Adidas ist jahrelang gestiegen, galt als Börsenliebling und wollte zum größeren Konkurrenten Nike aufschließen. Nun liegt die Aktie 57% unter dem Allzeithoch von vor einem Jahr und auf einem Kursniveau, das wir zuletzt 2016 gesehen haben.
Was ist passiert? Wie sehen die Zahlen heute aus? Was steckt hinter der optisch günstigen Bewertung (KGV von 13) und warum könnte das täuschen?
Diesen Fragen gehe ich in diesem Kurzupdate auf den Grund. Ausführlich diskutiert habe ich die Aktie zuletzt Anfang 2022 in der Adidas Aktienanalyse.
Ausgangslage
Die Adidas-Aktie ist optisch günstiger geworden. Die Frage ist: Wie ist das Ausgangsniveau zu beurteilen? Ein Teil meines Fazits der Analyse, Anfang 2022, nachdem der Kurs schon etwa 25% gefallen war:
Adidas bietet eine hohe Qualität und wenig existenzielle Risiken. Das ESG-Rating ist top, die finanzielle Stabilität und Profitabilität ebenfalls. Dafür sind aber im Gegenzug auch die Renditeerwartungen nach meiner Einschätzung leicht unter dem Marktdurchschnitt, wenn auch im Mittel trotzdem noch auf einem guten Niveau.
Die Renditeerwartung in der Analyse war also langfristig positiv, aber tendenziell noch etwas zu teuer. Die Aktie war da schon 25% gefallen, entsprechend hielt ich sie auch vor dem Kursabsturz, als alles rosig aussah, für zu teuer.
Ein Grund dafür: Adidas war über die Jahre gut gewachsen, aber nicht rasant. Die Margen bewegten sich über dem historischen Durchschnitt. Das war alles gut, birgt aber das Risiko, dass die Zahlen wieder zum historischen Mittelwert zurückkehren.
Der „Manager des Jahres“ muss gehen
Für viele recht überraschend wurde Ende August der Abschied von CEO Rorsted zu Ende diesen Jahres bekannt gegeben. Erst 2019 war er vom Manager Magazin zum Manager des Jahres gekrönt worden. Das zeigt, wie schnell sich das Blatt wenden kann.
In meiner Analyse war die Kritik am CEO schon vorher ein Thema:
Rorsted soll vor allem auf Rendite für Aktionäre abzielen, dabei gute Führungskräfte demotivieren, verlieren oder selbst kündigen. Fast ein Dutzend Führungskräfte haben bzw. mussten Adidas seit 2019 verlassen. Auch kreative Prozesse, die Adidas zu dem gemacht haben was es ist, sollen heute zu kurz kommen. Der Tenor: Adidas ist kein Unternehmen, das von kostenstraffenden Unternehmensberatern geführt werden kann. Es braucht Platz für Kreativität, Innovation und Ungewöhnliches. Hier sind Konkurrenten wie Nike laut Manager Magazin besser aufgestellt. In der Coronapandemie hat Adidas auch negative Schlagzeilen erzeugt, als es den Vermietern der Filialen keine Miete mehr zahlte. Auch gab es Vorwürfe von Rassismus innerhalb eines US-Büros, wo Rorsted sehr spät und erst nach erhöhtem Druck reagierte und nun Maßnahmen einleitete.
Natürlich hatte ich keine Ahnung, dass Rorsted entlassen wird. Die Kritikpunkte sind aber wichtig, um ein solches Risiko miteinzubeziehen. Auch vorher bei Henkel war Rorsted für Effizienzoptimierungen bekannt. Das macht sich kurzfristig gut, kann sich aber langfristig rächen und ist für uns als langfristige Aktionär gefährlich, aber nur schwer zu entdecken – weshalb ich die Kritik umso wichtiger fand.
Noch ist kein neuer CEO gefunden. Entsprechend herrscht hier etwas Unsicherheit.
Kanye West ist Partner von Adidas und der Marke Yeezy. Er ist zuletzt eher durch unberechenbares Verhalten aufgefallen, auch mit Kritik am CEO, und so gab es auch Konflikte mit Adidas. Angeblich will Adidas ihn für 1 Mrd. Dollar aus dem bis 2026 laufenden Vertrag herauskaufen, Kanye West will weitermachen und das, nach Auslaufen des Vertrages, ohne Partner.