von Jannes Lorenzen

Gründer, Strategie-Lead & Investor

veröffentlicht: 3. Oktober 2021

Vor einem Jahr war die Welt für Alibaba noch eine andere: Gerade wurden 74 Mrd. US-Dollar an nur einem Tag umgesetzt, die Finanzsparte sollte für den Wert von 200 - 300 Mrd. US-Dollar an die Börse gebracht werden und alle Zeichen standen auf Wachstum.

Nun ist der Kurs innerhalb eines Jahres, vor allem innerhalb der letzten Monate, um die Hälfte gefallen. Die chinesische Regierung greift in viele Märkte ein, erhängt Profitverbote und verstaatlicht andere Segmente. Alibaba trifft das als eines der größten chinesischen Unternehmen besonders.

Aus diesen drei Gründen finde ich die Alibaba-Aktie aktuell spannend:

  • 💰 Starke Fundamentalzahlen: 120 Mrd. Dollar Umsatz, 23 Mrd. Dollar Gewinn und 27 Mrd. Dollar Free Cashflow. Auch im aktuellsten Quartal ist der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr noch um 34% gestiegen. So ein Wachstum bei einer Gewinnmarge von ca. 20% ist ein starkes Fundament.
  • 🕵️‍♂️ Regulatorischer Druck: Die Aktie ist durch die angezogenen Daumenschrauben riskant und bietet wenig Gewissheit. Der Kurs ist deshalb um über 50% gefallen. Sollte die Reaktion übertrieben sein, könnte dadurch eine vergleichsweise günstige Einstiegschance bestehen.
  • 📊 Günstige Bewertung: Das KGV sowie das erwartete KGV liegen bei 15 bis 17. In den letzten Jahren gab es nur sehr wenig Fälle - wenn es überhaupt welche gab - wo ein Unternehmen mit solch starken Fundamentalzahlen so günstig bewertet war.

Das Geschäftsmodell selbst ist stark, die Bewertung enorm günstig. Aber wie aussagekräftig ist diese? Und wie sieht das Chance-Risiko-Verhältnis aus? Keine einfachen Fragen. Aber Grund genug, dass wir uns die Aktie genauer anschauen und herausfinden, ob sich eine Investition aktuell lohnen könnte.

Unter anderem erfährst du in dieser Analyse:

  • Wie gut steht Alibaba wirtschaftlich aktuell da? Wie funktioniert das Geschäftsmodell, wie wird also Geld verdient und wo soll es strategisch hingehen?
  • Marktanalyse: Wie funktioniert der Markt, wie sieht die Konkurrenzsituation aus und welcher regulatorische Druck kommt nun auf Alibaba zu?
  • Stärken, Schwächen, Chancen & Risiken eingeschätzt und gegenübergestellt (inkl. jüngste Einschränkungen durch die chinesische Regierung und eine mögliche Eintritt in westliche Märkte)
  • Abschließende Bewertung inkl. Scorecard und konkreter Renditeerwartung: Ist die Aktie aktuell kaufenswert? (inkl. Vergleich der beiden handelbaren Aktien von Alibaba)

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Überblick: Das steckt hinter Alibaba


Das Unternehmen

Alibaba wurde 1999 von Jack Ma gegründet. Seit 2015 ist Daniel Zhang der CEO. Ende 2020 war die Alibaba Group 700 Mrd. US-Dollar wert, heute sind es 390 Mrd. Dollar.

Geschäftsmodell

Alibaba vereint unzählige Angebote unter sich, die sich IT-Geschäftsmodellen und vor allem dem Online-Handel zuordnen lassen. Auch im Finanzbereich ist Alibaba aktiv, auch wenn gerade dieser Bereich regulatorisch unter Druck steht.

Konkrete Angebote im Markt umfassen Cloud-Hosting (als Konkurrent zu Amazons AWS, der Google Cloud oder Microsoft Azure), E-Commerce (Online-Handel ähnlich zu Amazon, aber auch viel im B2B-Handel), Payment-Lösungen und mehr.

Aktienkurs

Der Aktienkurs hat sich über die letzten Jahre stark entwickelt, ehe er innerhalb der letzten 12 Monate stark verloren hat:

Factsheet

Alle Zahlen, sofern nicht anders angegeben, in der jeweiligen Heimatwährung und TTM (= letzte 12 Monate). Zusatz 'e' = erwartet.

