Peter Lynch gilt als einer der erfolgreichsten Investoren mit einer Rendite von fast 30 % pro Jahr in den 70er- und 80er-Jahren.
Er hat viele Ratschläge in Büchern festgehalten, unter anderem im Investment-Klassiker „One Up on Wall Street“, im deutschen auch als „Der Börse einen Schritt voraus“ bekannt.
Darin schildert er unter anderem seine Vorgehensweise, nach der er Aktienunternehmen in 6 Kategorien einteilt und sie dementsprechend bewertet. Dazu stellt er die Faktoren heraus, die je nach Kategorie die wichtigsten sind.
Das hilft nicht nur, um eine Aktie besser zu verstehen und den richtigen Fokus bei der Analyse zu setzen, sondern auch um das eigene Depot zu überprüfen.
Die 6 Kategorien nach Peter Lynch
Steigen wir direkt ein: Welche sind die 6 Kategorien?
- Slow Growers: Langsam wachsende Unternehmen
- Stalwarts: Mittelmäßig wachsende Unternehmen
- Fast Growers: Schnell wachsende Aktien (hier befinden sich die meisten Aktien, die wir hier analysieren)
- Cyclicals: Zyklische Unternehmen, die also besonders konjunkturabhängig sind
- Turnarounds: Unternehmen, die in Schwierigkeiten stecken, aber bei einem Befreiungsschlag stark steigen können
- Asset Plays: Unternehmen, deren Bestandteile beim Verkauf mehr wert sein sollten als das Unternehmen
Schauen wir einmal auf jede Kategorie, um zu verstehen, was dahinter steckt und was Peter Lynch empfiehlt. Dazu sei gesagt: Das Buch entstand vor allem, was wir durch das Internet und die Digitalisierung gelernt haben, weshalb wir nicht jeden Tipp 1:1 übertragen können. Das grundlegende Prinzip ist aber ungebrochen.
#1 – Slow Growers
Diese Unternehmen wachsen langsam, etwa im Gleichschritt mit dem allgemeinen Wirtschaftswachstum bei etwa 2 – 3 % jährlich.
Oft sind das größere Unternehmen, die am Höhepunkt ihres Lebenszyklus angekommen sind. Üblicherweise schütten diese Unternehmen einen großen Teil des Gewinns in Form einer Dividende aus, da es nicht ausreichend attraktive Investmentchancen gibt um das Wachstum zu steigern.
Typischerweise orientieren sich diese Unternehmen eng an ihrem tatsächlichen Gewinnwachstum. Dadurch ist das Risiko etwas geringer, aber es sind auch keine großen Kurssprünge durch Bewertungsänderungen zu erwarten.
#2 – Stalwarts
In diese Kategorie der mittelmäßig wachsenden Unternehmen zählen viele Unternehmen, die allseits bekannt sind: Coca Cola, McDonalds, Nestlé usw. Hier liegen die Wachstumsraten eher bei 5 – 10 % pro Jahr.
Auch diese Aktien haben in der Regel das stärkste Wachstum schon hinter sich. Je nach Bewertungsniveau können diese aber bei Beibehalten des Wachstums eine attraktive und meist solide Rendite liefern.
#3 – Fast Growers
Die schnell wachsenden Unternehmen liegen bei Wachstumsraten von 20 % oder mehr pro Jahr. Viele der Technologie- und Digitalunternehmen fallen in diese Kategorie: Facebook, Spotify, Netflix und viele weitere.
Üblicherweise sind in dieser Kategorie eher kleine und aggressive Unternehmen. Spannend ist daher, dass viele der eben genannten Unternehmen trotz ihrer Größe noch solche Wachstumsraten liefern.
Diese Wachstumsraten können sowohl durch eine allgemein wachsende Branche (Beispiel: Netflix), aber auch durch das Gewinnen von Marktanteilen in einer bestehenden Branche (Beispiel: Tesla) entstehen.
Hohe Wachstumsraten gehen in der Regel mit höheren Bewertungen einher. Das größte Risiko besteht hier darin, dass zu hohe Wachstumserwartungen im Aktienkurs eingepreist sind, sodass es bei durchschnittlichem Wachstum zu Kursverlusten kommt.
#4 – Cyclicals
Die Zykliker sind Aktien, die im Wirtschaftsaufschwung profitieren, in Krisenzeiten aber leiden. Beispiele dafür sind die Tourismusbranche (da in Krisen auf Urlaube verzichtet wird oder günstigere Urlaube gewählt werden) oder die Automobilbranche.
Hier entstehen vor allem dann Risiken, wenn ein großer Teil des Depots aus Zyklikern besteht und die Wirtschaft in eine Rezession rutscht.
Peter Lynch warnt zudem: Zykliker ähneln oft den Stalwarts, also den mittelmäßig wachsenden Aktien. Dabei ist es wichtig, diese bei ihrer Konjunkturabhängigkeit zu unterscheiden, um die Risiken richtig einzuschätzen.
#5 – Turnarounds
Turnaround-Kandidaten haben ernsthafte Probleme, die oft sogar eine gewisse Insolvenzgefahr einschließen. Einige Beispiele: Banken in der Finanzkrise, Airlines in der Coronakrise, Energieunternehmen durch den Klimawandeln oder auch deutsche Automobilhersteller und Zulieferer, die auf Verbrennermotoren spezialisiert sind, im Zuge des Wandels zur Elektromobilität.
Die Risiken sind hier groß. Sollte sich allerdings zeigen, dass diese Unternehmen sich erholen – bspw. durch sich umkehrende Trends, überzogene Erwartungen an den Wandel, Restrukturierungen oder staatliche Hilfen – können die Kurse schnell ansteigen.
#6 – Asset Plays
Diese Kategorie zielt darauf ab, dass der Markt Vermögenswerte in einem Aktienunternehmen übersieht oder zu wenig wertschätzt. Das können große Barvermögen sein, Immobilienbestände oder Beteiligungen an Unternehmen, die neben dem operativen Geschäft Teil des Unternehmens sind.
Fazit: Was machst du mit diesen Kategorien?
Vermutlich hast du direkt gemerkt, welche Kategorien für dich interessanter oder weniger interessant sind. Es ist auch ein Teil deiner Anlagestrategie: Klassische Value-Investoren schauen eher auf Slow Growers zu niedrigen Bewertungen, Turnarounds und Asset Plays. Growth-Investoren wollen vor allem die Fast Growers finden.
Wichtig sind für dich folgende fünf Faktoren:
- Nutze vor allem die Kategorien, mit denen du dich wohlfühlst
- Überlege, wie sehr du auf Rendite oder auf Sicherheit gehen möchtest
- Baue deine Fähigkeiten für die jeweilige Kategorie besser aus (du brauchst andere Werkzeuge für Fast Grower als für Asset Plays)
- Setze möglichst nicht alles auf nur auf eine der riskantesten Kategorien (Fast Growers, Zykliker und Turnarounds)
- Versuche, ein Unternehmen bei der Analyse in eine dieser Kategorien einzuordnen, da du dadurch Chancen und Risiken besser einordnen kannst