von Jannes Lorenzen

Gründer, Strategie-Lead & Investor

veröffentlicht: 27. April 2022

In der Börsenwelt hat sich einiges getan. Heute:

Viel Spaß!

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📊 Plug Power x Walmart, Bill Gates shortet Tesla, Earnings von Netflix, Tesla, Alphabet, Microsoft & ASML

Die neuesten Finanzmarkt-Updates:

  • Netflix stürzt ab: Die Aktie stürzt nach enttäuschenden Zahlen ab. Nur 9,8% Umsatzwachstum, quasi stagnierende Nutzerzahlen, die im nächsten Quartal um 2 Mio. fallen sollen.
  • Tesla liefert ab: Tesla liefert wieder stark ab. Umsatz 81% über Vorjahr. Die Produktion soll dieses Jahr um 60% steigen. Viele Analysten sind verwundert, dass die Kosten runtergegangen sind und schwanken zwischen Bewunderung und dem Verdacht auf buchhalterische Tricks.
  • ASML solide: Das Unternehmen, das die Halbleiterindustrie mit Maschinen versorgt, ist weiter voll ausgebucht. Die Produktion soll bis 2025 um 25% höher ausfallen als geplant. Das neueste Quartal wurde am oberen Ende der Erwartungen abgeschlossen.
  • Plug Power x Walmart: Es wurde bekannt, dass Plug Power nun auch Walmart mit Wasserstoff versorgt. Der Aktie gab es im allgemeinen Abwärtstrend einen kleinen Schub nach oben.
  • Alphabet Zahlen: Umsatz +22%, Gewinn leicht niedriger als im Vorjahr. Die Erwartungen wurden leicht verfehlt, die Aktie fällt nachbörslich um 5%. Die Cloud ist mit 44% stärker gewachsen als erwartet, YouTube deutlich schwächer als erhofft. Die operative Marge ist unverändert bei ~30%.
  • Bill Gates vs. Elon Musk: Musk hat Bill Gates beschuldigt Tesla zu shorten. Für Musk wohl Anlass genug sich auf Twitter über Gates lustig zu machen und philanthropische Aktionen mit Gates auszuschließen.
  • Microsoft Zahlen: +18% im Umsatz, +8% im Gewinn. Das Cloud-Geschäft ist um 32% gewachsen. Die Aktie schwankt leicht, aber weitestgehend unverändert.

Earnings-Ausblick: In den nächsten Tagen reporten Meta, Spotify, PayPal, Apple, Amazon, Intel, Atlassian, Etsy, Twilio, DigitalOcean, Zendesk, Vimeo, HubSpot, Cloudflare, Datadog und weitere. Den Überblick gibt's hier. Das wird enorm spannend!


💰 Elon Musk will Twitter übernehmen & 💊 Twitter schluckt die Giftpille

Bei Twitter und Elon Musk überschlagen sich die Ereignisse. Ein kurzer Zeitstrahl:

  • Elon Musk fragt bei Twitter, ob Twitter sich ausreichend für freie Meinungsäußerung einsetzt. Diese Umfrage werde "wichtige Konsequenzen" haben.
  • Danach kaufte Elon Musk einen Anteil von 9,2% an Twitter. Einen Sitz im Aufsichtsrat lehnte er ab.
  • Kurz danach hat er bei der SEC ein Kaufangebot für 100% der Twitter-Anteile vorgelegt. Dabei hat er 54% Kursaufschlag ggü. dem Tag geboten, an dem sein erster Kauf öffentlich wurde.

Was will Elon Musk mit Twitter?

Er will - wie auch immer - freie Meinungsäußerung fördern. Einige angedeutete Wege von ihm sind bspw. eine Offenlegung vom Feed-Algorithmus und Nachverfolgbarkeit von Änderungen.

Dabei gibt es selbst viele Berichte, dass Tesla Kritiker und ehemalige Mitarbeiter immer wieder juristisch zum Schweigen bringt. Auch ob Twitter in der Hand einer einzigen Person, privat gehalten, dafür besser gerüstet ist als in der Hand von vielen Aktionären halte ich für zweifelhaft.

Was passiert jetzt?

Sowohl das Twitter Board, als auch die Aktionäre, müssen das Angebot von Elon Musk annehmen. Danach sieht es aber aktuell nicht aus. Im Gegenteil: Der Verwaltungsrat hat eine sogenannte "Giftpille" (Poison Pill) beschlossen.

Diese wird aktiv, wenn eine Person ohne Zustimmung des Vorstands mindestens 15% der Anteile eines Unternehmens kauft. Dann haben alle anderen Aktionäre die Chance neue Aktien mit einem Kursabschlag zu kaufen, um damit eine Übernahme zu erschweren. Dadurch sinkt wiederum der Anteil des neuen Käufers.

Das würde Twitter freiwillig nicht machen, ist aber eine Maßnahme, um die Übernahme zu erschweren und zu zeigen, dass sie nicht gewünscht ist.

Ob Elon Musk sich so einfach zufrieden gibt? Wir werden sehen.