Die Eckdaten

  • Land: China
  • Branche: Internet, v.a. Internet-Handel
  • Marktkapitalisierung: 390 Mrd. USD
  • Umsatz: 770 Mrd. ¥ (= 120 Mrd. $)
  • Gewinn: 148 Mrd. ¥ (= 23 Mrd. $)
  • Free Cashflow: 172 Mrd. ¥ (= 27 Mrd. $)

Bewertung

  • KUV: 3,3
  • KGV: 17
  • KGVe: 16
  • KCV: 12
  • PEG-Ratio: 0,9

Qualität & Wachstum

  • Verschuldungsgrad: 15 %
  • Bruttomarge: 40 %
  • Nettomarge: 19 %
  • operatives Gewinnwachstum (letzte 3 Jahre): 8 % p.a.
  • Umsatzwachstum (letzte 3 Jahre): 42 % p.a.

Schauen wir uns nun an, was hinter diesen Zahlen steckt.

Business Breakdown: Geschäftsmodell analysiert


Schauen wir uns einmal an, wie das Geschäftsmodell aussieht.

Umsatz-, Gewinn- und Cashflow-Entwicklung

Die folgende Grafik zeigt die Entwicklung vom Umsatz, dem Bruttogewinn, operativen Gewinn und dem Free Cashflow (alle Kennzahlen sind im Glossar erklärt). Beachte dabei, dass der letzte Punkt (TTM) die letzten 12 Monate darstellt und sich daher naturgemäß dichter am letzten Jahr befindet.

Neuester Quartalsbericht (Juni 2021)

Außerdem weitet Alibaba das Aktienrückkaufprogramm aus: Vorher wurden Aktien im Wert von 10 Mrd. US-Dollar zurückgekauft, nun sollen es 15 Mrd. US-Dollar sein. Das entspricht 65% des aktuellen Gewinns bzw. 55% des freien Cashflows.

Im jüngsten Quartalsbericht (endet im Juni 2021) konnte außerdem ein Umsatzwachstum von +34% im Vergleich zum Vorjahr ausgewiesen werden. Es sind also noch keine wirklichen Einschränkungen durch regulatorische Eingriffe erkennbar, wobei diese auch danach erst intensiviert wurden.

Zu den Regulierungen gab's, ähnlich wie im Jahresbericht ein Quartal zuvor, keinen Kommentar. Aber womöglich einen Hinweis in Richtung der Regierung, dass man sich auf Mehrwert für die Nutzer und Konsumenten konzentrieren möchte:

We believe in the growth of the Chinese economy and long-term value creation of Alibaba, and we will continue to strengthen our technology advantage in improving the consumer experience and helping our enterprise customers to accomplish successful digital transformations.

Wie verdient das Unternehmen Geld?

Alibaba ist im Handel, v.a. im E-Commerce gestartet, erweitert sein Geschäftsmodell mittlerweile aber darüber hinaus:

  • 84% der Umsätze stammen aus dem "Core Commerce" Segment, also dem Einzelhandel, Großhandel und damit verbundenen Services. Der größte Teil davon: Customer Management (45%). Dazu kommen Logistik-Services, eigene Supermärkte und lokale Services.
  • 16% der Umsätze sind andere digitale Dienstleistungen. Der größte Anteil davon: Cloud Computing (10%) und Digital media and entertainment (5%).

Werfen wir einen genaueren Blick auf die Segmente sehen wir bis März 2021 überall Wachstum:

Deep Dive: Mechanismen des Geschäftsmodells


Werfen wir einen genaueren Blick auf die wichtigsten Segmente und Bestandteile:

  • Core Commerce: 87% Umsatzanteil, 40% Wachstum YoY. Darin steckt vor allem mit Alibaba.com die größte B2B-Handelsplattform der Welt. Ca. 90% der E-Commerce Umsätze werden in China umgesetzt (wobei darin auch internationale Nachfrage steckt).
  • Cloud Computing: 8% Umsatzanteil, 50% Wachstum YoY. Hier bietet Alibaba, ähnlich wie Amazon mit AWS, Microsoft mit Azure und Google mit der Google Cloud eine Cloud-Infrastruktur.
  • Ant Financial: Das ist kein Segment, aber die FinTech-Sparte, die Alibaba zu 33% gehört und vor kurzem (wie ich hier berichtet habe) eigenständig an die Börse gebracht werden sollte. Allein der Wert dieser Sparte wurde auf 300 Mrd. US-Dollar geschätzt. Durch regulatorische Eingriffe ist der Wert aber stark in Frage gestellt.

