von Jannes Lorenzen

Gründer, Strategie-Lead & Investor

veröffentlicht: 26. Mai 2021

In der Börsenwelt hat sich einiges getan. Heute:

  • Krypto-Crash: Die wilde Reise der Kryptowährungen geht weiter
  • Tesla liebt Bitcoin - oder nutzt es ihn nur aus?, Shortseller Michael Burry legt los, Ark Invests Schwächephase, wann die lange Frist lügt, das API-Ökosystem & Börsengänge von Oatly, Vimeo & The Honest Company
  • Die Suche nach dem nächsten Amazon: Eine Suche ins Verderben?
  • die Börsenweisheit der Woche

Viel Spaß!

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💥 Krypto-Crash: Die wilde Reise der Kryptowährungen geht weiter

Der Kryptomarkt steht unter Druck. Alle wesentlichen Kryptowährungen haben innerhalb weniger Tage und Wochen stark im Kurs eingebüßt. Die Drawdowns der letzten Wochen:

  • Bitcoin: -54%
  • Etherum: -56%
  • Binance Coin: -60%
  • Cardano: -58%
  • XRP: -53%
  • Dogecoin: -69%

Gerade der Dogecoin, den ich zuletzt hier kritisch erwähnt habe, hat es nun am stärksten getroffen. Auch die Aktie der Krypto-Handelsbörse Coinbase ist zuletzt gefallen.

Was waren die Auslöser?

Sicherlich nicht ganz unschuldig war Elon Musk und Tesla, nachdem diese Bitcoin aufgrund des stromintensiven Mining-Prozesses nicht mehr als Zahlungsmittel akzeptieren. Auch China hat stärkere regulatorische Maßnahmen eingeleitet.

So starke Einbrüche zeigen aber auch: Der Krypto-Markt ist, wie ich hier gewarnt habe, auch durch viele Spekulanten so hochgetrieben worden und noch weit weg davon, ein sicherer Hafen zu sein.

Eine begrenzte Anzahl und damit eher Deflation als Inflation ist schön und gut. Das Inflationsrisiko wird hier aber immer noch stark vom Schwankungsrisiko überschattet.

Wie es weitergeht? In den letzten Jahren hat es schon Verlustphasen mit -80%, gegeben aber der Bitcoin hat sich bisher immer erholt. Die ehrliche Antwort ist aber: Niemand kennt die Zukunft - und schon gar nicht kurzfristig. Gerade im Krypto-Markt scheint alles möglich. 


? Das ist am Aktienmarkt passiert

Die neuesten Finanzmarkt-Updates:

🤯 Tesla mag Bitcoin. Oder nutzt es ihn nur aus?

Tesla macht in letzter Zeit einige komische Dinge. Eine kurze Chronologie:

  • Tesla liebt Bitcoin! Es investiert stolze 1,5 Mrd. US-Dollar in die Kryptowährung und akzeptiert Bitcoins als Zahlungsmittel für einen Tesla. Nach den Ankündigungen steigt der Bitcoin um über 10%.
  • Elon Musk twittert oft über den Dogecoin und treibt diesen in die Höhe.
  • Tesla verkauft den mittlerweile gestiegenen Bitcoin. Danach fällt der Kurs wieder. Ein guter Deal für Tesla, die mit über 100 Mio. Dollar Gewinn rausgehen. Die entsprechende Zeile kaschiert Tesla im Quartalsbericht mit dem JPEG-Trick.
  • Huch? Tesla akzeptiert keine Zahlung per Bitcoin mehr. Tesla ist aufgefallen, dass das Bitcoin Netzwerk viel Strom verbraucht - was eigentlich jedem Bitcoin-Interessenten schon seit Jahren bekannt ist.

Tesla kauft Bitcoin, dadurch steigt der Kurs und sackt einen Gewinn ein. Ohne diesen Gewinn und die Erlöse aus dem Verkauf der Emissionszertifikate hätte Tesla einen Verlust ausgewiesen.

Warum das ganze? Die Unwissenheit wirkt wenig glaubwürdig. Der Vorwurf einiger Beobachter: Tesla möchte bewusst alles tun, um Gewinne auszuweisen und in der Gunst der Finanzmärkte zu bleiben.