🪴 Nestlé kauft Ankerkraut: Eine Lektion für Anleger über Branding

Ankerkraut verkauft Gewürzmischungen, ist vor allem aus Die Höhle der Löwen bekannt. Nun wurde Ankerkraut - mutmaßlich für einen 3-stelligen Millionenbetrag - verkauft. An niemand geringeren als das börsennotierte Nestlé.

Dadurch kam es zu einem Shitstorm, viel Kritik und gekündigten Influencer-Partnerschaften. Viele können nicht verstehen, wie Ankerkraut nun mit einem Unternehmen wie Nestlé gemeinsame Sache machen kann.

Abseits davon verrät uns das etwas Spannendes über die negativen Auswirkungen von Marken.

Wir kennen starke und positiv aufgeladene Marken. Netflix, Apple oder Airbnb.

Wir kennen aber auch Marken, mit denen wir eher negative Assoziationen haben. Facebook, Nestlé, Philip Morris.

Das Ankerkraut-Beispiel zeigt in der Praxis, wie so ein schlechtes Image (ob berechtigt oder unberechtigt) das eigene Geschäft erschweren kann.

  • Akquisitionen werden prinzipiell abgelehnt oder Nestlé muss deutlich mehr bieten, damit aufgekaufte Unternehmen den Image-Schaden in Kauf nehmen.
  • Einige Marketing-Kanäle wie Influencer Marketing werden enorm schwer zu bespielen.
  • Einige Mitarbeiter wollen prinzipiell nicht zu einem Unternehmen wie Nestlé - oder nur dann, wenn sie mit überdurchschnittlichem Gehalt entschädigt werden.

All das kann (a) Umsätze und Wachstumsinitiativen erschweren und (b) Kosten erhöhen.

Das Investieren in die eigene Marke und das eigene Image produziert kurzfristig vor allem Kosten, kann sich aber langfristig enorm auszahlen - oder es wird bestraft, wenn es nicht stattfindet oder die Marke der kurzfristigen Profitmaximierung geopfert wird.


💸 Depotupdate: Drei Nachkäufe

Ich habe im April bisher drei Aktien nachgekauft, die ich bereits im Depot habe. Es sind drei Unternehmen, die wachsen, deutlich profitabel und in meinen Augen gerade attraktiv bewertet sind.

Sortiert von größtem zu kleinstem Nachkauf:

  • Alphabet. Gekauft zu 2.265€ (vor den Earnings).
  • Etsy. Gekauft zu 107,04€.
  • Meta. Gekauft zu 173€.

Da bei allen jetzt neue Earnings anstehen können diese Aktien gerade besonders volatil sein, vor den Earnings zu kaufen ist also recht riskant. Ich habe es hier getan - mit langfristigem Anlagehorizont - und bin umso gespannter, was die Zahlen zeigen.


📈 Der Inflationsirrtum

Die aktuelle Inflation hat wohl jeder mitbekommen. Ich sehe gerade viele Tipps & Strategien, wie man sich jetzt vor Inflation schützen soll.

Es gibt da einige grundsätzlich richtige Punkte, aber auch viel Unsinn bzw. auch unrealistische Versprechungen, die da gemacht werden. Selbst die, die Tipps geben, scheinen Inflationsschutz nicht ganz verstanden haben.

Dabei gibt es vor allem einen Punkt, den kaum jemand erwähnt, obwohl er einer der wichtigsten dabei ist: Inflationserwartungen.

Die Rolle von (un)erwarteter Inflation

Wer in Assets investiert, die potenziell vor Inflation schützen können - Rohstoffe, Edelmetalle, Immobilien, Aktien, inflationsgesicherte Anleihen - schützt sich kaum vor der aktuellen Inflation, sondern vor allem vor unerwarteter Inflation.

Wenn der Markt erwartet, dass die Inflation über ein Jahr bei 10% liegt, werden Rohstoffpreise schon heute 10% steigen. Wer heute also kauft, schützt sich nicht vor dieser Inflation, da der Preis ja schon gestiegen ist.

Wenn die Inflation 15% beträgt, der Markt aber 10% erwartet, gibt es 5% unerwartete Inflation. Gegen diese können diese Assets dann schützen. Nicht oder kaum gegen die Inflation, die heute schon jeder kennt.

Vereinfachtes Beispiel: Vorher konntest du einen Liter Benzin für 1,50€ tanken. Jetzt liegt dieser bei 2€. Hier gibt’s also 25% Preissteigerung, also „Inflation“. Vor diesen 25% kannst du dich nicht mehr schützen, wenn du jetzt für 2€ den Liter Benzin bei dir im Keller bunkerst. Das schützt dich nur davor, dass der Preis unerwartet noch steigt, bspw. auf 2,50€. Wenn der Preis wieder auf 1,50€ fällt kannst du aber auch Geld verlieren.

Und wenn der ganze Markt erwarten würde, dass der Preis in einer Woche von 2€ auf 2,50€ steigt, werden alle heute schon kaufen und der Preis wird dadurch sofort steigen. Die Erwartung ist sofort im Preis enthalten.

