutsche) Automobilhersteller davon profitieren, langfristig ist es ein Risiko.

Aktuell geht es vor allem darum, überhaupt zu beweisen, dass preiswerte E-Autos mit ausreichend Reichweite und guter Software verkauft werden können. Bei diesem Beweis kann Apple helfen. Also: Integration erlauben, um Absätze und Kundennutzen zu erhöhen und den Abstand zu Tesla nicht noch größer werden zu lassen.

Langfristig ist das Geschäft zu wichtig um es Apple zu übergeben. Ich würde daher parallel weiter an der eigenen Software entwickeln. Die Softwareexpertise ist geringer als bei Apple, aber VW ist hier in der Lage - wie Apple im Smartphone-Markt - Hardware und Software optimal aufeinander abzustimmen und besser, als Apple es kann.

Für Apple ist es ebenfalls gut: Sie könnten Zusatzerlöse erzielen oder, noch wahrscheinlicher, Daten sammeln. Sollten sie ein eigenes Auto entwickeln, steht das Betriebssystem schon bereit.


🚗 Teslas Turbulenzen: Home Office, Vorwürfe, Kündigungen & Skandale von Elon Musk

Aktuell erlebt Tesla eine Kontroverse nach der anderen. Auch der Aktienkurs, der sonst nur nach oben ging, musste sich dem Marktdruck hingeben und liegt 38% unter dem Allzeithoch.

Was ist passiert?

  • Elon Musk will Twitter kaufen, dafür Tesla-Aktien verkaufen, will es jetzt aber vielleicht doch nicht
  • Zahlreiche Journalisten veröffentlichten ihre Erfahrungen mit Tesla, wo sie eingeschüchtert wurden oder nur dann Informationen erhielten, wenn sie wohlwollend über Tesla berichten
  • Elon Musk wurde bezichtigt, eine SpaceX Mitarbeitern um sexuelle Handlungen gebeten und dafür finanzielle Vorteile in Aussicht gestellt zu haben - was nicht geklärt, sondern durch eine Zahlung von Musk beigelegt wurde
  • Elon Musk schreibt, dass jeder Mitarbeiter mindestens 40 Stunden die Woche im Office arbeiten soll, sprich: Kein Home Office
  • Elon Musk kündigt kurz danach an, 10% der Mitarbeiter entlassen zu wollen. Auch die Jobangebote gehen deutlich zurück. Kurz danach twittert er, dass dies nur Mitarbeiter im Management, nicht in den Fabriken betrifft

📊 Zinserhöhungen, COO-Rücktritt bei Meta, Earnings von CrowdStrike & Okta, Rotation im DAX & VWs Softwareverzug

  • Meta COO Sandberg tritt zurück: Die Nummer 2 im Meta-Konzern, Sheryl Sandberg, ist nach 14 Jahren zurückgetreten.
  • CrowdStrike Earnings: Hohe Erwartungen erfüllt. Umsatz um 61% über Vorjahr. Kurs weitestgehend unverändert.
  • Okta Earnings: Prognosen mit einem Umsatzplus gegenüber Vorjahr von 65% übertroffen, der Kurs ist 10% gestiegen.
  • Vorsichtigere FED? Aktuell liegen die US-Zinsen bei 0,75% bis 1%. In der letzten Sitzung wurde sichtbar, dass die Anstiege wohl etwas zögerlicher werden, eher 0,5% als 0,75%.
  • Zinserhöhung von EZB: Nach Jahren fallender und stagnierender Zinsen hat die EZB nun verkündet, den Leitzins im Juli um 0,25 Prozentpunkte anheben zu wollen. Allerdings hat der Markt einen Straffung der expansiven Geldpolitik erwartet.
  • Austausch im DAX: Delivery Hero fliegt nach dem Kurssturz der letzten Monate aus dem DAX. Ein alter Bekannter kehrt dafür wahrscheinlich zurück: Der Nivea-Creme-Hersteller Beiersdorf.
  • VWs Softwareverzug: Das Manager Magazin berichtet, u.a. auf Basis einer VW-internen McKinsey Analyse, dass die Softwarebasis Cariad langsamer vorankommt als geplant. Innerhalb des VW Konzerns gibt es unterschiedliche Anforderungen der Marken, teilweise ungenügend spezifizierte Anforderungen, zu wenig Softwarekompetenz in der Führungsebene. All das führt zu Verzögerungen, die Mehrkosten im einstelligen Milliardenbereich verursachen.
  • 💳 Apple und Block machen gemeinsame Sache: Apple erlaubt es Block (vorher Square) eine Integration für ein "Tap to pay" Feature zu entwickeln. Wie genau das aussieht ist noch unklar, der Aktienkurs hat sich gefreut. Die Freude währt aber wohl nur kurz: Die Entwicklerkonferenz und der Einstieg in den "Buy now, pay later" Markt zeigt, dass Apple immer mehr eine Bedrohung ist.

