von Jannes Lorenzen

Gründer, Strategie-Lead & Investor

veröffentlicht: 16. März 2022

In der Börsenwelt hat sich einiges getan. Heute:

Viel Spaß!

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Praxiseinblick & Gedanken

📉 Wachstumsaktien auf Talfahrt - was tun?

Die Talfahrt für viele Wachstums- und hoch bewertete Tech-Aktien geht weiter. Mittlerweile stehen viele Aktien unter ihrem Vor-Pandemie-Niveau. Gleichzeitig haben sich die Erträge gesteigert und das Bewertungsniveau ist dadurch deutlich günstiger geworden.

Schauen wir auf die großen Indizes in den letzten 30 Tagen sind alle etwa 10% gefallen. Der Nasdaq steht heute ca. 20% unter den Kursen von November '21. Die großen Tech-Aktien (mit Ausnahme von Meta) sind etwas schwächer gefallen oder stabil geblieben, viele hochbewertete Aktien sind gefallen.

Woran liegt das?

  1. Zinsniveau: Gerade in den USA werden steigende Zinsen erwartet und in Aussicht gestellt. Je länger Erträge in der Zukunft liegen (wie bei Wachstumsaktien der Fall), desto stärker trifft der Effekt.
  2. Inflationssorgen: Die ohnehin schon inflationären Tendenzen werden durch aktuelle Konflikte verstärkt. Hier habe ich beschrieben, wie man damit umgehen sollte.
  3. Rückgang der Bewertungsniveaus: Viele Aktien waren vorher enorm hoch und optimistisch bewertet. Wir sehen eine Normalisierung der Bewertungsniveaus.
  4. Krieg: In der Ukraine herrscht Krieg - mit vielen geopolitisch negativen Auswirkungen, steigenden Energiepreisen, steigenden Verteidigungsausgaben etc. Das trifft viele Aktien kaum direkt, aber die Wirtschaft und Politik.

Dazu einige interessante Aktien, die erstaunliche Korrekturen verdeutlichen:

  • Zoom steht heute 12% unter dem Vor-Pandemie-Niveau. In der gleichen Zeit hat sich der Umsatz um Faktor 5 vervielfacht, die operative Marge ist von 4% auf 28% gestiegen. Aber: Auch die Konkurrenz hat zugenommen.
  • Zalando ist mit einem KUV von 1,1 bewertet. Die Aktie liegt auf Vor-Pandemie-Niveau und 5% unter dem Kurs von Mitte 2018.
  • HelloFresh ist ebenfalls nur noch mit einem KUV von 1,1 bewertet, ist profitabel und prognostiziert ein Wachstum von >20%. 
  • Shopify liegt 2% unter dem Vor-Pandemie-Kurs, obwohl es einer der größten Profiteure war.

Ich glaube:

  • Die aktuelle Zeit wird volatil bleiben und kann weitere Rückschläge bieten. Niemand hat eine Glaskugel und Versuche, kurzfristig Marktbewegungen vorherzusehen, richten meist mehr Schaden als Nutzen an.
  • Allgemein ist das Bewertungsniveau heute aber deutlich attraktiver als in den letzten 12 - 18 Monaten, in denen ich persönlich oft sehr skeptisch war und bei vielen Wachstumsunternehmen nicht auf eine attraktive Renditeerwartung kam.
  • Ich persönliche kaufe zurzeit verstärkt nach, aber nicht alle Reserven.

