Börsengange, im englischen auch Initial Public Offerings (IPOs), sorgen immer wieder für Furore an der Börse: Neue, meistens wachstumsstarke Unternehmen, werden an die Börse gebracht und öffnen sich für Anleger.
Für WeWork wurde ein milliardenschwerer Börsengang abgeblasen. Vor kurzem ist Snowflake mit viel Aufsehen an die Börse gegangen und u.a. der Börsengang von Airbnb wird in absehbarer Zeit erwartet.
Dabei gibt es spannende Erkenntnisse zu IPOs. Hier bespreche ich:
- Welches Ziel hinter einem IPO steckt (u.a. um zu verstehen, wo es zu Interessenskonflikten kommen kann)
- Wie ein Börsengang abläuft und wie du Aktien zeichnen kannst, die neu an der Börse gehandelt werden
- Ob es eine gute Idee ist, Aktien beim Börsengang zu zeichnen oder kurz danach zu kaufen (inkl. Erkenntnissen aus wissenschaftlichen Studien)
- Warum ich die allermeisten IPOs meide - und die entscheidenden Gründe dafür
Wie läuft ein Börsengang ab und wie kannst du Aktien zeichnen?
Warum gehen Unternehmen an die Börse?
Die beiden häufigsten Gründe:
- Kapitalbeschaffung. Das Unternehmen möchte Kapital beschaffen und es von Investoren einsammeln. Die Börse ist gerade bei größeren Unternehmen besser geeignet als das Umfeld privat gehaltener Unternehmen.
- Exits: Die bisherigen Eigentümer, Anteilseigner und Investoren wollen ihre Anteile verkaufen. Das ist erstmal nicht verwerflich: Gerade Eigentümer haben 99 % ihres Vermögens in ihren Unternehmensanteilen und können durch den Börsengang ihr Risiko reduzieren. Auch für Investoren ist es Teil des Geschäftsmodells, dass sie irgendwann aussteigen müssen, um das Kapital weiter zu investieren.
Wo liegen hier mögliche Interessenskonflikte beim IPO?
Sie entstehen dann, wenn (a) bisherige Anteilseigner die Geschäftszahlen noch kurz vor dem Börsengang aufpolieren, um mehr Geld zu erlösen oder (b) merken, dass ihr Geschäftsmodell nicht mehr (so gut) funktioniert und sie ihre Anteile so mit der richtigen Story noch an Anleger loswerden können.
Aber: Diese Probleme gibt es natürlich nicht bei jedem IPO. Grundlegend gibt es gute und berechtigte Gründe, warum ein Unternehmen den Börsengang anstrebt.
Wie kannst du Aktien zeichnen?
In der Regel über deinen Online-Broker. Allerdings können Börsengänge überzeichnet sein, sodass du nicht immer an Aktien kommst. Direkt nach dem Börsengang kannst du die Aktie normal handeln.
Wie schneiden Aktien nach dem Börsengang ab?
Interessant ist es, auf wissenschaftliche Studien zu schauen, die die Performance von Aktien nach ihrem IPO analysiert haben.
Eine dieser Studien ist "Which, Why, and for How Long Do IPOs Underperform?" von Hoechle und Schmid. Diese haben über 7.300 Unternehmen untersucht, die zwischen 1975 und 2005 an die Börse gegangen sind.
Die wichtigsten Ergebnisse ihrer Studie:
- IPO-Unternehmen schneiden statistisch im ersten Jahr unterdurchschnittlich, also schlechter als der Markt, ab.
- Nach dem ersten Jahr kann diese Underperformance des ersten Jahres nicht mehr festgestellt werden.
- Die Gründe für die Unterrendite liegt vor allem in fundamentalen Gründen, u.a. dem oft teuren Kurs-Buchwert-Verhältnis, der Verschuldung und den Forschung- und Entwicklungsausgaben im Verhältnis zu den Umsätzen.
- IPO-Unternehmen, die in diesen Kriterien ähnlich ausgestattet sind wie ältere Firmen, schneiden ähnlich ab wie diese.
- Vor allem die IPOs, die zu hohen Bewertungen oder in heißen IPO- und Börsenphasen an die Börse gehen, neigen vor allem zu unterdurchschnittlicher Performance.
Die Daten zeigen also: Im Durchschnitt sind IPOs keine guten Investitionen. Nach ausführlicher Prüfung der fundamentalen Zahlen können diese aber auch funktionieren.
Warum ich nicht in IPOs investiere: 4 Gründe
Aus dem Prozess, den Interessen und den Studien zu IPOs ergeben sich für mich vier Gründe, warum ich den Großteil aller IPOs meide:
- Lock-up-Periode: In der Regel gibt es für Altinvestoren eine Sperrfrist von 6 Monaten, in der diese ihre Aktien nicht verkaufen dürfen. Das kann nach diesen 6 Monaten zu einem zusätzlichen Verkaufsdruck führen.
- Unterdurchschnittliche Performance: Ich investiere lieber in einem Umfeld, das durchschnittlich über- als unterperformt.
- Interessenskonflikte: Die beschriebenen Interessenskonflikte direkt bei einem Börsengang können umgangen werden, wenn man einige Quartalsberichte abwartet und nicht direkt zuschlägt.
- Don't believe the hype: Ich investiere ungern dort, wo die gesamte Anlegerwelt und Medien ihre Aufmerksamkeit konzentrieren. Es passt nicht zu meiner Strategie und sorgt zu oft für zu ambitionierte Bewertungen.
In Einzelfällen kann es sein, dass ein IPO interessant ist. In der Regel sind diese aber für Anleger, gerade für Einsteiger, ein schwieriges und unattraktives Umfeld.