🧐 Shortseller Michael Burry nimmt sich Tesla vor

Michael Burry ist vor allem dadurch bekannt geworden, dass er die Finanzmarktkrise hat kommen sehen und dadurch entsprechend viel Geld für seine Hedgefonds-Anleger verdient hat.

Weiteren Ruhm brachte ihm der Film "The Big Short" ein, indem genau diese Meisterleistung der breiten Masse gezeigt wurde.

Nun hat Burry eine große Short-Position aufgebaut. Das Ziel: Tesla. Auf dem Spiel steht eine halbe Milliarde Dollar.

Für Tesla nichts Neues. Seit Jahren müssen sie sich mit Leerverkäufern herumschlagen.

Inhaltlich kann ich Burrys Gründe verstehen. Ich habe auch schon vorher die Bewertung als zu optimistisch gesehen. Dadurch, dass Tesla im letzten Quartal ohne den Verkauf aus Emissionszertifikaten und Bitcoin-Gewinnen einen Verlust erzielt hätten, sieht Burry wohl den richtigen Zeitpunkt für einen Leerverkauf gekommen.

📉 Ark Invest schwächelt

Im Zuge der letzten Korrekturen im Bereich der stark wachsenden Aktienunternehmen hat es auch Ark Invest und die Gründerin Cathie Wood getroffen.

In diesem Jahr liegt der ARK Innovation ETF bei -15%. Zeitweise lag das Minus bei über 30%.

Ark bleibt optimistisch und schreibt auf Twitter:

In our view, the rotation from growth into value stocks has broadened & strengthened the bull market significantly, preventing another tech & telecom bubble & setting the stage for another leg up in innovation-based strategies.

Ich teile, was Ark sagt. Viele, die aber vorher einfach nur wegen der hohen Renditen auf den Ark-Zug aufspringen wollten, werden nun wieder an eine realistischere Erwartungshaltung gewöhnt.

🥸 Wann die langfristige Betrachtung täuscht

AQR hat einen neuen Post veröffentlicht. Der Titel: "The Long Run Is Lying to You".

Wo lügt also die langfristige Sicht?

Im Zentrum steht das Value Investing. Nachdem die Strategie bekannt und populär wurde, u.a. durch Ben Graham und Warren Buffett, hat sie etwa seit 1990 nicht mehr so starke Ergebnisse wie vorher geliefert. Gerade in den letzten Jahren waren Growth-Aktien deutlich stärker.

Die Autoren nehmen nun die These ein: Die Rendite, die das Value Investing über die letzten 30 Jahre geliefert hat, ist nicht das, was man in Zukunft erwarten sollte - sondern höher.

Warum?

Weil sich die Bewertungsniveaus verändert haben. Die Value-Strategie ist heute günstiger als vorher. Gleiches gilt für internationale Aktienmärkte, die zuletzt schlechter liefen als die USA und günstiger geworden sind.

Je günstiger eine Strategie, desto schlechter ist in der Regel ihre historische Rendite, desto höher aber ihre zukünftige. 

In der Analyse bauen die Autoren ein Regressions-Framework und können diese These bestätigen:

Basically, accounting for valuation changes makes us more sure that the stock market, the bond market, and the value factor’s expected return is a healthy positive (even if we still have to live with the real-life volatility induced by valuation changes).

💾 APIs: Die Schnittstellen, die das Internet betreiben

Ich bin über einen ausführlichen Beitrag über das API-Ökosystem gestolpert. Das ist vor allem deshalb spannend, da es heute ein zentraler Bestandteil für viele Tech-Unternehmen ist.

Die wichtigsten Fakten daraus:

