von Jannes Lorenzen

Gründer, Strategie-Lead & Investor

veröffentlicht: 4. April 2023

Der renommierte und berüchtigte Shortseller Hindenburg Research hat einen neuen Short-Report veröffentlicht. Das Ziel: Block. Ausführlich kritisiert es das Unternehmen, die Aktie bricht daraufhin um 20% ein, nachdem es ohnehin schon deutlich unter Allzeithoch notiert.

Mittlerweile gibt es auch eine Gegendarstellung von Block, der Kurs hat sich zumindest leicht erholt. Ich schaue mir an, was hinter den Vorwürfen steckt und wie ich als Aktionär damit umgehe.

Was macht Block?

Block (ehemals Square) besteht im Wesentlichen aus zwei Geschäftsmodellen: Einer Plattform (Hardware und Software) zur Zahlungsabwicklung sowie die Cash App. Die Zahlungsplattform wird online und offline von Unternehmen zur Zahlungsabwicklung eingesetzt, die Cash App vor allem von Privatpersonen – um Geld zu verschicken, Dinge zu bezahlen oder zu investieren.

In der Block Aktienanalyse habe ich mir die Aktie angeschaut. Ich habe nach dem ersten Kursverfall investiert, da ich die Vision und das Ökosystem spannend finde, das Wachstum hoch und Profitabilität absehbar war. Danach hat sich die makroökonomische Situation verschlechtert, der Kurs ist weiter gefallen. Nun verschärft der Short Report das Bild.

Die Mechanik hinter Shortseller-Reports

Einige Investmentunternehmen konzentrieren sich auf das Shortselling. Sie setzen auf fallende Kurse von in ihren Augen überbewerteten Unternehmen. Manchmal liegen diese richtig, wie bei Wirecard, manchmal liegen diese falsch.

Sie unterliegen auch einem Interessenskonflikt: Sie gehen in die Short-Position, veröffentlichen ihr Research und die Aktie fällt, wodurch sie direkt Geld verdienen.

Nahezu jedes Mal erleben wir das gleiche Schema: Nach der Veröffentlichung streitet das Unternehmen alles ab, prüft rechtliche Schritte und weist auf den Interessenskonflikt hin. Manchmal schalten sich weitere Shortseller dazu, die dann auch genauer hinschauen und Vorwürfe verschärfen sich. Manchmal schaffen es Unternehmen, die Vorwürfe zu entkräften.

Hindenburg Research hat die Vorwürfe am 23. März 2023 veröffentlicht. Am gleichen Tag hat Block alles wie beschrieben abgestritten. Am 30. März 2023 gab es auch eine inhaltliche Antwort auf Fragen der Aktionäre.

Vorwürfe von Hindenburg Research

Im Kern sagt Hindenburg, dass Block keine besondere Technologie biete, sondern Betrug erlaube, Regulierung vermeidet und Kredite und Gebühren als revolutionär verkauft, die Metriken in Richtung der Aktionäre verfälscht. Dazu wurden Partner, Mitarbeiter und Industrieexperten interviewt.

Our 2-year investigation has concluded that Block has systematically taken advantage of the demographics it claims to be helping. The “magic” behind Block’s business has not been disruptive innovation, but rather the company’s willingness to facilitate fraud against consumers and the government, avoid regulation, dress up predatory loans and fees as revolutionary technology, and mislead investors with inflated metrics.

Die Kernvorwürfe:

#1 Es werden zu viele Accounts ausgewiesen

Ehemalige Mitarbeiter berichten, dass sie 40 – 75% der Accounts, die sie überprüft haben, schließen mussten (da Betrug oder Fake). Das sei vor allem deshalb der Fall, da Block sich an ein „underbanked segment“ (also eine bisher kaum im Bankensystem befindliche Zielgruppe) richtet: Kriminelle (siehe Vorwurf #2).

Sie haben sich sogar selbst als Donald Trump angemeldet und haben die Karte dazu, mit dem Fake-Namen, erhalten.

Meine Einschätzung: Klingt viel, aber die Frage ist, wieviele überhaupt in einer Überprüfung landen.

