In der Börsenwelt hat sich einiges getan. Heute:
- Der DAX wächst: 40 statt 30 Unternehmen und weitere Neuerungen
- Details zum Airbnb IPO, Apples neue Prozessoren, Disneys Streamingerfolg, Spotify kauft Megaphone, Bitcoin-Preis steigt, Salesforce kauft eventuell Slack & Amazon verschickt jetzt Medikamente
- Tesla: Profitabilität durch CO2-Zertifikate - was dahinter steckt
- Meine Leseempfehlung: "Playing on hard mode"
Viel Spaß!
Der DAX wächst: 40 statt 30 Unternehmen
Der DAX, also der wichtigste Leitindex in Deutschland, erhält eine Überarbeitung. Die Deutsche Börse schreibt dazu:
Stephan Flägel, Global Head of Benchmarks & Indices bei Qontigo, sagte: „Wir haben über 600 Rückmeldungen von Vertretern der Finanzindustrie, Unternehmen, Privatleuten, Verbänden und anderen Interessengruppen erhalten. So waren wir in der Lage, eine fundierte DAX-Reform auf den Weg zu bringen. Marktteilnehmer profitieren künftig von einem einfachen und an internationalen Standards ausgerichteten Regelwerk sowie neuen qualitativen Kriterien für den deutschen Leitindex, der die größten börsennotierten Unternehmen am deutschen Kapitalmarkt abbildet.“
Drei wichtige Anpassungen werden voraussichtlich im September 2021 vorgenommen:
- Der DAX umfasst 40 statt 30 Unternehmen. Der mDax wird von 60 auf 50 Unternehmen verkleinert.
- Das wichtigste Kriterium wird die Marktkapitalisierung. Aktuell ist bspw. noch der Börsenumsatz relevant, welcher dadurch abgelöst wird.
- Ab Dezember 2020 müssen alle künftigen DAX-Kandidaten vor Aufnahme ein positives EBITDA in den zwei letzten Finanzberichten aufweisen.
Der DAX gehört in meinen Augen nicht zu den wichtigen Indizes, um diesen mit ETFs abzubilden. Die ersten beiden Schritte - Erweiterung und Vereinfachung des Index - finde ich gut. Den dritten Schritt kann ich nicht nachvollziehen.
Zwei positive EBITDA in Folge als Anforderung bedeutet, dass dadurch Wachstumsunternehmen ausgeschlossen werden, selbst wenn ihr Börsenwert hoch ist. Das kann durchaus der Fall sein, da auch Unternehmen, die Verluste machen, enorm wertvoll sein können (siehe Amazon, Netflix, Zalando,...).
Aktuelle Beispiele aus anderen Ländern: Shopify ist über 100 Mrd. USD wert, wäre damit eines der größten Unternehmen im DAX, dürfte aber nicht aufgenommen werden, da nur die letzten beiden Quartale EBITDA-positiv waren. Fastly, Uber und Spotify wären ebenfalls ausgeschlossen.
Warum vertrauen wir da nicht den Anlegern? Der Wirecard-Fall ist kein Gegenbeispiel dafür, da durch gefälschte Zahlen auch das EBITDA positiv war. Außerdem hat der DAX schon jetzt viel zu wenige Wachstumsunternehmen und durch so eine Regel wird es nicht besser. Eine Reform weg von der Old Economy und hin zu mehr New Economy fehlt, es wird eher das Gegenteil.
Das ist am Aktienmarkt passiert
- Der Airbnb IPO wird konkreter: Airbnb hat das Börsenprospekt veröffentlicht und peilt eine Bewertung von mutmaßlich 35 Mrd. US-Dollar an. Das liegt leicht über den Schätzungen. Die Online-Plattform für Reiseunterkünfte soll am 10. Dezember an der Nasdaq an die Börse gehen. Der Umsatz (Innenumsatz) lag 2019 bei 4,8 Mrd. USD, der Verlust bei 0,7 Mrd. USD. 2020 war für Airbnb ein schwieriges Jahr (u.a. 25 % der Mitarbeiter gekündigt und 2 Mrd. USD zusätzliches Kapital aufgenommen), hier liegt der Verlust bisher bei knapp 0,7 Mrd. USD, auch wenn das Q3 mit einem Gewinn von 220 Mio. USD abgeschlossen werden konnte.