Außerdem spannend: Bis auf das Core Commerce Segment sind alle Segmente noch defizitär, auch das bei anderen Unternehmen margenträchtige Cloud-Geschäft. Das liegt vor allem daran, dass Alibaba in den anderen Segmenten stark investiert.

Zusammenfassung des Geschäftsmodells: Alibaba ist vor allem der Marktführer im B2B-Handel, aber auch mit daran angeschlossenen Services wie Einzelhandel, Logistik und Zahlungsabwicklung. Dazu kommt ein stärker werdendes Cloud Angebot.

Marktanalyse und Konkurrenzsituation: So funktioniert der Markt


Spannend ist die Frage, in welchem Markt das Unternehmen unterwegs ist, wie dieser Markt sich möglicherweise entwickeln wird und wie die Konkurrenten aufgestellt sind.

E-Commerce

Im B2B-Handel ist Alibaba weltweit der Marktführer und im E-Commerce in China ebenfalls.Ein Konkurrent ist hier weltweit betrachtet perspektivisch möglicherweise Amazon. In China ist JD.com im B2C-Handel etwa das, was bei uns Amazon ist.

Quelle: Statista

Cloud Hosting

Die Konkurrenz im Cloud Markt ist größer. Hier liegt Amazon vorne und Alibaba nach Microsoft und Google auf Platz 4.

Quelle: Statista

Die größte Hürde, die ich sehe: Nur die wenigsten Unternehmen außerhalb von China werden bereit sein, auf die technische Infrastruktur eines chinesischen Konzerns zu wechseln. Auf der anderen Seite ist auch der chinesische Markt recht groß und wachstumsstark, was das Umsatzwachstum von 60% in diesem Segment von Alibaba verdeutlicht.

Vergleich zu Tencent

Aus Anlegersicht ist Tencent der naheliegendste Konkurrent für Alibaba. Während Alibaba im Kern den Handel hat, konzentriert sich Tencent auf rein digitale Geschäftsmodelle. Aus der Tencent Aktienanalyse:

Viele sagen, Tencent ist so etwas wie eine Kombination aus Facebook, Google, PayPal, Activision und Spotify. Es ist ein vollumfassendes Internetunternehmen, das größte Unternehmen Chinas und das sechstgrößte Unternehmen der Welt.

Es bietet mit WeChat eines der weltweit größten Messaging-Netzwerke (und bietet dabei weit mehr als das), steckt hinter einigen der aktuell beliebtesten Videospiele weltweit und ist an vielen namhaften Unternehmen beteiligt.

[...]

Tencent hat ein komplexeres Geschäftsmodell, da es aus vielen unterschiedlichen Geschäftsbereichen besteht. Nutzen wir daher die Segmente, die Tencent selbst im aktuellsten Jahresbericht ausweist:

  • Value Added Services (VAS): Hierzu gehören Online Games und Messaging (u.a. WeChat). Dieses Segment macht 53 % der Umsätze aus und 63 % des Bruttogewinns.
  • FinTech and Business Services: 27 % der Umsätze, 16 % des Bruttogewinns.
  • Online Advertising: 18 % der Umsätze, 20 % des Bruttogewinns.
  • Others: 2 % der Umsätze, 0,3 % des Bruttogewinns.
  • Ein zahlenseitiger Vergleich:

    • KUV: 7 (Tencent), 3,3 (Alibaba)
    • KGVe: 23 (Tencent), 16 (Alibaba)
    • Bruttomarge: 45% (Tencent), 40% (Alibaba)
    • Nettomarge: 35% (Tencent), 19% (Alibaba)
    • Umsatzwachstum: 27% (Tencent), 42% (Alibaba)

    Hier sieht Alibaba auf den ersten Blick etwas preiswerter aus, wobei das aktuelle Umfeld solche Vergleiche schwieriger macht.