Welche Inflation ist heute eingepreist?

Das lässt sich recht simpel berechnen. Die erwartete Inflation entspricht der Renditedifferenz von Staatsanleihen mit Fix-Zins zu inflationsindexierten Staatsanleihen.

Diese deutsche Bundesanleihe mit einer Restlaufzeit von knapp einem Jahr liegt aktuell bei einer Umlaufrendite (bzw. effektiven Rendite) von -0,29% p.a.

Eine identische Bundesanleihe, die zusätzlich einen Zins in Höhe der Inflationsrate auszahlt, liegt bei einer Umlaufrendite von -5,99% p.a.

Was verrät uns das?

  • Die erwartete, heute eingepreiste Inflation liegt bei 5,7%. Wenn diese Inflationsrate eintritt schneiden beide Staatsanleihen, ob inflationsgeschützt oder nicht, identisch ab.
  • Wenn die Inflationsrate der nächsten 12 Monate über 5,7% liegt, profitiert die inflationsgeschützte Anleihe.
  • Wenn die Inflationsrate allerdings niedriger ausfällt, bspw. 4%, ist das immer noch eine hohe Inflation, dann schneidet die inflationsgeschützte Anleihe aber um 1,7% schlechter ab.

Die Berechnung beruht auf inflationsgeschützten Anleihen, es ist aber davon auszugehen, dass diese Erwartung dann überall an den Finanzmärkten eingepreist ist.

Falsches Timing bei Inflationsschutz

Mittlerweile weiß jeder, dass wir eine Inflation haben. Die liegt aktuell bei ~8%. Der Markt erwartet, dass diese noch etwas weitergeht - und genau das ist schon heute in den Preisen all dieser Anlagemöglichkeiten enthalten.

Schauen wir uns Google Trends an sehen wir: Die meisten Menschen interessieren sich für Inflation (und Inflationsschutz), erst dann, wenn es Inflation gibt.

Dabei muss Inflationsschutz dauerhaft passieren und auch dann - bzw. gerade dann - wenn es keine gibt. Eine meiner ersten Podcast-Folgen 2017 ging darum, das Inflationsrisiko zu verstehen. Damals wirkte das vielleicht wie eine unbegründete Sorge, aber das war sie nicht und wird sie wohl auch nie sein.

Inflationsschutz ist immer wichtig

Mit Inflation lässt sich gut umgehen, zumindest solange wir keine ungezügelte Hyperinflation erleben - was wir aktuell noch nicht tun. Dafür darf man aber nicht erst hektisch aktiv werden wenn es zu spät ist, sondern sollte immer ein Depot aufbauen, das auch auf solche Situationen vorbereitet ist.

Inflationsschutz ist wichtig, aber nicht nur manchmal, sondern immer.

Wenn man sich gerade jetzt noch zusätzlich absichern möchte, ist auch das okay, man muss nur wissen, dass das eben kein „free lunch“ ist und es geschehene Inflation nicht rückgängig macht, sondern es viel mehr um die (un)erwartete Inflation geht, gegen die man sich schützt.


💡 Börsenweisheit des Tages

Wenn jemand im September 2021 gesagt hätte, dass Facebook/Meta 50%, Netflix 68% und PayPal 70% fällt, würde das kaum jemand geglaubt haben.

Jetzt wo sie gefallen sind kann sich kaum jemand vorstellen, wie sie wieder steigen. Solange es in die eine Richtung geht, geht uns für die andere Richtung die Vorstellungskraft aus.

✌️ Das war es mit dem heutigen Briefing. Danke, dass du dabei bist!

Disclaimer: Die Inhalte stellen keine Anlageberatung, Kauf- oder Verkaufsempfehlungen dar, sondern spiegeln nur meine persönliche Meinung wider. Jede Investition ist mit Risiken verbunden, die du selbst prüfen musst. Es gibt keine Garantien. Ich kann selbst in besprochene Aktien investiert sein. * Bei Partnerlinks erhalte ich ggf. eine Provision.

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Ich bin Jannes, Jahrgang 1993 und Gründer von StrategyInvest. Seit 2011 investiere ich an der Börse. Damals habe ich mein VWL-Studium mit Finanzschwerpunkt erfolgreich absolviert und bin nun seit mehreren Jahren in der Digital- und Techbranche aktiv, aktuell als Product & Strategy Lead. Ich kenne daher Investieren, Technologie und Unternehmertum aus wissenschaftlicher Sicht, aber auch aus der Praxis. Die Erkenntnisse daraus teile ich hier.

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Auszug aus dem Manifest:

Regel #10: Wir sind uns einig, uneinig zu sein.

Es gibt unzählige unterschiedliche Meinungen an der Börse und zu einzelnen Aktien. Und das ist völlig okay. Wir sehen andere Meinungen nicht als Gefahr, sondern als Bereicherung. "Agree to disagree".

zum kompletten StrategyInvest Manifest »

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