- Apples M1 setzt Maßstäbe: Apple hat Intel-Prozessoren rausgeworfen und nun u.a. die neuen Macbooks mit dem eigenen Prozessor M1 herausgebracht. Die ersten Bewertungen sind ziemlich positiv beeindruckt: Hohe Geschwindigkeit, kein Ventilator notwendig.
- Disney+ rettet Disneys Geschäft: Zuletzt hat Disney+ stolze 73 Mio. zahlende Abonnenten verkündet. Im Quartal zuvor waren es 60 Mio. Zum Vergleich: Marktführer Netflix liegt bei 195 Mio. Abonnenten. In der kurzen Zeit hat Disney also einiges aufgebaut. Der Quartalsumsatz ist trotzdem wegen geschlossener Freizeitparks 26 % unter Vorjahr.
- Amazon goes Health: In der Amazon Aktienanalyse habe ich bereits als Chance den Markteintritt von Amazon in das Gesundheitswesen benannt. Nun wird es konkreter: Seit wenigen Wochen verschickt "Amazon Pharmacy" verschreibungspflichtige Medikamente in den USA. In Deutschland ist sowas aktuell rechtlich nicht möglich. Trotzdem: Eine riesige Chance in einem Milliarden- bis Billionen-Markt.
- Bitcoin rises: Der Preis der Kryptowährung Bitcoin ist wieder in greifbare Nähe des Allzeithochs von Ende 2017 geklettert. Der Kurs lag kurzzeitig bei 15.800 Euro, ist dann aber wieder um über 10 % in wenigen Tagen gefallen, um jetzt wieder auf den Höchstwert zu klettern. Spannend: Während der Preisanstieg 2017 auch 1:1 mit den Google Suchanfragen stieg, scheint es diesmal ohne das große mediale Interesse zu passieren. Das kann aber auch einfach daran liegen, dass Bitcoin heute bekannt ist und es damals noch nicht war. Blockchain und Bitcoin stehen definitiv auf der Agenda für eine baldige Analyse im Premiumbereich.
- Kauft Salesforce Slack? Slack ist ein Kommunikationstool für Unternehmen. Mich hat vor allem die Frage nach dem Burggraben bisher von der Aktie ferngehalten. Jetzt ist die Aktie um über 30 % nach oben gesprungen. Der Grund: Das Gerücht, dass Salesforce plant, Slack für 17 Mrd. US-Dollar zu kaufen. Der Deal ist fix und soll Mitte 2021 über die Bühne gehen. Salesforce zahlt stolze 27 Mrd. USD. Salesforce-CEO Marc Benioff spricht von "einer himmlischen Vermählung", die Salesforce-Aktie gab allerdings erstmal leicht nach. Ob der Preis gerechtfertigt ist oder nicht - und ob dadurch aus 1+1=3 wird - weiß ich noch nicht, in jedem Fall wird das B2B-Software-Angebot von Salesforce dadurch beeindruckend weiter wachsen.
- Spotify kauft fleißig weiter: Der schwedische Streaming-Riese Spotify hat zuletzt einige Podcast-Unternehmen aufgekauft und das Podcast-Geschäft auch in der Strategie (siehe Spotify Aktienanalyse) in den Mittelpunkt gestellt. Jetzt geht's weiter: Für 235 Mio. USD kauft Spotify das Unternehmen Megaphone, das im Podcast Advertising und Hosting zu den führenden Unternehmen zählt. Das ausgerufene Ziel: Die Werbelösungen in Podcasts erweitern, die u.a. dynamische Werbung in Podcasts ermöglichen. Das könnte für viele Podcaster enorm spannend sein und Spotify einen Burggraben verschaffen.