  • APIs sind vorkonfigurierte und benutzerfreundliche Schnittstellen, über die Daten zwischen Services ausgetauscht werden können. Vereinfacht ausgedrückt: Menschen kommunizieren digital über optische Oberflächen wie WhatsApp, Maschinen kommunizieren über APIs.
  • Im Fokus stehen hier APIs, die Unternehmen wiederum anderen Unternehmen anbieten. Sie bauen eine Lösung für ein komplexes Problem und andere Unternehmen können diese Lösung einfach über die API mit nutzen und integrieren. Beispiel: Zahlungsabwicklung. Shopify muss diese nicht selbst entwickeln, sondern nutzt die API von Stripe. Oder Roboter-Erkennung durch Captchas. Warum selbst entwickeln, wenn es dafür eine Lösung (als API) gibt?
  • Viele Unternehmen bieten vor allem APIs, also komplexe Lösungen als einfache Integration, für andere Unternehmen an. Beispiele: Stripe, Adyen und Square im Payment-Bereich. Shopify und BigCommerce als E-Commerce Lösung. Twilio für Kommunikationsservices. Okta im Bereich Identitätsmanagement und Zugriffssicherheit. Cloudflare und CrowdStrike im Bereich Cyber Security. Amazon, Google und Microsoft im Cloud Hosting. Factset bei Finanzdaten.
  • Die optimale Positionierung für API-Lösungen entsteht durch zwei Voraussetzungen. 1. Die API muss eine kritische Lösung bereitstellen, ohne die das Produkt nicht funktioniert. 2. Sie sollte kein Alleinstellungsmerkmal des eigentlichen Produkts sein. Beispiel: Zahlungsabwicklung. Jeder Online-Shop braucht zwingend eine Zahlungsabwicklung, muss sie aber nicht selbst entwickeln, da es nicht zur Aufgabe des Online-Shops gehören sollte.
  • Das führt zu positiven Aspekten: Der Markt ist groß, der Burggraben ebenfalls. Unternehmen brauchen dann eine API-Lösung. Es entstehen Netzwerk- und Skaleneffekte beim Aufbau und Wachsen des eigenen Unternehmens.

Auch für Nicht-Programmierer macht es das einfacher APIs zu verstehen und warum diese so wichtig sind. Einige API-Unternehmen haben wir uns bereits angeschaut, einige der genannten werden in Kürze folgen. Stay tuned!

🥛 Oatly, 📹 Vimeo & 💄 The Honest Company gelingt IPO

Oatly hat, wie hier angekündigt, tatsächlich den Sprung an die Börse gewagt und geschafft. Der schwedische Hersteller von Hafermilch hat außerdem direkt am ersten Börsentag den Wert um etwa 30% steigern können.

Am Ende des Börsentags stand Oatly bei einer Bewertung von etwa 13 Mrd. Dollar. Nach meinem Geschmack recht teuer - ich werde mir Oatly in Kürze genauer anschauen.

Der Video-Hosting Anbieter Vimeo (den ich übrigens selbst auch seit Jahren nutze) ist ebenfalls an die Börse gegangen. An der Börse ging's direkt 20% von der ursprünglichen Bewertung runter auf nun etwa 8 Mrd. US-Dollar bei ca. 300 Mio. Dollar Jahresumsatz.

Auch The Honest Company ist an die Börse gegangen. Dahinter steckt ein Konsumgüterunternehmen, das vor allem Haushaltsprodukte anbietet, die ethischen Konsum ermöglichen sollen. Mitgründerin ist Schauspielerin Jessica Alba. Die Aktie liegt mittlerweile leicht unter dem Ausgabekurs.


💡 "Das nächste Amazon": Eine Suche, die ins Verderben führt?

Nur weil man hoch zielt, heißt es nicht, dass man besser abschneidet als andere, die niedriger zielen. An der Börse ist das besonders der Fall.

Viele Anleger suchen das neue Amazon, das neue Tesla, das neue Netflix. Viele stark wachsende Aktien werden aktuell als solche gehandelt. Aber wie realistisch ist diese Suche?

Dazu bin ich auf eine Analyse von Vincent Deluard, u.a. Finance Professor, gestoßen.

Er hat sich zuerst die MAGA-Aktien (Microsoft, Apple, Google, Amazon) angeschaut. Diese haben sich seit ihrem ersten profitablen Börsenquartal in den letzten 17 Jahren im Umsatz ver-54-facht und sind damit im Durchschnitt um 26% pro Jahr gewachsen. Ihre Gewinnmarge ist dabei ziemlich konstant im Bereich von 20 bis 30% geblieben.

Sie haben einige der fundamentalen Gesetze der Wirtschaft - abnehmender Grenzertrag, durch Konkurrenz abnehmende Gewinnmargen - durchbrochen.