    Zusammenfassung der Marktanalyse: In jedem Markt gibt es Konkurrenz, im Kernmarkt, dem Handel und speziell dem B2B-Handel, ist Alibaba jedoch sehr gut aufgestellt.

    Strategie: Das sind die Wachstumspläne


    Bevor wir gleich in die SWOT-Analyse gehen, schauen wir, welche strategischen Pläne aktuell vom Management geschmiedet werden. Schließlich beteiligst du dich an dem Unternehmen der Zukunft, nicht der Vergangenheit.

    Bis 2024 möchte Alibaba:

    • Global expandieren
    • Mehr als 1 Mrd. Kunden in China bedienen (heute: ca. 800 Mio.)
    • einen Außenumsatz von über 10 Bio. ¥ abwickeln (heute: 7 Bio. ¥)

    Und bis 2036:

    • Weltweit 2 Mrd. Kunden bedienen
    • 10 Millionen profitable Unternehmen auf der Plattform haben
    • 100 Millionen Jobs erschaffen

    Jetzt gibt es nur ein Problem...

    Regulierung: Wie trifft sie Alibaba?

    Die chinesische Regierung reguliert gerade den Markt. Am 4. August habe ich hier geschrieben:

    Die chinesischen Behörden haben deutlich mehr Macht als in westlichen Industrienationen. Wo bei uns geordnete Gerichtsverfahren über mehrere Jahre stattfinden, gibt es in China auch willkürlich wirkende Beschlüsse, die mitunter politisch motiviert wirken.

    Jack Ma, der Gründer von Alibaba und einer der reichsten Menschen Chinas, war nach seiner Kritik an der Finanzbehörde für mehrere Monate verschwunden.

    Ein anderes Beispiel ist Didi: Die App, die Fahrten vermittelt (ähnlich wie Uber), wurde aus den App Stores geworfen und die Aktie ist auf Talfahrt. Tagesschau schreibt:

    Mehr als vier Milliarden US-Dollar hat Didi Chuxing vor einer Woche in New York eingesammelt - ein starkes Börsendebüt. Doch zwei Tage später ging es Schlag auf Schlag: Die Behörden in Peking kündigten überraschend an, den nach Uber zweitgrößten Fahrdienstvermittler der Welt wegen Gefährdung von Chinas Cybersicherheit zu überprüfen. Dann flog die Didi-App aus den chinesischen App-Stores.

    Außerdem wurde gerade dem kompletten E-Learning Markt die Grundlage entzogen, da die Unternehmen nun nach einer kurzfristigen Bildungsreform keine Gewinne mehr erzielen dürfen. Der Tagesspiegel schreibt dazu:

    Den Instituten wurde untersagt, Schüler am Wochenende zu unterrichten. Akademische Angebote für Kinder unter sechs Jahren müssen komplett eingestellt werden. Insgesamt ist aus einem Milliardengeschäft über Nacht ein Non-Profit-Segment geworden.

    Mittlerweile wurde auch Online-Gaming auf eine Stunde pro Tag gedeckelt, da dies als "geistiges Opium" bezeichnet wird.

    Das schürt ein Klima der Unsicherheit unter Investoren, wodurch nahezu der komplette chinesische Aktienmarkt darunter leidet. Vor allem sind neben den genannten Märkten die Tech-Aktien, die größten Unternehmen und die Finanzbranche betroffen.

    Dabei entstehen unterschiedliche Risiken: Wie entwickeln sich die Unternehmen? Werden Unternehmen Segmente abspalten müssen? Werde ganze Unternehmen oder Sparten womöglich einfach über Nacht verstaatlicht?

    Was ist Alibaba bisher konkret passiert?

    • Jack Ma war nach Kritik an der Finanzbehörde monatelang verschwunden. Ob hier nur ein zeitlicher oder auch ein kausaler Zusammenhang besteht ist unklar.
    • Der Börsengang der Finanzsparte Ant Financial musste abgesagt werden. Nun soll es wohl zerschlagen werden. Heißt konkret: Zahlungen sollen von Kreditvergabe getrennt werden, die Nutzerdaten zusätzlich einem teilstaatlichen Unternehmen zur Verfügung gestellt werden. Klingt - bei aller Unsicherheit - noch für mich danach, als sei die Finanzsparte danach trotzdem noch wirtschaftlich betreibbar. 
    • Alibaba musste eine Kartellstrafe von 2,8 Mrd. USD zahlen, weil es den Wettbewerb eingeschränkt habe.
    • China plant wohl eine eigene Digitalwährung zu etablieren, die Alibabas Zahlungsdienst Alipay zusätzlich unter Druck bringen könnte.