#2 Die Cash App wird von vielen Kriminellen genutzt

CEO Jack Dorsey ist stolz darauf, dass die Cash App in vielen Songs erwähnt wird. Dabei weist Hindenburg darauf hin – und hat ein kurioses Video zusammengeschnitten – dass das in vielen Rap-Songs der Fall ist, wo darüber berichtet wird, einen Auftragsmord mit der Cash App bezahlt zu haben.

“I paid them hitters through Cash App”

Auch gäbe es überproportional viele Fälle, wo über die Cash App unrechtmäßig Covid-Hilfen und Arbeitslosengeld ausgezahlt wurde.

#3 Block erhebe mehr Gebühren als gesetzlich erlaubt

Ein Drittel des Umsatzes der Cash App könnte zu hohe Gebühren erheben, da man sich über eine Firmenkonstruktion an einem Gesetz vorbeimogelt, das Gebühren großer Banken deckeln soll. Block zählt dadurch nicht zu solchen.

Congress passed a law that legally caps “interchange fees” charged by large banks that have over $10 billion in assets. Despite having $31 billion in assets, Block avoids these regulations by routing payments through a small bank and gouging merchants with elevated fees.Block includes only a single vague reference in its filings acknowledging it earns revenue from “interchange fees”. It has never revealed the full economics of this category, yet roughly one-third of Cash App’s revenue came from this opaque source, according to a 2022 Credit Suisse research report.

#4 Insiderverkäufe am Höhepunkt

Die Aktie stieg um 639% in 18 Monaten während der Pandemie. Dann verkauften die beiden Co-Gründer zusammen über 1 Mrd. Dollar ihrer Aktien, andere Verantwortliche verkauften ebenfalls.

Empirisch sind Insiderverkäufe aber nicht so signifikant. Es ist normal, zu verkaufen, wenn der Großteil des Gehalts aus Aktien besteht. Trotzdem hat das natürlich einen faden Beigeschmack. Tatsächlich sieht man bei Block nur Insiderverkäufe und das quasi völlig unabhängig vom Kursverlauf.

#5 Afterpay-Akquisition floppt

Blocks Akquisition von Afterpay wird kritisiert: Es habe 29 Mrd. Dollar gekostet, beruhe aber darauf, dass nicht-kreditwürdige Kunden angelockt werden. Das Geschäftsmdell verbrenne heute noch zu viel Geld.

Block’s $29 billion deal to acquire ‘buy now pay later’ (BNPL) service Afterpay closed in January 2022. Afterpay has been celebrated by Block as a major financial innovation, allowing users to buy things like a pair of shoes or a t-shirt and pay over time, only incurring massive fees if subsequent payments are late.Afterpay was designed in a way that avoided responsible lending rules in its native Australia, extending a form of credit to users without income verification or credit checks. The service doesn’t technically charge “interest”, but late fees can reach APR equivalents as high as 289%.The acquisition is flopping. In 2022, the year Afterpay was acquired, the pro forma combined entity lost $357 million, accelerating from pro forma 2021 losses of $184 million.

Meine Einschätzung: Das mag alles stimmen und habe ich auch in meiner Analyse kritisiert. Allerdings war der effektive Kaufpreis, wie ich damals dargelegt habe, nur bei 14 Mrd. Dollar, da mit eigenen und bis zur Zahlung gefallenen Aktien gezahlt wurde. Dass ein Verlust erzielt wurde ist allein wenig aussagekräftig, gerade für ein Wachstumsunternehmen.

#6 Technologie ist nur Standard

Hindenburg macht sich etwas über Blocks Nutzung von starken Adjektiven lustig, wonach die eigene Technologie „magisch“ oder „bahnbrechend“ sei. Es sieht darin eher eine Standard-Technologie.

Block regularly hypes other mundane or predatory sources of revenue as technological breakthroughs. Roughly 31% of Cash App’s revenue comes from “instant deposit” which Block says it pioneered and works as if by “magic”. Every other major competitor we checked provides a similar service at comparable or better rates.