Jemand, der damals den heutigen Wert dieser vier Unternehmen gekannt und 10% Diskontierungsrate angesetzt hätte, hätte damals knapp 1 Bio. Dollar als fairen Wert erhalten. Tatsächlich haben die vier Unternehmen zusammen damals nur knapp 50 Mrd. USD gekostet.

Nun hat sich Deluard auf die Suche nach den Aktien gemacht, die von Anlegern heute am ehesten als neue MAGA-Aktien gesehen werden.

Schritt 1: Er hat 351 Unternehmen aus dem Russell 3000 genommen, die ein Kurs-Umsatz-Verhältnis von über 10 haben. Etwa 50% stammen aus dem Healthcare, ca. 25% aus dem Technologie-Bereich.

Schritt 2: Er hat angenommen, dass diese Aktien die gleiche Entwicklung wie die MAGA-Aktien hinlegen. Sie ver-54-fachen ihre Umsätze in den nächsten 17 Jahren, halten so hohe Margen und werden mit dem 6,4-fachen des Umsatz bewertet. Die Kursentwicklung hat er mit 10% abdiskontiert, um den heutigen Wert dieser Aktien zu bekommen - ein ziemlich ähnliches Vorgehen, wie ich es in meinem Renditerechner mache.

Sein Ergebnis:

  • 14 dieser Aktien müssen dann 2038 mehr als 4 Bio. USD wert sein (was heute keine Aktie ist)
  • 11 Aktien müssten dann 2038 jeweils mehr als 500 Mrd. USD Umsatz machen (zum Vergleich: Amazon lag zuletzt bei 386 Mrd. USD)

Was bedeutet das nun? Einige Aktien sind nach wie vor sehr optimistisch bewertet. Es heißt aber nicht, dass diese Aktien nicht erfolgreich sein können - dass aus diesen ähnlich außerordentliche Renditen wie aus den MAGA-Aktien entstehen, ist bei den meisten aber unrealistisch. Wie gesagt: Trotzdem können einige davon sehr gut performen.

Er hat noch weiter getestet und gerechnet, ob zumindest wenige Outperformer ein reines Hyper-Growth-Depot retten könnten. In der Vergangenheit hätte ein breit gestreuter Ansatz auf die teuersten Aktien nicht funktioniert.

Sein Ergebnis - und das ist die Hauptaussage: Wachstum zu jedem Preis zu kaufen ist keine gute Strategie, sondern der Preis zählt genauso. Und das auch immer noch.

Growth-at-any-cost is not a strategy. Price matters. Always.

💭 Börsenweisheit des Tages

"Der Investor von heute profitiert nicht vom Wachstum von gestern." - Warren Buffett

✌️ Das war es mit dem heutigen Briefing. Danke, dass du dabei bist!

Disclaimer: Die Inhalte stellen keine Anlageberatung, Kauf- oder Verkaufsempfehlungen dar, sondern spiegeln nur meine persönliche Meinung wider. Jede Investition ist mit Risiken verbunden, die du selbst prüfen musst. Es gibt keine Garantien. Ich kann selbst in besprochene Aktien investiert sein. * Bei Partnerlinks erhalte ich ggf. eine Provision.

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Ich bin Jannes, Jahrgang 1993 und Gründer von StrategyInvest. Seit 2011 investiere ich an der Börse. Damals habe ich mein VWL-Studium mit Finanzschwerpunkt erfolgreich absolviert und bin nun seit mehreren Jahren in der Digital- und Techbranche aktiv, aktuell als Product & Strategy Lead. Ich kenne daher Investieren, Technologie und Unternehmertum aus wissenschaftlicher Sicht, aber auch aus der Praxis. Die Erkenntnisse daraus teile ich hier.

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Wo ich Aktien & ETFs kaufe: Meine Empfehlungen →

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Auszug aus dem Manifest:

Regel #9: Wir schätzen Tiefe.

Wir brauchen nicht noch mehr News, Kursticker, Alertings oder Geheimtipps. Das brauchen nur Medien. Wir brauchen mehr durchdachte Informationen, fundiertes Know-how und klare Gedanken. Mehr Tiefe, weniger ablenkendes Börsengeschrei.

zum kompletten StrategyInvest Manifest »

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