🤥 Frank Thelen: Ein Scharlatan?

Auf dem öffentlich-rechtlichen YouTube-Kanal STRG_F ist eine Reportage über Frank Thelen erschienen, Deutschlands wohl bekanntesten Tech-Investor und Initiator des millionenschweren 10xDNA-Fonds.

Darin gibt es einige Vorwürfe:

  • Frank Thelens Fonds performt schlecht
  • Frank Thelen hat unrealistische Versprechungen gemacht
  • Frank Thelen hat für Start Up Investments geworben, während er selbst verkaufen wollte

Ich habe die Reportage auf YouTube ausführlich (~50min) kommentiert. Meine Meinung in Kürze:

Das Bewerben der Start Up Investments ist problematisch. Gerade deshalb, da Start Ups noch mehr Risiken haben als Aktien und nur wenige Privatanleger das einschätzen können. Dazu kommen merkwürdige Timings und Dokumente, die nahelegen, dass Thelen nicht so überzeugt war, wie er es nach außen getan hat.

Unrealistische Versprechungen gab und gibt es ebenfalls. Er spricht von einer Verdreifachung und Vervierfachung des Fonds - bis heute hat der Fonds sich knapp halbiert. Er sagt, dass er überzeugt ist, dass 95% seiner Investmentthesen in den nächsten fünf Jahren aufgehen werden - eine Trefferquote, die selbst Warren Buffett erblassen lassen würde.

Die Performance des Fonds ist nicht gut, aber es gab auch andere Tech-Fonds, die deutlich schlechter performt haben. Außerdem muss man ihm zu gute halten: Es ergibt keinen Sinn, eine mittel- oder langfristig angelegte Anlagestrategie schon nach einem Jahr, gerade in einer starken Korrektur, zu bewerten oder als "Geld verloren" abzustempeln.

Die Reportage selbst ist noch ausführlicher, enthält noch mehr Punkte, von denen ich einige teile, einige überzogen oder falsch dargestellt finde. Für jeden, der Angst vor Verlusten hat, sich für Frank Thelen, Tech-Aktien oder Start Up Investments interessiert, eine Empfehlung.


Inspiration

💡 Börsenweisheit des Tages

"Wenn man billig einkauft, muss man Geduld mitbringen und abwarten, bis der Markt einem zustimmt." - Benjamin Graham

✌️ Das war es mit dem heutigen Briefing. Danke, dass du dabei bist!

Disclaimer: Die Inhalte stellen keine Anlageberatung, Kauf- oder Verkaufsempfehlungen dar, sondern spiegeln nur meine persönliche Meinung wider. Jede Investition ist mit Risiken verbunden, die du selbst prüfen musst. Es gibt keine Garantien. Ich kann selbst in besprochene Aktien investiert sein. * Bei Partnerlinks erhalte ich ggf. eine Provision.

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Ich bin Jannes, Jahrgang 1993 und Gründer von StrategyInvest. Seit 2011 investiere ich an der Börse. Damals habe ich mein VWL-Studium mit Finanzschwerpunkt erfolgreich absolviert und bin nun seit mehreren Jahren in der Digital- und Techbranche aktiv, aktuell als Product & Strategy Lead. Ich kenne daher Investieren, Technologie und Unternehmertum aus wissenschaftlicher Sicht, aber auch aus der Praxis. Die Erkenntnisse daraus teile ich hier.

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Auszug aus dem Manifest:

Regel #11: Wir wissen, dass es nicht nur um uns geht.

Unternehmen sind nicht nur für die Aktionäre da, sondern haben eine Verantwortung gegenüber ihren Mitarbeitern und der Gesellschaft.Ich bin fest überzeugt: Menschen haben individuelle Ansichten und Motive. Zum Glück. Und Unternehmen sind selten komplett gut oder komplett schlecht - und auch diese Einschätzung ist oft individuell und nicht einfach zu treffen. Aber: Wer es sich leisten kann, sollte destruktive Geschäftsmodelle, deren Erfolg automatisch eine schlechtere Welt bedeuten würde, nicht unterstützen. Es gibt dann immer noch mehr als genug Möglichkeiten.

zum kompletten StrategyInvest Manifest »

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