Dass die Technologie nicht so bahnbrechend ist, wie sie beschrieben wird, finde ich auch wenig relevant. Es ist nun mal Marketing. Ich habe schon in der Analyse dazu geschrieben:

Square hat in jedem Bereich eigene Technologien. Schwer zu beurteilen ist, wie sehr diese wirklich besser sind als Alternativen, bspw. bei Zahlungssystemen oder dem Verschicken von Geld. Ich sehe in Payment zunehmend eine austauschbare Commodity, wie in der PayPal Analyse beschrieben. Square ist technologisch trotzdem insgesamt gut aufgestellt.

#7 Bewertung ist zu hoch

Einerseits ist die Bewertung noch recht hoch, andererseits nimmt die Konkurrenz zu. Beides war auch vorher sichtbar: Block sah nie wirklich günstig aus und auch der Payment-Markt bekommt Zuwachs durch die Big-Tech-Unternehmen. Letzteres war auch mein Kritikpunkt an PayPal.

Hindenburg nennt nun ein paar fundamentale Fakten und Bewertungskennzahlen, sieht 65 – 75% Abwärtsrisiko:

On a purely fundamental basis, even before factoring in the findings of our investigation, we see downside of between 65% to 75% in Block shares. Block reported a 1% year over year revenue decline and a GAAP loss of $540.7 million in 2022. Analysts have future expectations of GAAP unprofitability and the company has warned it may not be profitable.

Es ist die Rede von einem 1%-Umsatzrückgang. Das ist faktisch richtig, aber nicht aussagekräftig. Der Umsatz wird stark von der Bitcoin-Handelsaktivität getrieben, der kaum Marge bringt. Der Bruttogewinn spiegelt das operative Geschäft besser wider und hat über 30% zugelegt. Die Frage ist eben, welche Fakten man zeigen will.

Despite this, Block is valued like a profitable growth company at (i) an EV/EBITDA multiple of 60x; (ii) a forward 2023 “adjusted” earnings multiple of 41x; and (iii) a price to tangible book ratio of 13.1x, all wildly out of line with fintech peers.

Mich erstaunt fast noch, dass Hindenburg sich auf das bereinigte erwartete KGV bezieht – das finde ich selbst zu optimistisch. Ob ein Buchwert bei einem Payment-Unternehmen Sinn macht, bezweifle ich ebenfalls stark. Auch die Vergleiche zu Lemonade oder Upstart, die ziemlich unterschiedliche Geschäftsmodelle verfolgen auf Basis des Buchwerts, verstehe ich nicht.

Meine Einschätzung: In jedem Fall ist das Unternehmen teuer, auch nach anderen Metriken. Der Bruttogewinn wächst aber auch mit 35 – 40%, über die letzten drei Jahre mit 47%. Sollte das Wachstum anhalten und die Profitabilität steigen, könnten sich die Bewertungsniveaus normalisieren. Ich schaue gleich noch einmal auf die Bewertung.

Stellungnahme von Block

In der ersten Reaktion wurde alles abgeblockt: Hindenburg ist bekannt für solche Attacken. Diese sollen Anleger abschrecken. Man werde streng reguliert und lasse sich davon nicht ablenken.

Eine Woche später gab es inhaltliche Antworten auf einige der Vorwürfe.

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Tags: Block | Aktien: Block

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Ich bin Jannes, Jahrgang 1993 und Gründer von StrategyInvest. Seit 2011 investiere ich an der Börse. Damals habe ich mein VWL-Studium mit Finanzschwerpunkt erfolgreich absolviert und bin nun seit mehreren Jahren in der Digital- und Techbranche aktiv, aktuell als Product & Strategy Lead. Ich kenne daher Investieren, Technologie und Unternehmertum aus wissenschaftlicher Sicht, aber auch aus der Praxis. Die Erkenntnisse daraus teile ich hier.

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Auszug aus dem Manifest:

Regel #10: Wir sind uns einig, uneinig zu sein.

Es gibt unzählige unterschiedliche Meinungen an der Börse und zu einzelnen Aktien. Und das ist völlig okay. Wir sehen andere Meinungen nicht als Gefahr, sondern als Bereicherung. "Agree to disagree".

zum kompletten StrategyInvest Manifest »

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