💰 Earnings: HelloFresh, Sixt, Salesforce, CrowdStrike, Snowflake, Okta & Zoom

Einige Earnings kurz zusammengefasst:

Aktie

Quartalszahlen

Marktreaktion

Ausblick

Sonstiges

CrowdStrike

Umsatz +63% bei 30% FCF-Marge

Umsatz +48% (GJ '23)

Ziemlich starke Zahlen, sowohl gewachsen als auch profitabler geworden

Snowflake

Umsatz +102%, NRR von 178%

Umsatz +65 - 67% (GJ '23)

Aktie ist stark gefallen, da Erwartungen enorm waren/sind und Ausblick etwas ernüchternd

Okta

Umsatz +63%, RPO +50%

Umsatz +37 - 38% (GJ '23), -10% oper. Marge

Cell

Zoom

Umsatz +21%, weiter recht profitabel

Umsatz +11% (GJ '23), 32% adj. oper. Marge

Erstmals leichter Rückgang bei Nutzern mit unter 10 Mitarbeitern

Hello Fresh

Der Kochboxversender aus Berlin hat ebenfalls neue Zahlen reportet. Diese hat die Börse nicht so gut aufgenommen, der Kurs ist leicht gefallen.

Zahlen

Umsatz +60% auf 6 Mrd. Euro, damit Erwartungen leicht übertroffen. Die EBIT-Marge liegt bei 6,5 - 7%, damit 5 Prozentpunkte unter Vorjahr.

Schlecht und dafür hauptursächlich: Die Contribution Margin ist von 28% auf 25% gesunken. Das liegt allem an leicht gestiegenen Logistikkosten.

Auch die Marketingausgaben sind im Verhältnis zum Umsatz leicht gestiegen.

Ausblick & Strategie

HelloFresh will 2022 um 20 - 26% im Umsatz wachsen und ein adj. EBITDA von 500 - 580 Mio. Euro erzielen, also ähnlich viel wie die 530 Mio. EUR aus 2021. 

Außerdem soll weiter investiert werden, vor allem in Logistikinfrastruktur, die eigene Tech- und Datenplattform sowie neue Regionen.

Sixt

Der Autovermieter aus Pullach, der viel mehr eine Mobilitätsplattform sein möchte, hat neue Zahlen präsentiert. Diese sind am Markt mit +6% gut angekommen und auch ich finde die Zahlen positiv.

Zahlen

Sixt hat das höchste Ergebnis der Geschichte mit 440 Mio. Euro vor Steuern erzielt. Der Umsatz ist um 49% auf 2,3 Mrd. Euro gestiegen. Zum Vergleich: 2019 lag bei 3,3 Mrd. Euro.

Wie konnte Sixt jetzt trotzdem so profitabel sein (+43% ggü. 2019)? Kosten gesenkt, internationalisiert, höhere Preise (da Angebotsknappheit) und ein flexibleres Geschäftsmodell durch Sharing.

Außerdem gibt's wieder Dividende für Aktionäre, ca. 3,70 Euro je Aktie.

Ausblick

Weiter internationalisieren (v.a. USA und Markteintritt Australien) und digitalisieren. Mehr E-Autos in die Flotte aufnehmen und in Ladeinfrastruktur investieren.

Nach wie vor ist es schwierig an Autos zu kommen, es kann daher Engpässe im Angebot geben.

Der Umsatz soll trotzdem deutlich gesteigert werden, das Konzern-EBT wird bei 380 - 480 Mio. Euro erwartet, also vermutlich in der Nähe oder leicht unter 2021.

Salesforce

Der Software-Riese Salesforce hat die Zahlen für Q4 '22 und das Geschäftsjahr 2022 (welches im Wesentlichen das Kalenderjahr 2021 umfasst) veröffentlicht.

Zahlen

Umsatz in 2022 um +25% auf 26,5 Mrd. Dollar gestiegen, die operative Marge ist gleich geblieben. Der operative Cashflow liegt bei 6 Mrd. Dollar, also 23% Marge.

Alle fünf Segmente von Salesforce sind gewachsen, am stärksten "Platform & Other", zu dem u.a. das B2B-Kommunikationstool Slack gehört.

Im letzten Quartal ist der Umsatz um 26% gewachsen, also leicht gestiegenes Wachstum.

Ausblick & Strategie

Die ausstehenden Umsätze (RPOs) sind nur 21% gestiegen, also leicht unter Umsatz, was schon ein etwas langsameres Wachstum ankündigt.