    Bisher sehe ich noch keine Punkte, die die Kerngeschäfte (E-Commerce, Cloud) von Alibaba stark gefährden. Aber Alibaba muss nun auch die chinesische Regierung zufriedenstellen, in der Finanzsparte Einschnitte hinnehmen und läuft jederzeit in Gefahr, dass die Daumenschrauben weiter angezogen werden.

    Zusammenfassung der Strategie: Alibaba fokussiert sich auf die maximale Dominanz im chinesischen Markt, um diese dann global auszurollen. Im Fokus steht das Handels- und das Cloud-Geschäft. Dabei greift die chinesische Regierung nun immer stärker ein. Das wird auch die Strategie verändern: Es geht nun auch darum, die chinesische Regierung zufrieden zu stellen.

    SWOT-Analyse: Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken analysiert


    Bewerten wir nun das Geschäftsmodell und schauen auf die Stärken, Schwächen, Chancen und Bedrohungen.

    Stärken

    Beginnen wir mit den Stärken. Was zeichnet das Unternehmen aktuell aus?

    Monopolist in China

    Monopolisten haben Skaleneffekte, können Markteintrittshürden hochschrauben und haben eine stärkere Preismacht. Diese Vorteile eines Monopolisten kann Alibaba in China ausspielen - und damit in dem wohl wichtigsten Markt der nächsten Jahrzehnte. Aber: Auch die chinesische Regierung hat das erkannt und geht rigoroser dagegen vor.

    Hohes Wachstum

    Alibaba ist über die letzten Jahre mit fast 50 % pro Jahr gewachsen, was bei der Größe und der Profitabilität eine beachtliche Hausnummer ist. Das letzte Quartalswachstum liegt mit +34% immer noch auf einem hohen Niveau.

    Profitabilität

    Alibaba ist seit Jahren profitabel, sowohl im Nettoergebnis, als auch im Cashflow. Die Gewinnmarge lag über die letzten Jahre bei ca. 25%.

    Ant Financial

    Die Beteiligung an Ant Financial wurde vor einem Jahr noch auf einen Wert von ca. 100 Mrd. US-Dollar geschätzt. Wo der Wert heute liegt? Unklar - und stark von der chinesischen Regulatorik abhängig.

    Zukunftsmärkte

    Mit dem E-Commerce, Cloud-Hosting, Payment und digitalen Medien ist Alibaba quasi ausschließlich in Branchen zuhause, die starken Rückenwind haben, hohes Wachstum und oft auch hohe Margen versprechen.

    Schwächen

    Wo Licht ist, ist meist auch Schatten. Schauen wir auf die Schwachstellen des Unternehmens.

    Skepsis des Westens

    Donald Trump hat sich in seiner Amtszeit einen offenen Schlagabtausch mit China (und vielen anderen) geliefert. Aber auch ohne Trump gibt es weiterhin viele Differenzen:

    • Das Unternehmen Huawei wird von Auktionen ausgeschlossen, bspw. beim Ausbau von 5G-Netzen, da diese kritische Infrastruktur nicht von einem chinesischen Unternehmen gestellt werden soll
    • Der chinesische Markt ist weiterhin durch Protektionismus geprägt, bei dem einige Unternehmen und Webseiten - bspw. Google, Facebook oder Wikipedia - nicht oder nur kaum stattfinden dürfen
    • Zölle, Regulierungen, Währungsabwertungen und viele weitere Eingriffe

    Monopolist

    Jedes Unternehmen möchte Monopolist sein und hohe Margen bei wenig oder keiner Konkurrenz einfahren. Alibaba hat das in einigen Bereichen geschafft, dadurch aber besonderen Augenmerk der chinesischen Regierung auf sich gezogen.

    Chancen

    Wo liegen die Chancen für das Unternehmen, um zu wachsen und den Unternehmenswert zu steigern?