Tesla: Profitabel durch CO2-Zertifikate
Die Tesla Aktie ist ziemlich spannend, kontrovers diskutiert und hat über die letzten Jahre wohl 95 % der Analysten (inklusive mir) falsch liegen lassen.
Deshalb sollte man vorsichtig sein, gerade deshalb, da bei der Tesla Aktie (kurzfristig) so gut wie alles passieren kann.
Interessant ist aber eine Beobachtung zu den Gewinnen von Tesla:
In den letzten Quartalen war Tesla profitabel - im Ergebnis und im Free Cashflow. Das liegt allerdings nicht nur am operativen Geschäft, sondern auch an Erlösen aus dem Verkauf von CO2-Zertifikaten, ohne die Tesla noch in der Verlustzone wäre.
Jeder Automobilhersteller erhält in den USA CO2-Zertifikate. Tesla kann überschüssige Zertifikate an die Konkurrenzunternehmen verkaufen, die die Grenzwerte für Emissionen mit ihrer Flotte nicht erfüllen.
Das weist Tesla unter dem Punkt "of which regulatory credits" im Quartalsbericht Q3 aus:
Zuletzt haben diese Credits ca. 5 % der Automobilumsätze ausgemacht. Außerdem ist anzunehmen, dass ihnen keine Kosten gegenüber stehen, womit sie 1:1 den Gewinn steigern.
Natürlich sind das Erlöse, diese lassen aber nicht aufs Kerngeschäft schließen und sind nicht langfristig zu erwarten.
Forbes schätzt, dass die Bruttomarge von Tesla ohne die Credits um 6 Prozentpunkte niedriger liegen würde - was bei einer Bruttomarge von zuletzt knapp 28 Prozent recht viel ist.
2019 hat Tesla insgesamt 593 Mio. US-Dollar über Credits erhalten. Allein in den ersten 3 Quartalen aus 2020 sind es schon 1,18 Mrd. US-Dollar, also das Doppelte in kürzerer Zeit.
Der Nettogewinn in 2020 liegt bisher bei "nur" 0,45 Mrd. USD. Der Free Cashflow bei 0,85 Mrd. USD. Aber das letzte Quartal wäre auch ohne die Credits im Free Cashflow positiv gewesen - aber es wäre eben das erste Quartal.
Was sonst noch interessant ist...
Playing on hard mode
Ben Thompson hat auf Stratechery den Beitrag "Playing on hard mode" veröffentlicht. Darin bricht er eine Lanze für Geschäftsmodelle, die schwer aufzubauen sind. Diese bekommen genau dadurch einen umso größeren Burggraben.
Er beschreibt, wie das Internet unterschiedliche Geschäftsmodelle hervorbringt und wie diese digitalisiert wurden. Dabei unterscheidet er die Geschäftsmodelle danach, wie schwer es war, sie aufzubauen: Easy mode und hard mode.
Beispiel für "easy mode": Reiseportale (OTAs). Diesen haben einfach ein bestehendes Konzept digitalisiert. Diese Digitalisierung hat viele Vorteile, ist nützlich für den Kunden, aber "einfach". Außerdem nennt er Booking Holdings, Facebook, Alphabet und Domino's als Beispiele.
"Indeed, that’s the downside to having a business built on easy mode: anyone else can play the game just as easily." - Ben Thompson
Beispiel für "hard mode": Amazon und die Milliarden-Investments, die nötig waren, um heute flächendeckend Lieferungen innerhalb von einem Tag hinzubekommen. Weitere Beispiele: Twitter, Snapchat, Airbnb und DoorDash.
Es ist viel schwerer, solche Modelle aufzubauen, die Neues schaffen, statt Bestehendes in von einer Offline- in eine Online-Welt zu übertragen. Der Burggraben ist danach aber umso größer.
Meine Empfehlung: Wer Englisch nicht scheut findet hier den Beitrag.
Das war es mit dem heutigen Update. Danke, dass du dabei bist.
Dir einen guten Start in den Tag!