Für GJ23 wird ein Umsatz von 31 bis 32 Mrd. Dollar angepeilt, also +21% Wachstum. Für Q1 '23 sollen es 24% Umsatzwachstum YoY werden.

Auch die operative Marge soll steigen, der operative Cashflow proportional zum Umsatz wachsen.

Meine Einschätzung

Kenne viele Produkte von Salesforce (Salesforce selbst, Slack, Tableau etc.) aus der Praxis. Enorm hohe Lock-In, Netzwerk- und Skaleneffekte. Bin daher auch schon länger in Salesforce investiert.

Die Zahlen jetzt gefallen mir unterm Strich gut. Salesforce wächst solide und hat hohe Qualität, ist aber in meinen Augen nicht unbedingt ein Schnäppchen, sondern aktuell recht fair bewertet.

Disclaimer: Keine Anlageberatung.

Was sagt die Börse?

Die Aktie ist nach den Earnings leicht um 3% gestiegen.


Storys der Woche

📊 Amazons Aktiensplit, Alibaba & Tencent fallen, russischer Aktienhandel steht still

  • Amazons Aktiensplit: Amazon wird einen Aktiensplit im Verhältnis 20:1 vollziehen, hat gleichzeitig eine Ausweitung des bisherigen Aktienrückkaufprogramms bekannt gegeben. Die Aktie hat erstaunlicherweise 10% an Wert gewonnen.
  • China-Aktien fallen: Auch chinesische Aktien haben es weiter schwer. Sanktionen für Alibaba, Nähe zu Russland und neuerliche Lockdowns lassen auch Alibaba & Tencent weiter fallen.
  • Russland-Aktien vom Handel ausgesetzt: Der Handel russischer Aktien steht quasi still, die Börsen sind geschlossen. Das heißt: Erstmal keine Preisbildung und eine unsichere Situation, wieviel russische Aktien, trotz der optisch günstigen Bewertung, am Ende überhaupt noch wert sind.

Inspiration

💡 Börsenweisheit des Tages

"Immer wenn die Kurse fallen, dann gefällt mir das. Denn ich kaufe gerne günstig." - Warren Buffett

✌️ Das war es mit dem heutigen Briefing. Danke, dass du dabei bist!

Die Inhalte stellen keine Anlageberatung oder Kaufempfehlung dar, sondern spiegeln nur meine persönliche Meinung wider. Jede Investition ist mit Risiken verbunden. Vor jeder Investition solltest du selbst Chancen und Risiken prüfen.

Für deinen Wissensaufbau: Alle Know How Beiträge | Videokurs | Anlagestrategie in 20 Punkten

Ich bin Jannes, Jahrgang 1993 und Gründer von StrategyInvest. Seit 2011 investiere ich an der Börse. Damals habe ich mein VWL-Studium mit Finanzschwerpunkt erfolgreich absolviert und bin nun seit mehreren Jahren in der Digital- und Techbranche aktiv, aktuell als Product & Strategy Lead. Ich kenne daher Investieren, Technologie und Unternehmertum aus wissenschaftlicher Sicht, aber auch aus der Praxis. Die Erkenntnisse daraus teile ich hier.

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Auszug aus dem Manifest:

Regel #4: Wir legen mittel- und langfristig an.

Die Finanzwissenschaft weiß längst: Je mehr getradet und je öfter ins Depot geschaut wird, desto schlechter die Rendite. Market Timing, also Einschätzen kurzfristiger Marktbewegungen, funktioniert nicht und richtet mehr Schaden als Nutzen an.Langfristig anlegen ist erfolgversprechender und entspannter. Und: Es ist der einzige Anlagehorizont, der logisch zu einer fundamentalen Bewertung, an die sich der Aktienkurs mit der Zeit im Optimalfall annähert, passt.

zum kompletten StrategyInvest Manifest »

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