    China als Wachstumsmarkt

    Ökonomen prognostizieren China ein zukünftiges Wirtschaftswachstum von 5 - 6 % pro Jahr, was über dem Wachstum der Industrienationen liegt. Damit einhergehend zeigen auch alle Prognosen, dass China über die nächsten Jahrzehnte die mit Abstand größte Wirtschaftsmacht der Welt sein wird - vor Indien und den USA. China hat allein 1,4 Mrd. Einwohner, also knapp 20 % der Erdbevölkerung, was den Markt riesig macht.

    Geschätzte BIP-Entwicklung. Quelle: wikimedia

    International expandieren - mit Hürden

    Eines der Ziele von Alibaba ist die internationale Expansion, also über den Heimatmarkt China hinaus.

    Nehmen wir die beiden Kernsegmente von Alibaba: E-Commerce und Cloud Computing.

    Im E-Commerce geht es nicht um Vertrauen und hier sehe ich gute Chancen für Alibaba, weitere Teile der Wertschöpfungskette auch international zu erobern. Auch Zukäufe von Unternehmen kann ich mir gut vorstellen, sollten diese nicht regulatorisch eingeschränkt werden.

    Im Cloud Computing ist das anders: In Europa muss schon aufgepasst werden, ob Daten auf US-Servern korrekt verwahrt werden - chinesische Server halte ich für den Großteil für undenkbar. Auch US-Firmen werden in aller Regel bei US-Anbietern bleiben. Daher kann das Cloud Segment sicherlich wachsen, vor allem aber in China und kaum international.

    Risiken

    Wo liegen die Chancen für das Unternehmen, um zu wachsen und den Unternehmenswert zu steigern?

    Regulierung durch chinesische Regierung

    Das Standortrisiko von Alibaba in China zeigt sich deutlich: Immer mehr Eingriffe, Vorgaben und Einschränkungen der Regierung. Genau dieses Risiko ist nun stärker eingeschlagen als der Markt es erwartet hätte. Bestehende Geschäftsmodelle stehen dabei auf dem Prüfstand und machen die Zukunft weniger planbar.

    Aktienbewertung: Der faire Wert der Alibaba Aktie


    Wir haben uns jetzt ein umfangreiches Bild des Unternehmens verschafft. Schauen wir abschließend auf die Aktie, bringen Qualität und Bewertung zusammen und ziehen ein Fazit.

    Der faire Wert der Aktie

    Innerhalb des chinesischen Markts halte ich es für sehr realistisch, dass Alibaba weiter wächst. Ich glaube, dass Alibabas langfristige Wertentwicklung aber vor allem davon abhängt, ob die internationale Expansion gelingt und auch signifikante Erlöse außerhalb Chinas erzielt werden.

    Das mit Abstand größte Risiko ist aber der regulatorische Eingriff der chinesischen Regierung. Dieser macht es enorm schwer, halbwegs valide Zahlen zu prognostizieren.

    Vor einem Jahr habe ich dazu geschrieben:

    Was die Annahmen noch negativ beeinflussen könnten, wären enorm starke Regulierungen und Eingriffe - sowohl von der chinesischen Regierung, als auch von den USA.

    Versuchen wir's trotzdem.

    Für die Ermittlung des fairen Werts habe ich folgende Annahmen über einen Zeithorizont von 10 Jahren getroffen und diese noch um ein pessimistischeres und optimistischeres Szenario erweitert:

    worst case

    pessimistisch

    erwartet

    optimistisch

    best case

    #1 Umsatzwachstum

    Alibaba hat zuletzt ein jährliches Umsatzwachstum von ca. 42 % hingelegt. Analysten erwarten +35% (2022) und +25% (2023), also noch konstant ein Wachstum. Damit würde Alibaba 2023 bei 170 Mrd. USD Umsatz liegen.

    Es gibt zwei gegenläufige Effekte: Ein starkes, wachsendes Geschäft, bei dem auf der anderen Seite nicht ganz klar ist, ob die Regierung Teile davon irgendwann deckelt oder zur Abspaltung zwingt. Das macht die Schätzung schwierig.

    Mir fällt es schwer, angesichts des regulatorischen Drucks mit so hohen Wachstumserwartungen in die Bewertung zu gehen, auch wenn die Zahlen der letzten Quartale dem bisher nicht widersprechen. Trotzdem gehe ich mit vorsichtigeren +19% für 2020 ins Rennen.

    Wo liegt das Umsatzwachstum langfristig?

    • Wenn die Expansion außerhalb Chinas nicht gelingt, nähert sie sich 6 % p.a., also etwa der BIP-Wachstumsrate von China, an.
    • Wenn die Expansion teilweise gelingt und bestehende Geschäftsbereiche weitestgehend erhalten werden können, halte ich 9 % p.a. für realistisch.
    • Wenn die Expansion sehr gut gelingt und die Regulatorik nicht zu stark ist, könnte langfristig im optimistischen Fall noch 12 % p.a. erreicht werden.

    Angesichts der aktuellen Unsicherheit tendiere ich hier leicht zum vorsichtigeren Wert von 8% p.a.

    #2 Nettomarge

    Die Nettomarge liegt heute bei 19%, in den letzten Jahren lag sie eher zwischen 23 und 27%. Das zeigt, wie profitabel das Geschäft sein kann.

    Zuletzt war die Gewinnmarge also leicht rückläufig und auch die Analysten erwarten kurzfristig eine sinkende Gewinnmarge, womöglich eine Konsequenz aus den Regulierungen, die höhere Kosten verursachen und wo zu hohe Gewinnmargen der Regierung ein Dorn im Auge sein können.

    Angesichts dessen, dass einige Segmente von Alibaba heute noch defizitär sind (bspw. die Cloud-Sparte), ich aber glaube, dass diese langfristig auch profitabel umsetzbar sein werden, sollte das im Gegenzug die Marge verbessern.

    Ich gehe unterm Strich von 18% Nettomarge, also einem leichten Rückgang, aus.

    #3 Bewertungsniveau

    Heute ist die Aktie mit einem KGV von 17 und einem KGVe von 16 bewertet. Darin stecken vor allem die Ängste des Marktes, dass die Zahlen in Zukunft stark leiden.

    Ich gehe davon aus, dass die Aktie langfristig - basierend auf den anderen Annahmen und unter der Annahmen, dass der regulatorische Druck immer noch vorhanden ist, aber abnimmt - mit einem durchschnittlichen KGV von 16 fair bewertet wäre.

    Meine Renditeerwartung in drei Szenarien

    Renditerechner-Tool

    Berechnung der Renditen in drei Szenarien. Erklärung hier. Zahlen in Heimatwährung. Aktienticker: BABA.

    Status Quo » Die Zahlen heute

    Möglichst der letzten 12 Monate, also TTM (Trailing Twelve Months), um die aktuellsten Daten zu nutzen.
    Anteil am Gewinn, der als Dividende ausgeschüttet, per Aktienrückkauf oder per Schuldentilgung an Aktionäre zurückgeführt wird. Bei Wachstumsunternehmen oft 0%.

    Zukunft » Annahmen zur Wertentwicklung

    Die kurzfristigen Werte nähern sich über einen 10-Jahres-Horizont an die langfristigen an.

    ↘︎
    ↗︎
    Wachstum
    kurzfristig, in % Wie stark ist das Umsatzwachstum im nächsten Jahr?
    Wachstum
    langfristig, in % Wie hoch wird das Umsatzwachstum in 10 Jahren erwartet?
    Nettomarge
    kurzfristig, in % Wie hoch ist der Nettogewinn im Verhältnis zum Umsatz heute?
    Nettomarge
    langfristig, in % Wie hoch ist der Nettogewinn im Verhältnis zum Umsatz in 10 Jahren? Indikatoren: Heutige Nettomarge, EBIT-Marge & Free Cashflow Marge.
    KGV
    langfristig Wie hoch wird das Unternehmen in 10 Jahren - auch beruhend auf den anderen Annahmen - fair bewertet sein? Je stärker die Zahlen & das Geschäftsmodell, desto höher die mögliche Bewertung.
    Umsatz
    Marktkapitalisierung
    Wertsteigerung
    Shareholder Yield
    Gesamtrendite
    Fairer Aktienkurs
    Margin of Safety

    Keine Garantie für die Zukunft.

    Fortgeschrittene Optionen einblenden +

    Die Werte sind mit hoher Unsicherheit verbunden, bis hin zu deutlich stärkeren Verlusten durch noch stärkere Eingriffe als ohnehin schon erwartet. Sie zeigen aber auch die Chancen, die in der aktuell günstigen Bewertung stecken.

    Die Scorecard

    In der StrategyInvest Scorecard erreicht Alibaba den Wert 61: Starkes Geschäftsmodell, sehr gute Fundamentalzahlen und günstige Bewertung bei allerdings hohen Risiken.

    Mein Fazit inkl. Pro & Contra: Alibaba Aktie jetzt kaufen?

    Info

    Es gibt zwei unterschiedliche Aktien für Alibaba. Im November 2019 ist eine neue Aktie in Form einer Kapitalerhöhung mit dem Symbol 9988.HK an die Börse Hongkong gegangen. Die alte Aktie ist eine sogenannte ADR (American Depository Receipt), also der indirekte Weg um in chinesische Aktien zu investieren, die an der Börse in New York gehandelt wird. 8 neue Aktien entsprechen einer alten, sonst sind sie identisch.


    Der Hintergrund ist v.a. politisch: Für den unwahrscheinlichen Fall, dass Alibaba nicht an der Börse in New York gehandelt werden darf, gibt es jetzt auch die Handelsmöglichkeit am Heimatmarkt.


    Mein Tipp: Wenn du investieren willst, solltest du zur ADR greifen. Diese ist leichter handelbar.

    Pro

    • Hohes Wachstum
    • Profitabel mit ca. 20 % Nettomarge
    • Marktführer in China, dem größten Markt der Welt der Zukunft, im E-Commerce und im Cloud Computing
    • Relativ normales Bewertungsniveau, im Verhältnis zu Wachstum und Profitabilität enorm günstig bewertet

    Contra

    • Hürden bei internationaler Expansion durch mangelndes Vertrauen
    • Risiken durch starke politische Einflussnahme in China, die noch nicht in den aktuellsten Geschäftszahlen abzusehen ist

    Fazit

    Ich halte Alibaba für eine attraktive Aktie, wenn man sich zutraut, mit einem höheren Risiko in chinesische Aktien zu investieren. Wer ruhig schlafen will, sollte die Finger von der Aktie lassen. Wer nach einer riskanteren Chance sucht, findet in meinen Augen mit Alibaba gerade eine interessante Möglichkeit.


    Die Alibaba Aktie bietet heute starke Fundamentalzahlen, Zukunftsbranchen und hohen Cashflow, aber einen unsicheren Standort mit stetig drohenden Eingriffen.


    Wer nicht in die Alibaba-Aktie investieren möchte, kann auch anteilig über einen ETF auf bspw. den MSCI Emerging Markets investieren. Dort macht Alibaba ca. 7 % aus. Das bedeutet: Wer 30 % seines Depots in Schwellenländer investiert, hat effektiv auch 2,1 % seines Geldes direkt in Alibaba investiert.

    Tags: Alibaba | Aktien: Alibaba

    Disclaimer: Die Inhalte stellen keine Anlageberatung, Kauf- oder Verkaufsempfehlungen dar, sondern spiegeln nur meine persönliche Meinung wider. Jede Investition ist mit Risiken verbunden, die du selbst prüfen musst. Es gibt keine Garantien. Ich kann selbst in besprochene Aktien investiert sein. * Bei Partnerlinks erhalte ich ggf. eine Provision.

    Für deinen Wissensaufbau: Alle Know How Beiträge | Videokurs | Anlagestrategie in 20 Punkten

    Ich bin Jannes, Jahrgang 1993 und Gründer von StrategyInvest. Seit 2011 investiere ich an der Börse. Damals habe ich mein VWL-Studium mit Finanzschwerpunkt erfolgreich absolviert und bin nun seit mehreren Jahren in der Digital- und Techbranche aktiv, aktuell als Product & Strategy Lead. Ich kenne daher Investieren, Technologie und Unternehmertum aus wissenschaftlicher Sicht, aber auch aus der Praxis. Die Erkenntnisse daraus teile ich hier.

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    Auszug aus dem Manifest:

    Regel #10: Wir sind uns einig, uneinig zu sein.

    Es gibt unzählige unterschiedliche Meinungen an der Börse und zu einzelnen Aktien. Und das ist völlig okay. Wir sehen andere Meinungen nicht als Gefahr, sondern als Bereicherung. "Agree to disagree".

    zum kompletten StrategyInvest Manifest »

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